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Finanzdienstleister, Fachgruppe

Ehrenschiedsgerichtsordnung des Fachverbands Finanzdienstleister

Ehrenschiedsgericht zur Wahrung der Berufsrechte

Lesedauer: 13 Minuten

20.10.2025

Der Fachverband Finanzdienstleister richtet ein Ehrenschiedsgericht zur Wahrung der Berufsrechte ein. Dazu gehören neben den relevanten Rechtsvorschriften auch die einschlägigen Standes- und Ausübungsregeln.

§ 1. Aufgaben, Zuständigkeit und Sitz

a. Aufgabe des Ehrenschiedsgerichtes ist die Wahrung und Hebung der Ehre und des Ansehens der Mitglieder des Fachverbands Finanzdienstleister. Ein Verstoß gegen die Standesehre ist insbesondere die Nichteinhaltung der vom Fachverband Finanzdienstleister für die jeweilige Berufsgruppe beschlossenen Standes- und Ausübungsregeln in ihrer jeweils gültigen Fassung. Die Zuständigkeit des Ehrenschiedsgerichts beschränkt sich auf die Bewertung des Gewerberechts und Standesverhaltens. Nicht Gegenstand des Ehrenschiedsgerichts sind Zivilrechtssachen.

b. Das Ehrenschiedsgericht ist für alle Mitglieder des Fachverbands Finanzdienstleister zuständig, seien es natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften, die sich dem Ehrenschiedsgericht durch eine schriftliche Erklärung unterworfen haben oder in ein Verfahren des Ehrenschiedsgerichts freiwillig einlassen.

c. Jedem Fachverbandsmitglied steht es frei, seine Unterwerfung unter das Ehrenschiedsgericht jederzeit durch eine eingeschriebene schriftliche Mitteilung an die Geschäftsstelle des Fachverbands Finanzdienstleister zu widerrufen. Der Widerruf ist erst nach Ablauf einer 6-monatigen Frist wirksam. Für den Fall aber, dass gegen ein Fachverbandsmitglied eine Anzeige beim Fachverband eingelangt oder ein Verfahren auf eine andere Art als durch Anzeigeerstattung eingeleitet ist, ist ein Widerruf der Unterwerfung unter das Ehrenschiedsgericht für das betreffende Verfahren nicht mehr wirksam. In diesem Fall wird seitens des Ehrenschiedsgerichts so verfahren, als ob kein Widerruf erfolgt wäre.

d. Ein Fachverbandsmitglied unterliegt nicht mehr dem Ehrenschiedsgericht, wenn es seine die Mitgliedschaft begründende Gewerbeberechtigung verliert. Verliert das Fachverbandsmitglied die Gewerbeberechtigung nach Anzeigeerstattung oder sonstiger Verfahrenseinleitung, kann das Ehrenschiedsgericht beschließen, dass das Verfahren fortzusetzen ist. In diesem Fall ist so zu verfahren, als ob die Gewerbeberechtigung noch aufrecht wäre.

e. Das Ehrenschiedsgericht führt das Verfahren nach unten stehenden Bestimmungen.

f. Das Verfahren findet am Sitz des Ehrenschiedsgerichts in Wien statt. Wenn es zweckmäßig erscheint, kann der Vorsitzende bestimmen, dass Verfahrensteilnehmer per Videokonferenz aus den Geschäftsstellen der Fachgruppen oder des Fachverbands am Verfahren teilnehmen können.

g. Abänderungen der Verfahrensordnung werden gegenüber den Fachverbandsmitgliedern, die sich ihr unterworfen haben, erst mit erfolgter allgemeiner Bekanntgabe wirksam.

§ 2. Verjährung

a. Durch Verjährung wird die Verfolgung nach dieser Verfahrensordnung ausgeschlossen, wenn innerhalb von einem Jahr ab Anzeigeerstattung oder sonstiger Befassung des Ehrenschiedsgerichts oder nach Kenntnis des Fachverbandsanwaltes von allfälligen Wiederaufnahmegründen kein Einleitungsbeschluss gefasst ist.

b. Die Verjährungsfrist wird gehemmt, wenn

  • wegen des dem Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalts ein gerichtliches Strafverfahren anhängig ist, für die Dauer dieses Verfahrens;
  • die Gewerbeberechtigung erlischt, bis zur allfälligen Wiedererlangung einer entsprechenden Gewerbeberechtigung.

c. Sind seit der Beendigung eines nach dieser Verfahrensordnung zu verfolgenden Verhaltens zehn Jahre verstrichen, so darf ein Erkenntnis nicht mehr gefällt werden: In diesem Fall hat der zuständige Senat lediglich den Verjährungseintritt zu
verkünden.

