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Hand dreht Würfel und ändert den Ausdruck Bürokratiewahn in Bürokratieabbau
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Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft

Bürokratieabbau im Tourismus: Entlastung für Kleinbetriebe und Familienunternehmen

Neun Stunden pro Woche für Verwaltung – warum Österreichs Tourismus dringend ein Entbürokratisierungspaket braucht

Lesedauer: 4 Minuten

02.10.2025

Bürokratie stellt für viele österreichische Tourismusbetriebe eine erhebliche Belastung dar. Komplexe und zeitaufwändige Verwaltungsprozesse sowie umfangreiche und wiederkehrende Informations-, Berichts- und Wartungspflichten beeinträchtigen die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Betriebe im Tourismus sind kleinstrukturiert und oftmals Familienunternehmen.

89 % der Tourismusbetriebe haben unter 10 Mitarbeiter, weshalb sie besondere unter den hohen bürokratischen Anforderungen leiden, die oft mit erheblichen Kosten und Ressourcenaufwand verbunden sind. Laut einer MARKET-Studie*) fühlt sich jedes zweite Unternehmen durch bürokratische Aufgaben stark belastet.

Im Durschnitt verbringen Unternehmen in etwa neun Stunden pro Woche mit bürokratischem Aufwand, wobei dieser mit der Größe der Unternehmen spürbar zunimmt. Zudem wird ein steigender Bürokratieaufwand von der Mehrheit der Unternehmer:innen in den letzten zwei bis drei Jahren wahrgenommen. Deshalb braucht es ein umfassendes Entbürokratisierungspaket, um die administrativen Hürden zu senken und den Tourismus zu stärken.

Deshalb braucht es in Österreich eine Entbürokratisierungsoffensive für Tourismus- und Freizeitbetriebe in folgenden Bereichen:

Erleichterung im Betriebsanlagenrecht

Im Betriebsanlagenrecht sind an mehreren Stellen praxistaugliche und vor allem auch zeitgemäße Maßnahmen erforderlich, um unsere Betriebe zu entlasten und Bürokratie abzubauen. Z.B.:

  • Änderung der Genehmigungsfreistellungsverordnung etwa im Bereich Photovoltaik.
  • Änderung des Bäderhygienegesetzes, damit das Vorhandensein von Saunaanlagen, Warmluft und Dampfbädern (inkl. Infrarotkabinen) in kleinen Beherbergungsbetrieben nicht automatisch dazu führt, dass eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich ist.

Lockerung wiederkehrender Prüf- und Dokumentationspflichten

Das Betriebsanlagenrecht und die Arbeitsstättenverordnung verpflichten Unternehmer zu umfassenden, in kurzen Intervallen wiederkehrenden Prüf- und Dokumentationspflichten.

Diese Prüfpflichten (z.B. Sicherheitsbeleuchtungsanlagen, Klima- oder Lüftungsanlagen, oder Brandmeldeanlagen, etc.) nehmen unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch und führen zu einer uferlosen Dokumentationspflicht für die Betriebe.

  • Es braucht eine Ausdehnung der Intervalle von wiederkehrenden Prüfpflichten und die Beschränkung von Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten auf das Notwendigste.

Ausnahmeregelungen bei der Pfandannahmepflicht für kleinstflächige Unternehmen

Die seit 1.1.2025 geltende Pfandannahmeverpflichtung sorgt insbesondere für kleinere Betriebe unweigerlich zu erhöhter Bürokratie und einem erhöhten Personal- und Platzbedarf. Eine Ausnahmeregelung für kleine Betriebe (gemessen an der Verkaufsfläche) von der Pfand- und Rücknahmepflicht ist notwendig.

Erleichterung und Beschleunigung der Nostrifizierung von ausländischen Qualifikationen und der Anerkennungsverfahren für Fachqualifikationen - Ausweitung des bereits für die Philippinen geltenden Pre-Check-Systems auf die Fokusländer Albanien, Brasilien, Indonesien und Kosovo.

Derzeit können derartige Verfahren oft bis zu mehreren Jahren dauern, weil eine Vielzahl an Dokumenten übersetzt und überprüft und allenfalls danach fehlende Kompetenzen durch Ergänzungsprüfungen nachgeholt werden müssen. Nostrifizierungen und Anerkennungsverfahren müssen daher standardisiert, transparenter und deutlich beschleunigt werden, damit im Ausland erworbene Ausbildungen einfacher anerkannt werden. Ein wichtiger Schritt ist die Ausweitung des bestehenden Pre-Check-Systems auf weitere Länder, Hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland, insbesondere aus Drittstaaten dürfen nicht durch Bürokratie und lang andauernde Anerkennungsverfahren daran gehindert werden nach Österreich zu kommen. Österreich muss für internationale Fachkräfte attraktiv bleiben und im Wettbewerb mit anderen Ländern bestehen zu können.

Vereinfachtes Aushilfskräftemodell

Wie im Regierungsprogramm vorgesehen ist die Schaffung eines einfachen und unbürokratischen Aushilfskräftemodells eine wichtige Erleichterung für die Abdeckung von Personalbedarf in Spitzenzeiten.

