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Industriezone mit Stahlrohren mit blauen Lichtreflexionen am Boden
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Entsorgungs- und Ressourcenmanagement, Fachgruppe

Neue UMS-Pflicht für IPPC-Anlagen:  Was Betreiber jetzt wissen müssen

Richtlinie (EU) 2024/1785

Lesedauer: 5 Minuten

10.11.2025

Mit der Richtlinie (EU) 2024/1785 wurde die Industrieemissionsrichtlinie 2010/75/EU (IE-RL) geändert. Neu eingeführt wurde der Artikel 14a IE-RL, der für IPPC-Anlagen künftig ein verpflichtendes Umweltmanagementsystem (UMS) mit gewissen Mindestanforderungen vorsieht. Ziel ist eine systematische Verbesserung der Umweltleistung und eine stärkere Kontrolle industrieller Tätigkeiten.

Einführung, Fristen und Prüfung

Alle IPPC-Anlagen müssen bis spätestens 1. Juli 2027 ein den Anforderungen des Artikels 14a entsprechendes UMS einführen. Dieses ist durch eine akkreditierte Konformitätsbewertungsstelle (VO (EG) 765/2008) oder einen EMAS-Umweltgutachter (VO (EG) 1221/2009) zu prüfen.

Ausnahmen: Für Anlagen, die erst durch die Richtlinie (EU) 2024/1785 neu in den Geltungsbereich aufgenommen wurden (z. B. Batterieherstellung oder Erzaufbereitung im Bergbau), gelten Übergangsfristen: Die Prüfung muss spätestens vier Jahre nach Veröffentlichung der relevanten BVT-Schlussfolgerungen, längstens jedoch bis 1. September 2034, erfolgen.

Welche Anlagen sind betroffen?

Die Pflicht gilt für sämtliche IPPC-Anlagen nach Anhang I IE-RL, etwa in den Bereichen Energie, Chemie, Metallurgie, Mineralverarbeitung, Abfallbehandlung, Papier-/Holzindustrie sowie Tierhaltung und Lebensmittelverarbeitung.

Im Bereich der Abfallbehandlung betroffen sind:

Nr. / Kategorie 

Schwellenwert Konkrete Tätigkeiten (Beispiele) Rechtsverweis
5.1 – Verwertung oder Beseitigung gefährlicher Abfälle > 10 t/Tag Verschiedenste Verfahren wie etwa biologische Behandlung physikalisch-chemische Behandlung etc. Anhang I Nr. 5.1 IE-RL (2010/75/EU)
5.2 – Beseitigung oder Verwertung von Abfällen in Abfallverbrennungsanlagen oder in Abfall-mitverbrennungsanlagen

Nicht-gefährlich:

> 3 t/Std.

Gefährlich: > 10 t/Tag

Verbrennung, Mitverbrennung in Kesseln oder Öfen; thermische Behandlung mit Energiegewinnung. Anhang I Nr. 5.2 IE-RL (2010/75/EU)
5.3 a – Beseitigung nicht-gefährlicher Abfälle

> 50 t/Tag

(bei alleiniger anaerober Vergärung = 100 t/Tag)

Biologische Behandlung (z.B. anaerobe, Vergärung, Kovergärung), physikalisch-chemische Behandlung, Vorbehandlung zur (Mit-)Verbrennung, Behandlung von Schlacken/Aschen, Schreddern metallischer Abfälle inkl. E-Schrott.

Ausgenommene Tätigkeiten: Richtlinie 91/271/EWG

Anhang I Nr. 5.3 Buchst. a IE-RL, geändert durch RL (EU) 2024/1785, Art. 1 Nr. 47 lit. b
5.3 b – Verwertung oder Kombination aus Verwertung und Beseitigung nicht-gefährlicher Abfälle > 75 t/Tag

Biologische Behandlung (z.B. anaerobe Vergärung), Vorbehandlung für Verbrennung oder Mitverbrennung, Behandlung von Schlacken/Aschen, Schreddern metallischer Abfälle inkl. E-Schrott oder Altfahrzeugen.

Ausgenommene Tätigkeiten: Richtlinie 91/271/EWG

Anhang I Nr. 5.3 Buchst. b IE-RL, geändert durch RL (EU) 2024/1785, Art. 1 Nr. 47 lit. b
5.4 – Deponien Aufnahmekapazität > 10 t/Tag oder Gesamtkapazität > 25 000 t

Betrieb von Deponien für nicht-inert Abfälle; Behandlung von Deponiegasen oder Sickerwasser.