§ 3. Organe des Ehrenschiedsgerichts

a. Das Ehrenschiedsgericht besteht aus Ehrenschiedsrichtern einschließlich des Vorsitzenden, eines Fachverbandsanwalts und dessen Stellvertreter.

b. Die Ehrenschiedsrichter werden vom Fachverbands-Ausschuss für eine Funktionsdauer von drei Jahren bestellt, die Wiederbestellung ist zulässig.

c. Der Vorsitzende muss rechtskundig sein. Die übrigen Ehrenschiedsrichter sind aus dem Kreis der Fachverbandsmitglieder zu bestellen.

d. Der Fachverbandsanwalt und dessen Stellvertreter werden vom FachverbandsAusschuss für eine Funktionsdauer von drei Jahren bestellt, die Wiederbestellung ist zulässig. Der Fachverbandsanwalt kann konkrete Fälle an seinen Stellvertreter abgeben.

e. Die Mitglieder des Ehrenschiedsgerichts müssen - mit Ausnahme des Vorsitzenden - aus dem Kreis der Fachverbandsmitglieder sein. Das ist bei natürlichen Personen das Mitglied selbst, bei juristischen Personen oder Personengesellschaften der gewerbe- oder handelsrechtliche Geschäftsführer, der Prokurist oder ein leitender Angestellter. Diese Personen haben die gewerberechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines Berufs innerhalb der Berufsgruppen des Fachverbands Finanzdienstleister zu erfüllen.

f. Jedes Mitglied des Ehrenschiedsgerichts, das aus dem Kreis der Fachverbandsmitglieder ist, übt seine Tätigkeit als Ehrenamt aus. Mitgliedern hingegen, die nicht dem Fachverband angehören, kann eine Aufwandsentschädigung gewährt werden. Diese ist vorab vom Fachverband festzulegen. Barauslagen sind allen Mitgliedern des Ehrenschiedsgerichts vom Fachverband zu ersetzen.

g. Eine Person bzw. ein Vertreter einer juristischen Person, gegen die eine Sanktion nach dieser Verfahrensordnung verhängt worden ist, kann vor Ablauf von fünf Jahren ab Verkündung des Erkenntnisses nicht in das Ehrenschiedsgericht bestellt werden.

h. Jedes Mitglied des Ehrenschiedsgerichts − also auch der Fachverbandsanwalt − ist zu größtmöglicher Objektivität verpflichtet. Die Mitglieder des Ehrenschiedsgerichts haben ihre Funktion nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben und sind − mit Ausnahme des Fachverbandsanwaltes − an keine Weisungen gebunden. Für die Erledigung der Aufgaben kann das Ehrenschiedsgericht Dritte im notwendigen Ausmaß miteinbeziehen. Die Beteiligten sind über alles, was ihnen in dieser Funktion bekannt geworden ist, zur Verschwiegenheit verpflichtet.

i. Mitglieder des Ehrenschiedsgerichts, gegen die ein strafgerichtliches Verfahren oder ein Verfahren nach dieser Verfahrensordnung anhängig ist, dürfen ihre Funktion bis zur Beendigung des Verfahrens nicht ausüben.

j. Die Funktion der Ehrenschiedsrichter und des Fachverbandsanwaltes endet mit der Funktionsdauer, mit Zurücklegung der Funktion aus wichtigem Grund, mit der Verkündung des Erkenntnisses, mit dem über den Betroffenen eine Sanktion nach dieser Verfahrensordnung verhängt wird, mit der Rechtskraft eines gerichtlichen Strafurteiles sowie mit dem Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes. Neubestellungen erfolgen jeweils in der nächsten Sitzung des zuständigen Organs.

k. Personen können immer nur eine Funktion des Ehrenschiedsgerichts bekleiden. Personen, die in irgendeiner Eigenschaft in einem Verfahren des Ehrenschiedsgerichts Betroffene sind, üben in diesem Verfahren ihre Funktion nicht aus.

