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Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt

Verordnung 2024/3015 trat am 13.12.2024 in Kraft und gilt ab dem 14.12.2027

Lesedauer: 15 Minuten

11.07.2025

Obwohl das Verbot von Zwangsarbeit bereits in der EU-Grundrechtecharta und in zahlreichen anderen EU-Gesetzesinitiativen verankert ist, sind Produkte, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden, weiterhin auf dem europäischen Binnenmarkt im Umlauf. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat die EU im Dezember 2024 eine Verordnung in Kraft gesetzt mit der in Zwangsarbeit hergestellte Produkte auf dem Unionsmarkt ab dem 14. Dezember 2027 verboten werden.

Rechtsakt (EU-Verordnung)

Verordnung (EU) 2024/3015 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2024 über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt sowie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 (ABl. L, 2024/3015, 12. Dezember 2024)

Was beinhaltet das Verbot?

Gemäß Verordnung 2024/3015 dürfen Wirtschaftsakteure ab dem 14. Dezember 2027 in Zwangsarbeit hergestellte Produkte weder auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringen oder bereitstellen, noch dürfen sie solche Produkte ausführen.

Dieses Verbot gilt auch für Produkte, die online oder über eine andere Form des Fernabsatzes zum Verkauf angeboten werden. Ein Verkaufsangebot gilt als an Endnutzer in der Union gerichtet, wenn der betreffende Wirtschaftsakteur seine Tätigkeiten in irgendeiner Weise auf einen Mitgliedstaat ausrichtet.

Dienstleistungen sind von diesem Verbot nicht erfasst.

Dieses Verbot gilt nicht für die Rücknahme von Produkten, die bereits den Endnutzer auf dem Unionsmarkt erreicht haben.

Dieses Verbot gilt somit für alle Produkte, die auf dem EU-Markt angeboten werden: sowohl für Produkte, die in der EU für den Binnenmarkt oder für den Export hergestellt werden, als auch für importierte Waren. Sie ist somit für jedes Unternehmen relevant (keine KMU-Ausnahme!), das Waren auf den EU-Markt bringt und umfasst daher alle Wirtschaftszweige und Branchen.

Dieses Verbot wird auf Unternehmen in der gesamten Lieferkette auch indirekte Auswirkungen haben, insbesondere auf diejenigen Unternehmen, die in Sektoren und Regionen tätig sind, die als stärker von Zwangsarbeit bedroht gelten.

Es werden aber keine zusätzlichen Sorgfaltspflichten für die Wirtschaftsakteure eingeführt als jene, die bereits im Unionsrecht oder im nationalen Recht vorgesehenen sind. D.h. das Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten wird das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CS3D) nicht ablösen, sondern ergänzen.

Wichtige Begriffbestimmungen

Als „Wirtschaftsakteur“ gilt jede natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung, die Produkte auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringt oder bereitstellt oder Produkte ausführt.

Ein „Produkt“ ist jedes Erzeugnis, das einen Geldwert hat und als solches Gegenstand von Handelsgeschäften sein kann, unabhängig davon, ob es gewonnen, geerntet, erzeugt oder hergestellt wird.

Ein „in Zwangsarbeit hergestelltes Produkt“ ist ein Produkt, bei dem auf einer beliebigen Stufe seiner Gewinnung, Ernte, Erzeugung oder Herstellung insgesamt oder teilweise Zwangsarbeit eingesetzt wurde, einschließlich bei der ein Produkt betreffenden Be- oder Verarbeitung auf einer beliebigen Stufe seiner Lieferkette.

Zwangsarbeit“ wird als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne des Artikels 2 des IAO-Übereinkommens Nr. 29, einschließlich Zwangsarbeit von Kindern verstanden.

Artikel 2 des IAO-Übereinkommens Nr. 29

For the purposes of this Convention the term forced or compulsory labour shall mean all work or service which is exacted from any person under the menace of any penalty and for which the said person has not offered himself voluntarily.

