Umgang mit Anfragen von Unternehmen an Abfallbehandler zum CO₂-Fußabdruck
Treibhausgasbilanzierung trifft Abfallwirtschaft: Was tun, wenn Kunden im Rahmen der CSRD-Berichterstattung oder Scope-3-Bilanzierung Emissionsdaten zur Abfallbehandlung anfragen?
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Mit zunehmender Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung wächst auch der Informationsbedarf rund um die Treibhausgasemissionen in der Entsorgungswirtschaft. Immer häufiger werden Unternehmen der Branche mit Anfragen zu Emissionen konfrontiert, die im Zuge des Transports und der Behandlung von Abfällen entstehen. In diesem Beitrag erhalten Sie einen kompakten Überblick über die relevanten Berichtspflichten, methodischen Grundlagen der Treibhausgasbilanzierung sowie den praktischen Umgang mit entsprechenden Informationsersuchen.
Warum Geschäftspartnern Informationen über Treibhausgasemissionen anfragen
Unternehmen, die bestimmte Größenkriterien erfüllen, unterliegen der Verpflichtung zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen. Die rechtliche Basis hierfür bildet die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), ergänzt durch die zugehörigen European Sustainability Reporting Standards (ESRS).
Im Zuge der Wesentlichkeitsanalyse legen betroffene Organisationen fest, zu welchen ökologischen, sozialen und Governance-bezogenen Aspekten sie berichten. In der Praxis zählt dazu fast immer auch die Treibhausgasbilanz des Unternehmens, der sogenannte Corporate Carbon Footprint (CCF).
Anforderungen bei der Treibhausgasbilanzierung
Die methodischen Anforderungen an die Emissionsbilanz sind im Standard ESRS E1 Klimawandel verankert, der zusätzlich auf das international etablierte Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) verweist. Dieses differenziert zwischen drei Emissionskategorien – den sogenannten Scopes. Scope-3 inkludiert indirekte Emissionen entlang der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette. Dazu zählen unter anderem auch Emissionen aus der Abfallbehandlung der betrieblich angefallenen Abfälle.
Treibhausgasemissionen aus Abfalltransport und -behandlung
Innerhalb von Scope-3 lassen sich die Emissionen in insgesamt 15 Kategorien gliedern, wobei eine davon das "Abfallaufkommen im Betrieb" darstellt. Unternehmen sollen hier jene Emissionen offenlegen, die durch die Behandlung ihrer betrieblich verursachten Abfälle entstehen. Diese Emissionen entsprechen den Scope-1- und Scope-2-Emissionen jenes Unternehmens, das die Abfälle behandelt. Da Art und Menge der Emissionen stark von der Abfallfraktion und dem gewählten Behandlungsverfahren abhängen, variiert die Emissionshöhe entsprechend.
Die Berücksichtigung von Emissionen aus dem Transport der Abfälle ist laut GHG Protocol optional – das bedeutet, dass Ihr Geschäftspartner seine Offenlegungspflicht bereits durch die Angaben zur Abfallbehandlung erfüllt.
Anforderungen an die Berechnung der Emissionen aus der Abfallbehandlung
Die Erstellung einer belastbaren Treibhausgasbilanz stellt viele Unternehmen vor methodische und datenbezogene Herausforderungen. Eine praxisorientierte Hilfestellung bieten der Corporate Value Chain (Scope-3) Standard sowie die ergänzende Scope-3 Calculation Guidance (Standards & Guidance).
Es werden nachfolgend drei unterschiedliche Berechnungsmethoden vorgestellt, die sich hinsichtlich Genauigkeit und Datenverfügbarkeit unterscheiden. Alle drei Ansätze sind grundsätzlich zulässig und bieten Unternehmen die Möglichkeit, den Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung gerecht zu werden – unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Ressourcen und Datenlage.
| Methode | Notwendige Daten | Emissionsfaktor |
|---|---|---|
| Lieferanten-spezifische Methode | Spezifische Scope-1- und Scope-2-Emissionen des Abfallbehandlers für das jeweilige Verfahren
| Spezifische Emissionsfaktor vom Abfallbehandler selbst |
| Abfallart-spezifische Methode | Gesamtabfallaufkommen aufgeschlüsselt in Abfallfraktionen, Spezifisch angewandtes Behandlungsverfahren je Abfallfraktion (z.B. deponiert, verbrannt, recycelt) | Abfallartspezifische und abfallbehandlungsspezifische Emissionsfaktoren bspw. aus Datenbanken Die Emissionsfaktoren sollten nur End-of-Life-Prozesse umfassen Optional: Emissionen aus dem Transport von Abfällen |
| Durchschnitts-daten-Methode | Gesamtabfallaufkommen des Unternehmens, prozentueller Anteil der angewendeten Behandlungsverfahren (z. B. Prozentsatz, der deponiert, verbrannt oder recycelt wird). | Durchschnittliche abfallbehandlungsspezifische Emissionsfaktoren auf der Grundlage aller Abfallentsorgungsarten bspw. aus Datenbanken Die Emissionsfaktoren sollten nur End-of-Life-Prozesse umfassen. |
Resümee
Die Anforderungen an Transparenz im Bereich der Treibhausgasemissionen nehmen kontinuierlich zu – auch für Unternehmen der Abfallwirtschaft. Eine solide Auseinandersetzung mit der Treibhausgasbilanzierung ist daher nicht nur für unmittelbar berichtspflichtige Betriebe von Bedeutung, sondern ebenso für all jene, die als Teil komplexer Wertschöpfungsketten agieren.
