Dachdecker, Glaser und Spengler, Landesinnung

Verwendung von diffusionsoffenen Unterdeckbahnen im Unterdach

Infoblatt

Lesedauer: 4 Minuten

17.11.2023

Bedingt durch die in den letzten Jahren immer häufiger auftretenden außerordentlichen Wetterereignisse wie Starkregen, hohe Windgeschwindigkeiten oder Hagel und die dadurch verursachten Schäden der Dacheindeckung ist auf die Funktion von Unterdeckbahnen zukünftig ein größeres Augenmerk zu legen.

Die Gründe, warum manche Unterdeckbahnen frühzeitig altern (und dadurch undicht werden), sind nur teilweise erforscht und die Zusammenhänge durchaus komplex.

Bisher bekannt und weitgehend unumstritten ist, dass der Mix der klimatischen Beanspruchungen im Hinterlüftungsraum von Dächern, wie Wärme, Feuchte, Luftzug, UV- Strahlung etc. die für die Dichtheit verantwortlichen Membranen in der Bahn schädigen kann. Lange Freibewitterungszeiten können ebenfalls das Risiko für frühzeitiges Versagen des Materials erhöhen.

Die Schäden betreffen keinesfalls alle Produkte und können derzeit auch nicht an bestimmten Produkten oder Produkttypen festgemacht werden.

Zurückziehung der ÖNORM B 3661:

Das zuständige Normenkomitee hat daher beschlossen, die ÖNORM B 3661 „Abdichtungsbahnen - Unterdeck- und Unterspannbahnen für Dachdeckungen - Nationale Umsetzung der ÖNORM EN 13859-1“ per 01.09.2023 außer Kraft zu setzen.

Unabhängig davon ist der Verweis auf die ÖNORM B 3661:2017 (die Vorgängernorm der zurückgezogenen ÖNORM B 3661:2018) in Kraft.

Zudem gilt für die CE-Kennzeichnung weiter die ÖNORM EN 13859-1.

Was Auftragnehmer bedenken sollten:

  • Eine größere Dachneigung, hellere Dacheindeckungen und kurze Freiliegezeiten wirken sich meist positiv auf die Lebensdauer der Unterdeckbahnen aus.
  • Besonders beansprucht können Unterdeckbahnen z.B. unter Indach-PV-Elementen werden.
  • Besonders bei Dacheindeckungen mit sehr geringer Dachneigung (nahe der Mindestneigung) sollten hochwertige Produkte, idealerweise Bahnen für erhöhte Regensicherheit eingesetzt werden.

Die Bundesinnungen empfehlen daher folgende Vorgangsweisen bei Angebotslegung und bei laufenden Projekten:

Was tun bei Angebotslegung für zukünftige Projekte?

Werden Unterdächer mit diffusionsoffenen Unterdeckbahnen geplant, sollten ausschließlich Bahnen mit zusätzlichen, ankerkannten Qualitätsnachweisen eingesetzt bzw. angeboten werden. Nach heutigem Stand sind dies z.B.:

  • Garantieerklärung des Herstellers mit Übernahme von Folgekosten über eine längere Dauer über die Dauer der Gewährleistungsfrist hinaus.
  • Gütesiegel für Unterdeckbahnen verliehen durch die Gebäudehülle Schweiz*).

*) Das Gütesiegel des Verbands der Schweizer Gebäudehüllen-Unternehmungen (Gebäudehülle Schweiz) wird für außerordentliche Belastungen unter Deckungssystemen nach Norm SIA 232/1:2011 „Geneigte Dächer“ und nach Norm SN EN 13859-1:2014 „Definition und Eigenschaften von Unterdeck- und Unterspannbahnen für Dachdeckungen“ vergeben. Weitere Informationen unter www.gebäudehülle.swiss.

Wenn bei einer vorgegebenen Bahn die zusätzlichen, anerkannten Qualitätsnachweise nicht erfüllt werden, ist der Auftraggeber über mögliche Folgen beim Einbau der vorgegebenen Bahn aufzuklären und es können alternativ Produkte angeboten werden, die vorstehende Kriterien erfüllen. Der Auftraggeber ist mit dem Angebot der alternativen Unterdachbahn eindeutig aufzuklären, dass für die Lebensdauer der eingesetzten Bahn keine Haftung übernommen wird.

Alternativangebote und vor allem die Aufklärung des Auftraggebers über die Vor- und Nachteile der Verwendung alternativer Produkte müssen nachweislich (z.B. per Email mit bestätigender Antwort) erfolgen.