§ 4. Ausübungshindernisse

a. Die Durchführung des Verfahrens kann wegen Befangenheit eines zuständigen Ehrenschiedsrichters oder aus anderen wichtigen Gründen auf Antrag des/der Beschuldigten, des Fachverbandsanwaltes oder des betroffenen Senates selbst einem anderen mit dem Stellvertreter des Vorsitzenden zu bildenden Senat übertragen werden. Über diesen Antrag entscheidet der Vorsitzende.

b. Der/die Beschuldigte oder der Fachverbandsanwalt muss einen solchen Antrag spätestens zwei Wochen nach Einleitung des Verfahrens einbringen. Wird im Antrag jedoch bescheinigt, dass die Tatsachen, auf die der Antrag gestützt wird, erst nach dieser Frist eingetreten oder dem Antragsteller bekanntgeworden sind, so kann der Antrag auch noch nachher, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen ab Bekanntwerden, eingebracht werden. In diesem Fall ist auch der Zeitpunkt des Bekanntwerdens im Antrag glaubhaft zu machen.

c. Verspätete Anträge werden vom Vorsitzenden zurückgewiesen, abweisende Erledigungen sind kurz zu begründen und die diesbezüglichen Beschlüsse dem Antragsteller zur Kenntnisnahme zu übermitteln.

d. Von der Teilnahme am Verfahren sind Ehrenschiedsrichter, Fachverbandsanwalt und dessen Stellvertreter ausgeschlossen, wenn diese Personen durch das Ehrenschiedsverfahren selbst Beschuldigte, Anzeiger, oder Angehörige des Beschuldigten oder Anzeigers im Sinne des § 72 StGB sind.

e. Der/die Beschuldigte ist darüber hinaus berechtigt, einzelne Ehrenschiedsrichter abzulehnen, wenn ein zureichender Grund vorliegt, deren Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen.

f. Lehnt der/die Beschuldigte einen Ehrenschiedsrichter ab, so hat er/sie dies unter Angabe des Ablehnungsgrundes, nachdem er/sie von diesem Kenntnis erhalten hat, dem Ehrenschiedsgericht bekanntzugeben.

g. Die Ablehnung ist unzulässig, wenn sich der/die ablehnende Beschuldigte in das Verfahren eingelassen hat, obwohl ihm/ihr der von ihm/ihr geltend gemachte Ablehnungsgrund schon vorher bekannt war oder bekannt sein musste. Die Ablehnung ist auch unzulässig, wenn dem/der ablehnenden Beschuldigten der Ablehnungsgrund erst während des Verfahrens zur Kenntnis gelangt ist, er/sie ihn aber nicht unverzüglich bekanntgegeben hat.

h. Ehrenschiedsrichter und Fachverbandsanwalt haben sie selbst betreffende Ausschließungs- und Befangenheitsgründe dem Vorsitzenden unverzüglich bekanntzugeben.

i. Über die Ausschließung oder Ablehnung Einzelner entscheidet der Vorsitzende.

j. Der Beschuldigte und der Fachverbandsanwalt können ferner die Enthebung der Ehrenschiedsrichter beantragen, wenn sie ihren Aufgaben nicht nachkommen oder das Verfahren ungebührlich verzögern. Über diesen Antrag entscheidet der Vorsitzende.

k. Ist ein Ehrenschiedsrichter oder der Fachverbandsanwalt an der Ausübung der Funktion nicht nur vorübergehend verhindert, so hat ihn der Vorsitzende auf Antrag des/der Beschuldigten, des Fachverbandsanwaltes oder des Betroffenen selbst zu entheben. Ist die Verhinderung offensichtlich, so kann der Vorsitzende die Enthebung auch ohne Antrag verfügen.

l. Bei einem Ausübungshindernis, das einen ganzen Senat betrifft, hat der Vorsitzende einen Ersatzsenat namhaft zu machen, bei einzelnen Ehrenschiedsrichtern einen Ersatzschiedsrichter. Dort, wo ein Stellvertreter ernannt ist, tritt dieser an die Stelle des an der Funktionsausübung Gehinderten. Sollten auch der/die Stellvertreter ihre Funktion nicht ausüben können, entscheidet der Vorsitzende.

m. Gegen Entscheidungen nach diesem Abschnitt ist kein Rechtsmittel möglich.

