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Zwei jüngere Personen in Arbeitskleidung blicken auf Display einer Maschine, auf das ältere Person in Arbeitskleidung mit Hörschutz um den Hals deutet
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Sparte Industrie

Blum: „Alles daransetzen, den Industriestandort wieder zu stärken“

KommR Christoph Blum über Entlastungen, Wettbewerbsfähigkeit, Qualifizierung und Digitalisierung 

Lesedauer: 3 Minuten

13.10.2025

Hohe Energie- und Arbeitskosten, Fachkräftemangel - die Lage in der heimischen Industrie ist weiterhin angespannt. Burgenlands Spartenobmann KommR Christoph Blum im Interview über notwendige Entlastungen, internationale Wettbewerbsfähigkeit, Qualifizierung und einen zu erwartenden „Qualitätswandel der Arbeit“ durch Digitalisierung.

Wie viele Menschen arbeiten in der burgenländischen Industrie?

Christoph Blum: In insgesamt rund 150 Industriebetrieben sind über 8.600 Personen beschäftigt (Stand: 2024). Die Industrie bildet damit einen wichtigen Teil des burgenländischen Arbeitsmarkts und bietet sichere und zukunftsorientierte Jobs mit vielfältigen Karrierechancen. 38 Unternehmen fungieren zudem als Lehrbetriebe und bilden derzeit rund 280 Lehrlinge aus - so viele, wie seit vielen Jahren nicht. Die heimische Industrie setzt damit ein deutliches Zeichen, die Jugend zu fördern. Die Unternehmen brauchen junge engagierte Facharbeiter mit Köpfchen und Interesse. Gut ausgebildete Fachkräfte werden im internationalen Wettbewerb immer wichtiger.

Wie hat sich die Situation in letzter Zeit geändert?

Blum: Die schwächelnde Wirtschaftsentwicklung sowie hohe Energie- und Arbeitskosten belasten viele – vor allem exportorientierte - Industriebetriebe. Trotz der wirtschaftlich herausfordernden Zeiten sind vor allem gut ausgebildete Fachkräfte in den Industriebetrieben weiterhin sehr begehrt und ein Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Diese werden auch in konjunkturell schwächeren Phasen im Unternehmen gehalten, um für den kommenden Konjunkturaufschwung weiterhin gut aufgestellt zu sein. Insbesondere Themen wie Künstliche Intelligenz und Automatisierung werden in der Industrie immer wichtiger und sind Ausdruck einer spannenden Entwicklung hin zu modernen Arbeitswelten. Vor diesem Hintergrund setzt die Branche verstärkt auf Ausbildung und Qualifizierung. Genauso wichtig sind auch die Attraktivierung der Lehre und die Ausbildung der Jugendlichen.

Welche Berufe sind in den burgenländischen Betrieben besonders gefragt?

Blum: Vor allem technische Fachkräfte werden gesucht. Aus den vielfältigen Lehrberufen in der Industrie führt allen voran die Ausbildung zum Metalltechniker das Ranking an. Gefolgt vom Ausbildungsweg zum Elektrotechniker und an dritter Stelle dem Metalltechniker. Sehr gute Chancen gibt es aber auch im Bereich Bau, Kunststofftechnik sowie Lebensmitteltechnik. Diese Berufe bilden das Rückgrat der Industrieproduktion und sind wichtige Karrierepfade für junge Fachkräfte.

Was unternimmt die Industrie, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?

Blum: Wir verfolgen hier einen durchgängigen Pfad an Initiativen beginnend beim Wecken und Fördern von Interessen im MINT-Bereich bereits im Kindergarten über Projekte in den neuen Mittelschulen, Polytechnischen Schulen und Berufsschulen bis zur Unterstützung von direkten Kooperationen von Industrieunternehmen mit HTLs, Fachhochschulen sowie Forschungseinrichtungen.

Im Rahmen einer Berufsorientierungsoffensive fördern wir insbesondere Kooperationen zwischen Schulen und Industriebetrieben, um das Interesse von jungen Menschen an der Ergreifung eines Lehrberufes zu fördern. Wir bieten auch Lehrerinnen und Lehrern im Rahmen eines eigenen Praktikums die Möglichkeit, die Abläufe und Strukturen sowie die vielfältigen Berufsausbildungsmöglichkeiten aber auch die Anforderungen in Industrieunternehmen näher kennenzulernen. Ich halte es für wesentlich, vor allem auch das Bildungssystem näher an die Bedürfnisse der heutigen Wirtschaft heranzubringen. Wir brauchen Mindeststandards an Kompetenzen für Schulabsolventinnen und -absolventen, die nicht unterschritten werden sollten.

Wird der Mensch durch die Digitalisierung in der Industrie überflüssig?

Blum: Die Digitalisierung verändert die Industrie stark, macht Menschen aber nicht überflüssig. Automatisierung und Digitalisierung sind essenziell, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Natürlich wird sich die Arbeit verändern – einzelne Tätigkeiten werden wegfallen, aber nicht ganze Berufe. Vielmehr eröffnen sich neue, spannende Arbeitsfelder mit höherer Qualifikation. Arbeitsplätze wandeln sich – etwa werden monotone Routineaufgaben von Maschinen übernommen, während Menschen anspruchsvollere Tätigkeiten übernehmen. Insgesamt schafft die digitale Transformation mehr Effizienz und Wertschöpfung, sodass nicht Masseneinsparungen, sondern ein Qualitätswandel der Arbeit zu erwarten ist.

Inwieweit sehen Sie die Politik gefordert?

Blum: Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, damit Potenziale ausgeschöpft werden. Beispielsweise sollte der Fokus in Schule und Ausbildung auf MINT-Fächer noch mehr verstärkt werden. Erste Ansätze gibt es hier schon. Ebenso würde ein weiterer Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen dazu beitragen, mehr Frauen eine Vollzeit-Beschäftigung zu ermöglichen. Für Politik und Bildung bedeutet das, beste Bedingungen für praxisnahe Ausbildungen zu schaffen.

Denn Eltern und Jugendliche können überzeugt sein: Eine Karriere in burgenländischen Industriebetrieben eröffnet jungen Menschen spannende Perspektiven. Moderne Ausbildungsplätze, innovative Technologien und praxisnahe Lernmöglichkeiten bilden das Fundament für eine zukunftssichere berufliche Laufbahn. Die enge Zusammenarbeit mit erfahrenen Fachkräften fördert nicht nur das technische Know-how, sondern auch persönliche Entwicklung und Teamgeist – ideale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Karriere in einer dynamischen Branche. Es steckt enorm viel Potenzial in den jungen Menschen - dieses gilt es zu fördern und nachhaltig zu sichern.

Darüber braucht es dringend Maßnahmen, um unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, sonst kann Österreich nicht mithalten - insbesondere durch eine konsequente Senkung der Lohnstückkosten. Ebenso müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Leistungsanreize am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Die im Regierungsprogramm vorgesehene Deregulierung und Bürokratiebremse muss rasch umgesetzt werden.

Eine derartige Entlastung fördert Investitionen und sichert vor allem Arbeitsplätze. Es gilt alles daran zu setzen, den Arbeits- und Industriestandort Burgenland wieder zu stärken. 

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