Gleichzeitig besteht für berichtende Unternehmen die Möglichkeit, auf standardisierte Emissionsfaktoren aus öffentlich zugänglichen oder kostenpflichtigen Datenbanken zurückzugreifen. Eine Bereitstellung individuell berechneter Emissionswerte durch den Abfallbehandler ist somit nicht zwingend erforderlich, um die Offenlegungspflichten der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zu erfüllen.
Weiterführende Informationen
Ergänzende Informationen und Rahmenwerke für die Treibhausgasbilanzierung:
- Treibhausgasprotokoll: Homepage | GHG Protocol
- Europäische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung: European Sustainability Reporting Standards (ESRS)
- Klimaportal der WKO für KMU: Klimaportal für Unternehmen
- Webinar zum Thema Nachhaltigkeitsdaten: Nachhaltigkeitsdaten im Fokus
Auswahl möglicher Datenquellen für Emissionsfaktoren zur Abfallbehandlung:
- DEFRA Emissionsfaktoren
Scope 1, 2, 3 – Excel file – kostenfrei) - Studie Differenzierung der energetischen Verwertung am Kriterium der Energieeffizienz, CUTEC Institut
- ProBas - Prozessorientierte Basisdaten für Umweltmanagementsysteme
(Scope 1, 2, 3 – Webseite – kostenfrei) - Ecoinvent
(Scope 1, 2, 3 – Datenbank – kostenpflichtig)
Derzeit existieren verschiedene Datenquellen für Emissionsfaktoren in Hinblick auf die Abfallbehandlung und Unternehmen nutzen diese sehr unterschiedlich. Je nach geografischem Standort, der Abfallfraktion, eingesetztem Behandlungsverfahren und den gesetzten Systemgrenzen können die Emissionsfaktoren stark variieren. Bei Anwendung verschiedener Faktoren sind die resultierenden Ergebnisse zwischen Unternehmen nur schwer vergleichbar. Der Fachverband Entsorgungs- und Ressourcenmanagement versucht aktuell für diese Situation eine Lösung zu erarbeiten. Jedenfalls ist festzuhalten, dass die genannten Emissionsfaktoren die realen Emissionen der Abfallbehandlung nur näherungsweise abbilden.
Praxisbeispiel zur Berechnung der Treibhausgasemissionen aus Abfällen
Ausgangslage
Ein Unternehmen verursachte im Geschäftsjahr 2024 1.255 Tonnen Abfälle und möchte für deren Behandlung nun die resultierenden Treibhausgasemissionen berechnen. Dem Unternehmen sind sowohl Abfallfraktion als auch die Abfallbehandlung je Fraktion bekannt. Das Unternehmen nimmt Kontakt mit dem Abfallbehandler auf, um passende Emissionsfaktoren zu erheben. Der Abfallbehandler verfügt über keine eigens berechneten Emissionsfaktoren für seine eigenen Behandlungsanlagen. Das berichterstattende Unternehmen entscheidet sich daher für die abfallartenspezifische Methode und greift auf öffentliche Datenbanken zurück.
| Abfallfraktion | Angefallene Abfallmenge im Berichts-zeitraum [Tonnen] | Art der Abfall-behandlung | Emissions-faktor [kg CO2-Äquivalente pro Tonne] | Quelle | Treibhausgas-emissionen bei der Behandlung [kg CO2-Äquivalente] berechnet |
|---|---|---|---|---|---|
| Gemischter Siedlungsabfall | 250 | Thermische Verwertung | 6,41061 | DEFRA; Household residual waste, Combustion | 1.602,7 |
| Bauschutt | 1.000 | Deponierung | 1,23393 | DEFRA; Concrete/Bricks, Landfill | 1.233,9 |
| Altglas | 5 | Recycling | 6,41061 | DEFRA; Glass, Closed-loop | 32,1 |
Für die Deponierung umfasst der in der Tabelle angeführte Faktor die Sammlung, den Transport und die Emissionen der Deponierung.
Für Verbrennung und Recycling berücksichtigen die Faktoren lediglich den Transport zu einer Anlage zur Energiegewinnung bzw. zur Rückgewinnung von Materialien.
Die errechneten Treibhausgasemission werden dem Scope-3 - Kategorie 5 „Abfallaufkommen in Betrieben“ – des Abfallerzeugers zugewiesen.