Blick auf   , Hauptstadt von 
Panorama des Stadtzentrums von Sofia, links im Bild sieht man die Aleksander Nevski-Kathedrale, Bulgarien
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Bulgarien: Recht, Steuern, Investitionen

Von Entsendung bis Firmengründung: Lokales Fachwissen – unbürokratisch und verlässlich

Lesedauer: 7 Minuten

Beratung in Rechtsfragen

Andere Länder, andere Regeln: Bei Export, Import und Firmengründung müssen lokale Gesetze beachtet werden. Damit Sie nicht in teure Verfahren verwickelt werden, gilt: Besser vorher abklären, was die Spielregeln sind.

Für eine fachliche Erstberatung ist das AußenwirtschaftsCenter Sofia zuständig. Wenn rechtsanwaltliche Expertise gefragt ist, vermitteln wir vertrauenswürdige Kanzleien aus unserem lokalen Netzwerk. 

Sie wollen eine Niederlassung gründen? Rechtsform, Standortwahl, Steuern, Arbeitsrecht, Versicherungen, Finanzierungen – wir bereiten Sie vor und helfen Ihnen durch.

Dazu gibt es Startgeld für Mutige: Das Förderprogramm go-international erleichtert Ihnen Markteintritt, Marktbearbeitung und die Gründung einer Niederlassung im Ausland und ist Teil der Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft und der Wirtschaftskammer Österreich.

Arbeitsrecht und Entsendung

In der Regel gilt für Arbeitsverträge mit bulgarischen Mitarbeitern, oder mit ausländischen Mitarbeitern, die ihre Arbeit in Bulgarien leisten, zwingend bulgarisches Recht. Es gilt die Fünf-Tage-Woche mit 40 Wochenstunden, der gesetzliche Mindesturlaub ist 20 Arbeitstage. Die Probezeit beträgt maximal 6 Monate.

  • Gesetzlich festgesetzte Höhe des Mindestmonatslohns dzt für 2023: BGN 780 (EUR 398,81)
  • Gesetzlich festgesetzte Höhe des maximalen Sozialversicherungseinkommens für 2023 dzt: BGN 3.400 (EUR 1.738,39)

Die Gesamthöhe der vom Arbeitnehmer zu leistenden Versicherungsbeiträge beläuft sich auf dzt 13,78%. Dieser Prozentsatz der Versicherungsbeiträge wird vom Bruttolohn (aber max. von BGN 3.400 BGN) abgezogen und der Restbetrag mit der Lohnsteuer in Höhe von 10% besteuert.

Der Gesamtaufwand des Arbeitgebers ergibt sich aus dem Bruttolohn der Person zzgl. des Arbeitgeberanteils für Versicherungsbeiträge (variiert dzt zwischen 18,92% und 19,62%, je nach Gegenstand des Unternehmens).

Die Sozialversicherungserklärungen sind monatlich abzugeben und die entsprechenden Steuern und Beiträge bis zum 25. Tag des nachfolgenden Beitragsmonats zu leisten. Alle Sozialkosten (Dienstgeber- und Dienstnehmerteil) und die Einkommensteuer werden vom Dienstgeber an die nationale Steuerbehörde überwiesen. Der Dienstnehmer erhält den Netto-Lohn überwiesen.

Im Krankheitsfall erhält der Arbeitnehmer für die ersten drei Krankheitstage 70% der durchschnittlichen Vergütung durch den Arbeitgeber. Für weitere Krankheitstage zahlt das Nationale Versicherungsinstitut bei zeitweiliger Arbeitsunfähigkeit 80% (das gilt auch bei Krankheit des Kindes) und bei berufsbedingter Krankheit 90% der durchschnittlichen Vergütung, auf die Sozialversicherungsbeiträge gezahlt wurden oder bezahlt werden müssen.

Arbeitskräfteentsendung 

Die folgenden Regelungen betreffen EU-Bürger:innen bzw. Staatsbürger:innen der Schweiz. Jede Entsendung von Bürger:innen anderer Länder hängt mit den persönlichen Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen der Mitarbeiter:innen zusammen und ist individuell zu behandeln.

Meldepflicht

Die Entsendung von österreichischen Mitarbeiter:innen nach Bulgarien ist sozialrechtlich unproblematisch, weil Lohn- und Sozialversicherung in Österreich höher sind und ein Dumping de facto kaum möglich ist. Dementsprechend sind die Kontrollen der bulgarischen Behörden auch seltener. Es gilt aber, für jede:n Mitarbeiter:in eine Meldung abzugeben. Die Meldung erfolgt online auf der folgenden Website postedworkers.gli.government.bg.

