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Finanzwissen
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Jugend wird finanzfit

Immer mehr junge Menschen geben Geld aus, das sie nicht haben, und geraten in die Schuldenfalle. Deshalb sollte Finanzbildung schon früh in der Schule ansetzen. Die Wirtschaftskammer Wien fordert ab der 5. Schulstufe das Pflichtschulfach „Wirtschaft und Finanzen”.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 02.07.2025

Es ist ein verlockender Trend für junge Menschen: Buy now, pay later – also beim Online-Shopping Kleidung, Schuhe, Kosmetik und Elektronikartikel sofort bestellen und erst später in Raten zurückzahlen. Etwa zwei Drittel der 17- bis 18-Jährigen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland hatten bereits Schulden. Zwölf Prozent haben schon Erfahrungen mit verspäteten Zahlungen oder Ratenzahlungen gemacht. Bei rund einem Viertel ist es wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich, dass künftig das Konto überzogen wird. Das zeigt ein Forschungsprojekt von März 2024 von Barbara Dunkl, Forscherin an der WU Wien, für das sie 1967 Jugendliche zwischen 17 und 19 Jahren befragt hat.

Finanzwissen ist eine grundlegende Wirtschaftskompetenz, über die jeder Jugendliche unbedingt verfügen sollte, weil sie zu den Grundlagen eines souveränen und selbstbestimmten Lebens gehört.

„Der Trend zu ‚buy now, pay later’ spiegelt sich in den Daten wider. Sie zeigen, dass auch junge Menschen schon mit Verschuldungssituationen konfrontiert sind. Jugendliche sollten dementsprechend gut darauf vorbereitet werden, damit sie mit Verschuldung gut umgehen und Überschuldung vermeiden können“, so Dunkl. Bettina Fuhrmann, Leiterin des WU Instituts für Wirtschaftspädagogik, ergänzt: „Ein Hauptproblem ist, dass Jugendliche mit dem Begriff ‚Schulden’ wenig anfangen können. Sie denken, dass nur große Geldbeträge Schulden sein können. Aber Schulden sind natürlich jeder Geldbetrag, den ich mir ausborge und zurückzahlen muss.“

Umgang mit Geld wird hauptsächlich im familiären Umfeld gelernt

Die Zahlen der Schuldenberatung Wien zeigen, dass 22 bis 25 Prozent der Hilfesuchenden unter 30 Jahre alt sind, so Fuhrmann. Der Fonds Soziales Wien bietet deshalb seit dem Jahr 2020 den Finanzführerschein an Wiener Schulen an. Die Ausbildung vermittelt Schülerinnen und Schülern praxisnahes Wissen zum Thema Geld in Bezug auf Wohnen, Wohnungssicherung, Geldeinteilung und Zahlungsprioritäten. Forschungen belegen, dass der Umgang mit Geld hauptsächlich im familiären Umfeld gelernt wird. Deshalb betont Fuhrmann die Bedeutung von Finanzbildung in der Schule, denn „so entsteht auch beim kompetenten Umgang mit Geld Chancengleichheit.“

Schüler auf Alltag vorbereiten

Die Wirtschaftskammer Wien warnt schon seit Jahren, dass viele österreichische Schülerinnen und Schüler nicht auf die Realität vorbereitet sind, und fordert deshalb Wirtschaftsvermittlung in der Schule. Walter Ruck, Präsident der WK Wien, betont: „Schule muss Kinder und Jugendliche auf die Realität des Alltags vorbereiten und dieser Alltag besteht zu einem wichtigen Teil aus Wirtschaft und Arbeit. Finanzwissen ist eine grundlegende Wirtschaftskompetenz, über die jeder Jugendliche unbedingt verfügen sollte, weil sie zu den Grundlagen eines souveränen und selbstbestimmten Lebens gehört.“

Forderungen der Wirtschaftskammer Wien

Neben mehr Finanzbildung im Lehrplan fordert die Wirtschaftskammer Wien weitere bildungspolitische Maßnahmen.

  • Lehrinhalte überdenken: Interesse für Technik und Wirtschaft bereits im Kindergarten fördern, mehr MINT-Fächer in den Schulen, mehr Praxis in der Lehr-Ausbildung und ein Pflichtschulfach „Wirtschaft und Finanzen“ ab der 5. Schulstufe.
  • Unterstützung bei Laufbahn-Entscheidung: Berufsorientierung in allen Schulen der 7. bis 9. Schulstufe einführen.
  • Bildungspflicht statt Schulpflicht: Schülerinnen und Schüler sollen nicht nur ihre Pflichtschulzeit absitzen, sondern die Schule erst verlassen, wenn sie ein Mindest-Bildungsniveau erreicht haben (v.a. in Deutsch, Mathe und Englisch).

Der neue Bildungsminister Christoph Wiederkehr hat diese Forderung der WK Wien aufgegriffen und will sie in Form einer Mittleren Reife realisieren. „Finanz- und Wirtschaftsbildung wird immer wichtiger. Zeit ist es, sie auf eine neue Ebene zu heben und auch fest im Lehrplan der österreichischen Schulen zu verankern“, so Ruck.

FiRi und „financefit“ der WK Wien

Mit dem FiRi – Finanz- und Risikomanagement – setzt die Sparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Wien bereits Impulse an ausgewählten Handelsakademien. Bei dieser Spezialisierung wird den Schülerinnen und Schülern fundiertes Wissen aus dem Bank- und Versicherungswesen vermittelt, das sie sowohl im beruflichen Umfeld als auch im Privatleben nutzen können.

Ebenfalls von der WK Wien ins Leben gerufen wurde die Finanzbildungskampagne „financefit“ für Jugendliche und junge Erwachsene, die auch in die Nationale Finanzbildungsstrategie aufgenommen wurde. Für die Hauptzielgruppe der 14- bis 29-Jährigen wurde ein TikTok-Channel mit Videos aufgebaut.

Finanzwissen Interview
© Martin Jordan Fotografie