Was tun bei laufenden Projekten?

Fall 1: Projekt ist beauftragt, die Unterdeckbahn aber noch nicht verlegt:

Es gelten grundsätzlich die gleichen Empfehlungen wie für Projekte im Angebotsstadium (Alternativen, Qualitätsnachweise, Warn-/Aufklärungspflichten, …).

Der Auftraggeber kann/muss entscheiden, ob er beim ursprünglichen Material bleibt und ein Haftungs-Risiko eingeht oder eine alternativ angebotene Unterdeckbahn wählt.

Fall 2: Die Unterdeckbahn ist bereits verlegt bzw. es wurde bereits mit der Verlegung begonnen, das Projekt ist aber noch nicht übergeben:

Es ist mangels Bekanntheit der Zurückziehung der ÖNORM und der Unzumutbarkeit eines Austausches davon auszugehen, dass die Situation wie im folgenden Kapitel „in der Vergangenheit montierte Unterdeckbahnen“ zu behandeln ist.

Dokumentation

erarbeitenden Betrieben wird empfohlen, zu dokumentieren, welche Unterdeckbahnen sie beim jeweiligen Bauvorhaben eingebaut haben. Prüfzeugnisse und Konformitätsbestätigungen sollten bei den Unterlagen des Bauvorhabens abgelegt werden. Die Zeit der freien Bewitterung des Unterdaches und der normgerechte Einbau der Unterdeckbahnen sollten ebenfalls in geeigneter Form (ggf. mit Fotos) dokumentiert werden.

Rechtliche Situation bei in der Vergangenheit montierten Unterdeckbahnen im Schadensfall

0 - 3 Jahre nach Übernahme durch den Auftraggeber oder innerhalb einer vertraglich verlängerten Gewährleistungsfrist

Im Rahmen der Gewährleistungspflicht haftet der Auftragnehmer (auch ohne Verschulden) für einen Mangel, der bei Übergabe schon vorhanden war. Der Auftraggeber kann den Auftragnehmer im Rahmen der Gewährleistung für die Beseitigung des Mangels und die Herstellung eines funktionstüchtigen Unterdaches nach Norm heranziehen. Folgeschäden z.B. durch Wassereintritt sind nicht Teil der Gewährleistungsansprüche, können aber unter gewissen Umständen im Rahmen der Produkthaftung (verschuldensunabhängig) geltend gemacht werden.

Nach mehr als 3 Jahren bis zu 30 Jahren nach Übernahme durch den Auftraggeber

Nach Auslaufen der Gewährleistungsfrist können Schäden im Rahmen des Schadenersatzes geltend gemacht werden, wobei ein Verschulden des Auftragnehmers vorliegen muss. Der Auftragnehmer muss grundsätzlich den Beweis erbringen, dass ihn kein Verschulden trifft, etwa, dass die Bahn normkonform verlegt wurde oder eine den Regeln der Technik entsprechende Herstellung des Unterdaches erfolgte. Schadenersatzansprüche können innerhalb von 30 Jahren gerichtlich geltend gemacht werden. Ab Kenntnis von Schaden und Schädiger müssen sie jedoch innerhalb von 3 Jahren eingeklagt werden.

Achtung Beweislastumkehr

In den ersten 10 Jahren ab Erfüllung des Vertrages (Übergabe an den Auftraggeber) muss der Auftragnehmer nachweisen, dass ihn kein Verschulden trifft! Danach wird der Auftraggeber beweislastpflichtig. Es wird daher empfohlen, sämtliche Unterlagen innerhalb der 30jährigen Schadenersatzfrist aufzubewahren.

Nach mehr als 30 Jahren nach Übernahme durch den Auftraggeber
Sowohl die Frist für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen als auch für Schadenersatz ist nach 3 bzw. 30 Jahren nach der Übergabe ausgelaufen. Auch für versteckte Mängel gelten hier keine Fristverlängerungen!

Ausnahmen der Haftung
Bei Beschädigungen durch außergewöhnliche mechanische Einwirkungen, z.B. Insektenfraß, Spechtlöcher, Hagelschlag, Abrieb etc., haften weder der Verarbeiter noch die Hersteller von Unterdeckbahnen für Schäden, die durch außergewöhnliche mechanische Beschädigungen verursacht wurden, wenn ansonsten fachgerecht verarbeitet wurde.

Die oben angeführten Informationen stellen eine allgemeine Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen dar. Da aber in jedem Schadensfall unterschiedliche Umstände vorliegen können, sollte in jedem Schadensfall eine individuelle Prüfung vorgenommen werden.

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