Stadtansicht von Istanbul: bunte Häuser am Wasser, in der MItte ragt der Galata Tower empor, blauer Himmel mit einigen Wolken. Über das Bild wurde ein weißes Austria A gelegt.
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Türkei: Recht, Steuern, Investitionen

Von Entsendung bis Firmengründung: Lokales Fachwissen – unbürokratisch und verlässlich

Lesedauer: 8 Minuten

Beratung in Rechtsfragen

Andere Länder, andere Regeln: Bei Export, Import und Firmengründung müssen lokale Gesetze beachtet werden. Damit Sie nicht in teure Verfahren verwickelt werden, gilt: Besser vorher abklären, was die Spielregeln sind.

Für eine fachliche Erstberatung ist das AußenwirtschaftsCenter Istanbul die richtige Adresse. Wenn rechtsanwaltliche Expertise gefragt ist, vermitteln wir vertrauenswürdige Kanzleien aus unserem lokalen Netzwerk. 

Sie wollen eine Niederlassung gründen? Rechtsform, Standortwahl, Steuern, Arbeitsrecht, Versicherungen, Finanzierungen – wir bereiten Sie vor und helfen Ihnen durch.

Dazu gibt es Startgeld für Mutige: Das Förderprogramm go-international erleichtert Ihnen Markteintritt, Marktbearbeitung und die Gründung einer Niederlassung im Ausland und ist Teil der Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft und der Wirtschaftskammer Österreich. 

Arbeitsrecht und Entsendung

Eine Entsendung liegt vor, wenn ein Unternehmen mit Sitz in Österreich eine beschäftigte Person vorübergehend im Ausland zur Erbringung von Arbeitsleistungen einsetzt. „Vorübergehend“ bedeutet, dass die beschäftigte Person aufgrund eines in Österreich abgeschlossenen Arbeitsvertrages die Arbeit gewöhnlich in Österreich verrichtet. Das heißt, das Arbeitsverhältnis unterliegt grundsätzlich den österreichischen arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Jedoch ist darauf zu achten, dass sehr wohl zwingende arbeitsrechtliche Normen (z.B. Mindestruhezeiten oder Höchstarbeitszeiten) des Beschäftigungsstaates zur Anwendung kommen können.

Alle berufstätigen ausländischen Personen in der Türkei müssen bei einem Aufenthalt von länger als 3 Monaten um eine Arbeitsgenehmigung bereits vor Einreise in die Türkei ansuchen. Führt die beschäftigte Person Montagetätigkeiten aus (darunter fällt auch die Einschulung von türkischen Beschäftigten für den Aufbau und den Betrieb von importierten Geräten und Maschinen), kann ein Montagevisum für maximal 3 Monate beantragt werden. Sollte sich die beschäftigte Person in der Türkei aufhalten und keine Montagetätigkeit, sondern eine Art Bauaufsicht mit Kontrollrundgängen durchführen, kann die beschäftigte Person ein Geschäftsvisum ansuchen, welches meist zeitlich begrenzt auf 30 Tage ausge-stellt wird. Bei Besichtigungen und Rundgängen auf Baustellen wird manchmal aus Sicherheitsgründen ein Versicherungsnachweis von der entsandten beschäftigten Person gefordert, hier genügt ein Nachweis der österreichischen Krankenversicherung. 

Sozialversicherung

Mit der Türkei besteht ein bilaterales Abkommen über die Entsendung und die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen für beschäftigte Personen. Dieses besagt, dass für einen Zeitraum von 24 Monaten die Vorschriften des österreichischen Sozialversicherungsrechtes weiterhin gelten und somit die österreichische Sozialversicherung beibehalten werden kann. Um dies in Österreich anzumelden, muss das A/TR 1 Formular der österreichischen Sozialversicherung ausgefüllt werden.

Diese Periode kann verlängert werden, dafür ist jedoch ein entsprechender Antrag über den Verbleib im österreichischen Sozialversicherungsrecht beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz einzureichen. Wichtig dabei ist die Begründung der Notwendigkeit der Position im Ausland. Der Antrag wird dann von den österreichischen Behörden an die türkische Sozialversicherung gemeldet und muss dort genehmigt werden.

