Stadtbild von Vilnius mit vielen Bäumen und roten Häusern, im Hintergrund sieht man eine Kirche
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Litauen: Recht, Steuern, Investitionen

Von Entsendung bis Firmengründung: Lokales Fachwissen – unbürokratisch und verlässlich

Lesedauer: 6 Minuten

Beratung in Rechtsfragen

Andere Länder, andere Regeln: Bei Export, Import und Firmengründung müssen lokale Gesetze beachtet werden. Damit Sie nicht in teure Verfahren verwickelt werden, gilt: Besser vorher abklären, was die Spielregeln sind.

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Arbeitsrecht und Entsendung

Die Entsendung von österreichischen Arbeitnehmern nach Litauen erweist sich für den in Österreich ansässigen Arbeitgeber als relativ unbürokratisches Unterfangen.

Da Litauen ein Mitglied des Schengener Abkommens ist, besteht für Österreichische Staatsbürger keine Visapflicht. Es verbleibt lediglich die Pflicht, den Wohnsitz bekannt zu geben und den Aufenthaltstitel zu beantragen, wenn man sich länger als drei Monate binnen einer Kalenderjahreshälfte im Land aufhält. Entsendete österreichische Arbeitskräfte, die sich nicht länger als 183 Tage durchgängig oder mit Unterbrechungen während des betreffenden Steuerjahres in Litauen aufhalten, sind in Litauen gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Litauen nicht lohnsteuerpflichtig. Es sind in Litauen die EU-Verordnungen in Kraft, die die Sozialversicherungsprinzipien der aus den EU-Staaten eingewanderten Personen festlegen – die Sozialversicherungsbeiträge werden grundsätzlich in dem Staat, in dem die Person angestellt ist, entrichtet.

Dauert die Bau- oder Montagetätigkeit länger als neun Monate, wird sie zu einer Betriebsstätte im Sinne des zwischen Österreich und Litauen abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens und es entsteht auch die Steuerpflicht in Litauen.

Sollte die Entsendung eines zur Erbringung von Dienstleistungen entsandten Arbeitnehmers länger als 30 Tage dauern oder Bauleistungen betreffen, so ist es für das temporäre Arbeitskräfte entsendende ausländische Unternehmen von Bedeutung, die litauische Arbeitsaufsichtsbehörde darüber nicht später als vor dem Einsatz am Arbeitsplatz in Litauen mittels Ausfüllung der Form of Notification on the Posting of an Employee online zu verständigen. In diesem Fall entsteht auch für das empfangende litauische Unternehmen die Pflicht, im Unternehmen temporär tätige ausländische Dienstleistungserbringende bei der Sozialversicherung anzumelden und im Fall von Bauleistungen eine nationale Bauarbeiter-ID zu beantragen.

Sollten Geschäftsreisende nicht mit der Erbringung von Dienstleistungen beauftragt sein, sondern z.B. mit Kundenbesuchen, Verhandlungen und Teilnahmen an einer Veranstaltung, ist keine Anmeldung erforderlich.

Die Pflicht zur Anmeldung eines Bau- und Montageleistungen in Litauen erbringenden ausländischen Unternehmens als Steuer- bzw. Mehrwertsteuerzahler hängt grundsätzlich davon ab, ob bewegliche oder unbewegliche Sachen gebaut bzw. montiert werden. Im Fall von unbeweglichen Sachen, d.h. bei mit Grundstück verbundenen Leistungen, müssen die Unternehmen und natürliche Personen sich unverzüglich als Mehrwertsteuerzahler eintragen lassen und einen Vertreter in Steuersachen ernennen. Bei der Montage von beweglichen Sachen entfällt diese Pflicht.

Die gesetzliche Arbeitszeit liegt bei 40 Stunden aufgeteilt auf fünf Tage pro Woche.

Steuerliche Rahmenbedingungen

Das litauische Recht ist mit dem EU-Recht vollständig konform, alle Elemente des EU-Rechtsbestandes wurden in nationale Gesetze übernommen.

Derzeit kennt man im litauischen Steuerrecht folgende am meisten vorkommende Steuern und Abgaben: Körperschaftssteuer, Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer, Grundsteuer, Immobiliensteuer, Verbrauchssteuer, Naturressourcensteuer (auf Verpackungen), verpflichtende staatliche Sozialversicherung, Zollabgaben, Abgaben zum Arbeitslosengarantiefonds.

Die übliche Besteuerung des Gewinns (Körperschaftssteuer) liegt in Litauen bei 15 %.

Die Einkommenssteuer wird auf der Grundlage des durchschnittlichen Monatsgehalts berechnet und beträgt 20 % oder 27 %. Nach der Änderung des Gesetzes über die staatliche Sozialversicherung gelten nun für die Arbeitnehmer folgende Sätze: 19,5 % Sozialversicherungsbeiträge einschließlich der Krankenversicherungsbeiträge. Zu den Abgaben des Arbeitgebers werden folgende Steuern und Abgaben auf das Bruttogehalt aufgeschlagen: 1,45 % Sozialversicherungsbeiträge und 0,32 % Garantiefonds und Langzeitarbeitslosenfonds.

Der Standard-Mehrwertsteuersatz beträgt 21 %.

