Vereinigtes Königreich: Recht, Steuern, Investitionen
Von Entsendung bis Firmengründung: Lokales Fachwissen – unbürokratisch und verlässlich
Lesedauer: 9 Minuten
Beratung in Rechtsfragen
Andere Länder, andere Regeln: Bei Export, Import und Firmengründung müssen lokale Gesetze beachtet werden. Damit Sie nicht in teure Verfahren verwickelt werden, gilt: Besser vorher abklären, was die Spielregeln sind.
Für eine fachliche Erstberatung ist das AußenwirtschaftsCenter die richtige Adresse. Wenn rechtsanwaltliche Expertise gefragt ist, vermitteln wir vertrauenswürdige Kanzleien aus unserem lokalen Netzwerk.
Sie wollen eine Niederlassung gründen? Rechtsform, Standortwahl, Steuern, Arbeitsrecht, Visa für entsandtes Personal, Versicherungen, Finanzierungen – wir bereiten Sie vor und helfen Ihnen durch.
Dazu gibt es Startgeld für Mutige: Das Förderprogramm go-international erleichtert Ihnen Markteintritt, Marktbearbeitung und die Gründung einer Niederlassung im Ausland und ist Teil der Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft und der Wirtschaftskammer Österreich.
In der Geschäftspraxis ist wichtig zu beachten, dass das englische Recht auf dem sogenannte Common Law beruht und sich im Unterschied zu den meisten kontinental-europäischen (inkl. Österreich) Rechtsordnungen nicht nur auf Gesetze, sondern auf Präzedenzfälle stützt. Dies bringt unterschiedliche Herangehensweisen z.B. bei Vertrags-Erstellungen mit sich. Je nach Rechtsbereich kann es Unterschiede zwischen den einzelnen Teilen des Vereinigten Königreichs geben; z.B. Abweichungen zwischen englischem und schottischen Recht.
Arbeitsrecht und Entsendung
Mit dem endgültigen Austritt des Vereinigten Königreichs (VK) aus dem Binnenmarkt, endete die Freizügigkeit im Personenverkehr und bei der Dienstleistungserbringung. Grundsätzlich gelten für Einreise und Aufenthalt von EU-Staatsangehörigen mit gewissen Ausnahmen dieselben britischen Einreise- und Einwanderungsbestimmungen wie für alle anderen Drittstaatsangehörigen.
Kurzfristige Entsendungen und visafreie Tätigkeiten
Österreichische Staatsangehörige (sowie EU- und EEA Staatsangehörige) können ohne Visum für eine Dauer von bis zu 6 Monaten in das VK einreisen (z.B. als Tourist:innen). Seit 2. April 2025 ist aber eine elektronische Reisegenehmigung (ETA) vor Reiseantritt erforderlich.
Nähere Information
Die im Rahmen eines solchen visafreien Aufenthalts erlaubten Tätigkeiten sind jedoch stark eingeschränkt und in den Immigration Rules taxativ angeführt. Folgende Aktivitätsbereiche sind für Unternehmen besonders wichtig; der konkrete Sachverhalt sollte stets rechtzeitig im Detail geprüft werden:
PA 4. General Business Activities
Die im Rahmen von Geschäftsreisen zu Geschäftsanbahnung erlaubten Tätigkeiten sind großzügig geregelt und umfassen neben Messe- und Kongressbesuchen z.B. auch Vertragsverhandlungen und -abschlüsse. Ausdrücklich verboten ist jedoch u.a. „direct selling“, daher ist direkter Verkauf an britische Privatpersonen oder Unternehmen nicht gestattet.
PA 5. Intra-corporate Activities
Kurzfristige Entsendungen zu Niederlassungen erlauben u.a. interne Beratungen, Trainings, Schulungen und auch Fehlerbehebungen („trouble-shoot“). Arbeiten bei anderen britischen Unternehmen ist jedoch nicht gestattet.
PA 7. Manufacture and supply of goods to the UK
Montagearbeiten gehören nur unter folgenden Voraussetzungen zu den erlaubten Tätigkeiten:
- Arbeitskräfte eines ausländischen Unternehmens dürfen Maschinen, Geräte, Computersoftware oder Hardware installieren, demontieren, reparieren, warten oder über diese beraten und Personen darauf einschulen, wenn zwischen diesem (entsendenden) Unternehmen und einem britischen Unternehmen oder einer britischen Organisation ein Kauf-, Liefer- oder Leasingvertrag über den Montagegegenstand besteht.
