Sozialgerichtsvertretung der WKOÖ
Die WKOÖ vertritt ihre Mitglieder kostenlos vor dem Sozialgericht. Die Erfolgsquote lag im vergangenen Jahr bei beachtlichen 63,16 Prozent.
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Die Wirtschaftskammer Oberösterreich ist im vergangenen Jahr in der Vertretung ihrer Mitglieder vor dem Sozialgericht einmal mehr überaus erfolgreich gewesen. Im Jahr 2024 wurden von der Wirtschaftskammer Oberösterreich 37 Klagen eingebracht. Zusammen mit den noch laufenden 19 Verfahren aus den Vorjahren wurden 56 Sozialgerichtsfälle vor Gericht vertreten. Von den 38 abgeschlossenen Verfahren konnten 24 für das WKO-Mitglied positiv erledigt werden. „Die Erfolgsquote beträgt somit 63,16 Prozent. Der Wert, der für die WKO-Mitglieder erstrittenen Pensionen, Ausgleichszulagen, Renten, etc. liegt summiert bei rund 2,4 Millionen Euro“, zieht WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer ein erfreuliches Resümee über die Sozialgerichtsvertretung der WKOÖ. „Unsere Unternehmerinnen und Unternehmer schätzen das Know-how unserer Rechtsexpertinnen und –experten und greifen gerne darauf zurück, sollte eine gerichtliche Auseinandersetzung unvermeidbar sein“, so Hummer.
Kostenloses Service der WKOÖ
Über Anträge auf Erwerbsunfähigkeitspensionen, Feststellung von Schwerarbeit, Pflegegeld, Unfallrenten, etc. hat bekanntlich der Sozialversicherungsträger mit Bescheid zu entscheiden. Werden solche Anträge abgelehnt, kann der Versicherte dagegen eine Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einbringen. Selbständige mit einem ablehnenden Bescheid des Sozialversicherungsträgers können sich an das Rechtsservice wenden. Ist eine Klagsvertretung sinnvoll und Erfolg versprechend, wird für das Mitglied eine Klage bei Gericht eingebracht und das Mitglied vor Gericht vertreten. „Die Sozialgerichtsvertretung ist ein kostenloser Service der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Selbst im Falle eines möglichen Prozessverlusts fallen für das WKOÖ-Mitglied keine Kosten an“, informiert Hummer.
Der Weg zum Sozialgericht
Der Sozialversicherungsträger entscheidet über Anträge in Sozialrechtssachen mit Bescheid. Sofern diese Anträge abgelehnt werden bzw. der Bescheid nicht im entsprechenden Umfang ergeht, kann der Versicherte mit Unterstützung des Rechtsservice der WKOÖ eine Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einbringen.
Zu den Sozialrechtssachen gehören Rechtsstreitigkeiten
- über den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines Anspruchs auf Versicherungs- oder Pflegegeldleistung
- Anspruch auf Pflegegeld,
- Feststellung von Schwerarbeitszeiten
- Feststellung von Versicherungszeiten außerhalb des Pensionsfeststellungsverfahrens
- Ansprüche auf Kinderbetreuungsgeld und
- Verpflichtungen zum Rückersatz zu Unrecht empfangener Leistungen.
Eine Klage kann weiters nur dann erhoben werden, wenn der Versicherungsträger (über Antrag oder von Amts wegen) einen Bescheid erlassen hat bzw. aber auch dann, wenn der Versicherungsträger einen klagsfähigen Bescheid nicht binnen bestimmter Fristen erlässt. In einem solchen Fall kann der Versicherte eine Säumnisklage erheben.
Fristen für eine Klage
Für die Erhebung einer Klage gelten folgende Fristen:
Vier Wochen
- In der Kranken- und Unfallversicherung
- Rechtstreitigkeiten über die Feststellung von Versicherungszeiten außerhalb des Pensionsfeststellungsverfahrens
- Ansprüche nach dem
Kinderbetreuungsgeldgesetz
Drei Monate
- In der Pensionsversicherung
- bei Leistungen nach dem
Bundespflegegeldgesetz
Die Frist beginnt jeweils mit dem Tag der Zustellung zu laufen und endet mit dem Ablauf des Tages der letzten Woche bzw. des letzten Monats, welcher dem Tag entspricht, mit welchem diese Frist zu laufen begonnen hat. Für eine Säumnisklage gibt es keine Fristen.
Zuständigkeiten und Instanzenzug
Unterschieden wird in die sachliche und örtliche Zuständigkeit. Sachlich zuständig sind jeweils die Landesgerichte, die als Arbeits- und Sozialgerichte tätig werden. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich nach Maßgabe des Wohnsitzes der klagenden Partei. Im Gerichtssprengel Oberösterreich ist ein Verfahren vor dem Landesgericht Linz, Ried im Innkreis, Steyr oder Wels möglich.