Arbeitsrecht Türkei

Wie oben erwähnt, sind die zwingenden türkischen Arbeitsgesetze auch bei einer Entsendung miteinzubeziehen.

Arbeitszeiten

Allgemein beträgt die Arbeitszeit höchstens 45 Wochenstunden. Wenn nichts Entgegenstehendes vereinbart ist, wird diese Arbeitszeit auf die Arbeitstage des Betriebes gleichmäßig verteilt. Für einige Sektoren wurden Sonderregelungen getroffen, wie z.B. für Bergwerksarbeiten.

Die Erholungspausen während der täglichen Arbeitszeit betragen durchschnittlich und mit der Option der Anpassung entsprechend der Praxis des Arbeitsplatzes und der Anforderungen der Arbeit:

  1. 15 Minuten bei Arbeiten von 4 Stunden oder weniger
  2. eine halbe Stunde bei mehr als 4 Stunden bis einschließlich 7.5 Stunden Arbeit
  3. eine Stunde bei mehr als 7.5 Stunden Arbeit.

Die Erholungspausen sind Mindestzeiten und ununterbrochen zu gewähren.

Überstunden / Mehrarbeit

Mehrarbeit ist die Überschreitung der Wochenarbeitszeit von 45 Stunden im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen. Ist durch Vertrag eine Wochenarbeitszeit von weniger als 45 Stunden vereinbart, so gelten solche Arbeitsstunden als Überstunden, die die durchschnittliche Wochenarbeitszeit überschreiten.

Für zusätzliche Arbeitsstunden ist die Bestätigung des Arbeitnehmers einzuholen. Die Dauer der Mehrarbeit darf 270 Stunden im Jahr nicht überschreiten.

Mehrarbeit ist mit einem Entgelt, das 50 % über dem normalen Stundenlohn liegt, zu vergüten. Jede Überstunde ist mit einem Entgelt, welches 25 % über dem normalen Stundenlohn liegt, zu vergüten.

Ein Arbeitnehmer, der Mehrarbeit oder Überstunden leistet, kann diese, anstelle eines höheren Entgelts, auch mit Freizeit abgelten, so dass er für jede Mehrarbeit 1 Stunde und 30 Minuten und für jede Stunde Überstunde 1 Stunde und 15 Minuten Freizeit erhält.

Steuerliche Rahmenbedingungen

Das türkische Steuerrecht ist an das deutsche Steuerrecht angelehnt und ähnelt im Grunde auch dem Steuerrecht in Österreich. Ebenso wie das österreichische Steuerrecht erfolgt das türkische Besteuerungssystem durch Jahressteuererklärungen, Sondersteuererklärungen und vorsteuerliche Erklärungen.

Viele Steuern, die aus Österreich bekannt sind, finden auch in der Türkei Anwendung. Neben den üblichen Steuern wie Mehrwertsteuer, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer oder Grundsteuer, gibt es noch Sondersteuern wie beispielsweise die Sonderverbrauchssteuer, Stempelsteuer oder die Kommunikationssteuer.

Zahlreiche Erlässe und Verordnungen, die jährlich angekündet werden, machen es dem Nicht-Experten fast unmöglich, das Steuergeschehen mitzuverfolgen, womit die Inanspruchnahme eines Steuerberaters unerlässlich ist. Die Erfassung der Steuerpflichtigen wird auch in der Türkei immer engmaschiger. Dazu gehört etwa, dass die Eröffnung eines Bankkontos das Vorhandensein einer Steuernummer voraussetzt.

Einkommensteuer (Gelir Vergisi)

Natürliche Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in der Türkei haben, sind zur Abgabe der Einkommensteuer verpflichtet. Das Einkommen ist der Nettobetrag des Gewinns und der Einkünfte, den eine natürliche Person in einem Kalenderjahr erzielt hat. In einigen Fällen können bei dem Kalenderjahrsystem Ausnahmen gemacht werden. Die Höhe der Einkommensteuer orientiert sich an der Höhe des Einkommens.

