Eine weiße Gondel an Seil hängend, in der Personen in Schikleidung sitzen, an der Gondel außen Schi befestigt, im Hintergrund verschneite Bergkette
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Wie wird der Winter in den nächsten Jahrzehnten?

Der Klimawandel beeinflusst auch den Winter in den Alpen. Was das konkret für die Vorarlberger Skigebiete bedeutet, damit beschäftigen sich aktuelle Studien der Vorarlberger Bergbahnen, die in Kooperation mit GeoSphere Austria umgesetzt und heute präsentiert wurden. 

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Aktualisiert am 05.10.2023

Das Ergebnis: Skifahren bleibt in Vorarlberg dank ausreichender Naturschneedecke und technischer Beschneiung langfristig möglich. Gleichzeitig wird der Herbst immer mehr an Bedeutung gewinnen und sich die Sommersaison verlängern. Unabhängig davon ist Klimaschutz das Gebot der Stunde. Die Bergbahnen setzen bereits eine Vielzahl an Maßnahmen in den Bereichen Klimaschutz und Nachhaltigkeit um und werden diese auch in Zukunft weiter ausbauen.

Die regionale Entwicklung der Schneesicherheit und damit die Zukunft der Vorarlberger Bergbahnen ist im Kontext des Klimawandels aktueller denn je. Um langfristig handlungsfähig bleiben zu können und entsprechende Strategien und Maßnahmen umzusetzen, braucht es aber eine objektive Faktengrundlage. „Wir sind uns unserer Verantwortung für die Natur, die Region und die Menschen, die hier leben, bewusst. Die Berge sind gleichermaßen unsere Heimat und unsere berufliche Existenzgrundlage. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, dass wir uns mit dem Klimawandel und seinen Folgen für die Region und die Seilbahnbranche auseinandersetzen. Aus dieser Intention heraus haben sowohl die Silvretta Montafon als auch die Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen unabhängig voneinander bei GeoSphere Austria Studien in Auftrag gegeben, die die regionale Entwicklung der Naturschnee- und Beschneiungsbedingungen untersuchen“, erklärt Andreas Gapp, Fachgruppenobmann der Vorarlberger Seilbahnen. 

Hintergrund und Szenarien

Die Studien beruhen dabei auf regionalen Klimasimulationen der europäischen EURO-CORDEX Initiative. Die Ergebnisse für die Zukunft werden anhand von drei verschiedenen Szenarien beschrieben: Ein Szenario beschreibt dabei das Paris-Ziel, bei dessen Erreichung die globale Erwärmung bis 2100 auf unter +2 Grad Celsius gehalten wird. Das zweite Szenario ist etwas weniger ambitioniert, und das dritte Szenario beschreibt den „fossilen Weg“ ganz ohne Klimaschutz. „Wenn wir die weltweit schon implementierten Klimaschutz-Richtlinien in Betracht ziehen, befinden wir uns derzeit wohl auf einem Pfad, der zwischen dem fossilen Weg und dem weniger ambitionierten Klimaschutzszenario liegt“, erklärt Andreas Gobiet, Klimaforscher und Lawinenprognostiker bei GeoSphere Austria und ergänzt: „Für die Studien haben wir verschiedene Höhenlagen im Hinblick auf die Dauer der Naturschneedecke, Wintertemperatur und -niederschlag sowie auf die meteorologischen Bedingungen für die technische Beschneiung untersucht. Die Auswertungen zeigen dabei die zu erwartende Änderung in den kommenden 30 Jahren im Vergleich zum Mittelwert der vergangenen 30 Jahre. Im Kleinwalsertal haben wir zudem noch die Witterungsbedingungen für Freizeitaktivitäten abseits des Winters analysiert.“ 