Die bulgarische Gesetzgebung sieht keine Meldepflicht für Geschäftsführer, Vorstände und bloße Fahrer vor. 

Notwendige Dokumente

Der österreichische Dienstgeber muss bestimmte Informationen (auf Papier oder in elektronischer Form) gem. Art. 14 der Verordnung über die Regeln und Verfahren für die Entsendung von Mitarbeiter:innen im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen beim aufnehmenden bulgarischen Unternehmen bereitstellen: Kopien des Arbeitsvertrags, der Unterlagen mit Angaben zur Arbeitszeit (über Beginn, Ende und Dauer), sowie der Dokumente für Gehaltszahlungen, jeweils samt bulgarischer Übersetzung.

Das Formular A1 ist auch erforderlich.

Steuerliche Rahmenbedingungen

Mehrwertsteuer 

Grundsätzlich gibt es gemäß dem bulgarischen Mehrwertsteuergesetz zwei Varianten der MwSt.-Registrierung (kostenlos):

  • obligatorisch (bei einem besteuerbaren Umsatz ab BGN 100.000, --);
  • freiwillig (besteuerbarer Umsatz unter BGN 100.000, --); 

Sondergründe für eine obligatorische MwSt.-Registrierung bestehen auch in den folgenden Fällen:

  • Lieferungen von Waren mit Montage und Installation, wenn der Empfänger eine nicht nach dem Mehrwertsteuergesetz registrierte Person ist;
  • Erbringung von Dienstleistungen, für welche die Steuer vom Leistungsempfänger zu zahlen ist;
  • Lieferungen von Telekommunikationsleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und elektronisch erbrachte Dienstleistungen oder für innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen, deren Leistungsort in einem anderen EU-Mitgliedstaat liegt;
  • Innergemeinschaftlicher Erwerb. 

Wichtig ist zu beachten, dass eine (freiwillige) MwSt.-Abmeldung erst ein Jahr nach dem Jahr der Registrierung möglich ist 

Mehrwertsteuersätze

  • Normal - 20%
  • Ermäßigt – 9% - für Erbringung von Unterkunftsdienstleistungen, die in Hotels und ähnlichen Einrichtungen angeboten werden, einschließlich der Bereitstellung von Urlaub Unterbringung und Vermietung von Stellplätzen für Camping oder Wohnwagen, mit Platz für einen Erfüllungsort im Hoheitsgebiet des Landes; für die Lieferungen von Büchern auf physischen Datenträgern oder auf elektronischem Wege oder beides (einschließlich Lehrbüchern, Lernsets, illustrierten Kinderbüchern zum Zeichnen oder Ausmalen, gedruckten oder handgeschriebenen Notenausgaben), mit Ausnahme von Veröffentlichungen, die ganz oder überwiegend zu Werbezwecken bestimmt sind, und mit Ausnahme von Veröffentlichungen, die ganz oder überwiegend aus Video- oder Audio-Musikinhalten bestehen; für die Lieferung von Nahrungsmitteln, die für Säuglinge oder Kleinkinder geeignet sind; für die Lieferung von Babywindeln und ähnlichen Babyhygieneartikeln;
  • Ermäßigt – 9% (gilt bis zum Juli 2023) – für die Versorgung mit Zentralheizung und mit Erdgas;
  • Ermäßigt – 9% (gilt bis zum Dezember 2023) - für die Erbringung von Restaurant- und Cateringdienstleistungen; für die Erbringung einer allgemeinen touristischen Dienstleistung sowie die von Reiseveranstaltern und Reisebüros organisierten Ausflüge mit gelegentlicher Beförderung von Reisenden im Bus; für die Erbringung einer Dienstleistung für die Nutzung von Sportanlagen;
  • Ermäßigt – 0% (gilt bis zum Dezember 2023) - für die Lieferung von Brot und Mehl. 

Körperschaftsteuer – 10%

Quellensteuer - grundsätzlich 10%

Dividenden – 5%

Einkommensteuer - 10% einheitlich 

Binnenmarkt

Aus steuerlicher Sicht sind bei Handelsgeschäften innerhalb der EU die Bestimmungen zur Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) sowie für verbrauchsteuerpflichtige Produkte zu beachten.

Doppelbesteuerungsabkommen

Österreich hat mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Diese verhindern eine doppelte Besteuerung bei grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das Bundesministerium für Finanzen stellt wichtige Informationen sowie eine Liste aller österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen zur Verfügung.

