Aktuelle Lage in Belarus
Auswirkungen des Ukraine-Kriegs im betrieblichen Alltag
Aufgrund der militärischen Eskalation in der Ukraine, bei der auch Truppen über das Staatsgebiet Belarus operieren, kommt es für das Land zu ernsthaften Konsequenzen.
FAQ - Fragen und Antworten
Stand: 9.6.2022 | 17:00 Uhr
Aktuelle Lage
Zwar gibt es derzeit keine Reisewarnung des österreichischen Außenministeriums für Belarus, jedoch wird von nicht unbedingt notwendigen Reisen abgeraten. Aktuelle Informationen finden Sie auf der Seite des Außenministeriums: BMEIA-Infoseite Belarus.
Belarus ist derzeit – unabhängig von der epidemiologischen Situation – nicht über direkte Flugverbindungen aus Europa erreichbar. Mögliche Alternativen bei der Ein- und Ausreise nach/aus Belarus sind nur Flüge über Istanbul. Jedoch werden derzeit aufgrund der aktuellen Lage in der Ukraine auch die Flüge Minsk-Istanbul-Minsk immer wieder abgesagt. Bitte prüfen Sie den aktuellen Stand bei Belavia bzw. Turkish Airlines. Die Einreise am Landweg ist nur mit Aufenthaltstitel möglich.
Bei der Einreise nach Belarus empfehlen wir eine Online-Registrierung, damit österreichische Staatsangehörige im Krisenfall mit der österreichischen Botschaft in Minsk im Kontakt bleiben.
Sofern Verträge bereits vor dem 2.3.2022 getätigt wurden, können Holz/-erzeugnisse bis 4.6.2022 eingeführt/befördert/erworben werden. Ansonsten besteht ein generelles Importverbot von Holz/-erzeugnissen für KN 44. Das bedeutet, dass Holz/-erzeugnisse mit KN 47, 48 oder 49 gem. Anhang der EU-Holzhandelsverordnung (kurz EUTR) (EU) 995/2010 von diesem Importverbot ausgenommen sind.
Weiterführende Informationen findet man auf der Website des Bundesamts für Wald: Aktuelle Informationen, Bundesamt für Wald (bundesamt-wald.at) und Summary Record des 8th Meeting of the Expert Group/Multi-Stakeholder Platform with a Focus on the Implementation of the EUTR and the FLEGT Regulation
Wirtschaftliche Einschränkungen durch Sanktionen
Alle Details zu den bereits verhängten Sanktionen finden Sie in unserer Sanktionsübersicht.
Das zuletzt eingeführte 6. EU-Sanktionspaket vom 3.6.2022 enthält u.a. folgende Einschränkungen für Belarus:
- Abschaltung der belarussischen Bank „Belinvestbank“ (Belarussische Bank für Entwicklung und Wiederaufbau) vom internationalen Zahlungssystem SWIFT
- Beschränkungen gegenüber 12 Personen und 8 Unternehmen. Darunter die Ölraffinerie Naftan, Belaruskali und sein Händler Belarusian Potash Company, der Hersteller öffentlicher Nutzfahrzeuge Belkommunmash, das größte Logistikunternehmen in Belarus - das staatliche Unternehmen Beltamozhservis sowie Nationales staatliches Fernseh- und Hörfunkunternehmen (Belteleradiokompaniya). Details dazu finden Sie in der dazu erlassenen Verordnung.
Die USA hatten bereits mehrmals Sanktionen gegen Belarus wegen der Unterdrückung der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition verhängt. Zurzeit intensiviert die US-Regierung ihre Sanktionen gegenüber Belarus wegen seiner Beteiligung im Ukraine-Konflikt. Die vor kurzem verhängten Sanktionen gegen russische (u.a. ihre belarussischen Töchter) und belarussische Banken haben bereits gewisse Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit.
Für konkrete Fragen rund um Sanktionen sowie zur Exportkontrolle kontaktieren Sie bitte die Spezialisten in den Landskammern oder unseren Spezialisten in der Wirtschaftskammer Österreich Simon Fleischmann, MA, BA, BA sowie das AußenwirtschaftsCenter Moskau.
