Blick auf Sarajevo, Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina
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Bosnien und Herzegowina: Recht, Steuern, Investitionen

Von Entsendung bis Firmengründung: Lokales Fachwissen – unbürokratisch und verlässlich

Lesedauer: 5 Minuten

Beratung in Rechtsfragen

Andere Länder, andere Regeln: Bei Export, Import und Firmengründung müssen lokale Gesetze beachtet werden. Damit Sie nicht in teure Verfahren verwickelt werden, gilt: Besser vorher abklären, was die Spielregeln sind.

Für eine fachliche Erstberatung ist das AußenwirtschaftsCenter Sarajevo die richtige Adresse. Wenn rechtsanwaltliche Expertise gefragt ist, vermitteln wir vertrauenswürdige Kanzleien aus unserem lokalen Netzwerk.

Sie wollen eine Niederlassung gründen? Rechtsform, Standortwahl, Steuern, Arbeitsrecht, Versicherungen, Finanzierungen – wir bereiten Sie vor und helfen Ihnen durch.

Dazu gibt es Startgeld für Mutige: Das Förderprogramm go-international erleichtert Ihnen Markteintritt, Marktbearbeitung und die Gründung einer Niederlassung im Ausland und ist Teil der Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft und der Wirtschaftskammer Österreich. 

Arbeitsrecht und Entsendung

Bei der Durchführung von Montage- oder Reparaturarbeiten sollte ein Vertrag zwischen der österreichischen Firma und der bosnisch-herzegowinischen Firma vorliegen. In diesem Vertrag sollten auch die geplante Dauer und der Umfang der Arbeiten angeführt sein. Falls die Montagearbeiten insgesamt nicht länger als 90 Tage im Jahr dauern, benötigen Ihre Angestellten keine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung in Bosnien und Herzegowina.

Es reicht, wenn die bosnische Firma für Ihre Beschäftigte eine Bescheinigung über die Anmeldung der Arbeit vom Ausländeramt einholt. Dafür soll eine schriftliche Aussage der bosnischen Firma über den Einsatz Ihrer Angestellten, eine Passkopie der Angestellten und ein Vertrag (übersetzt in die lokale Sprache) zwischen der österreichischen Firma und der bosnisch-herzegowinischen Firma vorliegen.

Während der Durchführung von Arbeiten (während des Aufenthalts), muss Ihr Personal polizeilich gemeldet sein. EU-Staatsangehörige dürfen sich gemäß Artikel 21. des Ausländeraufenthaltsgesetztes bis zu 90 Tage ohne Visum und Aufenthaltsgenehmigung in Bosnien und Herzegowina aufhalten. Falls die Montage oder die Entsendung länger als oben beschrieben dauert, müssen Ihre Angestellten eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung beantragen.

Die Beantragung selbst erfolgt beim bosnisch-herzegowinischen Arbeitsamt. Falls die entsandte Person in Österreich legal arbeitet und zusätzlich noch eine bosnisch-herzegowinische Staatsbürgerschaft besitzt, wird keine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung benötigt. Die entsandten Arbeitskräfte sind nach derzeitiger Rechtslage bis zu einem Zeitraum von vier Monaten weder Steuerpflichtig noch müssen sie andere Sozialabgeben in Bosnien und Herzegowina leisten. 

Steuerliche Rahmenbedingungen 

Mehrwertsteuerpflicht – Registrierung 

Jede Firma, die einen Umsatz von mehr als 50.000 Konvertible Mark (circa 25.500 Euro) in Bosnien und Herzegowina erwirtschaftet, muss sich als mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen registrieren lassen. In diesem Fall unterscheidet das Gesetz explizit nicht zwischen ausländischen und einheimischen Firmen.

Als ausländisches Unternehmen können Sie sich durch Beauftragung einer Fiskalvertretung registrieren lassen. Als Fiskalvertretung darf jede Firma ernannt werden, die für Mehrwertsteuerzahlungen registriert wurde. In der Praxis passiert es oft, dass sich ausländische Firmen nicht als mehrwertsteuerpflichtige Unternehmen registrieren, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist.

Gemäß den Vorschriften des Artikel 13, Absatz 3 des bosnischen Umsatzsteuergesetzes ist das leistungsempfangende Unternehmen, insofern die leistungserbringende Firma keinen Sitz in Bosnien und Herzegowina hat und auch keine Fiskalvertretung ernannt hat, dazu verpflichtet, die Umsatzsteuer zu berechnen und abzuführen (Anwendung Reverse Charge).

Somit wird für die Leistungserbringung der österreichischen Gesellschaft eine Rechnung, nach österreichischen Rechnungslegungsvorschriften und ohne die Berechnung der österreichischen Umsatzsteuer, ausgestellt. Das bosnische Unternehmen wird dazu verpflichtet sein, die bosnische Umsatzsteuer selbstständig zu berechnen und abzuführen. Die Mehrwertsteuer beträgt in Bosnien und Herzegowina 17 %.

