Blick auf das ungarische Parlament in Budapest, gelegen an der Donau
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Ungarn: Wirtschaftslage

Die wichtigsten Informationen zur ungarischen Wirtschaft – zuverlässig und aus erster Hand

Lesedauer: 5 Minuten

Aktuelle Lage: Wirtschaftsbericht

Während noch 2022 die ungarische Wirtschaft um 4,6 % gewachsen ist – vorrangig getragen durch den staatlich unterstützten privaten Konsum und Großinvestitionen – ist das Land 2023 nun in die Rezession geschlittert (BIP minus 0,9 % ). Somit setzte sich der Trend des zweiten Halbjahr 2022 fort. Nach einem kurzen Hoffnungsschimmer im dritten Quartal, fielen allerdings die BIP-Daten für das vierte Quartal 2023 deutlich schwächer aus als erwartet und konnten nicht für die erhoffte Kehrtwende sorgen.

Der Rückgang der Reallöhne, die Verlangsamung der Industriekonjunktur und der Rückgang öffentlicher und privater Investitionen trugen allesamt zum wirtschaftlichen Abschwung bei. Einen großen Anteil an der Erholung hatte die Landwirtschaft, die nach der Dürre 2022 gute Ernteergebnisse lieferte. Aufgrund der schwachen Entwicklung im letzten Quartal fiel auch der BIP-Rückgang im Jahr 2023 etwas größer aus als erwartet: -0,9 %. In den letzten 27 Jahren war die Entwicklung lediglich dreimal niedriger, und zwar während der Finanzkrise (2009), der europäischen Schuldenkrise (2012) und der Corona-Krise (2020).

Besondere Entwicklungen 

Die ungarischen Investitionsförderungsagentur (HIPA) meldet für 2023 erneut, mit rund 13 Mrd. Euro, einen Rekordwert bei den abgeschlossenen Investitionsprojekten. Dieses Investitionsvolumen wurde im Rahmen von 209 Projekten umgesetzt, durch die 19.692 neue Arbeitsplätze – laut Angaben der HIPA - geschaffen wurden.

Um die entwicklungsschwachen Gebiete Ungarns für ausländische Investoren attraktiver zu machen, bietet die Nationale Agentur für Investitionen und Betriebsansiedlungen (HIPA) Förderungen und Incentives an, wie max. 50 % Direktförderungsbeiträge (sog. VIP cash subsidies) oder Steuerbegünstigungen bei Erfüllung entsprechender Auflagen, wie z.B. Anzahl geschaffener Arbeitsplätze.

Ferner gibt es das EKD-Programm mit Förderungen basierend auf individuellen Regierungsbeschlüssen. Das für Großinvestitionen geplante Programm besteht aus drei Komponenten: Bargeldzuschuss, Steuerreduktion und einem Zuschuss zur Ausbildung von Mitarbeitern. Auch für österreichische Unternehmen könnten die massiven staatlichen Förderprogramme ein Anstoß sein, in Ungarn weiter bzw. neu zu investieren.

Der ungarische Wiederaufbauplan idHv. 5,8 Mrd. Euro wurde am 12. Dezember 2022 von der Europäischen Kommission abgesegnet. Allerdings sind nach Einschätzung der EU-Kommission noch nicht alle Bedenken zur Erfüllung des Artikel 7 der EU-Verfassung – insbesondere im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit und die korrekte Verwendung der Mittel – erfüllt. So werden die Mittel idHv. 5,8 Mrd. Euro (10. Platz in der EU) erst nach Erfüllung von 27 „Super-Meilensteinen“ tatsächlich ausgezahlt. Sollte die ungarische Regierung die Voraussetzungen für die Auszahlung der EU-Mittel erfüllen, könnte dies die makroökonomische Stabilität des Landes verbessern. Dadurch könnten aufgeschobene Investitionen weiterführt werden, der HUF-Wechselkurs sich stabilisieren und die Wirtschaft wieder angekurbelt werden.

Ebenfalls eingefroren sind noch Teile der derzeit 22 Mrd. Euro aus dem Kohäsionsfonds zur Angleichung der Lebensverhältnisse in den Jahren 2023 bis 2027. Aus diesem Topf wurden im Dezember 2023 erstmals in dieser Budgetperiode Kohäsionsgelder von rund 10 Mrd. Euro für Ungarn von der EU-Kommission freigegeben. Diese waren insbesondere an Reformen des Justizsystems und der Korruptionsbekämpfung geknüpft, welche HU zur Zufriedenheit der Kommission umgesetzt hat.

