Stadtansicht von Bratislava mit Blick auf die Altstadt und Donau
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Slowakei: Wirtschaftslage

Die wichtigsten Informationen zur slowakischen Wirtschaft – zuverlässig und aus erster Hand

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Aktuelle Lage: Wirtschaftsbericht 

Wuchs die slowakische Wirtschaft vor der Pandemie noch regelmäßig zwischen 3 und 4 % pro Jahr, lag das Wirtschaftswachstum 2023 nur mehr bei 1,1 % und wird 2024 um 2 % liegen. Die Prognosen gehen ab 2024 von einer leichten Erholung mit +2,7 % im Jahr 2025 und +2,9 % im Jahr 2026 aus. Das Budgetdefizit wird derzeit für 2024 auf 6,3 % des BIP prognostiziert und macht eine Konsolidierung unausweichlich. Es ist derzeit eines der höchsten in der EU und doppelt so hoch wie der EU-Schnitt.

Schon vor dem Ukraine-Krieg wurde mit einer Verlangsamung der Wirtschaft und steigender Inflation gerechnet. Die Inflation gipfelte 2022 in 12,1 %, sank 2023 auf 11 % und soll nach optimistischen Prognosen 2024 bei 4,1 % liegen. In den Jahren vor der Pandemie lag die Inflation im Bereich von 0-2,5 %. Die ständig steigenden Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke sowie für Wohnen und Energie hatten einen erheblichen Einfluss auf die durchschnittliche jährliche Inflation. Diese Posten machen fast die Hälfte der Ausgaben der slowakischen Haushalte aus, Realeinkommen werden dadurch gesenkt und die Konsumentennachfrage gedämpft. Das Preiswachstum bei Wohnen und Energie schwächte sich zuletzt etwas ab, es bleibt jedoch hoch bei Rohstoffpreisen, industriellen Vorprodukten, Lebensmitteln und Logistik. Die niedrige Arbeitslosenquote und ein starkes Nominallohnwachstum tragen einen großen Teil zur Kerninflation bei.

Die Slowakei ist eine sehr offene Wirtschaft und ihre Industrien sind eng mit den Supply Chains der nahen Länder verflochten. Die Exportquote von rund 90 % des BIP spricht für eine starke Abhängigkeit vom Ausland, vor allem der dominierenden Automobilindustrie. In den letzten 10 Jahren konnte das Land aber seine innere Kaufkraft stärken und sich von dieser Auslandsabhängigkeit teilweise entkoppeln.

Besondere Entwicklungen

Die umfassende Unterstützung der Ukraine durch die Slowakei wurde aufgrund des Regierungswechsels nach den Parlamentswahlen Ende September 2023 auf die humanitäre Hilfe eingeschränkt. Die staatliche Unterstützung mit militärischem Material wurde – wie im Wahlkampf vom jetzigen Ministerpräsidenten Fico angekündigt - eingestellt.

Als Exportnation ist die Slowakei vom Krieg in der Ukraine primär durch die sinkende Nachfrage aus dem Ausland betroffen. Dazu kommen für die Produktion Lieferengpässe und Herausforderungen in der Logistik. Zu der seit längerer Zeit existierenden Knappheit bei Halbleitern kommen nun z.B. Eisenerz, Nickel, Neon und Kabelstränge hinzu. Andererseits wird die Slowakei durch den Ukraine-Krieg als Investitionsziel noch interessanter: Viele Produkte, bei denen es jetzt zu Lieferengpässen kommt, können in der Slowakei gut produziert werden.

Die Slowakei ist in hohem Maße von Energieimporten aus Russland abhängig, woher bisher etwa 85 % der Erdgas- und alle Erdölimporte des Landes stammen. Theoretisch könnte die Slowakei über die Adria-Pipeline Öl aus Saudi-Arabien und anderen Ländern beziehen, die slowakischen Raffinerien sind für leichtes Rohöl aus dem Nahen Osten aber noch nicht geeignet. Daher hat sich die Slowakei ein Opt-out gesichert, so dass sie bis Ende 2024 weiterhin russisches Öl importieren kann. Im August 2023 unterzeichnete die Slowakei eine Vereinbarung zur Diversifizierung ihrer Kernbrennstofflieferungen weg von russischen Quellen und hin zum US-Unternehmen Westinghouse. Mehr als die Hälfte (55 %) des Stroms der Slowakei stammt aus der Kernkraft, die zweitwichtigste Stromquelle ist Erdgas.

Bei den Parlamentswahlen Ende September 2023 verloren die Konservativen den Großteil ihrer Sitze, wohingegen die linken und nationalistischen Parteien starke Zugewinne verzeichneten. Am 11. Oktober 2023 einigten sich die linksnationalistische Smer, die Mitte-Links-Partei Hlas und die nationalistische SNS auf eine Koalition. Robert Fico wurde am 25. Oktober 2023 zum Ministerpräsidenten der Slowa-kei ernannt.

Die 2019 gewählte Präsidentin Zuzana Čaputová, die sich als Polit-Quereinsteigerin und zuvor als Juristin bei Umweltprojekten profiliert hatte, erwies sich mit ihrer besonnenen und gleichzeitig festen Amtsführung als Hüterin der Rechtsstaatlichkeit im Lande. Sie hat einige Umbesetzungen bei den Vorschlägen für Regierungsämter durch Ministerpräsidenten Fico erwirkt und verzögerte auch die umstrittene Abschaffung der Korruptionsstaatsanwaltschaft sowie die Änderung des Strafrechts, die die neue Regierung unter Fico einleitete. Sie kandidierte nicht mehr bei den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2024. Im April 2024 wurde nun Peter Pellegrini von der sozialdemokratischen Partei Hlas, die auch Koalitionspartner in der Regierung ist, zum Staatspräsidenten der Slowakei gewählt. Er konnte sich im zweiten Wahlgang gegen den unabhängigen Kandidaten Ivan Korčok durchsetzen und wird im Juni 2024 angelobt.