Quellensteuer (Stopaj)

Der Begriff „Quellensteuer“ bezeichnet die Erhebungsform einer Ertragssteuer und ist somit eine Unterform der Einkommensteuer. Von Besteuerung an der Quelle bzw. Quellensteuer spricht man dann, wenn der Steuerabzug an der Quelle einer Zahlung erfolgt, ohne die jährliche Steuererklärung abzuwarten.

In der Türkei wird die Quellensteuer als „Stopaj“ bezeichnet. Sie findet sich bei Dienstleistungen, Dividenden, Zinserträgen, sowie Mieteinkünften. Die Zinshöhe variiert je nach Einkommensart von 0% bis 20%. Bei Mieteinkünften beträgt die Quellensteuer 20 %.

Körperschaftssteuer (Kurumlar Vergisi)

Die Körperschaften, welche der Körperschaftssteuer unterliegen, werden gemäß unbeschränkter und beschränkter Steuerpflichtigkeit versteuert. Ob die Körperschaft eine unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflichtigkeit hat, hängt von ihrem gesetzlichen und geschäftlichen Sitz ab.

Mehrwertsteuer (Katma Deger Vergisi)

Gemäß dem Mehrwertsteuergesetz ist das Ministerium berechtigt, den Steuersatz festzulegen. Der allgemeine Satz beträgt 20 %. Dieser wird bei manchen Übergaben und Dienstleistungen durch veröffentlichte Listen seitens des Ministeriums geändert. Zurzeit werden Steuersätze in Höhe von 1 %, 10 % und 20 % angewendet. In jeder Phase der Herstellungskette fällt die Mehrwertsteuer an. Bei der Mehrwertsteuer werden die gesamten Steuern, die seitens der Hersteller und Verkäufer gezahlt werden, an den Verbraucher weitergegeben.

Grundsätzlich ist jede gewerbliche Tätigkeit in der Türkei der Umsatzsteuer unterworfen. Trotzdem führt die Ausübung von Leistungen in der Türkei bzw. die Erbringung von Leistungen an Kunden in der Türkei nur in seltenen Fällen zu einer steuerlichen Registrierungspflicht in der Türkei.

Doppelbesteuerungsabkommen

Österreich hat mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Diese verhindern eine doppelte Besteuerung bei grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das Bundesministerium für Finanzen stellt wichtige Informationen sowie eine Liste aller österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen zur Verfügung. 

Firmengründung und Investition

Die Türkei ist für viele Investoren nach wie vor verlockend und bietet ein großes Potenzial für Investitionen. Für den erfolgreichen Markteintritt kann je nach Marktgröße, Wettbewerb und Markt, Vertriebs- und Preisstruktur eine andere Strategie zielführend sein. 

Der Direktvertrieb aus Österreich ist aufgrund von mangelnder Markttransparenz und Sprachbarrieren nur bei wenigen, großen Kunden/Wiederverkäufern möglich, die selbst importieren. Auch ist die Kundenbindung beim reinen Export aus Österreich oftmals nicht sehr hoch.

Der Markteinstieg über einen Vertreter ist kurzfristig zwar oft die günstigste und schnellste Möglichkeit der Marktpräsenz. Jedoch ist diese Form der Marktbearbeitung mitunter nicht dazu geeignet, alle Zielgruppen ausreichend abzudecken. Da in der Türkei persönlicher Kundenkontakt und Service für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit ausschlaggebend sind, sollten ausländische Lieferanten unbedingt regelmäßige Kundenbesuche - zusammen mit dem lokalen Vertreter - einplanen sowie den türkischen Vertreter regelmäßig nach Österreich einladen.

Ist der Weg über den Vertreter nicht erfolgsversprechend, so kann die Gründung einer eigenen Repräsentanz (Liaison Office / Verbindungsbüro) oder einer Verkaufsniederlassung in Betracht gezogen werden:

Eine Repräsentanz ist die einfachste Form der Niederlassung, die weder eine eigene Geschäftstätigkeit ausüben, noch eigene Einkünfte erzielen darf (also keine Rechnungen legen). Die Repräsentanz eignet sich jedoch sehr gut für Marktuntersuchungen, Kontaktanbahnung und Kundenpflege. Auch steuerliche Begünstigungen von Verbindungsbüros machen diese zu einer attraktiven Alternative.

