Blick auf die Stadt Athen mit dem Akropolis-Berg, umrandet von Bäumen. Über das Bild wurde ein weißes Austria A gelegt.
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Griechenland: Wirtschaftslage

Die wichtigsten Informationen zur griechischen Wirtschaft – zuverlässig und aus erster Hand

Lesedauer: 6 Minuten

Aktuelle Lage: Wirtschaftsbericht

Nach einem sehr robusten Wachstum im Jahr 2022 verlangsamte sich die wirtschaftliche Aktivität in Griechenland im Jahr 2023, blieb jedoch im EU-Vergleich überdurchschnittlich stark (2,0 % im 1. und 2,7 % im 2. Quartal 2023).

Gemäß den zuletzt veröffentlichten Prognosen wird sich das Wachstum im Gesamtjahr 2023, aufgrund einer Verlangsamung im Euroraum, einer Mäßigung des privaten Konsums und einer restriktiven Geldpolitik, auf etwas über 2 % einpendeln. Der wirtschaftliche Einfluss der jüngsten Waldbrände in Evros und Überschwemmungen in Thessalien, obwohl schwer zu schätzen, wird voraussichtlich begrenzt sein. Die Eskalation des Konflikts im Nahen Osten stellt jedoch ein erhebliches Risiko für die Wachstumsaussichten dar.

Griechenlands Zentralbankgouverneur Yiannis Stournaras prognostiziert für 2023 ein BIP-Wachstum von 2,4% - was dem Dreifachen des Eurozonen-Durchschnitts entspricht - und in den beiden folgenden Jahren jeweils 2,5 %.

Die aktualisierten Prognosen der Zentralbank zeigen auch eine niedrigere Inflationsrate. Die vorläufige Schätzung für 2023 bleibt bei 4,3 %. Für die kommenden Jahre wird sie allerdings voraussichtlich auf 3,5 % im Jahr 2024 und auf 2,2 % im Jahr 2025 sinken. Hauptproblem ist und bleibt hier die Lebensmittelinflation.

Zum ersten Mal seit 14 Jahren ist die Arbeitslosenquote in Griechenland im Oktober 2023 auf unter 10,0 % gesunken. Die Auswirkungen der langjährigen Wirtschaftskrise des Landes auf den Arbeitsmarkt sind aber immer noch deutlich sichtbar.

Griechenland bleibt vorerst der höchst verschuldete EU-Staat, aber die EU-Kommission betrachtet die Schulden als tragfähig, hauptsächlich aufgrund langer Laufzeiten und niedriger Zinssätze. Die EU-Kommission prognostiziert für 2023 eine Schuldenquote von rund 160 % des BIP für Griechenland. Trotzdem wird erwartet, dass das Land seine Schulden allmählich abbauen wird und bis 2025 voraussichtlich einen Wert von etwa 148 % des BIP erreichen wird.

Besondere Entwicklungen

Am 20. Oktober 2023 hat S&P als erste große Ratingagentur die Bonitätsbewertung für Griechenland von 'BB+/B' auf 'BBB-/A-3' angehoben. Damit kehrte Griechenland nach 14 Jahren auf den langersehnten „Investment Grade“ zurück. Mit der Rückkehr zum „Investment Grade“ wird Griechenland der so wichtige Zugang zu den internationalen Kreditmärkten ermöglicht.

Die wiedergewählte griechische Regierung setzt ihren Kurs der Privatisierung fort und erzielt dabei beachtliche Erfolge. Die jeweils 22 % und 9 % Anteile des Hellenic Financial Stability Fund an zwei der vier Systembanken, der National Bank of Greece (NBG) und der Alpha Bank, wurden nach erfolgreichem Börsengang bzw. internationaler Ausschreibung hauptsächlich an internationale institutionelle Investoren, darunter BlackRock, Fidelity, Lazard und Allianz bzw. an die UniCredit Group, veräußert. Dies signalisiert nicht nur die Rückkehr Griechenlands zur Normalität, sondern stärkt auch das Vertrauen internationaler Investoren in die gesamte Wirtschaft des Landes. Die Regierung plant nun, für 2024 fünf Milliarden Euro durch den Verkauf von Staatsbesitz, darunter Liegenschaften, Häfen, Flughäfen und Autobahnen, zu generieren. Dies würde einen neuen Rekord seit Beginn der Privatisierungen vor zwölf Jahren darstellen.