§ 5. Zusammensetzung und Bestellung der Senate

a. Das Ehrenschiedsgericht verhandelt und entscheidet in Senaten, die aus dem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern bestehen.

b. Der Vorsitzende hat jeweils für die Dauer von drei Jahren den erkennenden Senat nach der Sitzung des Fachverbandsausschusses zu bilden. Gleichzeitig ist die Reihenfolge zu bestimmen, in der weitere Ehrenschiedsrichter bei Verhinderung in die Senate eintreten. Falls dringend notwendig, darf die Zusammensetzung der Senate vom Vorsitzenden abgeändert werden. Die Zusammensetzung des Senates und die Namen der Ersatzmitglieder sind auf der Homepage des Fachverbands www.wko.at/finanzdienstleister zu veröffentlichen.

§ 6. Verfahren bis zur mündlichen Verhandlung

a. Alle beim Ehrenschiedsgericht einlangenden Anzeigen sind zunächst dem Fachverbandsanwalt zur Verfahrenseinleitung zuzuleiten.

b. Ist der Fachverbandsanwalt der Ansicht, dass weder eine Berufspflichtverletzung noch eine Beeinträchtigung der Ehre oder des Ansehens des Berufsstandes vorliegt oder dass eine Verfolgung wegen Verjährung ausgeschlossen ist oder keine Zuständigkeit nach 1a vorliegt, so hat er die Anzeige zurückzulegen und den Vorsitzenden unter Angabe der wesentlichen Gründe zu verständigen. Der Vorsitzende kann dies zur Kenntnis nehmen oder dem Fachverbandsanwalt die Verfolgung auftragen. Bleibt es bei der Zurücklegung der Anzeige, so hat der Vorsitzende die Anzeiger davon zu verständigen.

c. Der Fachverbandsanwalt hat die notwendigen Erhebungen zu pflegen und den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er kann die Betroffenen und Zeugen vernehmen, Sachverständige beiziehen und Augenscheine vornehmen. Falls es zweckmäßig erscheint, kann der Fachverbandsanwalt den zuständigen Ombudsmann des Fachverbands Finanzdienstleister einschalten. Der Fachverbandsanwalt hat dabei möglichst rasch vorzugehen und jedenfalls die Verjährungsfrist zu beachten.

d. Die Betroffenen sind zur Aussage vor dem Fachverbandsanwalt verpflichtet. Andere Personen können dazu nicht verhalten werden. Die Untersuchungen sind auch dann durchzuführen, wenn die Betroffenen ihre Mitwirkung verweigern.

e. Die Betroffenen haben das Recht, die Vornahme bestimmter Erhebungen zu beantragen, es liegt im Ermessen des Fachverbandsanwaltes, diesen Anträgen stattzugeben.

f. Während der Dauer der Untersuchung hat der Fachverbandsanwalt den Betroffenen Einsicht in die Akten zu gewähren. Er kann jedoch vorläufig, längstens aber bis zum Abschluss der Erhebungen, Aktenstücke ausnehmen, deren Mitteilung die Erhebungen gefährden könnten. Der Fachverbandsanwalt ist jederzeit befugt, vom Stand der anhängigen Untersuchung durch Einsicht in die Akten Kenntnis zu nehmen.

g. Es hat der Fachverbandsanwalt jeweils nach Abschluss der Erhebungen dem Vorsitzenden des Senates einen Bericht über das Ergebnis der Erhebungen vorzulegen, dieser hat den Senat einzuberufen, der nach Anhörung des Fachverbandsanwaltes und der Beschuldigten in geheimer Sitzung durch Beschluss zu erkennen hat, ob Grund zu einer weiteren Verfolgung in mündlicher Verhandlung vorliegt (Einleitungsbeschluss) oder das Verfahren einzustellen ist (Einstellungsbeschluss).

h. Im Einleitungsbeschluss müssen die Anschuldigungspunkte bestimmt angeführt sein und die Verfügungen getroffen werden, die zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zu treffen sind. Der Beschluss ist den Beschuldigten und dem Fachverbandsanwalt zuzustellen. Der Anzeiger ist über die Einleitung des Verfahrens zu verständigen.

i. Der Einstellungsbeschluss ist den Beschuldigten und dem Fachverbandsanwalt zuzustellen. Der Anzeiger ist von diesem Ergebnis ebenfalls zu verständigen.