Die echte Vertriebsniederlassung unterliegt als vollwertiges türkische Unternehmen den entsprechenden rechtlichen und steuerlichen Vorschriften (Körperschaftsteuer etc.) wie dies für lokale türkische Gesellschaften der Fall ist.

Abhängig von der Höhe des geplanten Investitionsvolumens, der Region sowie dem Sektor, in der die Investition getätigt werden soll, kommen den Unternehmen unterschiedliche Förderungen und Steuererleichterungen zu Gute.

Die „allgemeine Förderung“ sieht ab einer Investitionshöhe von TRY 1 Mio. bzw. TRY 500.000 in den strukturschwächeren Regionen, z.B. die Mehrwertsteuer- und Zollbefreiung für im Inland erworbene oder importierte Maschinen und Geräte für Projekte mit einem Investitionsanreiz-Zertifikat, vor.

Detaillierte Informationen über das Incentive System befinden sich auf der Website der türkischen Investitionsförderagentur (Investment Office):

Vor der Durchführung großer Investitionen zahlt sich jedenfalls eine konkrete Beratung mit dem türkischen Investment Office aus, um die Möglichkeiten von Förderungen und sonstigen Investitionsanreizen zu besprechen.

Investitionsschutz

Über 60 bilaterale Investitionsschutzabkommen schützen österreichische Unternehmen mit Auslandsinvestitionen vor Benachteiligung und entschädigungsloser Enteignung. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Handels- und Investitionsabkommen der EU mit Drittstaaten. Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft veröffentlicht eine Liste aller bilateralen österreichischen Investitionsschutzabkommen

Vertretungsvergabe

Der österreichische Lieferant benötigt keinen lokalen Vertriebspartner um den türkischen Markt bedienen zu können, dennoch wird der Großteil der österreichischen Lieferungen in die Türkei über Handelsvertreter oder aber eigene Niederlassungen abgeschlossen. Zu bemerken ist jedoch, dass bei öffentlichen Ausschreibungen die Einschaltung eines türkischen Vertreters oft zwingend vorgeschrieben ist.

Das Handelsvertreterrecht ist in den Art. 102 bis 123 des türkischen Handelsgesetzbuchs (Gesetz Nr. 6102) geregelt. Die Bestimmungen des türkischen Handelsgesetzbuchs bezüglich Handelsvertreter finden auch auf Vermittlungsvertreter, Distributoren und Vertragshändler Anwendung.

Bei der Suche nach Handelsvertretern steht das AußenwirtschaftsCenter Istanbul gerne zur Verfügung. Da es in der Türkei weder einen eigenen Handelsvertreterverband gibt, noch zuverlässige Firmenverzeichnisse, müssen sämtliche Adressen und Telefonnummern in mühevoller Kleinarbeit erhoben werden.

Empfehlenswert ist auch der Auftritt auf Fachmessen – von denen die meisten in Istanbul stattfinden - oder auch nur der Besuch solcher, um sich ein Bild über den Markt zu machen. Weniger wirkungsvoll sind Inserate in Fachzeitschriften, da deren Auflagen noch relativ gering sind und sie bei türkischen Geschäftsleuten noch keinen sehr hohen Stellenwert haben. Bei der Auswahl des Handelsvertreters sollte die österreichische Firma gründlich und sorgfältig vorgehen.

Vertretungsvertrag

Der Handelsvertreter ist Kaufmann. Formvorschriften für den Vertretungsvertrag gibt es grundsätzlich keine; die Schriftform wird jedoch empfohlen. Soll der Handelsvertreter nicht nur vermittelnd tätig werden, sondern im Namen des Unternehmens selbst Verträge abschließen können (Abschlussvertreter), ist für die Abschlussvollmacht die Schriftform erforderlich und die Vollmacht ist anschließend ins Handelsregister einzutragen. Nicht von dieser allgemeinen Abschlussvollmacht erfasst sind Inkasso, Stundungen sowie die Gewährung von Preisnachlässen; dazu bedarf es einer ausdrücklichen Sonderermächtigung.

Stand: 27.12.2023