Ausgenommen sind Deponien für Inertabfälle

Anhang I Nr. 5.4 IE-RL (2010/75/EU)
5.5 – Zeitweilige Lagerung gefährlicher Abfälle

> 50 t Gesamtkapazität

(Ausnahme Entstehungsort)

Zwischenlagerung gefährlicher Abfälle außerhalb des Geländes, auf dem die Abfälle erzeugt worden sind Anhang I Nr. 5.5 IE-RL (2010/75/EU)
5.6. Unterirdische Lagerung gefährlicher Abfälle

> 50 t Gesamtkapazität

 

  Anhang I Nr. 5.6 IE-RL (2010/75/EU)

Anforderungen an das Umweltmanagementsystem

Das UMS muss mindestens folgende Elemente enthalten:

  • Umweltziele zur fortlaufenden Verbesserung von Umweltleistung und Anlagensicherheit, inkl. Maßnahmen zur Abfallvermeidung, Ressourceneffizienz, Wasserwiederverwendung und Reduktion gefährlicher Stoffe.
  • Ziele und Leistungsindikatoren für wesentliche Umweltaspekte entsprechend den BVT-Schlussfolgerungen.
  • Energieaspekte: Ergebnisse von Energieaudits oder Energiemanagementsystemen nach Art. 8 der RL 2012/27/EU samt Umsetzungsmaßnahmen, falls betroffen
  • Chemikalienverzeichnis gefährlicher Stoffe mit Risikobewertung und Substitutionsprüfung.
  • Maßnahmen zur Zielerreichung und Risikovermeidung, einschließlich Vorsorge- und Abhilfemaßnahmen.
  • Transformationsplan (Art. 27d IE-RL) zur Erreichung der Klimaneutralität bis spätestens 2050; bei energieintensiven Tätigkeiten bis 30. Juni 2030 vorzulegen.

Veröffentlichung

Die im UMS enthaltenen wesentlichen Informationen müssen öffentlich und kostenlos online zugänglich sein. Vertrauliche Angaben dürfen aus Datenschutz- oder Sicherheitsgründen ausgelassen werden. Das UMS ist regelmäßig zu überprüfen: Die erste Prüfung erfolgt am 1. Juli 2027, danach mindestens alle drei Jahre.

Können bestehende Umweltmanagementsysteme herangezogen werden?

Bereits bestehende Umweltmanagementsysteme wie EMAS oder ISO 14001 können als Grundlage dienen, sofern sie die Anforderungen des Artikels 14a erfüllen. Bereits entwickelte Elemente dürfen durch Verweis auf vorhandene Dokumente integriert werden.

Die in einem Informationsblatt des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft genannte Vergleichstabelle zwischen EMAS und den Anforderungen des Art. 14a IE-RL ist derzeit noch nicht verfügbar. Sie soll im Laufe des nächsten Jahres als Bestandteil eines Leitfadens zur Umsetzung von UMS für IPPC-Anlagen veröffentlicht werden.

Infoblatt: Umweltmanagementsystem für IPPC-Anlagen

In der Zwischenzeit steht eine englischsprachige Vergleichstabelle des EU EMAS Helpdesk zur Verfügung, die in Zusammenarbeit mit Österreich erstellt wurde. Diese zeigt detailliert die Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen EMAS und den Anforderungen der IE-RL und kann als wertvolle Orientierungshilfe für Betreiber dienen.

Infoblatt : Requirements for environmental management systems in accordance with IED & EMAS

EMAS als mögliche Basis

Eine erste Analyse zeigt, dass EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) als solide Grundlage dient, die Anforderungen des Art. 14a IE-RL zu erfüllen.

Die wichtigsten Synergien zwischen EMAS und der IE-RL umfassen:

  • Deckungsgleiche Grundanforderungen: Umweltpolitik, Ziele, Maßnahmen, Leistungsindikatoren und öffentliche Berichterstattung sind in beiden Systemen verankert.
  • BAT-Konformität: EMAS ist bereits in bestehenden BVT-Schlussfolgerungen anerkannt.
  • Transparenz und kontinuierliche Verbesserung: EMAS legt großen Wert auf öffentliche Umweltberichte und fortlaufende Leistungsverbesserung.
  • Energieeffizienz: EMAS enthält relevante Indikatoren und Maßnahmen zur Energieeinsparung – ein Bereich, den ISO 14001 nicht zwingend abdeckt.
  • Transformationsplan: EMAS-Umweltprogramme können als Basis für den ab 2030 geforderten Transformationsplan dienen.