Quellensteuer 

Erfüllen die Tatsachen die Voraussetzungen aus dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Bosnien-Herzegowina, so ist für die von österreichischen Unternehmen in Bosnien und Herzegowina durchgeführte Leistung keine lokale Quellensteuer im Ausmaß von zehn Prozent durch das lokale Unternehmen abzuführen.

Das bosnisch-herzegowinische Unternehmen benötigt deswegen normalerweise vor der Bezahlung der Leistung eine Resident-Bestätigung von der österreichischen Firma. Die Resident-Bestätigung und eine formlose Empfangsbestätigung müssen laut Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Bosnien und Herzegowina beigelegt werden, um bei der Bezahlung durch das lokale Unternehmen die zehn Prozent Quellensteuer in Bosnien und Herzegowina zu vermeiden. Diese Resident-Bestätigung erhält das österreichische Unternehmen vom zuständigen Finanzamt in Österreich. Ein weiteres Dokument, welches normalerweise gefordert wird, ist die formlose Aussage der Firma, dass das österreichische Unternehmen dasjenige ist, das die Geldüberweisung aus Bosnien und Herzegowina empfängt. Die Aussage erfolgt auf Firmenpapier und wird mit einem Firmenstempel versehen. Eine notarielle Beglaubigung wird nicht verlangt.

Wird die lokale Quellensteuer trotz Doppelbesteuerungsabkommen vom bosnisch-herzegowinischen Unternehmen fälschlicherweise einbehalten und an die lokalen Steuerbehörden bezahlt, so besteht das Recht, nach Vorlage der oben genannten Unterlagen die Quellensteuer wieder zurückzuverlangen um den Betrag nachträglich an die österreichische Firma zu überweisen. Die Rückforderung der Quellensteuer kann jedoch sehr lange dauern.

Doppelbesteuerungsabkommen

Österreich hat mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Diese verhindern eine doppelte Besteuerung bei grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das Bundesministerium für Finanzen stellt wichtige Informationen sowie eine Liste aller österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen zur Verfügung. 

Firmengründung und Investition

Das bosnisch-herzegowinische Gesellschaftsrecht kennt dieselben Rechtsformen, die auch in Österreich üblich sind. Die weitest verbreitete und gebräuchlichste Gesellschaftsform bei Neugründungen ist das Äquivalent der GmbH, die d.o.o.

Bosnien und Herzegowina weist basierend auf dem Friedensabkommen von Dayton komplexe politische und administrative Strukturen auf. So bestehen zwei semiautonome Entitäten, nämlich die Föderation von Bosnien und Herzegowina, unterteilt in 10 Kantone mit eigenen Kompetenzen, und die Republika Srpska, zentralistisch organisiert, sowie der Sonderverwaltungsdistrikt Brcko.

Zahlreiche Kompetenzen, insbesondere im Bereich der Wirtschaft, wie z.B. Steuer-, Gesellschafts-und Arbeitsrecht, liegen bei diesen Entitäten. Die Wahl des Firmensitzes ist daher von grundlegender Bedeutung, da abhängig davon natürlich das jeweilige Recht und damit verbundenen Abgaben etc. zur Anwendung gelangen.

Ausführliche Informationen zu den verschiedenen Gesellschaftsformen und den unterschiedlichen Regelungen der jeweiligen Verwaltungseinheiten stellt das AußenwirtschaftsCenter Sarajevo gerne im Fachreport „Firmengründung und Steuern“ zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns dafür unter sarajevo@wko.at.

Investitionsschutz

Über 60 bilaterale Investitionsschutzabkommen schützen österreichische Unternehmen mit Auslandsinvestitionen vor Benachteiligung und entschädigungsloser Enteignung. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Handels- und Investitionsabkommen der EU mit Drittstaaten. Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft veröffentlicht eine Liste aller bilateralen österreichischen Investitionsschutzabkommen

Vertretungsvergabe

Aufgrund der komplexen administrativen Struktur und teils unterschiedlichen Regelungen in den unterschiedlichen Entitäten ist es wichtig, bei der Personenauswahl auf eine Tätigkeit in allen Entitäten zu achten. 

In Bosnien und Herzegowina existiert kein eigenes Handelsvertreterrecht. Bei der Vertretungsvergabe kommt das Vertragsrecht der jeweiligen Entität zum Zug (je nach Hauptsitz des Unternehmens oder Wohnsitz des Vertreters), die sich jedoch stark ähnlich sind. Der Vertrag ist in einer der drei lokalen Sprachen (bosnisch, serbisch, kroatisch) zu verfassen, behördlich zu registrieren und in Folge im gesamten Staatsgebiet gültig. Eine auf dem Vertrag basierende Vertretung geschieht durch Bevollmächtigung und darf nur im Ausmaß der erteilten Bevollmächtigung erfolgen.

Stand: 07.03.2023