Am 28. November 2023 hat die Europäische Kommission den modifizierten Aufbau- und Resilienzplan von Griechenland positiv bewertet, der nun auch ein Kapitel über REPoweREU umfasst. Der Plan hat damit einen Wert von 35,95 Milliarden Euro (im Vergleich zu 30,9 Milliarden im Originalplan). Die Zuschüsse belaufen sich nun auf 18,22 Milliarden Euro und die Darlehen auf 17,73 Milliarden Euro. Inklusive des mehrjährigen Finanzrahmens der Strukturfondsmittel aus dem EU-Haushalt 2021-2027 hat Griechenland in den nächsten Jahren Anspruch auf insgesamt mehr als 75 Milliarden Euro an EU-Mitteln. Die Absorptionsraten Griechenlands gehören zu den besten in der EU.

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Im 1. Halbjahr 2023 stiegen laut vorläufigen Daten der Statistik Austria die österreichischen Warenausfuhren nach Griechenland um +2,7 % und erzielten ein Wertvolumen von 360,5 Millionen Euro. Die österreichischen Einfuhren griechischer Waren gingen im Zeitraum Jänner-Juni 2023 um -2,2 % zurück.

Bei den Dienstleistungen zeichneten sich nach den zuletzt veröffentlichten OeNB-Daten für das 1. Halbjahr 2023 gegenseitig gegensätzliche starke Tendenzen ab. Die österreichischen Dienstleistungsexporte nach Griechenland lagen bei 168 Millionen Euro (+30,1 % gegenüber dem 1. Halbjahr 2022). Die Dienstleistungsimporte aus Griechenland gingen zurück auf 235 Millionen Euro (-21,5 %). Haupttreiber bei den Dienstleistungen ist traditionell der Tourismus.  Im 1. Halbjahr 2023 wurde hier von der griechischen Zentralbank ein neuer Rekordwert von 225.651 Einreisenden aus Österreich erfasst (+44,3 % gegenüber dem 1. Halbjahr 2022). Umgekehrt berichtet die Statistik Austria im Zeitraum Jänner-Juni 2023 von 41.556 griechischen Touristen in Österreich (+63,0 %).

Die österreichischen Direktinvestitionen in Griechenland sind im Vergleich zu anderen südosteuropäischen Nachbarstaaten eher gering. Nach den zuletzt veröffentlichten, vorläufigen Daten der OeNB betrugen die aktiven Bestände österreichischer Direktinvestitionen in Griechenland Ende 2022 231 Millionen Euro, was einem Rückgang von -14,1 % gegenüber den revidierten Daten von 2021 entspricht. Auf der anderen Seite waren in Österreich weniger als vier griechische Beteiligungen registriert, weshalb die entsprechenden Daten als vertraulich behandelt werden.

In Griechenland gibt es derzeit 51 registrierte Tochterunternehmen und aktive Niederlassungen österreichischer Unternehmen. Gemäß der griechischen Unternehmensdatenbank von ICAP (D&B) sind außerdem 400 Vertretungsunternehmen österreichischer Firmen, 1.809 Importunternehmen (aus Österreich) und 953 Exportunternehmen (nach Österreich) registriert.

Geschäftschancen für österreichische Unternehmen

Der Austausch von Waren, Dienstleistungen und Direktinvestitionen zwischen Österreich und Griechenland spiegelt gesunde Wirtschaftsbeziehungen zwischen zwei EU-Partnerstaaten auf Augenhöhe wider. Für österreichische Unternehmen ergeben sich praktisch branchenübergreifend interessante Geschäftschancen. Wegen der durch den Krieg unterbrochenen oder stark eingeschränkten Handelsgeschäften mit der Ukraine und Russland bietet sich Griechenland zudem für österreichische Exporteur:innen als leicht zugänglicher und attraktiver Ausweichmarkt mit hohen Gewinnmargen an. Zunehmendes Interesse besteht auch an Firmenneugründungen oder für „digitale Nomad:innen“ als Basis für Fernarbeit.