Solange Aufträge für nicht-sanktionierte belarussische Unternehmen/Personen abgearbeitet werden und der belarussische Bankenmarkt nicht vom Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen wird, ändert sich für den österreichischen Unternehmer nichts. Der belarussische Kunde muss entsprechend den Vertragsmodalitäten bei Erbringung der Leistung diese bezahlen. Nach Möglichkeit ist Vorauszahlung zu verlangen. OEKB-Deckungen für Russland, Ukraine und Belarus wurden ab 24.2.2022 mit sofortiger Wirkung ausgesetzt (nähere Details: oekb.at).
Die LKW-Transporte von und nach Belarus sind nur noch sehr eingeschränkt möglich.
Durch die EU-Sanktionen wurde ein Verbot des Gütertransportes in der EU für die Kraftfahrzeuge mit belarussischen Kennzeichen verhängt. Das Verbot betrifft ausschließlich die Beförderungen durch belarussische LKWs („in Belarus niedergelassene Kraftverkehrsunternehmen“) in den EU-Ländern, inklusive Transittransporte. Ausnahmen aus diesem Transportverbot gelten für LKWs mit belarussischen Kennzeichen, die folgende Güter befördern:
- Erdgas und Erdöl, einschließlich raffinierter Erdölerzeugnisse
- Titan, Aluminium, Kupfer, Nickel, Palladium und Eisenerz
- Pharmazeutische, medizinische und landwirtschaftliche Erzeugnisse, einschließlich Düngemittel und Lebensmitteln, einschließlich Weizen
- Waren für humanitäre Zwecke
- Waren für diplomatische und konsularische Vertretungen der EU
Gegensanktionen von Belarus
Seitens Belarus sind am 16. April 2022 transportbezogene Gegensanktionen gegen EU-Kraftfahrzeuge verhängt worden. Somit dürfen die in der EU registrierten Kraftfahrzeuge nicht mehr nach Belarus fahren. Jene EU-Fahrzeuge, die vor dem 16. April 2022 in das Hoheitsgebiet von Belarus gefahren sind, müssen bis zum 23. April 2022 Belarus verlassen.
Ausnahmen für dieses Transportverbot sind in folgenden zwei Fällen möglich:
- Die Fahrt durch Belarus mit einer in Belarus registrierten Zugmaschine in Kombination mit einem in der EU angemeldeten Auflieger/Anhänger ist zulässig. Um dies durchzuführen, muss an bestimmten Grenzkontrollpunkten (Liste unten), eine Anhängerumkoppelung (ggf. Umladung) durchgeführt werden.
- In der EU registrierte Fahrzeuge dürfen lebende Tiere, Postpakete, übergroße und humanitäre Sendungen, Fertigarzneimittel, Medizinprodukte und deren Ersatzteile, Roh- und Hilfsstoffe für die Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie Blut, menschliche Organe und Gewebe nach und durch Belarus befördern.
Grenzübergangsorte, an jenen EU-Fahrzeuge (Zugmaschinen und Auflieger/Anhänger) zum Umladen bzw. zum Umkoppeln nach Belarus einfahren dürfen:
Ort | Grenzübergang (Kontrollpunkt) | Betroffenes angrenzendes EU-Land |
---|---|---|
Zollabfertigungsstelle Brest-Beltamozhservice | Kozlovichi | Polen |
Zollabfertigungsstelle Brest-Beltamozhservice-2 | Kozlovichi | Polen |
Zollabfertigungsstelle Berestovitsa-TLTs | Berestovitsa | Polen |
Wartebereich des elektronischen Warteschlangensystems in Berestovitsa* | Berestovitsa | Polen |
Zollabfertigungsstelle Bruzgi-TLTs | Bruzgi, Privalka, Berestovitsa | Polen |
Wartebereich des elektronischen Warteschlangensystems in Bruzgi* | Bruzgi | Polen |
Zollabfertigungsstelle Grodno-GAP-2 | Privalka | Polen |
Zollabfertigungsstelle Lida-avto | Benyakoni | Litauen |
Wartebereich des elektronischen Warteschlangensystems in Benyakoni* | Benyakoni | Litauen |
Zollabfertigungsstelle Kamennyy Log-Beltamozhservice | Kamennyy Log | Litauen |
Wartebereich des elektronischen Warteschlangensystems in Kotlovka* | Kotlovka | Litauen |
Wartebereich des elektronischen Warteschlangensystems in Grigorovshchina* | Grigorovshchina | Lettland |
Wartebereich des elektronischen Warteschlangensystems in Urbany* | Urbany, Widzy | Lettland |
Zollabfertigungsstelle Polotsk-Steklovolokno | Grigorovshchina, Urbany, Widzy | Lettland |
Zwischenlager Brestvneshtrans JLLC | Brest | Polen |
Zwischenlager Belimporttorg OJSC | Brest | Polen |
Zwischenlager Tranzit LLC | Brest | Polen |
* In diesen Wartebereichen kann nur Anhängerumkupplung durchgeführt werden.