- Das gilt auch für Arbeitskräfte von Subunternehmen oder verbundenen Unternehmen des Lieferunternehmens, aber nur dann, wenn das (entsendende) Subunternehmen oder verbundene Unternehmen im Kauf-, Liefer- oder Leasingvertrag (oder in einer zeitnah abgeschlossenen Zusatzvereinbarung) ausdrücklich als leistungserbringendes Unternehmen genannt wird. Es muss über diese Leistung ein Werkvertrag mit dem Verkaufs- oder Lieferunternehmen bestehen.
Zu erlaubten Tätigkeiten entsandte Arbeitskräfte müssen die Erfüllung der Voraussetzungen zur visafreien Einreise dem Grenzbeamten auf Nachfrage (Stichprobenkontrollen) „glaubhaft“ machen.
Je nach konkreter Ausgestaltung und Dauer des Einsatzes können zusätzliche Vorgaben zu berücksichtigen sein; z.B. Bauabzugssteuer (CIS), Health & Safety/Arbeitschutzbestimmungen auf Baustellen, Mitarbeiterhaftpflichtversicherung etc.
Montageleistungen (oder andere Dienstleistungen, wie Bauleistungen), die nicht unter die enge Definition der „erlaubten Tätigkeiten“ fallen können de facto nicht legal im VK erbracht werden.
PA 14. Creative
Kreative können auftreten, an Wettbewerben oder Castings teilnehmen und z.B. bei bestimmten Festivals auftreten. Des Weiteren kann eine Filmcrew visafrei einreisen, solange alle außerhalb des Vereinigten Königreichs angestellt sind und die Produktion im Ausland produziert und finanziert wird.
Wichtig! Staatsangehörige aus Staaten (Übersicht), die für die Einreise grundsätzlich ein Visum benötigen, müssen auch für die Einreise zur Durchführung erlaubter Tätigkeiten ein Visum beantragen.
Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung
Die permanente Anstellung von Staatsangehörigen aus Drittstaaten (inkl. EU- und EEA-Staatsangehörige) durch britische Firmen (auch Niederlassungen österreichischer Unternehmen) erfordert eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung und folgt den Bestimmungen des neuen punktebasierten britischen Einwanderungssystems.
Anders als in Österreich gibt es keine Bedarfsprüfung durch die Arbeitsmarktverwaltung. Für die Anstellung ausländischer Fachkräfte müssen britische Unternehmen eine jährlich kostenpflichtige Sponsorlizenz „Sponsorship Licence“ lösen und Mindestgehälter zahlen. Informationen über die Voraussetzungen für das Lösen einer Lizenz, das Antragsverfahren und den damit verbundenen Kosten, finden sich unter UK visa sponsorship for employers.
Die bewerbende Person muss Mindestqualifikationen erfüllen. Innerbetriebliche Versetzungen (von Mutter- zu Tochterunternehmen) sind bei höheren Schwellenwerten prozedural erleichtert.
Die innerbetriebliche Versetzung von EU- und EEA-Staatsangehörigen fällt unter das „Senior or Specialist Worker visa (Global Business Mobility)“. Ein „Graduate Trainee Visa (Global Business Mobility)“ ist für Personen mit einem Hochschulabschluss, wenn die Beschäftigung bei einer britischen Niederlassung eine Weiterbildung zu einer Management- oder fachspezifischen Position darstellt.
