Panoramablick auf die deutsche Hauptstadt Berlin mit Fluß
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Deutschland: Wirtschaftslage

Die wichtigsten Informationen zur deutschen Wirtschaft – zuverlässig und aus erster Hand

Lesedauer: 8 Minuten

Aktuelle Lage: Wirtschaftsbericht

Nach einem kräftigen Jahresauftakt kühlt sich die deutsche Wirtschaft seit dem Sommer ab (geg. dem Vorjahreszeitraum verzeichnete das preisbereinigte BIP in den ersten drei Quartalen 2022 einen Zuwachs von 3,9 %, 1,7 % bzw. 1,2 %). Die hohen Inflationsraten (November 2022: 10 %) lassen die Realeinkommen der Haushalte sowie deren Ersparnisse schmelzen und reduzieren die Kaufkraft. Das verarbeitende Gewerbe erfuhr im Sommer ebenfalls einen Dämpfer. Zum einen behindern anhaltende Lieferschwierigkeiten bei Rohstoffen und Vorprodukten die Produktion. Zum anderen leidet die Nachfrage unter den hohen Preisen und der globalen Konjunkturabschwächung. Insgesamt wird sich die konjunkturelle Abkühlung fortsetzen. In den beiden Winterquartalen dürfte die deutsche Wirtschaft um 0,2 % bzw. 0,4 % schrumpfen. Ausschlaggebend hierfür dürfte ein Rückgang der privaten Konsumausgaben sein. Da die Energieversorger vor allem zu Jahresbeginn 2023 ihre Strom- und Gaspreise spürbar an die hohen Beschaffungskosten anpassen werden, wird die Inflationsrate im ersten Quartal 2023 mit über 11 % voraussichtlich ihren Höhepunkt erreichen. Viele Unwägbarkeiten können diese Prognose beeinflussen: der weitere Verlauf der Energiepreise und deren Überwälzung durch die Energieversorger an die Verbraucher, die Lieferkettenproblematik und auch der weitere Verlauf der Covid-19-Pandemie.

Die Prognose für das Wirtschaftswachstum im Gesamtjahr 2022 liegt bei 1,4%, gefolgt von einem prognostizierten Konjunkturrückgang im Jahr 2023 von 0,4 %. Erst 2024 wird die deutsche Wirtschaft mit +1,8 % (ifo) auf einen Wachstumspfad zurückkehren.

Im Außenhandel konnte in den ersten drei Quartalen 2022 noch ein Rekordniveau erreicht werden. Insgesamt wurden im Zeitraum Jänner bis September 2022 Waren im Wert von 1.168,8 Milliarden Euro aus Deutschland exportiert (+15,2 % im Vorjahresvergleich), demgegenüber standen Importe im Wert von 1.116,2 Milliarden Euro (+28,3 %). Im Jahr 2022 wurde der nach der Pandemie erwartete Aufschwung des Außenhandels vor allem durch die kriegsbedingten und energieversorgungsbezogenen Faktoren deutlich abgebremst. Nichtsdestotrotz wurde ein neuer Rekordwert erreicht.

Der Ausblick für den Außenhandel bleibt pessimistisch, hat sich aber leicht verbessert. Die ifo-Exporterwartungen haben sich mit -5,3 Saldenpunkten im Oktober leicht erhöht, liegen aber weiterhin auf einem Niveau, das mit dem Frühjahr 2020 vergleichbar ist. Die Erholung von den Lieferengpässen setzt sich (nach dem Rückgang im September) im Oktober weiter fort. Laut ifo-Umfrage berichten im Oktober 64 % der Unternehmen von Engpässen in der Beschaffung. Die Auflösung von Staus vor wichtigen Häfen sowie sinkende Containerfrachtraten dürften die Situation verbessert haben.

Für das Gesamtjahr 2022 erwarten die Experten einen weiteren Anstieg der Exporte sowie eine wieder steigende Inlandsnachfrage. Unwägbarkeiten für – nicht nur deutsche – Exporteure und Importeure bleiben aber (auch als Folge der Corona-Krise) eine insgesamt wohl abnehmende Globalisierung, das Kappen von Wertschöpfungsketten und die Verlagerung von Produktionen sowie die möglichen Risiken aufgrund des Russland-Ukraine Krieges.

Besondere Entwicklungen

In der Automobilindustrie sind im Jahr 2021 die Produktionszahlen drastisch zurückgegangen und auf rund 3,1 Millionen PKW in Deutschland gesunken (abnehmende Nachfrage auf den Weltmärkten, Pandemie, Lieferengpässe, aktuelle Konflikte). Da die deutschen Hersteller aber sehr stark auf das Hochpreissegment setzten, stiegen die Gewinne deutlich. In den ersten elf Monaten 2022 wurden knapp 3,2 Mio. PKW in Deutschland produziert, das entspricht einem Zuwachs von 12 % geg. dem Vorjahreszeitraum (geg. 2019 werden die Produktionszahlen jedoch noch um etwa 28 % unterschritten). Im gleichen Zeitraum wurden 2,4 Millionen fabrikneue Fahrzeuge exportiert, ein Zuwachs von 11 %.