Firmengründung und Investition

Die Registrierung einer Firma in Bulgarien ist relativ einfach und nimmt ca. 3-4 Wochen in Anspruch (einschließlich der Vorbereitung aller erforderlichen Unterlagen). Hürden gibt es bei der Firmengründung kaum, nur ist es gut, Gründungsdokumente und Verträge in Zusammenarbeit mit einer Rechtsanwaltskanzlei auszuarbeiten. Alle Dokumente müssen in bulgarischer Sprache oder bilingual (DE/BG oder EN/BG) ausgefertigt sein.

Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass für die Errichtung einer bulgarischen Gesellschaft von den Gesellschaftern das Stammkapital bis zu der im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Höhe auf ein in Bulgarien zu eröffnendes Bankkonto der Gesellschaft (in Gründung) eingezahlt werden muss. Üblicherweise dauert die KYC-Prüfung der Banken mindestens 7-10 Tagen nach vorheriger Entrichtung einer Bankgebühr, wobei die Banken sehr oft als Voraussetzung zur Eröffnung des Kontos auch verlangen, dass der Geschäftsführer einen ständigen Wohnsitz in Bulgarien hat und dass er auch persönlich erscheint.

Die Gesellschaftsformen sind ähnlich wie in Österreich. Die am häufigsten anzutreffenden Gesellschaftsformen sind:

  • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) – OOD
    Die Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist in Bulgarien ähnlich wie in Österreich und ohne großen Aufwand möglich. Die Organe sind, wie in Österreich, die Gesellschafterversammlung und der/die Geschäftsführer. Handelsrechtlich muss der Geschäftsführer nicht eine lokale Person (bulgarische Staatsangehörigkeit, oder mit lokaler Adresse registriert, usw.) sein. Die Frage wie der Geschäftsführer tatsächlich seine Tätigkeit hier vor Ort organisiert (allein, oder durch Vollmacht, bzw. Prokura, usw.) ist ganz nach seinem eigenen, bzw. nach dem Ermessen der Gesellschaft zu lösen. Das Mindestkapital für OOD beträgt 2 BGN (ca. 1 Euro).
  • Einpersonen-GmbH – EOOD
    Bei dieser Form bleiben 100% des Stammkapitals im Eigentum des ausländischen Investors. Der Gründungsvertrag wird bei einer EOOD durch einen Gründungsakt ersetzt. Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung können bei der EOOD in einem geschäftsführenden Gesellschafter vereinigt sein. Das Mindestkapital für eine EOOD ist 2 BGN (ca. 1 Euro).

Vertretungsvergabe

Die zivilrechtliche Vertretung ist eine gesetzliche oder vertragliche. Sie ermöglicht die Durchführung von Rechtsgeschäften im Namen und auf Rechnung eines Vollmachtgebers. Das Grundmodell ist die direkte Vertretung, d.h. die Rechte und Verpflichtungen treten direkt beim Vollmachtgeber ein. Das Gesetz über die Obligationen und Verträge kennt aber auch die indirekte Vertretung, beispielsweise im Fall eines Auftrags.

Die Handelsvertretung im weiteren Sinn, wie sie im bulgarischen Handelsgesetz geregelt ist, umfasst die kaufmännische Vollmacht, den selbständigen Handelsvertreter und den Handelsmakler.

Die Regelungen über die Handelsvertretung i.w.S. sind „lex specialis“ zu den Vorschriften über die zivilrechtliche Vertretung. Die Handelsvertretung reicht weiter als die zivilrechtliche Vertretung, weil dort nicht nur die Durchführung von Rechtsgeschäften im fremden oder eigenen Namen, sondern auch die Vermittlung von Rechtsgeschäften bis hin zur Durchführung von faktischen Handlungen auf fremde Rechnung umfasst sind.

  • Kaufmännische Vollmacht – darunter werden die Prokura, die Handlungsvollmacht und die Vollmacht des Handelsgehilfen verstanden. Die Regelungen entsprechen weitgehend dem österreichischen Recht.
  • Selbständige Handelsvertreter - übt ein eigenes Handelsgewerbe aus. Er steht in einem ständigen Auftragsverhältnis mit dem Geschäftsherrn. Der Handelsvertreter kann Abschluss- oder nur Vermittlungsvollmacht haben sowie ein direkter oder indirekter Vertreter sein. Er kann aber auch nur mit faktischen Handlungen betraut sein, ohne Geschäfte zu vermitteln oder abzuschließen.
  • Handelsmakler - ein Kaufmann, der weder als direkter noch als indirekter Vertreter des Auftraggebers fungiert. Er vermittelt Geschäfte mit Dritten für den Auftraggeber aufgrund eines Vertrags, ohne damit ständig betraut zu sein.

Stand: 22.02.2023