Weitere wichtige Visakategorien sind u.a.:
- Bei Entsendung im Rahmen von high-value Verträgen: „Secondment Worker visa (Global Business Mobility)“
- Bei Niederlassungsgründungen: „UK Expansion Worker (Global Business Mobility)“
- Für die längerfristige Anstellung von Fachkräften bei britischen Unternehmen: (Skilled Worker Visa)
- Für internationale Fachleute und zukünftige Führungskräfte im Bereich Wissenschaft oder Forschung, Kunst und Kultur sowie digitaler Technologie: Global Talent visa
- Visa für internationale Erstgründungen: „Innovator Founder visa“
Einen Überblick zu Visakategorien und Einreisebestimmungen bietet die Webseite der britischen Regierung: https://www.gov.uk/guidance/immigration-rules
Arbeitsrecht
Das englische Arbeitsrecht basiert auf dem richterlichen Fallrecht (case law), kodifiziertem Recht und auch nach Brexit ins nationale Recht übernommenen EU-Bestimmungen. Im Vergleich zu vielen Rechtsordnungen in Europa ist das englische Arbeitsrecht liberaler gestaltet, der Arbeitnehmer- und Kündigungsschutz ist weniger stark ausgeprägt; den Arbeitgeber treffen allerdings erhöhte Compliance Anforderung, z.B. in Bezug auf das Diskriminierungsverbot und Schutz vor sexueller Belästigung.
Schriftlichkeit beim Vertragsabschluss ist nicht verpflichtend, wird aber dringend empfohlen. Es kommt unabhängig von der Nationalität des Arbeitgebenden und einer anderslautenden Rechtswahlklausel zwingend britisches Arbeitsrecht zur Anwendung. Aufgrund vielfach fehlender gesetzlicher Bestimmungen steht die Parteienvereinbarung im Vordergrund.
Britische Arbeitslöhne liegen im Vergleich zu nordeuropäischen Industrieländern im mittleren Bereich der Lohnkostenskala. Die Lohnnebenkosten sind wesentlich geringer als in Österreich; ein 13. und 14. Monatsgehalt ist nicht vorgesehen und die Anzahl der Feiertage ist mit 8-10 (je nach Landesteil) ebenfalls niedriger.
Arbeitskräfte, die länger als zwei Jahre ununterbrochen bei einem Arbeitgeber beschäftigt waren, haben bei einer betriebsbedingten Kündigung Anspruch auf eine Abfindung (redundancy pay). Diese bemisst sich nach Alter der Arbeitskraft, Dauer der Betriebszugehörigkeit (maximal 20 Jahre) und Höhe der wöchentlichen Vergütung und wird jährlich angepasst.
Mehr Infos unter gov.ukSteuerliche Rahmenbedingungen
Das Finanzjahr im Vereinigten Königreich ist nicht deckungsgleich mit dem Kalenderjahr sondern dauernd vom 1. April bis 31. März. Üblicherweise werden im November Pläne für Änderungen im Steuersystem von der Regierung verlautbart, die dann mit dem neuen Finanzjahr in Kraft treten.
Sie finden hier eine Übersicht über die Körperschaftssteuersätze im VK. Diese Steuersätze bewegen sich zwischen 19 und 25 % des Unternehmensgewinns (mit wenigen Ausnahmen auch höher).
Der allgemeine Umsatzsteuersatz im Vereinigten Königreich (VK) beträgt 20 %. Es gibt einen ermäßigten Steuersatz von 5 % und einen Nullsteuersatz auf einige wenige Produkte und Dienstleistungen ().
Bei der Verrechnung an britische Unternehmen für nicht im VK erbrachte Dienstleistungen kommt in den allermeisten Fällen das im britischen Steuerrecht (nach wie vor) vorgesehene Reverse-Charge-Verfahren (Was ist Reverse Charge?) zur Anwendung. Dies gilt auch für einige Werkleistungen (beispielsweise Installations-, Reparatur- oder Wartungsarbeiten), da in diesen Fällen der Ort der Umsatzbesteuerung in der Regel dort ist, wo das leistungsempfangende Unternehmen ansässig ist oder wo sich der Gegenstand, an dem eine Werkleistung durchgeführt wird, befindet (‚Grundstücksleistungen‘). Details dazu finden Sie hier. Da dieses Thema meist einer fallspezifischen Betrachtung bedarf, kontaktieren Sie bitte das AußenwirtschaftsCenter London.
Bei Bau- und Montagearbeiten ist unbedingt vorab zu prüfen ob man als General- oder auch Subunternehmer eine Registrierung im Rahmen der Bauabzugssteuer benötigt (CIS – Construction Industry Scheme), damit 20%-30%ige Abzüge vermieden werden.
Binnenmarkt (für EU-Länder)
Aus steuerlicher Sicht sind bei Handelsgeschäften innerhalb der EU die Bestimmungen zur Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) sowie für verbrauchsteuerpflichtige Produkte zu beachten.