Die Grenze zwischen Belarus und der Ukraine bleibt weiterhin geschlossen. Die Situation mit Waren-Beförderungen aus Europa ist allerdings sehr schwierig und ändert sich aufgrund der dynamischen Situation laufend.
Große Logistikunternehmen wie UPS, FedEx, DHL, Maersk, MSC (Mediterrean Shipping Company), CMA CGM, Shipco haben, bis auf Ausnahmen wie z.B. Lieferungen von Medikamenten und humanitären Gütern, ihre Transporte nach und aus Belarus gestoppt.
Der belarussische Rubel ist stark vom russischen Rubel abhängig. Zwar gab es im März 2022 eine wesentliche Abwertung des belarussischen Rubels vor dem Hintergrund der Russland-Ukraine-Krise, jedoch hat sich der belarussische Rubel gegenüber dem Dollar und dem Euro wieder erholt. Derzeit pendelt der Kurs für 1 EUR rund um 3,0 BYN. Eine Abwertung ist allerdings nicht auszuschließen, abhängig von weiteren Sanktionen und der Wirtschaftsentwicklung. Aktuelle Kurse findet man auch auf der Homepage der belarussischen Nationalbank.
Grundsätzlich ist der internationale Zahlungsverkehr, außer mit sanktionierten Firmen, Personen und Banken weiterhin möglich. Bereits vier belarussische Banken sind von SWIFT ausgeschlossen: Belagroprombank, Bank Dabrabyt, Entwicklungsbank (ab 20.3.2022) und die Belinvestbank (ab 14.6.2022). Welche konkreten Alternativen von diesen Banken angeboten werden, muss im Einzelfall geklärt werden. Die Einfuhr von Euro-Banknoten nach Belarus ist verboten.
Sollte Belarus generell von SWIFT ausgeschlossen werden, würden internationale Zahlungen für Waren und Dienstleistungen erheblich erschwert werden. Alternative Zahlungssysteme könnten aber trotz Ausschluss aus SWIFT eine Lösung bieten.
Die Berufung auf „Force Majeure“ bzw. „höhere Gewalt“ setzt ein von außen her auf den Betrieb einwirkendes außergewöhnliches Ereignis voraus, das nicht in einer gewissen Häufigkeit und Regelmäßigkeit vorkommt und zu erwarten ist und durch äußerste zumutbare Sorgfalt weder abgewendet noch in seinen Folgen unschädlich gemacht werden kann.
Nach der österreichischen Rechtsprechung können Kriege bzw. eine nach Vertragsschluss unerwartet auftretende akute Kriegsgefahr oder bei Vertragsschluss nicht voraussehbare bürgerkriegsähnliche Zustände grundsätzlich Fälle von höherer Gewalt darstellen. Das unvorhersehbare, unabwendbare, nicht beherrschbare Ereignis muss ursächlich für das gegenständliche Leistungshindernis sein. Ob in einer Vertragsbeziehung ein Fall von „höherer Gewalt“ eingetreten ist bzw. welche Rechtsfolgen sich daran knüpfen, bedarf einer Einzelfallprüfung anhand des konkreten Sachverhalts.
Überdies gelten in manchen Branchen und Konstellationen Spezialregelungen bzw. können sich auch aus den zwischen den Parteien geschlossenen Verträgen spezielle Regelungen ergeben.
Arbeitsrechtliche Konsequenzen
In Österreich
Die aktuell für die Pandemie geltende Kurzarbeit können auch Unternehmen in Anspruch nehmen, die vom Ukrainekrieg betroffen sind. Nähere Infos unter Corona-Kurzarbeit – Alle aktuellen Bestimmungen – WKO.at
Das aktuelle Kurzarbeitsmodell endet am 30.6.2022. Derzeit laufen die Verhandlungen zu den Bedingungen der Kurzarbeit, die nach dem 30.6.2022 gelten.