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Das bilaterale Wachstum im Warenhandel war vor der Pandemie eine Erfolgsstory. Das Jahr 2023 brachte nur geringe Veränderungen gegenüber dem Vorjahr: Die ö. Waren-Exporte in die Slowakei stiegen um 3,34 %. Die ö. Waren-Importe aus der Slowakei sanken um mehr als -10 %. Im Ranking der ö. Handelspartner liegt die Slowakei auf Platz 13. Die wichtigsten Exportbereiche bleiben der Automotive-Sektor, Elektrik und Elektronik, Maschinen sowie Erdölprodukte. Im Import dominieren ähnliche Produktgruppen plus Stahl.

Der bilaterale Dienstleistungshandel entwickelte sich im Jahr 2023 leicht positiv: Die ö. Dienstleistungsexporte stiegen um 9 %, die Dienstleistungsimporte aus der Slowakei wuchsen um 7,3 % im Vergleich zum Jahr 2022. Die Slowakei liegt für Österreich damit auf Platz Nr. 14. Das östliche Nachbarland ist bei den Dienstleistungen aufgrund der niedrigeren Lohnkosten relativ stark. Die Slowakei exportiert Logistik und Unternehmensdienstleistungen, Österreich vor allem den Tourismus.

Österreich und Deutschland sind in der Slowakei volumsmäßig vergleichbare Investoren. Aus Deutschland kommen größere Firmen, aus Österreich aufgrund der Nachbarschaft viele kleinere Investitionen. Die Zahl der österreichischen Niederlassungen wird auf etwa 2.000 geschätzt. Hervorstechend sind österreichische Bankinstitute, Bauunternehmen, Bauzulieferbetriebe und die metallverarbeitenden Betriebe, die besonders gut vertreten sind.

Geschäftschancen für österreichische Unternehmen

Der Automotive-Sektor ist die wichtigste Säule der slowakischen Wirtschaft und für 40 % der Industrieexporte verantwortlich. Rund eine viertel Million Arbeitsplätze hängt daran und der Cluster produziert jährlich über eine Million Fahrzeuge. Per capita ist das Weltrekord. Im selben Atemzug muss man die daran hängenden Zulieferindustrien wie Maschinenbau, Metall-, Kunststoff- und Textilindustrie sowie die Elektronikindustrie erwähnen. In der Slowakei werden heute komplexe Baureihen entwickelt und produziert. Alle vier OEMs beschäftigen sich intensiv mit E-Mobility und diese Industrie wird sich auch in der Slowakei massiv verändern. Als fünfte Marke wird Volvo in Kosice eine Fertigung für E-Fahrzeuge eröffnen.

Die Slowakei erhält aus der Covid-19 Aufbau- und Resilienzfazilität der EU Euro 6,3 Mrd. an Zuschüssen. Weiters wurden der Slowakei im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 Euro 18,6 Mrd. zuerkannt (zum Vergleich: in der Vorperiode 2014-2020 waren es Euro 13,5 Mrd.) Bei der Verwendung der Mittel des Aufbauplans werden 43 % in Klimaziele investiert, 21 % in digitale Transformation. Verbesserungen bei Bildung, Digitalisierung, Forschung, Gesundheit, Infrastruktur oder Wettbewerbsfähigkeit sowie die Verringerung regionaler Unterschiede sind weitere Auflagen für den Einsatz der Mittel. Die EU-Subventionen werden sich wie in der Vergangenheit unmittelbar auf das makroökonomische Ergebnis auswirken.

Vor allem kleine und mittlere österreichische Unternehmen finden am Markt wegen ihres Know-how-Vorsprungs eine gute Ausgangslage vor. Die geografische Nähe, vor allem zu Ostösterreich, macht die Slowakei zu einem idealen Zielmarkt für Erstexporteure und gewerbliche Betriebe. Der Markt lässt sich an einem Tag bearbeiten, denn in und um Bratislava, das nur 70 km von Wien entfernt liegt, konzentrieren sich 2/5 der Inlandsnachfrage auf höchstem Wohlstandsniveau des Landes. Besonders gute Chancen bestehen für österreichische Unternehmen in den nächsten Jahren in folgenden Bereichen: Maschinen-bau, IKT, (Tourismus-) Infrastruktur, Automotive, unternehmensnahe Dienstleistungen.

Statistik: Länderprofil 

Einen kurzen Überblick über die wichtigsten statistischen Daten zu Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bietet das Länderprofil Slowakei der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA und der Stabsabteilung Statistik.

Wichtige Wirtschafts- und Basisdaten und Informationen für eine Vielzahl weiterer Länder finden Sie auf den jeweiligen Länderseiten sowie in der Übersicht Länderprofile weltweit.

Maßgeschneiderte Informationen

Damit Ihre Marktbearbeitung in der Slowakei problemlos abläuft, hat unser Team vor Ort Informationen zu außenhandels- und investitionsrelevanten Fach- und Branchenthemen, die Sie jederzeit beim AußenwirtschaftsCenter Bratislava anfordern können.

Allgemeines zu Wirtschaft, Land und Leute sowie persönliche Tipps finden Sie in unserem Länderreport Slowakei.

Das AußenwirtschaftsCenter Bratislava berät Sie gerne, sollten Sie weitere Fragen zur Slowakei haben.

Stand: 24.04.2024