Textilhandel

Textilkennzeichnungsverordnung

Die wichtigsten Bestimmungen

Lesedauer: 6 Minuten

Die europäische Textilkennzeichnungsverordnung (im Folgenden kurz „Verordnung“) trat 2011 in Kraft. Sie löste die bisher für die Textilkennzeichnung in den europäischen Ländern geltenden Gesetze und Verordnungen ab.

Schon seit vielen Jahren gab es eine europäische Richtlinie für die Faserkennzeichnung, an der sich die Regelungen in den einzelnen Ländern orientiert haben. Nun gibt es eine unmittelbar wirkende Verordnung, sie hat zur Folge, dass in allen Mitgliedsstaaten der EU die gleichen Regelungen gelten werden. Für eigene Regelungen der Mitgliedstaaten ist nur noch in wenigen Randbereichen Platz. 

Die wichtigsten Bestimmungen umfassen folgende Punkte:

Geltungsbereich

Die Verordnung kümmert sich grundsätzlich um die Faserkennzeichnung. Die österreichische Textilpflegekennzeichnungsverordnung bleibt unberührt. Ein neuer Bereich, der über die Kennzeichnung von Fasern hinausgeht, wurde in die Verordnung aufgenommen: Er enthält Regelungen zur Kennzeichnung von Produkten tierischen Ursprungs.

Übergangsregelung

Es ist zulässig, noch bis zum 8. Mai 2012 Produkte in den Verkehr zu bringen (= erstmaliges Bereitstellen im EU-Markt), deren Kennzeichnung sich nach den alten Regelungen richtet. Solche Produkte dürfen dann noch bis zum 9. November 2014 vertrieben werden (Art. 26).

Wer ist zur Kennzeichnung verpflichtet? (Art. 15)

Wie bisher trifft den Hersteller/Importeur/Händler, der seinen Namen/seine Marke anbringt, die Verpflichtung zur Kennzeichnung. Auch der Händler hat sicherzustellen, dass korrekt gekennzeichnet ist. Die Kennzeichnungsverpflichtung gilt nicht für Textilerzeugnisse, die ohne Übereignung an Heimarbeiter oder selbständige Unternehmen zur Weiterverarbeitung übergeben werden. Ausgenommen sind auch maßgeschneiderte Textilerzeugnisse, die von selbständigen Kleidermachern hergestellt wurden. Die Maßkonfektion (Customization) wird man nicht hierunter subsumieren können.

Welche Erzeugnisse sind erfasst? (Art. 2)

Die Kennzeichnungspflicht gilt nach wie vor für Erzeugnisse, die zu mindestens 80 % aus Textilfasern bestehen. Dort, wo freiwillig gekennzeichnet wird, muss die Kennzeichnung mit den Bestimmungen der Verordnung übereinstimmen. Bei den Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht sind die aus der österreichischen Textilkennzeichnungsverordnung bekannten Regelungen erhalten geblieben. Im Anhang V sind die Produkte gelistet, die nicht 2 gekennzeichnet werden müssen. Neu ist, dass Filz und Hüte aus Filz jetzt einer Kennzeichnungspflicht unterliegen.

Die Kennzeichnung von nichttextilen Teilen tierischen Ursprungs (Art. 12)

Zukünftig muss darüber informiert werden, wenn ein Textilprodukt Bestandteile aufweist, die tierischen Ursprungs sind, auch wenn es sich nicht um Fasern handelt. Die Vorschrift zielt auf Leder und Fell ab. Da keine Mindestmenge von Leder oder Fell angegeben ist, sind auch kleinste Mengen zu kennzeichnen, zB das Lederlabel an der Jeans oder auch Knöpfe, die aus Horn hergestellt sind. Notwendig ist, dass wörtlich gekennzeichnet wird: „enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs". Das Gesetz sieht nicht vor, dass stattdessen die Angabe „Leder“ oder „Fell" gemacht werden darf. Erlaubt ist allerdings, die vorgeschriebene Kennzeichnung zu ergänzen. Hier ist aber darauf zu achten, dass der Verbraucher nicht in die Irre geführt wird. Mit anderen Worten: Es sind klare und wahre Angaben zu machen. Die Regelungen über Art und Weise der Faserkennzeichnung gelten auch für den Hinweis auf die nichttextilen Teile tierischen Ursprungs. Die Vorschrift gilt jedoch nur für Textilerzeugnisse. Dies bedeutet, dass Lederjacken oder Pelzmäntel, die keine Textilerzeugnisse im Sinne des Art. 2 sind, weil sie nicht zu mindestens 80 % aus Textilfasern bestehen, nicht gekennzeichnet werden müssen.

Art und Weise der Kennzeichnung (Art. 14)

Wie bislang kann die Information über die Faserzusammensetzung durch ein angehängtes Etikett oder durch ein (z. B. eingenähtes) Label erfolgen. Die Faserzusammensetzung muss dauerhaft, leicht lesbar, sichtbar und zugänglich sein. Das Etikett muss fest angebracht sein. Innerhalb der Lieferkette, d. h. bevor das Produkt zum Endnutzer gelangt, reicht es wie bisher aus, wenn sich die Faserzusammensetzung aus den Handelsdokumenten ergibt. Gleiches gilt bei der Erfüllung öffentlicher Aufträge. Es sollte wie bisher davon ausgegangen werden, dass die Kennzeichnungspflichten die Gleichen sind, egal ob der Endnutzer ein privater oder ein gewerblicher Käufer (z. B. Hotel, das Bettwäsche kauft) ist.