Nevertheless, for the purposes of this Convention, the term forced or compulsory labour shall not include

  1. any work or service exacted in virtue of compulsory military service laws for work of a purely military character
  2. any work or service which forms part of the normal civic obligations of the citizens of a fully self-governing country
  3. any work or service exacted from any person as a consequence of a conviction in a court of law, provided that the said work or service is carried out under the supervision and control of a public authority and that the said person is not hired to or placed at the disposal of private individuals, companies or associations
  4. any work or service exacted in cases of emergency, that is to say, in the event of war or of a calamity or threatened calamity, such as fire, flood, famine, earthquake, violent epidemic or epizootic diseases, invasion by animal, insect or vegetable pests, and in general any circumstance that would endanger the existence or the well-being of the whole or part of the population
  5. minor communal services of a kind which, being performed by the members of the community in the direct interest of the said community, can therefore be considered as normal civic obligations incumbent upon the members of the community, provided that the members of the community or their direct representatives shall have the right to be consulted in regard to the need for such services.

Eine „von staatlichen Behörden auferlegte Zwangsarbeit“ gilt als Einsatz von Zwangsarbeit im Sinne des Artikels 1 des IAO-Übereinkommens Nr. 105.

Artikel 1 des IAO-Übereinkommens Nr. 105

Each Member of the International Labour Organisation which ratifies this Convention undertakes to suppress and not to make use of any form of forced or compulsory labour

  1. as a means of political coercion or education or as a punishment for holding or expressing political views or views ideologically opposed to the established political, social or economic system
  2. as a method of mobilising and using labour for purposes of economic development
  3. as a means of labour discipline
  4. as a punishment for having participated in strikes
  5. as a means of racial, social, national or religious discrimination.

Die „Bereitstellung auf dem Markt“ bezeichnet jede entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung eines Produkts zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit.

Das „Inverkehrbringen“ ist die erstmalige Bereitstellung eines Produkts auf dem Unionsmarkt.

Als „Endnutzer“ gilt jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Niederlassung in der Union, die ein Produkt entweder als Verbraucher außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit oder als beruflicher Endnutzer im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit bereitgestellt wird.

Als „Sorgfaltspflichten in Bezug auf Zwangsarbeit“ werden die Bemühungen der Wirtschaftsakteure, verbindliche Anforderungen, freiwillige Leitlinien, Empfehlungen oder Praktiken umzusetzen, die dazu dienen, den Einsatz von Zwangsarbeit bei Produkten, die auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder aus ihm ausgeführt werden sollen, zu ermitteln, zu verhindern, zu minimieren oder zu beenden, verstanden.

Weitere Begriffsbestimmungen finden sich in Artikel 2 der Verordnung 2024/3015.

Zuständige Behörde

Jeder EU-Mitgliedstaat und die Europäische Kommission benennen spätestens bis zum 14. Dezember 2025 eine oder mehrere zuständige Behörden, die für die Erfüllung der in der Verordnung 2024/3015 dargelegten Pflichten zuständig sind.

Eine Liste aller zuständigen Behörden wird auf einem noch von der Europäischen Kommission zu errichteten zentralen Portal gegen Zwangsarbeit öffentlich zugänglich sein. Diese Liste soll regelmäßig aktualisiert werden.

Die EU-Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre zuständigen Behörden

  • ihre Befugnisse unparteiisch, transparent und unter Wahrung der Geheimhaltungspflichten ausüben.
  • über die erforderlichen Befugnisse, Fachkenntnisse und Ressourcen — einschließlich ausreichender Haushaltsressourcen — verfügen, um Untersuchungen durchzuführen.
  • eine enge Koordinierung und einen Informationsaustausch mit den einschlägigen nationalen Behörden, wie Arbeitsaufsichtsbehörden sowie Justiz- und Strafverfolgungsbehörden, einschließlich jenen, die für die Bekämpfung des Menschenhandels zuständig sind, und den von den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie (EU) 2019/1937 benannten Behörden vornehmen. 

Die EU-Mitgliedstaaten übertragen ihren zuständigen Behörden die Befugnis, entweder unmittelbar, in Zusammenarbeit mit anderen Behörden oder durch Antrag bei den zuständigen Justizbehörden Sanktionen[CS1]  zu verhängen. 

Untersuchung/Entscheidung durch die zuständige Behörde 

Aufteilung der Untersuchungen

 Die Europäische Kommission fungiert als federführend zuständige Behörde, wenn die mutmaßliche Zwangsarbeit außerhalb des Hoheitsgebiets der Union stattfindet.

Die Behörde des jeweiligen EU-Mitgliedstaates ist die federführend zuständige Behörde, wenn die mutmaßliche Zwangsarbeit im Hoheitsgebiet des EU-Mitgliedstaats stattfindet.  