Bedeutung der technischen Beschneiung nimmt zu

Die Ergebnisse zeigen, dass bis 2050 mit einer Tendenz zu mehr Winterniederschlag zu rechnen ist. Gleichzeitig wird sich die Dauer der Naturschneedecke – abhängig von Höhenlage und angenommenem Szenario – verkürzen. So etwa ist auf einer Höhe von 1.500 Metern im Gebiet der Silvretta Montafon im mittleren Szenario mit einer Reduktion der Schneedeckendauer von 134 Tagen auf 117 Tage zu rechnen, in hohen Lagen auf 2.400 Meter reduziert sich die Schneedeckendauer von 270 auf 255 Tage. In der Region Kleinwalsertal reduziert sich die Schneedeckendauer im gleichen Szenario auf einer Höhe von 1.900 Metern von 219 auf 209 Tage und in niederen Lagen auf 1.100 Metern von 129 auf 116 Tage. In Bezug auf die Rahmenbedingungen, die eine technische Beschneiung möglich machen, ist vor allem in den tiefen Lagen mit einer Reduktion der potenziellen Beschneizeiten um etwa 10 Prozent zu rechnen. Höhere Lagen sind hier deutlich weniger betroffen. „Die Entwicklungen zeigen, dass wir in Vorarlberg auch in den kommenden 30 Jahren unser Kernprodukt Skifahren anbieten werden können. Gleichzeitig wird die technische Beschneiung immer wichtiger. Einerseits in Bezug auf die Planungssicherheit, die von den Gästen erwartet wird. Andererseits gilt es das Grundangebot Schnee langfristig abzusichern“, sagt Andreas Gapp. 

Klimaschutz und Ganzjahrestourismus im Fokus

Was die Ergebnisse für das Skigebiet Silvretta Montafon bedeuten, erklärt Kilian Zinnecker, Bereichsleitung Nachhaltigkeit bei der Silvretta Montafon: „90 Prozent des Skigebietes der Silvretta Montafon liegen zwischen 1.500 Meter und 2.400 Meter. In Anbetracht der Höhenlage und der Studienergebnisse blicken wir optimistisch in die Zukunft. Dennoch ist es wichtig, dass wir unsere Bemühungen im Bereich der Nachhaltigkeit weiter intensivieren und ausbauen.“ Zu den Plänen für die Zukunft ergänzt er: „Wir setzen zahlreiche Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes um und haben unsere Nachhaltigkeitsstrategie den Studienergebnissen entsprechend angepasst: Unter anderem haben wir das erste Hybrid-Pistengerät Vorarlbergs im Einsatz, waren Initiatoren des Green Tickets, haben die E-Mobilitätsinfrastruktur massiv ausgebaut und sind aktuell dabei eine PV-Offensive umzusetzen. Gleichzeitig setzen wir aber auch auf Anpassungsstrategien, indem wir etwa den Fokus auf höhere Lagen setzen oder die Sommerangebote weiter ausbauen.“ Die Bedeutung des Ganzjahrestourismus zeigt sich auch in den Studienergebnissen: Die geeigneten Tage für sportliche Aktivitäten im Freien werden demnach im Herbst zunehmen, wodurch sich der Bergsommer insgesamt verlängert. „Die Vorarlberger Bergbahnen haben in den vergangenen Jahren sukzessive in den Ganzjahrestourismus investiert und attraktive Sommer-Bergerlebnisangebote geschaffen. Dieser Trend wird sich in Zukunft fortsetzen und der Sommer insgesamt an Bedeutung weiter zunehmen. Viel wichtiger aber ist es, den Klimaschutz weiterhin in den Fokus unserer Überlegungen und Strategien zu stellen. In der Vergangenheit haben die Vorarlberger Bergbahnen bereits zahlreiche Projekte und Maßnahmen umgesetzt. Diesen Weg müssen wir als Gesellschaft in Zukunft konsequent weiterverfolgen – hier sind wir alle gefordert. Damit nicht nur wir, sondern auch die nächsten Generationen den einzigartigen Lebensraum der Vorarlberger Bergwelt genießen und erleben können. Denn wir alle tragen Verantwortung dafür“, betont Andreas Gapp abschließend.  

Fachgruppe der Seilbahnen Vorarlberg

Die Fachgruppe der Seilbahnen Vorarlberg vertritt die Interessen von 70 Mitgliedern und 32 Skigebieten. Vorarlbergweit sind Bahnen und Lifte in Betrieb, die insgesamt rund 1.000 Pistenkilometer bedienen. Durchschnittlich sind über 1.000 Mitarbeiter und 25 Lehrlinge bei den Vorarlberger Seilbahnbetrieben beschäftigt.