Die Automobilindustrie befindet sich in einem Strukturwandel, künftige Herausforderungen sind die Umstellung von Verbrennmotoren auf alternative Antriebe wie Elektromobilität, Wasserstoff und Brennstoffzellen und die starke Digitalisierung des Autos an sich (connectivity etc.) Laut Verband der deutschen Automobilindustrie liegt das Investitionsvolumen bis 2025 bei etwa 150 Milliarden Euro. Ebenso sollen verstärkt neue Märkte erschlossen werden. Die Transformation sowie der Ausbau Deutschlands zum Leitmarkt für Elektromobilität ist eines der Kernthemen des Koalitionsvertragens verbunden mit entsprechenden Fördermaßnahmen. Schon jetzt haben sich laut dem Energiewende-Barometer der Industrie- und Handelskammer 65 % der Unternehmen elektronisch betriebene Fahrzeuge angeschafft oder planen dies. Ebenso wird das Autonome Fahren, welches ab 2025 möglich sein wird, die Branche revolutionieren.

Im Maschinenbau konnte aufgrund von Zulieferproblemen im Jahr 2021 nicht das ursprünglich prognostizierte Wachstum erreicht werden. Für 2022 wird von einem deutlichen Wachstum vom 7 % ausgegangen, das Vorkrisenniveau wird damit aber nicht erreicht.

Im März 2022 hat der US-amerikanische Elektroautohersteller Tesla seine Gigafactory in Grünheide/Brandenburg eröffnet, der Bau einer Batteriezellenfertigung ist in Planung. Das deutsch-kanadische Unternehmen Rock Tech Lithium plant z.B. in Guben (Entfernung etwa 100 km zum Tesla Werk) den Bau des europaweit ersten Lithiumhydroxid-Konverters, der Produktionsstart ist für 2024 geplant. Mit weiteren Ansiedlungen im Bereich der Automobilindustrie etabliert sind Brandenburg neben München, Stuttgart, Köln und Wolfsburg als wichtiges Zentrum der Mobilität.

Das zeitliche Zusammenfallen von Ukrainekrieg, Energiepreisschock, Energiewende weg von fossilen Brennstoffen und das Verhältnis zu China bereitet den deutschen Schlüsselindustrien Automobilbau und Maschinenbau beträchtliche Anpassungsschwierigkeiten. Insgesamt herrscht aber die Hoffnung vor, diese Herausforderungen zu bestehen und neue Chancen auch im Export ergreifen zu können.

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Deutschland führt die Rangliste der österreichischen Handelspartner nach wie vor deutlich an. Im Gesamtjahr 2021 erreichte das bilaterale Außenhandelsvolumen einen Wert von fast 110 Milliarden Euro. Im Zeitraum Jänner bis September 2022 hatten 30 % der gesamten heimischen Ausfuhren Deutschland als Ziel. Dieser Wert war mehr als drei Mal so hoch wie die Werte von Italien (6,9 %) und den USA (6,5 %), welche sich auf den Plätzen zwei und drei befinden. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen wird Österreich verstärkt als Reshoring-Standort geschätzt.

In den ersten drei Quartalen 2022 verzeichneten die österreichischen Exporte nach Deutschland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit einem Wachstum von 16,8 % auf 43,3 Milliarden Euro wieder einen Rekordwert. Die Importe erreichten ein Plus von 18,0 % auf 51,5 Milliarden Euro.

Geschäftschancen für österreichische Unternehmen

Deutschland ist sowohl im Waren- als auch Dienstleistungsbereich der wichtigste Handelspartner Österreichs. Die Produktpalette im bilateralen Warenverkehr ist breit gefächert, fast für jedes österreichische Produkt bestehen gute Absatzchancen im Nachbarland. Das hervorragende technische Know-how zählt zu den Vorteilen österreichischer Indutrieunternehmen bzw. Zulieferbetriebe.

Die österreichische Fahrzeugindustrie profitiert von der global aufgestellten und exportorientierten deutschen Automobilindustrie. Innovative Lösungen für die Mobilität von morgen (wie z.B. im Bereich Reduzierung von CO2 Emissionen, Hybridisierung, Elektromobilität und alternative Antriebe sowie Leichtbau & neue Werkstoffe, Connectivity & Security, Digital Services, automatisiertes und autonomes Fahren, neue Mobilitätskonzepte und Flexibilisierung in der Produktion) sind gefragt in den Forschungs- und Entwicklungsbereichen der deutschen OEMs, der Systemlieferanten und Entwicklungsdienstleister.

Der österreichische Maschinenbau bzw. die österreichische Metallwarenindustrie profitieren von der starken globalen Marktpräsenz und der hohen Exportorientierung der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer, aktuelle Themen sind smart factory, smart services, smart products, intelligente Vernetzung, künstliche Intelligenz (KI), predictive maintenance, IT-Sicherheit, Simulation, digitaler Zwilling, innovative Lösungen aus Software und IT nehmen zunehmend eine wachsende Rolle ein.