Risikobasierter Ansatz

Bei der Bewertung der Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes gegen das Verbot, der Einleitung/Durchführung einer Voruntersuchung bzw. der Ermittlung der betroffenen Produkte und Wirtschaftsakteure soll ein risikobasierter Ansatz zur Anwendung kommen.

Dabei sollen folgende Kriterien herangezogen werden, um Produkte bei denen der Verdacht besteht, dass sie in Zwangarbeit hergestellt wurden, vorrangig zu behandeln:

  • das Ausmaß und die Schwere der mutmaßlichen Zwangsarbeit, einschließlich der Frage, ob von staatlichen Behörden auferlegte Zwangsarbeit ein Grund zur Sorge sein könnte;
  • die Menge der Produkte, die auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebracht oder auf dem Unionsmarkt bereitgestellt werden;
  • der Anteil des Teils des Produkts, bei dem der Verdacht besteht, dass er in Zwangsarbeit hergestellt wurde, am Endprodukt.

Die Bewertung soll sich dabei auf alle einschlägigen, sachlichen und überprüfbaren Informationen, die zur Verfügung stehen, stützen, einschließlich folgender Informationen:

  • Informationen und Entscheidungen, die im Informations- und Kommunikationssystem (ICSMS) eingespeist wurden, einschließlich früherer Fälle der Einhaltung oder Nichteinhaltung des Verbotes durch einen Wirtschaftsakteur. Zugang zu diesem System haben die Europäische Kommission sowie die zuständigen Behörden und die Zollbehörden.
  • Datenbank für Bereiche und Produkte mit Zwangsarbeitsrisko;
  • Risikoindikatoren und sonstige Informationen gemäß den Leitlinien,
  • Übermittlungen von Informationen an die zentrale Anlaufstelle,
  • Informationen von andere Behörden, die für die Durchführung dieser Verordnung relevant sind, wie Sorgfaltspflichts-, Arbeits-, Gesundheits- oder Steuerbehörden,
  • alle Aspekte, die sich aus zielführenden Konsultationen mit einschlägigen Interessenträgern, wie Organisationen der Zivilgesellschaft und Gewerkschaften, ergeben.

Bei der Einleitung einer Voruntersuchung konzentriert sich die Behörde so weit wie möglich auf die Wirtschaftsakteure und gegebenenfalls die Produktlieferanten an den Stellen der Lieferkette, die dem Bereich am nächsten liegen, in dem Zwangsarbeit stattfinden könnte, und die die größte Hebelwirkung haben, um den Einsatz von Zwangsarbeit zu verhindern, zu minimieren und zu beenden.

Dabei werden auch die Größe und die wirtschaftlichen Ressourcen der betreffenden Wirtschaftsakteure, insbesondere ob es sich bei dem Wirtschaftsakteur um ein KMU handelt, berücksichtigt sowie die Komplexität der Lieferkette.

Voruntersuchung

Während der Voruntersuchung prüft die Behörde, ob ein begründeter Verdacht auf einen Verstoß gegen das Verbot besteht oder nicht.

Dafür kann die Behörde

  • andere verfügbare Fakten heranziehen oder
  • von den zu bewertenden Wirtschaftsakteur.und gegebenenfalls von anderen Produktlieferanten Informationen über die einschlägigen Maßnahmen anfordern, die sie ergriffen haben, um das Zwangsarbeitsrisiko in ihren Geschäftsabläufen und Lieferketten in Bezug auf die zu bewertenden Produkte zu ermitteln, zu verhindern, zu minimieren, zu beenden oder entsprechende Abhilfe zu schaffen.

Der Wirtschaftsakteur muss die angeforderten Informationen innerhalb von 30 Tage ab dem Tag, an dem sie die Aufforderung erhalten haben, an die Behörde übermitteln.

Die Behörde muss innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Erhalt der Informationen durch den Wirtschaftsakteur die Voruntersuchung abschließen:

  • Liegt kein begründeter Verdacht auf ein Verstoß gegen das Verbot vor oder wurden die Gründe, die zu einem begründeten Verdacht geführt haben, beseitigt, wird der Wirtschaftsakteur von der Behörde entsprechend unterrichtet.
  • Leitet die Behörde eine Untersuchung in Bezug auf die betreffenden Produkte und den Wirtschaftsakteur ein, so wird dieser innerhalb von drei Arbeitstagen nach dem Datum der Entscheidung über die Einleitung einer Untersuchung unterrichtet. 