Anpassungen im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG)

Das ASchG enthält an mehreren Stellen Regelungen, die nicht mehr zeitgemäß sind und für Betriebe erhebliche bürokratische Belastungen mit sich bringen.

Verringerung der Präventionszeit (§ 82a ASchG): In der Praxis müssen Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner für zahlreiche Stunden angestellt werden. Speziell für Betriebe, die vorwiegend Büro-Arbeitsplätze mit wenig körperlicher Belastung und Gefährdung anbieten, ist diese Reglung nicht mehr zeitgemäß. Zudem hat sich über die Jahre ohnehin ein gesteigertes Bewusstsein für ergonomische Arbeitsbedingungen entwickelt und viele Arbeitsprozesse haben sich ohnehin ins Home-Office verlagert. Die aktuelle Berechnung der Präventionszeiten muss verringert werden, um den damit verbundenen bürokratischen Aufwand und unnötigen Kosten für die Betriebe zu reduzieren.

Anpassung des Begehungsintervalls an das Risiko: Betriebe müssen ab 11 Arbeitnehmer jährlich, kleinere Betriebe alle 2 Jahre für eine sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Begehung sorgen. Das unabhängig davon, ob man einen Bürobetriebe- führt oder aber mit hochexplosiven Stoffen hantiert bzw. gefährliche Maschinen betreibt. Deshalb sollten Betriebe mit weniger als 11 Arbeitnehmer, die ein "nicht gefährliches" Gewerbe wie etwa ein Büro (z.B. Reisebüro) betreiben, zukünftig nur noch alle 5 Jahre sicherheitstechnisch und arbeitsmedizinisch betreut werden müssen.

Vereinfachung, Digitalisierung und Abbau von Bürokratie bei der Rot-Weiß-Rot-Karte

Drittstaatsangehörige, die eine RWR–Karte erhalten, benötigen zusätzlich für die Einreise ein Visum. Gleichzeitig mit der positiven Bescheinigung eines RWR–Kartenantrags sollte auch ein Einreisevisum erteilt werden. Zudem muss das Antragsverfahren beschleunigt und digitalisiert werden.

"Once Only" Prinzip effektiv umsetzen

Bereitgestellte Informationen, die durch Meldeverpflichtungen bereits an die Verwaltung geliefert
wurden, sollen für weitere Informationspflichten wiederverwendet werden. Unternehmensbezogene
Daten sollen daher nur mehr einmal an die Verwaltung gemeldet werden müssen.

Administrativen Aufwand bei Förderungen verringern

Der administrative Aufwand, der mit Antragstellung, Förderabwicklung, Berichts- und Kontrollverpflichtungen verbunden ist, soll reduziert werden. Dies kommt insbesondere Jungunternehmern im Rahmen der Gründung zugute.

Vermeidung von drohender Bürokratie

Der Abbau von bestehenden bürokratischen Belastungen muss auch die präventive Vermeidung von
drohender Bürokratie berücksichtigen.

  • Keine verpflichtenden Maßnahmen für Mitarbeiter bei Hitze im Freien (HitzeVO): Unternehmen setzen bereits wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Mitarbeiter um, aus Verantwortung und im eigenen Interesse, da die Beschäftigten das wichtigste Kapital jedes Betriebs darstellen. Die geplante Verordnung verursacht zusätzliche Dokumentationspflichten
    sowie formale Vorgaben, die insbesondere KMU unverhältnismäßig belasten. Eine zusätzliche Verordnung darf nicht zu einer Überregulierung und wirtschaftlichen Belastung führen.
  • Keine verpflichtende Herkunftskennzeichnung: Eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung würde für Gastronomen einen enormen bürokratischen Mehraufwand bedeuten. Betriebe müssten detaillierte Aufzeichnungen über die Herkunft der betreffenden Zutaten führen und regelmäßig aktualisieren. Dies erfordert die Einrichtung komplexer Systeme zur Rückverfolgung und Dokumentation der Lieferketten. Diese Maßnahmen erhöhen nicht nur den administrativen Aufwand erheblich, sondern auch die Kosten und den Zeitaufwand für den Betrieb. Eine Herkunftskennzeichnung auf freiwilliger Basis ist jedenfalls einer Verpflichtung vorzuziehen.
  • Keine verpflichtende Biozertifizierung: Diese wäre mit einem erheblichem Verwaltungsaufwand durch umfangreiche Dokumentations- und Nachweispflichten für die Betriebe verbunden und ist derzeit weder notwendig noch sachlich gerechtfertigt. Zudem kann der vermehrte bürokratische Aufwand, der mit einer Biozertifizierung verbunden ist, dazu
    führen, dass die Betriebe gänzlich auf Bio-Produkte verzichten. Dies würde auch dem Ziel einer nachhaltigen Ernährung entgegenwirken. Eine Biozertifizerung auf freiwilliger Basis ist jedenfalls einer Verpflichtung vorzuziehen.


*) Bürokratie in Österreich – Stimmungslage in österreichischen Unternehmen, Umfrage market Institut, 2024. 


Wirtschaftskammer Österreich | Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft | Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien
Stand: August 2025 

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