Chefin in einer Männerdomäne
Weibliche Unternehmensspitze
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Seit Sommerbeginn hat im Installations-Unternehmen Karolyi in Neusiedl am See offiziell eine Frau das Sagen. Neo-Geschäftsführerin Kristin Karolyi-Ensbacher ist vieles: Mutter, Meisterin ihres Handwerks, akademisch ausgebildet – und Vorbild in einer Branche, die bis heute stark von Männern geprägt ist.
Kristin Karolyi-Ensbacher ist eine Minderheit – zumindest in ihrem Job. Seit Juli leitet sie das väterliche Unternehmen und steht 15 Mitarbeitern, darunter zwei Lehrlingen, vor – fast ausschließlich Männern.
Die 37-Jährige ist mit dem Betrieb aufgewachsen. Dass sie ihn einmal übernehmen wird, hat sich erst „Schritt für Schritt“ abgezeichnet. Nach der Handelsakademie begann die einzige Tochter des Hauses zunächst ein Wirtschaftsstudium und arbeitete nebenbei im Accounting-Bereich. „Dann ist daheim eine Bürokraft ausgefallen und ich bin übergangsmäßig neben der Uni eingesprungen - seitdem bin ich da“, erinnert sich die junge Frau schmunzelnd.
Von der Akademikerin zur Meisterin
Mit einem abgeschlossenen Studium in der Tasche stand für sie letztendlich immer mehr auch die Frage nach einer Übernahme des väterlichen Betriebs im Raum. „Meine beiden jüngeren Brüder zeigten kein Interesse. Das war bei mir schon da - woran es bei mir haperte, war die erforderliche handwerkliche Ausbildung.“ Mit viel Eigeninitiative holte die heute zweifache Mama diesbezüglich fehlende Qualifikationen nach – außerordentlicher Lehrabschluss, Meisterprüfung, „einmal für Heizung und einmal für Gas und Wasser.“ Alles mit Bravour und oft unter erschwerten Bedingungen, etwa hochschwanger oder mit Kleinkind.
Mit Geschlechtsstereotypen sei sie kaum konfrontiert gewesen, betont Karolyi-Ensbacher: „Das war eigentlich nie wirklich ein Problem. Nur ein einziges Mal hat ein Lehrer bei einem Kurs, an dem fast nur Männer teilnahmen, gemeint, diese sollten mir doch bitte alles erklären. So nach dem Motto: ,Eine Frau kann das ja nicht wissen‘. Meine Mitschüler haben dann den Lehrer aufgeklärt, dass umgekehrt ich ihnen geholfen hätte.“
Obwohl erst seit Kurzem offiziell im Amt, ist die Neusiedlerin auch bei der männlich dominierten Belegschaft ihres Betriebs längst als Chefin anerkannt. „Gegenseitige Wertschätzung hat sich schrittweise schon in den Jahren davor aufgebaut.“
„Traut euch!“
Für eine reibungslose Betriebsübergabe holten sich Kristin und Papa Robert hilfreiche Tipps bei der Regionalstelle der Wirtschaftskammer. Das Konzept ihres Vorgängers möchte die neue Geschäftsführerin im Wesentlichen weiterführen: „Wir haben uns auf Badezimmersanierungen spezialisiert und bieten Kundenservice mit 3D-Planung und einer Koordination aller Gewerke. Das heißt bei uns gibt es alles aus einer Hand – was nicht viele anbieten.“ Zum Kundenstock des Unternehmens zählen auch renommierte Namen wie die Plachutta Restaurants oder die Lugner City in Wien sowie Mars Austria in Bruck an der Leitha und Ritter Sport in Breitenbrunn.
Was Kristin Karolyi-Ensbacher ihren Geschlechtsgenossinnen noch mitgeben möchte? „Es wäre schön, wenn es mehr weibliche Lehrlinge in Männerberufen gäbe. Wir selbst hatten bisher noch kein einziges auszubildendes Mädchen in unserem Unternehmen. Es ist wie beim Schritt in die Selbstständigkeit: Traut euch!“
Infos: www.wko.at/betriebsuebergabe/nachfolge
Kristin Karolyi-Ensbacher und ihr Vater Robert // Foto © WKB