Gegen erstinstanzliche Urteile der Landesgerichte kann im Sozialgerichtsverfahren eine Berufung an das Oberlandesgericht erhoben werden. Das Oberlandesgericht fungiert als zweite Instanz. Gegen Entscheidungen des Oberlandesgerichts ist eine Revision an den Obersten Gerichtshof möglich. Für ein Verfahren vor dem OGH muss ebenfalls eine erhebliche Rechtsfrage vorliegen. Eine solche liegt u.a. dann vor, wenn eine Rechtsprechung des OGHs zu dieser Frage fehlt, diese uneinheitlich ist oder weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des OGH abweicht.
Vertretung vor Gericht
Die klagende Partei kann vor dem Landesgericht (erste Instanz) selbst einschreiten oder sich durch geeignete Personen vertreten lassen. In der zweiten und dritten Instanz ist jedenfalls eine qualifizierte Vertretungspflicht notwendig. Als Vertreter in den ersten beiden Instanzen kommen Rechtsanwälte und die Rechtsberater der Abteilung Service und Innovation (Rechtsservice) der WKOÖ in Betracht. Eine Vertretung vor dem OGH ist hingegen nur durch Rechtsanwälte möglich.
Kosten des Verfahrens
Das Verfahren vor den Sozialgerichten ist in der Regel für die Versicherten mit keinen Kosten verbunden. Der Versicherungsträger übernimmt insbesondere alle anfallenden Sachverständigenkosten und sonstigen Gebühren. Auch fallen für die Einbringung der Klage bei
Gericht keine Gebühren an.
Die Vertretung durch die Rechtsberater der WKOÖ ist ebenfalls kostenlos. Sofern im Verfahren jedoch ein Rechtsanwalt hinzugezogen wird, gilt der Grundsatz der Kostentragungspflicht.
Beispielsfälle
- Ein Kfz-Techniker war ca. 10 Jahre selbständig tätig. Der Betrieb musste infolge einer Erkrankung geschlossen werden. Der Unternehmer bekam vom zuständigen Sozialversicherungsträger für mehr als zwei Jahre eine befristete Erwerbsunfähigkeitspension gewährt. Obwohl sich der Gesundheitszustand nicht verbesserte, wurde der Antrag auf Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitspension abgelehnt. Gegen diesen Bescheid hat das WKO-Mitglied, vertreten durch das Rechtsservice der WKOÖ, eine Klage eingebracht. Die Klage wurde damit begründet, dass der Unternehmer aufgrund seiner medizinischen Einschränkungen am allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin nicht einsetzbar ist. Nach Einholung mehrerer medizinischer Sachverständigengutachten konnte nachgewiesen werden, dass zumindest weiterhin eine befristete Erwerbsunfähigkeit besteht. Die Erwerbsunfähigkeitspension konnte somit für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr weiterhin zuerkannt werden.
- Ein selbständig erwerbstätiger Bäcker beantragte die Feststellung seiner Versicherungszeiten als Schwerarbeitszeiten. Er argumentierte damit, dass er unregelmäßige Nachtarbeit leistet. Der zuständige Sozialversicherungsträger lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die ausgeübte Erwerbstätigkeit nicht als Schwerarbeit im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen zu werten wäre. Gegen diesen Ablehnungsbescheid hat das WKO-Mitglied, vertreten durch das Rechtsservice der WKO Oberösterreich, eine Klage eingebracht. Begründet wurde die Klage zum einen damit, dass der Unternehmer in den letzten 12 Jahren an mindestens 6 Tagen im Monat mindestens 6 Stunden während der Nacht (zwischen 22 Uhr und 6 Uhr) abwechselnd zu Tagdiensten gearbeitet hat. Zum anderen wurde argumentiert, dass der Kläger bei der Tätigkeit in der Backstube mehr als 2000 kcal pro Tag (sowohl bei den Tagen der Nachtarbeit als auch der Tagarbeit) verbraucht hat.
Ein im Gerichtsverfahren bestellter Sachverständiger bestätigte die Rechtsansicht des Rechtsservice zur unregelmäßigen Nachtarbeit und kam zum Ergebnis, dass das WKO-Mitglied an mindestens 3 Tagen Nachtarbeit im erforderlichen Ausmaß pro Woche und an mindestens 2 Tagen Tagarbeit pro Woche geleistet hat. Damit war der Nachweis erbracht, dass das WKO-Mitglied Schwerarbeit verrichtet hat. Der Vorteil an der Feststellung von Schwerarbeitszeiten liegt vor allem darin, dass bei der Erfüllung weiterer Voraussetzungen ein früherer Pensionsantritt möglich ist und geringere Abschläge zur Anwendung kommen.