Trotz der hohen Übereinstimmung gibt es Unterschiede, die EMAS-registrierte Organisationen beachten müssen:

  • Unterschiedlicher Geltungsbereich: Während sich EMAS auf Organisationen bezieht, die auch Standorte umfassen, konzentriert sich die IE-RL auf Anlagen. Wenn ein Standort mehrere IE-RL-Anlagen hat, können diese alle in einer EMAS-Registrierung und in der Umwelterklärung enthalten sein. Um IE-RL-konform zu werden, müssen EMAS-registrierte Organisationen alle Anforderungen nicht nur auf Standortebene, sondern auch auf Anlagenebene erfüllen und gegebenenfalls ihre Umweltmanagementsysteme und Umwelterklärungen detaillierter ausgestalten, abhängig von ihren aktuellen Praktiken.
  • Gefährliche Stoffe: Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess im Umgang mit Chemikalien basiert auf einem Chemikalieninventar der in der Anlage vorhandenen oder freigesetzten gefährlichen Stoffe, wie von der IE-RL verlangt. EMAS-registrierte Unternehmen halten sich an geltende Gesetze, die häufig Listen, Bewertungen und Sicherheitsdatenblätter erfordern, und haben daher bereits Richtlinien und Listen zur Überprüfung und Einhaltung dieser Vorgaben. Damit bieten sie eine sehr gute Grundlage, um die IE-RL-Anforderung zu erfüllen.
  • Transformation: Die IE-RL verlangt, dass im Umweltmanagementsystem ein indikatives Transformationskonzept aufgenommen wird, das darlegt, wie der Betreiber die Anlage im Zeitraum 2030–2050 transformieren wird, um bis 2050 zur Entstehung einer nachhaltigen, sauberen, zirkulären, ressourceneffizienten und klimaneutralen Wirtschaft beizutragen.

Anerkennung bestehender Zertifizierungen
Die Zertifizierung zum Entsorgungsfachbetrieb (EFB-Zertifizierung) stellt in Österreich seit vielen Jahren ein anerkanntes und bewährtes Qualitätssicherungssystem sowie einen Branchenstandard für Unternehmen der Entsorgungs- und Ressourcenwirtschaft dar.

Zertifizierte Betriebe erfüllen höchste Qualitäts- und Umweltstandards; die Auditierung erfolgt durch staatlich anerkannte EMAS-Umweltgutachter. Wesentliche Elemente bestehender Umweltmanagementsysteme – insbesondere EMAS und ISO 14001 – sind in der EFB-Zertifizierung bereits weitgehend integriert und werden durch fachspezifische Anforderungen der Entsorgungswirtschaft ergänzt. Damit stellt die EFB-Zertifizierung ein geeignetes umweltbezogenes Managementsystem dar. In Österreich ist die nationale Umsetzung der Richtlinie noch ausstehend. Auch hier setzen wir uns für eine praktikable Umsetzung ein, welche insbesondere die Anerkennung des Zertifikates „Entsorgungsfachbetrieb“ als UMS i.S.d. Richtlinie beinhaltet.

Zeitplan und rechtliche Umsetzung

Die IE-Änderungsrichtlinie ist am 4. August 2024 in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten müssen die Vorgaben bis spätestens 1. Juli 2026 in nationales Recht umsetzen. Die erste Prüfung des UMS muss dann bis 1. Juli 2027 erfolgen, wobei Übergangsfristen für gewisse Anlagen vorgesehen sind.

Da es sich hierbei um eine Richtlinie handelt ist diese nicht unmittelbar anwendbar und muss von den Mitgliedstaaten erst national umgesetzt werden. In Österreich ist eine solche nationale Umsetzung noch nicht erfolgt, besteht noch keine rechtliche Verpflichtung für Betreiber. Erst durch eine Gesetzesänderung oder Verordnung in Österreich wird die UMS-Pflicht verbindlich.

Weiterführende Informationen 

Industrieemissionsrichtlinie:
Richtlinie - EU - 2024/1785 - DE - EUR-Lex

Allgemeine Informationen des BMLUK: Industrieemissionsrichtlinie

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