Aber auch Lösungen im Bereich Energie- und Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeit, Klimaneutralität, CO2-Fußabdruck bzw. CO2-Bilanz spielen für die Maschinen- und Anlagenbauer in Deutschland eine wesentliche Rolle.

Im Bereich der Metalle und Metallerzeugnisse sind die Verflechtungen der beiden Ländern ebenfalls sehr stark.

Die Transformation der Industrie im Zuge der Energiewende bietet große Chancen bei Zukunftsthemen wie Energieeffizienz, green steel, sustainable production bzw. bei innovativen Lösungen wie KI, predictive maintenance und smart manufactoring. Im industriellen Bereich können österreichische Technologieunternehmen und Zulieferunternehmen ihr großes Know-How unter Beweis stellen.

Daneben ist Österreich ein Vorreiter im nachhaltigen Bauen (inkl. Zulieferungen, Holzbau, Denkmalschutz) sowie in der Digitalisierung (e-Government und Smartcity), auch hier sind Unternehmen und Fachkräfte, die ihr Wissen an die deutschen Unternehmen weitergeben oder geplante Projekte mit realisieren können, gefragt.

Für die kommenden Jahre bestehen in Deutschland vor allem in folgenden Branchen besondere Chancen für österreichische Unternehmen: Bau und Infrastruktur, Holzbau, Energiewirtschaft und Naturressourcen, Erneuerbare Energien, Wasserstoff, Neue Werkstoffe und Materialien, (Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Photonik und Biotechnologie), Gesundheit und Medizintechnik, Informations- und Kommunikationstechnologie, Maschinen und Anlagenbau, Künstliche Intelligenz, Automatisierung, Metalle und Metallverarbeitung, Elektromobilität, Konsumgüter und Lifestyle, Nahrungs- und Genussmittel (insbesondere Bio), Mobilität und Logistik, Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.

Berlin und München gehören zu den führenden Start-up Hubs in Europa. Hier werden inspirierende Kontakte geknüpft und innovative Zukunftspartnerschaften geschlossen. Auch im Kreativ- und Konsumgüterbereich bieten sich vielversprechende Chancen. 

Statistik: Länderprofil

Einen kurzen Überblick über die wichtigsten statistischen Daten zu Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bietet das Länderprofil Deutschland der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA und der Stabsabteilung Statistik. 

Wichtige Wirtschafts- und Basisdaten und Informationen für eine Vielzahl weiterer Länder finden Sie auf den jeweiligen Länderseiten sowie in der Übersicht Länderprofile weltweit.

Podcast: Akustische Geschäftsreise in den Markt

In Podcast Folge 14 von „Austria ist überall“ geht die akustische Geschäftsreise zu unserem großen Nachbarn, nach Deutschland. Der WKÖ-Wirtschaftsdelegierte Michael Scherz meldet sich aus der Hauptstadt Berlin und spricht über die Auswirkungen der Digitalisierung und Nachhaltigkeit für den deutschen Markt, über den Start-up Hub Berlin und darüber, wovor die Deutschen Angst haben. 

Der Export-Podcast der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA führt auf akustische Geschäftsreisen in alle Welt. Die WKÖ-Wirtschaftsdelegierten sprechen über ihre Erfahrungen in ihren mehr als 70 Ländern und werfen als lokale Expertinnen und Experten einen exklusiven Blick hinter die Kulissen der Exportmärkte. Sie zeigen Geschäftschancen auf, geben praktische Tipps, informieren über Trends und Innovationen! Versehen mit einer zusätzlichen Prise an Fun Facts, Dos & Don'ts und bunten Erfolgsstories, können österreichische Unternehmen im Ausland mit diesem Know-how ganz einfach punkten, denn AUSTRIA IST ÜBERALL!

Branchen mit besonderen Chancen für österreichische Unternehmen

  • Bau und Infrastruktur
  • Holzbau
  • Energiewirtschaft und Naturressourcen
  • Erneuerbare Energien, Wasserstoff 
  • Neue Werkstoffe und Materialien
    (Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Photonik und Biotechnologie)
  • Gesundheit und Medizintechnik
  • Informations- und Kommunikationstechnologie
  • Maschinen und Anlagenbau, Künstliche Intelligenz, Automatisierung
  • Metalle und Metallverarbeitung
  • Elektromobilität
  • Konsumgüter und Lifestyle
  • Nahrungs- und Genussmittel (insbesondere Bio)
  • Mobilität und Logistik
  • Sicherheits- und Verteidigungsindustrie

Maßgeschneiderte Informationen

Damit Ihre Marktbearbeitung in Deutschland problemlos abläuft, hat unser Team vor Ort Informationen zu außenhandels- und investitionsrelevanten Fach- und Branchenthemen, die Sie jederzeit beim AußenwirtschaftsCenter Berlin und AußenwirtschaftsCenter München anfordern können.

Allgemeines zu Wirtschaft, Land und Leute sowie persönliche Tipps finden Sie in unserem Länderreport Deutschland.

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Stand: 26.03.2024