
Vieles spricht für EU-Mercosur-Abkommen
Die Verhandlungen über das EU-Mercosur-Abkommen sind in einer entscheidenden Phase. Nach jahrelangen Diskussionen sind die wirtschaftlichen Chancen zum Greifen nah.
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Die OÖWirtschaft hat Michael Saxl, Experte für EU-Handelsabkommen in der Abteilung Europapolitik der WKÖ, zu den wichtigsten Punkten gefragt, die für Handelsabkommen im Allgemeinen und EU-Mercosur im Besonderen sprechen.
OÖW: Herr Saxl, die Skepsis in Österreich gegenüber dem EU-Mercosur-Handelsabkommen ist nach wie vor groß. Warum sollte man dennoch das Abkommen in Kraft setzen?
Saxl: Handelsabkommen bringen immer langfristige Planbarkeit. Europa hat in den letzten zwei Jahrzehnten seine Beziehungen zu Lateinamerika stark vernachlässigt. Während dieser Zeit, insbesondere während der Corona-Pandemie, hat China es geschafft, zum wichtigsten Handelspartner der Mercosur-Staaten aufzusteigen. Die EU wurde vom ersten Platz verdrängt und das Handelsvolumen mit den Mercosur-Staaten reduzierte sich um mehr als die Hälfte. Die Bedeutung des Abkommens wird zusätzlich durch die derzeitige inkonsistente US-Politik unterstrichen. In einer Welt mit sich verändernden Machtverhältnissen, die durch Abhängigkeiten geprägt ist, ist es umso wichtiger, Beziehungen zu möglichst vielen Handelspartnern zu stärken und Marktzugang zu sichern. Dieser Ansatz ermöglicht es, langfristige Planbarkeit zu sichern und bietet den strategisch sichersten Weg, um Krisen zu bewältigen, indem Alternativmärkte genutzt werden.
OÖW: Wird das Handelspotenzial in so weit entfernten Märkten nicht überschätzt?
Saxl: Durch ein Abkommen können alle Sektoren profitieren. Insbesondere in den Bereichen Chemikalien und Arzneimittel, Maschinen- und Elektrogeräte sowie verarbeitete Lebensmittel ergeben sich neue Potenziale. Die bisherigen hohen Zölle auf diese Produkte haben es heimischen Unternehmen schwer gemacht, mit ihren Wettbewerbern am Markt zu konkurrieren. Erfahrungen haben gezeigt, dass österreichische Unternehmen bei bisherigen Handelsabkommen die Vorteile effektiv nutzen. Neben den direkten Exporten würden auch Zulieferbetriebe profitieren, die über andere EU-Länder indirekt nach Lateinamerika exportieren.
OÖW: Ein Pluspunkt, den man gerne unter den Tisch fallen lässt, ist der Zugang zu wichtigen Rohstoffvorkommen für Zukunftstechnologien.
Saxl: Ja, genau. Das Abkommen bietet der EU-Industrie erleichterten Zugang zu Rohstoffen – zum Beispiel wie Lithium – und reduziert die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten. Dies sichert die Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Durch die Diversifizierung der Rohstoffversorgung kann diese Langfristigkeit gesichert werden und die EU-Industrie ist weniger abhängig von Staaten wie China.
OÖW: Sorgen Handelsabkommen wirklich für notwendige Konjunkturimpulse?
Saxl: Ja, das zeigen die Abkommen der Vergangenheit. Vor allem kleine Länder profitieren von offenen Märkten. Das gilt für Österreich und besonders für das starke Export- und Industrieland Oberösterreich. Denn die Unternehmen profitieren von jeder Zollerleichterung und dem Abbau von Handelshemmnissen durch Handelsabkommen, da diese direkten Einfluss auf ihre Wettbewerbsfähigkeit und Exportchancen haben. Durch das Mercosur-Abkommen können sie wieder von neuen Märkten und Ressourcen profitieren.
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