§ 7. Mündliche Verhandlung

a. Der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist vom Vorsitzenden des Senates zu bestimmen. Der Ort der mündlichen Verhandlung ist in der Wirtschaftskammer Österreich in Wien. Zur mündlichen Verhandlung sind die Beschuldigten, die Verteidiger und der Fachverbandsanwalt, unter Hinweis auf den Einleitungsbeschluss und Bekanntgabe der Mitglieder des zuständigen Senates, mindestens vier Wochen vorher zu laden. Ferner sind allfällige Zeugen und Sachverständige zu laden.

b. Die mündliche Verhandlung ist nicht öffentlich, doch können die Beschuldigten verlangen, dass ein Fachverbandsmitglied ihres Vertrauens der Zutritt zur Verhandlung gestattet wird.

c. Beratungen und Abstimmungen während und am Schluss der Verhandlung sind geheim; bei ihnen dürfen die Beschuldigten, ihre Verteidiger, der Fachverbandsanwalt und die Vertrauenspersonen nicht anwesend sein.

d. Die Verhandlung beginnt mit der Verlesung des Einleitungsbeschlusses durch einen vom Vorsitzenden zu bestimmenden Ehrenschiedsrichter. Hierauf hat die Vernehmung der Beschuldigten, und, soweit erforderlich, die Verlesung der während der Untersuchung aufgenommenen Protokolle und sonstigen wesentlichen Unterlagen zu erfolgen.

e. Die Beschuldigten oder ihre Verteidiger und der Fachverbandsanwalt haben das Recht, sich zu den einzelnen vorgebrachten Beweismitteln zu äußern und Fragen an Zeugen und Sachverständige zu stellen.

f. Der Vorsitzende kann die Verhandlung nach Bedarf unterbrechen und den Zeitpunkt ihrer Fortsetzung mündlich beschließen.

g. Nach Abschluss des Beweisverfahrens folgen die Schlussvorträge des Fachverbandsanwalts, des Verteidigers und des/der Beschuldigten. Das Schlusswort steht jedenfalls dem/der Beschuldigten zu.

h. In Abwesenheit der Beschuldigten kann die Verhandlung durchgeführt und das Erkenntnis gefällt werden, wenn die Ladung ordnungsgemäß zugestellt wurde und dennoch ohne ausreichende Entschuldigung nicht teilgenommen wurde.

§ 8. Erkenntnis

a. Erachtet der zuständige Senat den Sachverhalt für hinreichend geklärt, so fällt er ein Erkenntnis mit einfacher Stimmenmehrheit. Der Vorsitzende des Senats gibt seine Stimme zuletzt ab.

b. Der Senat hat bei seiner Entscheidung nur auf das in der mündlichen Verhandlung Vorgebrachte Rücksicht zu nehmen. Er hat die Berufsgrundsätze, Standesregeln und sonstigen Normen, allfälliges Gewohnheitsrecht sowie ständige Übungen zu berücksichtigen. Ergänzend kann der Senat die Bestimmungen des staatlichen Rechts, vor allem des Unternehmens- und Wirtschaftsrechts, des Bürgerlichen Rechts oder des Strafrechts heranziehen. Im Übrigen hat sich die Entscheidung auf die freie, aus der gewissenhaften Prüfung aller vorgebrachten Beweise gewonnenen Überzeugung der Senatsmitglieder zu gründen. Stimmenthaltungen sind unzulässig.

c. Durch das Erkenntnis müssen die Betroffenen entweder von der ihnen zur Last gelegten zu verfolgenden Tat freigesprochen oder dieser Tat für schuldig erklärt werden.

d. Im Falle des Schuldspruchs hat das Erkenntnis den Ausspruch über die Sanktion zu enthalten.

e. Das Erkenntnis ist vom Vorsitzenden des Senats in der mündlichen Verhandlung gemeinsam mit den wesentlichen Entscheidungsgründen zu verkünden. Der Senat kann sich aber vorbehalten, das Erkenntnis lediglich schriftlich auszufertigen.

f. Das Erkenntnis hat den Spruch und eine Begründung zu enthalten. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Freispruch und Einstellung des Verfahrens lautet, anzugeben

  • auf welchem Verstoß er beruht,
  • welche Sanktion verhängt wird und
  • ob der Beschluss auf der Homepage des Fachverbands anonymisiert veröffentlicht wird.