Doppelbesteuerungsabkommen
Österreich hat mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Diese verhindern eine doppelte Besteuerung bei grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das Bundesministerium für Finanzen stellt wichtige Informationen sowie eine Liste aller österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen zur Verfügung.
Firmengründung und Investition
Die Gründung einer Firma, ungeachtet der Gesellschaftsform, ist im Vereinigten Königreich (VK) unbürokratisch, einfach und kostengünstig. Im VK gibt es keine mit der österreichischen Gewerbeordnung direkt vergleichbaren gesetzlichen Vorschriften zu Berufsausübung und Geschäftstätigkeit.
Die überwiegende Mehrheit der im VK registrierten Firmen sind Private Companies Limited by Shares, also der GmbH ähnliche Kapitalgesellschaften, bei denen die Haftung auf die übernommenen Anteile beschränkt ist. Eine Mindestkapitalisierung (no minimum capital requirement / no minimum issued share capital) ist nicht vorgesehen. Zweigniederlassungen können eingetragen werden – meistens überwiegen jedoch im Vergleich zur Limited die Nachteile.
Unternehmen benötigen eine Zustelladresse im VK und zumindest eine Person als „Director“, die eine natürliche Person sein muss. Zu Staatsbürgerschaft oder Wohnsitzstaat dieser handlungsbevollmächtigten Person gibt es keine Einschränkungen.
In der Praxis sind die Eröffnung eines Bankkontos aufgrund strenger KYC-Bestimmungen und in manchen Branchen der Fachkräftemangel Herausforderungen.Ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor sind Municipial / Local Taxes (Gemeindesteuern) bzw. Business Rates (Unternehmens- / Grundsteuern), die schlagend werden, sobald ein Geschäftslokal/Büro gemietet oder gekauft wird.
Bei der Firmengründung ist es empfehlenswert eine britische Rechtsanwaltskanzlei beizuziehen und einen Partner für lokale Steuerfragen, Lohnverrechnung und Berichtspflichten zu identifizieren. Das AußenwirtschaftsCenter London stellt auf Anfrage Kontakte zur Verfügung.
Investitionsschutz
Über 60 bilaterale Investitionsschutzabkommen schützen österreichische Unternehmen mit Auslandsinvestitionen vor Benachteiligung und entschädigungsloser Enteignung. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Handels- und Investitionsabkommen der EU mit Drittstaaten. Das Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus veröffentlicht eine Liste aller bilateralen österreichischen Investitionsschutzabkommen.
Vertretungsvergabe
Die Wahl der Vertriebswege im Vereinigten Königreich (VK) hängt in erster Linie vom jeweiligen Produkt, vom Geschäftsumfang und von der Kundenstruktur ab. Die Marktbearbeitung über eine Handelsvertretung im klassischen Sinne (Commercial Agent), die einige rechtliche Besonderheiten mit sich bringt, ist möglich, aber weniger verbreitet als in Kontinentaleuropa.
Das VK ist ein deregulierter Markt, der gesetzliche Mitgliedschaften bei Interessensverbänden nicht vorsieht. Es existiert daher kein “Vertreterverband”, der alle Firmen umfassen würde. Bei Handelsvertretungsfirmen handelt es sich oft um Personengesellschaften, die in keinem Verzeichnis, d.h. auch nicht im Handelsregister, aufscheinen. Damit ist die Suche nach einer Vertretung in der Praxis äußerst schwierig. Ansatzpunkte bei der Suche nach einem Partnerunternehmen sind oftmals branchenbezogene Events und Messen sowie LinkedIn als sehr weit verbreitetes Kontakttool.
Für eine flächendeckende Marktbearbeitung sind meistens fünf bis sechs regionale Partnerunternehmen für die diversen Landesteile notwendig. Sehr viele Firmen starten im kaufkraftstarken Ballungsraum London/Südosten.
Unternehmen erzielen dann Erfolg am hochgradig saturierten britischen Markt, wenn sie einen professionellen digitalen, englischsprachigen Auftritt mit gezielten (digitalen) Marketingaktivitäten zur Kundenansprache kombinieren. Daher ist oftmals die „frühe“ Gründung einer eigenen Vertriebsniederlassung der beste Weg das Marktpotential zu erschließen.
Stand: 04.12.2025