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Erweiterung der Betrugsbekämpfung zu einem Fairnesspaket

Antrag des Wirtschaftsbunds OÖ an das Wirtschaftsparlament der WKOÖ am 19. November

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 19.11.2025

Sozialleistungsbetrug belastet die Wirtschaft unmittelbar, untergräbt das Vertrauen in die soziale Gerechtigkeit und schwächt die Solidarität in unserer Gesellschaft. 2024 wurden 4.865 Fälle von Sozialleistungsbetrug angezeigt – der bisherige Höchststand. Seit Bildung der Task Force Sozialleistungsbetrug im Bundeskriminalamt 2018 wurde ein Gesamtschaden von rund 135,6 Millionen Euro dokumentiert.

Im Zusammenhang mit Sozialleistungsbetrug ist Krankenstandsmissbrauch unbedingt zu beachten. Krankenstand verursacht jährlich Milliardenschäden: 2023 wurden direkte Kosten von 5,8 Milliarden Euro (davon 4,6 Milliarden Euro Entgeltfortzahlungen) verzeichnet. 2024 entfielen 4,1% des gesamten Arbeitsvolumens auf Krankenstände, durchschnittlich 15,1 Kalendertage pro Beschäftigten. Besonders kleine und mittlere Betriebe geraten durch diese Kosten stark unter Druck.

Das Ziel des Fairnesspakets muss sein, Fehlanreize im System zu limitieren, Leistungsgerechtigkeit und Solidarität zu stärken und Menschen für den Arbeitsmarkt zu aktivieren. Daher sollte das vorliegende Maßnahmenpaket zur Betrugsbekämpfung des Bundesministeriums für Finanzen mit Maßnahmen gegen Sozialleistungsbetrug zu einem Fairnesspaket erweitert werden.

 

  1. Solidarität schützen
    Durch intensivere und häufigere Schwerpunktkontrollen gegen Sozialbetrug und Sozialleistungsbetrug – insbesondere Krankenstandsmissbrauch – sollen ehrliche Betriebe und Beschäftigte besser geschützt werden. Dafür sollen klare gesetzliche Rahmenbedingungen, Kompetenzverteilungen und wirksame Regularien geschaffen werden, damit Solidarität und Fairness im Sozialsystem gestärkt, Missbrauch verhindert und sanktioniert und das Vertrauen wiederhergestellt wird.
  2. Moderne, unbürokratische und digitale Kontrollmechanismen
    Vernetzte, datenbasierte und digitale Verfahren ermöglichen eine frühzeitige Betrugserkennung und reduzieren gleichzeitig den Verwaltungsaufwand. Ein digitales Sozialleistungsregister mit Schnittstellen zwischen Bezirksverwaltungsbehörden, Finanzverwaltung, AMS, PVA und ÖGK soll automatisierte Plausibilitätsprüfungen und effizientere Abläufe gewährleisten.
  3. Effiziente Rückforderungen
    Einheitliche, digitalisierte Verfahren für Rückforderungen – auch im internationalen Kontext – sollen sicherstellen, dass unrechtmäßig bezogene Leistungen rasch und konsequent zurückgeholt werden. Transparente Prozesse erhöhen die Akzeptanz in der Bevölkerung und tragen zur Stärkung des Vertrauens in die staatlichen Institutionen bei.
  4. Individuelle und korrekte Krankschreibungen sicherstellen
    Für Ärzte soll es restriktivere Vorgaben bei der Krankschreibung geben: Bei der Krankschreibung ist verbindlich die berufliche Tätigkeit zu berücksichtigten, eine der Diagnose entsprechende Ausgehzeit und ein konkretes Enddatum der Arbeitsunfähigkeit festzulegen.
  5. Eigenverantwortung stärken
    Durch gezielte Informations- und Aufklärungskampagnen sollen Bürgerinnen und Bürger für die faire Nutzung von Sozialleistungen und die damit verbundenen Ausgaben sensibilisiert werden. Ergänzend sollen Anreizsysteme für Betriebe mit niedrigen Fehlzeiten geschaffen werden, um präventives Gesundheitsmanagement zu fördern und Eigenverantwortung im Umgang mit Krankenständen zu stärken.
  6. Betriebliche Gesundheitsmaßnahmen und Prävention fördern
    Präventions- und Vorsorgeangebote sollen flächendeckend ausgebaut und von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aktiv genutzt werden. Ein gesunder Arbeitsplatz ist die beste Maßnahme gegen Krankenstandsmissbrauch. Unternehmen, die in betriebliche Gesundheitsförderung investieren, sollen gezielt unterstützt und öffentlich sichtbar gemacht werden.
  7. Unsachliche Zahlungspflichten abschaffen
    In Zeiträumen, in denen bei Langzeitkrankenständen kein Entgeltfortzahlungsanspruch gegenüber dem Dienstgeber besteht, soll kein Urlaubsanspruch mehr erwachsen. Zudem soll keine Zahlungspflicht mehr über das Ende des Dienstverhältnisses bestehen und Feiertage sollten zu keiner unsachgemäßen Verlängerung des Fortzahlungskontingentes führen.
  8. Betriebe entkriminalisieren
    Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung der heimischen Betriebe gehört dringend praxisnah überarbeitet. Dabei sollte es insbesondere zu einer Absenkung der Beweislastumkehr kommen, dass Kumulationsprinzip gänzlich abgeschafft werden, praxistaugliche Reglungen nach dem Prinzip „beraten statt strafen“ etabliert und eine Kostenersatzpflicht im Verwaltungsstrafverfahren eingeführt werden.





Ursula Krepp
© WKOÖ

Ursula Krepp
Wirtschaftsbund OÖ

Antrag

Die Wirtschaftskammer Oberösterreich möge die Bundesregierung und insbesondere das Bundesministerium für Finanzen auffordern, ein umfassendes Fairnesspaket zur Betrugsbekämpfung zu erarbeiten, welches insbesondere folgende Maßnahmen berücksichtigt:

  • Solidarität schützen
  • Moderne, unbürokratische und digitale Kontrollmechanismen
  • Effiziente Rückforderungen
  • Individuelle und korrekte Krankschreibung sicherstellen
  • Eigenverantwortung stärken
  • Betriebliche Gesundheitsmaßnahmen und Prävention fördern
  • Unsachliche Zahlungspflichten abschaffen 
  • Betriebe entkriminalisieren

Der Antrag wurde angenommen