Das Reverse Charge-Verfahren bei Montage im Zusammenhang mit Lieferung von Anlagen und Maschinen ist nur dann anzuwenden, wenn die Montage im Liefervertrag mit inbegriffen war und die Anlagenlieferung inkl. Montage verrechnet wird. In anderen Fällen gilt das Prinzip des Ortes der Leistungserbringung, weshalb im Falle von Dienstleistungen mit Ort der Leistungserbringung Litauen die litauische Mehrwertsteuer verrechnet werden muss. Verfügt der litauische Kunde über keine UID-Nummer bzw. steht nicht auf der Liste von Unternehmen mit Sonderstatus, für die die Bezahlung der Mehrwertsteuer dem Lieferanten zugeschrieben wird, so geht die Pflicht zur Bezahlung der Mehrwertsteuer an den Lieferanten über.

Binnenmarkt 

Aus steuerlicher Sicht sind bei Handelsgeschäften innerhalb der EU die Bestimmungen zur Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) sowie für verbrauchsteuerpflichtige Produkte zu beachten.

Doppelbesteuerungsabkommen

Österreich hat mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Diese verhindern eine doppelte Besteuerung bei grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das Bundesministerium für Finanzen stellt wichtige Informationen sowie eine Liste aller österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen zur Verfügung.

Firmengründung und Investition

Österreichische Staatsbürger sowie österreichische Gesellschaften dürfen in Litauen Unternehmen gründen oder sich mit eigenem Kapitalanteil an bestehenden Gesellschaften beteiligen.

In der Praxis findet zumeist die Gesellschaftsform einer GmbH (lit. UAB) Anwendung. Das Mindestkapital einer GmbH beträgt EUR 1.000. Zusätzlich kann ein Vorstand und/oder Aufsichtsrat bestellt werden. Für keines dieser Organe gibt es eine Residenzpflicht. Daher können ausländische Staatsbürger mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb Litauens in alle Organe gewählt werden.

Die meisten Tätigkeiten sind in Litauen gewerberechtlich liberalisiert und bedürfen keiner besonderen Zugangsvoraussetzungen bzw. Gewerbeberechtigungen, sie können somit von jedem frei betrieben werden. Die wesentlichste Voraussetzung ist, dass die Tätigkeitsart des Unternehmens in der Firmensatzung vorgesehen und bestimmt ist.

Ausländische Unternehmen haben das Recht, Immobilien zu erwerben oder zu pachten. Sie sind ebenso berechtigt, Grundstücke nicht landwirtschaftlicher Bestimmung zu pachten oder eigentumsrechtlich zu erwerben.

Ausländischen Unternehmen steht auch die Gründung einer Zweigniederlassung (Filiale) oder einer Repräsentanz offen. Diese sind selbst keine eigenständigen Rechtspersonen, die Muttergesellschaft ist für deren Tätigkeit voll und allein verantwortlich. Eine Zweigniederlassung ist befugt, im Rahmen der Muttergesellschaft geschäftliche Aktivitäten wahrzunehmen, Transaktionen durchzuführen und Verpflichtungen einzugehen. Eine Repräsentanz hat weniger Befugnisse und kann keine eigenen Rechtsgeschäfte tätigen.

Die Fördermöglichkeiten und -incentives sollten in jedem konkreten Fall einzeln, mit der Einbeziehung der jeweiligen Gemeindeverwaltung recherchiert werden. Die meisten Förderungen stammen aus den EU-Finanzierungsfonds, die vor allem für bestimmte Entwicklungsbereiche, innovative Produkte oder Technologien, Personalschulungen etc. bei bereits bestehenden Unternehmen beantragt werden können. Weitere Förderungen gelten für die Regionalentwicklung, woran in Großstädten niedergelassene Unternehmen ausgeschlossen sind.

Das AußenwirtschaftsCenter Riga ist für weitere Auskünfte sowie Vernetzung mit weiteren Kontaktstellen gerne für Sie da.

Vertretungsvergabe

Die litauischen Bestimmungen in Bezug auf Handelsvertreter stammen aus dem Zivilgesetzbuch, welches die Pflichten und Rechte eines Handelsvertreters als natürliche oder juristische Person bestimmt. Im Zivilgesetzbuch werden vor allem die gegenseitigen Rechte und Verpflichtungen, Vergütung, Verantwortung, Vollmacht und Vertragsabschließung hervorgehoben. Ein Handelsvertretergesetz existiert in Litauen nicht.

In Litauen existiert kein mit Österreich oder Deutschland vergleichbares Netz von selbständigen Handelsvertretern. Daher ist es ratsam, eine juristische Person als Vertreter zu ernennen, da andernfalls viele übliche kaufmännische Schutzvorschriften (wie z.B. die Regeln des unlauteren Wettbewerbs, zeitliche Bindung, Kündigungsfristen, Geschäftsgeheimnis) nicht rechtlich gesichert sind.

Eine Konkurrenzklausel seitens des Auftraggebers kann durchgesetzt werden, darf aber nicht zu eng gefasst sein und muss zeitlich begrenzt sein. Besonders zu beachten ist, dass es Mindestkündigungsfristen gibt und der Handelsvertreter Anspruch auf Ausgleichszahlungen von bis zu einer durchschnittlichen Jahresprovision hat.

Vor Abschluss eines Vertretungsvertrages ist es ratsam, über die in Frage kommenden litauischen Firmen Bonitätsauskünfte einzuholen sowie eine Rechtsexpertise für die Vertragsgestaltung einzuholen.

In meisten Fällen wird in Litauen nur ein Vertreter für ein Produkt eingesetzt, weil der Markt für eine regionale Aufteilung zu klein ist. Es sollte unbedingt vermieden werden, mehrere Vertreter ohne Wissen und Zustimmung des bereits agierenden Vertreters einzusetzen.

Stand: 05.03.2023