Traditionell stark ist Österreich, wenn es um die Ausfuhr von Maschinen, Elektrogeräten, Milch- und Molkereierzeugnissen, Getränken sowie Verpackungsmaterial und pharmazeutischen Erzeugnissen geht. Laut International Trade Center besteht für österreichische Warenexporte nach Griechenland allerdings auch ein - noch nicht ausgeschöpftes - zusätzliches Exportpotential von rund +60 % (d.s. > +300 Millionen Euro). Neue, vielversprechende Möglichkeiten ergeben sich dabei auf allen Pfeilern des europäischen Recovery und Resilienz-Plans: diversifizierte Energiestrategien, Digitalisierung, PPP-Infrastrukturprojekte und Flagship-Investitionen, u.a. im Tourismusbereich.

Hauptverbindungselement zwischen beiden Ländern ist der starke saisonale Touristenstrom. Rund eine halbe Million Einreisende aus Österreich besuchen Griechenland jedes Jahr zur Sommersaison. Im Winter zieht es dagegen rund 100.000 skisportbegeisterte Griech:innen in die Alpenrepublik. Abgesehen vom Tourismus werden in Griechenland verschiedene österreichische unternehmensbezogene Dienstleistungen erbracht, vor allem im Transport- und Logistikbereich. Allein aufgrund der besonderen geographischen Lage als “Gateway to Europe” hat Griechenland das Potential, ein internationaler Logistik-Hub zu werden. Chancen entstehen dabei im 3PL-Bereich, dem Kombitransport, dem Transitverkehr aber auch bei Value Added Services wie z.B. Assembling.

Österreichische Direktinvestitionen sind in Griechenland im Vergleich zu anderen südosteuropäischen Nachbarländern eher gering. Alle aktiven österreichischen Produktionsniederlassungen sind in der Verpackungsindustrie zu finden. Dabei wäre vom griechischen Primärsektor bis hin zur lebensmittelverarbeitenden Industrie der Bedarf nach Aufstockungen der Produktionskapazitäten zur Erzielung von Skaleneffekten dringend gefragt. Es bietet sich der Ankauf und Ausbau bzw. Modernisierung bestehender Standardisierungsanlagen an, wo österreichische Unternehmen über ein enormes Know-How verfügen.

Als Hauptargument um in Griechenland zu investieren, gilt das exzellent ausgebildete Humankapital mit ausgeprägtem mathematischen Grundverständnis und grundliegendem Out-of-the-box-thinking, welches außerordentlich kreativ und affin für neue Technologien ist. Die junge Generation griechischer Fachkräfte ist darauf eingestellt schnell, flexibel und effektiv sowohl selbstständig als auch in kleinen Teams zu arbeiten – auch unter intensiveren Bedingungen, wenn zur Zielerreichung benötigt. Durch die verinnerlichte EU-Kultur ist sie sehr anpassungsfähig und verfügt standardgemäß über sehr gute Englischkenntnisse. Die Bereitschaft die deutsche Sprache zu erlernen, falls noch keine Kenntnisse vorliegen, ist sehr hoch.

Aufgrund des derzeitigen gesamtwirtschaftlichen Ratings und Outlooks ergibt sich für österreichische Unternehmen evtl. der richtige Zeitpunkt für eine Akquisition oder ein Joint Venture mit einem etablierten KMU oder einem der vielversprechenden griechischen Startups. Griechenland ist nicht nur als Produktionsstandort, sondern auch als Forschungs-/Entwicklungs-Hub und aufgrund der geostrategisch günstigen Lage für die Erschließung benachbarter Märkte in der Region zunehmend interessant geworden.

Statistik: Länderprofil 

Einen kurzen Überblick über die wichtigsten statistischen Daten zu Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bietet das Länderprofil Griechenland der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA und der Stabsabteilung Statistik. 

Wichtige Wirtschafts- und Basisdaten und Informationen für eine Vielzahl weiterer Länder finden Sie auf den jeweiligen Länderseiten sowie in der Übersicht Länderprofile weltweit.

Maßgeschneiderte Informationen

Damit Ihre Marktbearbeitung in Griechenland problemlos abläuft, hat unser Team vor Ort Informationen zu außenhandels- und investitionsrelevanten Fach- und Branchenthemen, die Sie jederzeit beim AußenwirtschaftsCenter Athen anfordern können.

Allgemeines zu Wirtschaft, Land und Leute sowie persönliche Tipps finden Sie in unserem Länderreport Griechenland.

Das AußenwirtschaftsCenter Athen berät Sie gerne, sollten Sie weitere Fragen zu Griechenland haben.

Stand: 01.12.2023