Untersuchung

Wird eine Untersuchung eingeleitet, so wird von der zuständigen Behörde dem Wirtschaftakteur eine Frist von mindestens 30 und höchsten 60 Arbeitstagen gesetzt, um alle Informationen, die für die Untersuchung relevant und erforderlich sind, zu übermitteln. Der Wirtschaftsakteur kann jedoch mit einer entsprechenden Begründung eine Verlängerung dieser Frist beantragen.

Das beinhaltet u.a. Informationen

  • zur Identifizierung der zu untersuchenden Produkte und gegebenenfalls des Teils des Produktes, auf den sich die Untersuchung beschränken sollte,
  • zur Identifizierung des Herstellers, des Erzeugers, des Lieferanten, des Einführers oder des Ausführers dieser Produkte oder von Teilen davon.

Bei der Untersuchung berücksichtigt die zuständige Behörde den risikobasierten Ansatz.

In Ausnahmefällen, in denen die Behörde die Durchführung von Überprüfungen vor Ort für erforderlich hält, nimmt sie diese Überprüfungen vor, wobei sie berücksichtigt, wo das Risiko von Zwangsarbeit besteht.

Entscheidungen

Die Behörde prüft alle Informationen und Nachweise und stellt auf dieser Grundlage innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt der Einleitung der Untersuchung fest, ob die betreffenden Produkte unter Verstoß gegen das Verbot in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt wurden oder ausgeführt werden. Sie bemüht sich, ihre Entscheidungen innerhalb von neun Monaten nach Einleitung der Untersuchung zu erlassen oder die Untersuchung abzuschließen.

Wird festgestellt, dass die betreffenden Produkte ohne Verstoß des Verbotes in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt wurden oder ausgeführt werden, so stellt sie die Untersuchung ein und setzt die Wirtschaftsakteure, die von der Untersuchung betroffen waren, davon in Kenntnis.

Stellt die Behörde einen Verstoß des Verbotes fest, so erlässt sie unverzüglich eine Entscheidung, die Folgendes beinhaltet:

  1. ein Verbot des Inverkehrbringens oder der Bereitstellung der betreffenden Produkte auf dem Unionsmarkt sowie ein Verbot ihrer Ausfuhr;
  2. eine Anordnung, die die von der Untersuchung betroffenen Wirtschaftsakteure verpflichtet, die bereits in Verkehr gebrachten oder auf dem Unionsmarkt bereitgestellten Produkte vom Unionsmarkt zu nehmen oder Inhalte von einer Online-Schnittstelle zu entfernen, die sich auf die betreffenden Produkte oder deren Listung beziehen;
  3. eine Anordnung, die die von der Untersuchung betroffenen Wirtschaftsakteure verpflichtet,
    • die betreffenden Produkte gemäß Artikel 25 der Verordung 2024/3015 aus dem Verkehr zu ziehen (recyclen oder unbrauchbar machen) oder,
    • falls Bestandteile eines Produkts, bei denen ein Verstoß festgestellt wird, ausgetauscht werden können, eine Anordnung, die diese Wirtschaftsakteure verpflichtet, diese Bestandteile dieses Produkts aus dem Verkehr zu ziehen.

Gegebenenfalls sind in dem Verbot die Bestandteile des Produkts anzugeben, bei denen ein Verstoß gegen das Verbot festgestellt wurde und die ersetzt werden müssen, damit das Produkt in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt oder ausgeführt werden kann.

Die Behörde kann zur Vermeidung von Störungen einer Lieferkette von strategischer oder kritischer Bedeutung für die Union in der Entscheidung anordnen, dass das betreffende Produkt für einen bestimmten Zeitraum, der nicht länger sein darf als der zur Beendigung der Zwangsarbeit erforderliche Zeitraum, auf Kosten der Wirtschaftsakteure zurückgehalten wird. Weisen die Wirtschaftsakteure während dieses Zeitraums nach, dass sie die Zwangsarbeit in der Lieferkette der betreffenden Produkte beseitigt haben, so überprüft die Behörde ihre Entscheidung.

Handelt die Europäische Kommission als federführend zuständige Behörde, so wird die Entscheidung im Wege eines Durchführungsrechtsakts erlassen.

Die Behörde gewährt jederzeit die Überprüfung ihrer Entscheidung zu beantragen. Der Überprüfungsantrag des betroffenen Wirtschaftsakteurs muss wesentliche neue Informationen enthalten, die der Behörde im Rahmen der Untersuchung noch nicht zur Kenntnis gebracht wurden. Die zuständige Behörde trifft innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Eingang des Überprüfungsantrags eine Entscheidung darüber.