g. Die Begründung hat den als erwiesen angenommenen Sachverhalt, gegebenenfalls die für die Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen, und, im Falle eines Schuldspruchs, die für den Schuldspruch und die Strafbemessung als wesentlich angesehenen Umstände zu enthalten.

h. Bei Bemessung der Strafe hat das Ehrenschiedsgericht Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Im Allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die verschuldete Schädigung oder Gefährdung ist, je mehr Pflichten verletzt wurden und je rücksichtsloser das Verhalten war.

i. Gegen die Entscheidung des Senats ist kein ordentliches Rechtsmittel möglich.

j. Geldbußen fließen dem Fachverband zu. Die Betroffenen sind verpflichtet, die verhängten Geldbußen binnen 14 Tagen nach deren Ausspruch an eine im Erkenntnis näher zu bezeichnende Zahlstelle beim Fachverband zu bezahlen. Wenn nicht innerhalb von sechs Wochen bezahlt wird, kann der Senat entscheiden, dass dieser Umstand so lange, bis die Geldbuße bezahlt wird, auf der Homepage des Fachverbands veröffentlicht wird.

§ 9. Verteidigung

a. Beschuldigte sind berechtigt, sich eines Verteidigers zu bedienen. Als Verteidiger sind nur Personen zugelassen, die in der Verteidigerliste (§ 39 Abs. 3 StPO) eingetragen sind, oder Fachverbandsmitglieder ihres Vertrauens.

b. Der Verteidiger hat sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen.

§ 10. Protokoll

a. Über die mündliche Verhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen und dem/der Beschuldigten, im Falle seiner Vertretung, seinem Verteidiger und dem Fachverbandsanwalt zu übermitteln.

b. Über die Beratung und Abstimmung ist ein abgesondertes Protokoll zu führen, in Bezug auf dieses Protokoll besteht kein Einsichtsrecht.

c. Der Vorsitzende bestimmt den Protokollführer aus dem Kreis der Ehrenschiedsrichter. Die Protokolle sind vom Vorsitzenden und vom Protokollführer zu unterzeichnen.

§ 11. Zustellungen

a. Die Zustellung hat an die Beschuldigten zu eigenen Handen zu erfolgen. Bedient sich der Beschuldigte eines Verteidigers, so ist − mit Ausnahme von Ladungen − jedoch nur an den Verteidiger zuzustellen.

b. Im Übrigen finden auf das Verfahren vor dem Ehrenschiedsgericht bezüglich der Zustellungen von Schriftstücken das Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, in der jeweils geltenden Fassung, sinngemäß Anwendung.

§ 12. Sanktionen

a. Das Ehrenschiedsgericht kann folgende Strafen verhängen:

  • Verwarnung
  • Geldbuße
  • Empfehlung an die zuständige Behörde, die Zuverlässigkeit an Hand der vorgelegten Fakten zu überprüfen
  • Entzug jedweder Privilegien, die durch die freiwillige Unterwerfung der Standesregeln geboten sind. Diese Maßnahme kann auch befristet werden. Darüber entscheidet der Senat.

Die Strafen können auch in Kombination verhängt werden.

b. Die Geldbuße kann bis zu einem Höchstausmaß entsprechend der Hälfte der Wertgrenze für Bezirksgerichte, derzeit bis zum Höchstausmaß von Euro 7.500,00 ausgesprochen werden.

c. Das Ehrenschiedsgericht kann eine Veröffentlichung der Entscheidung auf der Homepage des Fachverbandes Finanzdienstleister nicht aussprechen, aber bei Nichtbezahlung der Geldbuße findet die Veröffentlichung statt.

d. Liegen mehr Vergehen zur Last, ist nur eine Strafe zu verhängen.

§ 13. Sonstige Bestimmungen

a. Über Zweifel und Streitigkeiten bei der Auslegung dieser Bestimmungen und über die Schließung allfälliger Lücken entscheidet der Vorsitzende des Ehrenschiedsgerichts.

b. Mitteilungen sind an das Büro des Fachverbands Finanzdienstleister zu richten:

Fachverband Finanzdienstleister
Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien
T: 05 90900 4818
F: 05 90900 4817
E: finanzdienstleister@wko.at

© Fachverband Finanzdienstleister

23.10.2014

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