Die ungarische Regierung, die bis zum 31. August 2023 Zeit hatte, ihre REPowerEU-Projekte und den Kreditbedarf zu benennen, reichte einen Finanzierungsbedarf von 3,9 Mrd. Euro ein – deutlich weniger als das ursprüngliche Darlehnsrahmen von 9,66 Mrd. Euro – nicht zuletzt, weil die Projekte bis Ende 2026 abgeschlossen sein müssen. Zwei Projekte wurden von der REPowerEU-Liste gestrichen, die dem Land bei der Abkopplung von der russischen Energieversorgung geholfen hätten. Die Pläne umfassten die Erhöhung der Kapazität des rumänisch-ungarischen Interconnectors und den Bau einer Gasleitung, die Slowenien und Ungarn verbindet, um die Gasquellen zu diversifizieren. Ungarn hat dennoch für drei neue Projekte EU-Gelder beantragt, und zwar zur Energie-Digitalisierung, Beschaffung von Elektrofahrzeugen und zur Ausweitung der heimischen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Ungarn hat von diesem Topf rund 920 Mio. Euro als Vorfinanzierung zum Jahreswechsel erhalten.

Das AußenwirtschaftsCenter Budapest hat im Februar 2024 ein Webinar zum Thema Förderungen in Ungarn organisiert, in dem die aktuellen und geplanten Fördermittelprogramme sowie konkrete Hinweise und Tipps zur strategischen Planung eines förderfähigen Projektes und zum Projektzyklus, von der Antragstellung bis zur erfolgreichen Umsetzung des Projekts dargestellt wurden. Die Aufzeichnung des Webinars kann unter diesem Link angeschaut werden.

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

2023 war Ungarn für die österreichische Exportwirtschaft weltweit der siebtgrößte, in der EU der sechstwichtigste und in der CEE-Region der zweitwichtigste Markt. Die österreichischen Exporte von rund 7,3 Mrd. Euro weisen dabei einen Rückgang von -6 % im Vergleich zur Vorjahresperiode aus. Dem gegenüber stehen ca. 5 Mrd. Euro an Importen aus Ungarn, was einem Rückgang von -6,2 % gleichzusetzen ist (Platz 10 im Einfuhrranking). Alles in allem war Ungarn mit einem Gesamthandelsvolumen von ca. 12,3 Mrd. Euro 2023 der neuntwichtigste Handelspartner Österreichs weltweit.

Aus ungarischer Sicht war Österreich im gleichen Zeitraum nach Deutschland, der Slowakei und Polen der viertwichtigste Handelspartner überhaupt: das Gesamthandelsvolumen war einem Anteil von ca. 5 % gleichzusetzen. Im Import liegt Österreich hinter Deutschland und China auf Platz 3 (6 % Anteile am Gesamtimport), während Österreich der achtwichtigste Absatzmarkt für Ungarn ist (4 % Anteile am Gesamtexport).

Die bilaterale Dienstleistungsbilanz verläuft traditionell ausgeglichen 2023 standen 2,2 Mrd. Euro Exporterlösen aus Dienstleistungen 2 Mrd. Euro Importausgaben gegenüber. Ungarn war damit in diesem Zeitraum für österreichische Dienstleistungen der siebtwichtigste Markt weltweit und der wichtigste in Mittel- und Osteuropa. Dienstleistungen aus Ungarn rangieren an 10. Stelle im Ländervergleich.

Österreich ist seit der Wende einer der wichtigsten Investoren in Ungarn: Die Bestände der Direktinvestitionen aus Österreich beliefen sich 2020 auf rund 10 Mrd. Euro, was einem Anteil von ca. 12 % gleichzusetzen und hinter Deutschland und den Niederlanden der drittstärkste Wert ist.

Geschäftschancen für österreichische Unternehmen

Österreichisches Know-how genießt in Ungarn generell ein hohes Ansehen bzw. gilt als Garant in Sachen Zuverlässigkeit und Qualität. Wir sehen in den kommenden Jahren besondere Chancen für österreichische Unternehmen in Ungarn in folgenden Bereichen:

  • Bau & Infrastruktur
  • Gesundheitswesen – Investitionen in Privateinrichtungen
  • Bildung, Erwachsenenbildung
  • Creative Industries (Kreativwirtschaft, Mode & Textilien)
  • Energiewirtschaft, Naturressourcen & E-mobilität
  • IKT (Start-Ups) und Digitalisierung
  • Online-Handel und Logistik
  • Maschinen & Anlagenbau
  • Metalle & Metallverarbeitung
  • Nahrungs- & Genussmittel
  • Zulieferindustrie

Statistik: Länderprofil 

Einen kurzen Überblick über die wichtigsten statistischen Daten zu Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bietet das Länderprofil Ungarn der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA und der Stabsabteilung Statistik. 

Wichtige Wirtschafts- und Basisdaten und Informationen für eine Vielzahl weiterer Länder finden Sie auf den jeweiligen Länderseiten sowie in der Übersicht Länderprofile weltweit.

Maßgeschneiderte Informationen

Damit Ihre Marktbearbeitung in Ungarn problemlos abläuft, hat unser Team vor Ort Informationen zu außenhandels- und investitionsrelevanten Fach- und Branchenthemen, die Sie jederzeit beim AußenwirtschaftsCenter Budapest anfordern können. 

Allgemeines zu Wirtschaft, Land und Leute sowie persönliche Tipps finden Sie in unserem Länderreport Ungarn.

Das AußenwirtschaftsCenter Budapest berät Sie gerne, sollten Sie weitere Fragen zu Ungarn haben.

Stand: 16.04.2024