Wirtschaftsakteure, die von einer Entscheidung einer zuständigen Behörde eines EU-Mitgliedstaats betroffen sind, können ein Gericht anrufen, um die verfahrensrechtliche und materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen.

Kommt der Wirtschaftsakteur der Entscheidung innerhalb der angemessenen 30 Arbeitstage nicht unterschreitende Frist nicht nach, so verhändgt die Behörde entweder direkt oder im Zusammenarbeit mit anderen Behörden oder durch Antrag bei den zuständigen Justizbehörden Sanktionen gegen den betreffenden Wirtschaftsakteur. 

Zentrales Portal gegen Zwangsarbeit 

Die Europäische Kommission richtet eine einzige Website ein und aktualisiert diese regelmäßig auf der folgende Informationen in allen Amtssprachen öffentlich zur Verfügung gestellt werden:

  • die Liste der zuständigen Behörden;
  • die Leitlinien für Wirtschaftsakteure, Zollbehörden und EU-Mitgliedstaaten. Diese sollen bis 14. Juni 2026 seitens der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellt und regelmäßig aktualisiert werden.
  • die Datenbank für Bereiche und Produkte mit Zwangsarbeitsrisiko. Darin sollen bestimmte Wirtschaftszweige in bestimmten geographischen Gebieten aufgeführt werden, für die es zuverlässige und überprüfbare Beweise gibt, dass Zwangsarbeit vorliegt. Die Datenbank soll leicht zugänglich und bis zum 14. Juni 2026 in allen EU-Amtssprachen öffentlich verfügbar sein.
    • eine Liste öffentlich zugänglicher Informationsquellen, einschließlich Quellen, die aufgeschlüsselte Daten über die Auswirkungen und Opfer von Zwangsarbeit zur Verfügung stellen, wie etwa nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten oder Daten über Zwangsarbeit von Kindern, die es ermöglichen, alters- und geschlechtsspezifische Trends zu ermitteln;
    • die zentrale Anlaufstelle für die Übermittlung von Informationen Die Europäische Kommission richtet einen speziellen zentralisierten Mechanismus für die Übermittlung von Informationen in allen EU-Amtssprachen ein, die benutzerfreundlich sein soll und kostenlos zur Verfügung steht.
    • jede Entscheidung über das Verbot eines Produkts
    • jede Aufhebung eines Verbots;
    • das Ergebnis von Überprüfungen.
    • Gegebenfalls Informationen über Unterstützungmaßnahmen für KMU 

Unterstützungsmaßnahmen für KMU 

Die Europäische Kommission wird flankierende Maßnahmen entwickeln, um die Bemühungen der Wirtschaftsakteure und ihrer Geschäftspartner in derselben Lieferkette, insbesondere von KMU, zu unterstützen.

Informationen über diese Maßnahmen werden gegebenenfalls im zentralen Portal gegen Zwangsarbeit zugänglich gemacht.

Die zuständigen Behörden benennen Kontaktstellen für KMU und können auch Schulungen für Wirtschaftsakteure zu den Indikatoren für das Zwangsarbeitsrisiko und zur Aufnahme eines Dialogs mit diesen zuständigen Behörden während einer Untersuchung organisieren.

Rolle der Zollbehörden

Produkte, die auf den Unionsmarkt gelangen oder diesen verlassen, unterliegen den festgelegten Kontrollen und Maßnahmen durch die Zollbehörden.

Die Anwendung der Verordnung 2024/3015 lässt alle anderen Rechtsakte der Union über das Zollrisikomanagement, Zollkontrollen, die Überlassung von Waren zum zollrechtlich freien Verkehr und die Ausfuhr, insbesondere die Verordnung (EU) Nr. 952/2013, unberührt.

Die Zollbehörden

  • führen auf der Grundlage des Risikomanagements gemäß der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 Kontrollen von Produkten durch, die auf den Unionsmarkt gelangen oder ihn verlassen.
  • werden tätig, wenn für ein Produkt ein Verbot des Inverkehrbringens oder der Bereitstellung der betreffenden Produkte auf dem Unionsmarkt sowie ein Verbot ihrer Ausfuhr erlassen wird.
  • setzen die Überlassung eines Produkts zum zollrechtlich freien Verkehr oder zur Ausfuhr aus, wenn sie über ihr einschlägiges Risikomanagementsystem feststellen, dass ein Produkt, das auf den Unionsmarkt gelangt oder ihn verlässt, gegen das Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt verstoßen könnte und informieren unverzüglich die zuständige Behörde ihres EU-Mitgliedstaates,
  • arbeiten mit der Europäischen Kommission und den zuständigen Behörden eng zusammen und tauschen risikobezogene Informationen aus. Die Europäische Kommission nimmt dabei eine koordinierende Rolle ein.

 

Wurde die Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr oder die Ausfuhr eines Produkts durch die Zollbehörde ausgesetzt,

  • so ist dieses Produkt in den zollrechtlich freien Verkehr zu überlassen oder auszuführen,
    • wenn alle übrigen Anforderungen und Förmlichkeiten für diese Überlassung oder Ausfuhr erfüllt sind sowie
    • wenn innerhalb von vier Arbeitstagen nach der Aussetzung die Zollbehörde von der zuständigen Behörde nicht um eine Aufrechterhaltung der Aussetzung gebeten wurde - bei verderblichen Produkten, Tieren und Pflanzen beträgt diese Frist zwei Arbeitstage.
    • wenn die zuständige Behörde die Zollbehörden über ihre Zustimmung zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr oder zur Ausfuhr in Kenntnis gesetzt hat.
  • so wird dieses Produkt weder zum zollrechtlichen freien Verkehr überlassen noch seine Ausfuhr gestattet, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass es sich um ein in Zwangsarbeit hergestelltes Produkt handelt und die Zollbehörde entsprechend anweist. Die Zollbehörde zieht dieses Produkt nach Maßgabe des mit dem Unionsrecht im Einklang stehenden nationalen Rechts aus dem Verkehr. 

Vertraulichkeit

Die aufgrund der Verordnung 2024/3015 erlangten Informationen dürfen von den zuständigen Behörden nur für die Zwecke der Verordnung 2024/3015 verwendet werden, es sei denn, das Unionsrecht oder das mit dem Unionsrecht im Einklang stehende nationale Recht sieht etwas anderes vor.

Die Europäische Kommission, die EU-Mitgliedstaaten und die zuständigen Behörden behandeln die Identität derjenigen, die Informationen bereitstellen, oder die übermittelten Informationen nach Maßgabe des Unionsrechts oder des mit dem Unionsrecht im Einklang stehenden nationalen Rechts als vertraulich, sofern von den die Informationen bereitstellenden Personen nichts anderes angegeben wird.

Die Bekanntgabe allgemeiner Informationen in zusammengefasster Form durch die Europäische Kommission ist möglich, sofern diese allgemeinen Informationen keine Angaben enthalten, die Rückschlüsse auf die Identität des Bereitstellers der Informationen ermöglichen und dem berechtigten Interesse der betroffenen Parteien an der Verhinderung einer Offenlegung ihrer vertraulichen Informationen Rechnung getragen wird.

Sanktionen 

Die EU-Mitgliedstaaten erlassen Vorschriften über Sanktionen, die bei Nichteinhaltung einer Entscheidung gegen Wirtschaftsakteure zu verhängen sind, und treffen alle für die Anwendung der Sanktionen erforderlichen Maßnahmen nach Maßgabe des nationalen Rechts.

Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein, den Leitlinien weitestmöglich Rechnung tragen und folgenden Aspekte gebührend berücksichtigt

  • Schwere und Dauer der Nichteinhaltung einer Entscheidung der zuständigen Behörden;
  • einschlägige frühere Nichteinhaltung einer Entscheidung der zuständigen Behörden des Wirtschaftsakteurs;
  • der Umfang der Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden;
  • jegliche anderen mildernden oder erschwerenden Umstände im jeweiligen Fall, wie etwa unmittelbar oder mittelbar durch die Nichteinhaltung einer Entscheidung erlangte finanzielle Vorteile, Gewinne oder vermiedene Verluste. 

Die EU-Mitgliedstaaten teilen der Europäischen Kommission diese Vorschriften und Maßnahmen bis zum 14. Dezember 2026 mit und melden ihr unverzüglich alle diesbezüglichen Änderungen. 

Bewertung und Überarbeitung der Verordnung 2024/3015 

Bis zum 14. Dezember 2029 und danach alle fünf Jahre führt die Europäische Kommission eine Bewertung der Durchsetzung und Durchführung der Verordnung 2024/3015 durch und legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht mit den wichtigsten Ergebnissen vor.

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