Art. 16 enthält wie bisher die Grundregel, dass beim Fernabsatz sichergestellt sein muss, dass der Verbraucher die Informationen über die Faserzusammensetzung vor dem Kauf erhält. Auch hier ist auf leichte Lesbarkeit, Sichtbarkeit und leichte Erkennbarkeit zu achten. Das Schriftbild muss in Bezug auf Schriftgröße, Stil und Schriftart einheitlich sein. Die Verordnung will, dass der Verbraucher die Information über die Faserzusammensetzung in jedem Fall wahrnimmt. In Werbung und Prospekten ohne Bestellmöglichkeit ist die Kennzeichnung nicht erforderlich, denn hier bekommt der Kunde die Information später, aber noch rechtzeitig - entweder im Laden oder an der Stelle, wo er bestellen kann. Die sog. globale Kennzeichnung besteht ebenfalls fort. Im Anhang sind die Produkte gelistet, bei denen es ausreicht, zB am Regal zu kennzeichnen.

In welcher Sprache ist zu kennzeichnen? (Art. 16 Abs. 3)

Die Fasernamen müssen in der Amtssprache des Mitgliedstaats angegeben werden, in dem der Verbraucher das Produkt erwerben kann. Die Mitgliedstaaten können auch andere Sprachen zulassen.

Zulässige Fasernamen (Art. 5)

Wie bisher sind nur solche Fasernamen zulässig, die in einer Anlage zur Verordnung aufgelistet sind. In Anhang I finden sich insgesamt 48 Fasern. Diese sind aus der Textilkennzeichnungsverordnung bekannt. Was die Bezeichnungen „100 %“, „rein“ und „Schurwolle“ angeht, gibt es keine Änderungen. Die deutschsprachige Fassung von Art. 8 Abs. 2c, in der von einem "intimen Fasergemisch" die Rede ist, ist falsch übersetzt: gemeint ist ein „mechanisch nicht trennbares Gemisch“.

Erzeugnisse, die mehrere unterschiedliche Fasern enthalten (Art. 9 - 11)

Die Gewichtsanteile der enthaltenen Fasern sind in absteigender Reihenfolge anzugeben. Neu: Die Gewichtsanteile der einzelnen Fasern in Prozent sind stets anzugeben. Daraus folgt: Die Angabe „Faser XY 85 % Mindestanteil“ ist nicht mehr zulässig. Ebenso ist es nicht mehr erlaubt, nur die beiden Hauptfasern mit ihrem prozentualen Gewichtsanteil anzugeben und diese Angabe bei den weiteren Fasern wegzulassen. Kleinere Änderungen gibt es bei der Zulässigkeit der Nutzung des Begriffs "sonstige Fasern". Eine Faser, deren Gewichtsanteil bis zu 5 % beträgt, darf als „sonstige Fasern“ bezeichnet werden. Mehrere Fasern, deren Gewichtsanteil zusammen bis zu 15 % beträgt, dürfen ebenfalls als „sonstige Fasern“ bezeichnet werden. Beides gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die tatsächliche Zusammensetzung zum Zeitpunkt der Herstellung schwierig zu bestimmen ist. Da in der Praxis die Zusammensetzung fast immer zu 100 % angegeben wird, wird die Neuregelung nur für wenige Fälle Bedeutung erlangen.

Neu ist auch die Regelung in Art. 9 Abs. 5: hiernach können Fasern, die (noch) nicht im Fasernamen-Katalog aufgeführt sind, als „sonstige Fasern“ bezeichnet werden. Die Vorschrift erlaubt diese Bezeichnung abweichend von der Grundregel auch für den Fall, dass der Gewichtsanteil über 5 % bzw. 15 % liegt. Es ist zu empfehlen, die Bezeichnung "sonstige Fasern" zu verwenden und diese mit einem Zusatz in Klammern zu ergänzen, wenn man noch eine Zusatzinformation zum Ausgangsmaterial der Faser geben möchte. Bislang war es zulässig und vorgeschrieben, sich auf eine Bezeichnung gemäß dem Rohstoff zu beschränken. Das scheint jetzt nicht mehr erlaubt zu sein. Fasern mit dekorativer Wirkung, die nicht mehr als 7 % des Gewichts ausmachen, brauchen nicht angegeben zu werden. Bei antistatischen Fasern liegt dieser Wert bei 2 %. Eine vergleichbare Vorschrift fand sich in § 6 Abs. 2 Textilkennzeichnungsgesetz.

Besteht ein (einheitliches) Textilerzeugnis aus mehreren Komponenten mit unterschiedlichem Fasergehalt, ist für jede der Komponenten die Faserzusammensetzung anzugeben. Von dieser Grundregel kann abgesehen werden, wenn die jeweilige Komponente weniger als 30 % des Gesamtgewichts ausmacht und sie nicht der Hauptfutterstoff ist. Zwei oder mehrere 4 Textilerzeugnisse mit demselben Fasergehalt brauchen nur eine Kennzeichnung, wenn sie nach der Verkehrsanschauung ein einheitliches Ganzes bilden (Beispiel: Socken). 

Was die Toleranzen bei der Faserzusammensetzung betrifft dürfen, wie bisher auch, 2 % Fremdfasern im Produkt sein (5 % bei Herstellung im Streichgarnverfahren und 0,3 % bei Schurwolle). Unverändert ist auch die Festlegung einer maximal zulässigen Abweichung vom angegebenen Mischungsverhältnis. Diese beträgt 3 %.

Besondere Kennzeichnung bestimmter Produkte, insbesondere von Miederwaren (Anlage IV) Wie bisher gibt es eine Reihe von Produkten (z.B. Core-Garne, Teppichböden, Samt, Plüsch und Stickereien), bei denen die Möglichkeit besteht, die Bestandteile einzeln auszuweisen. Auch für Miederwaren gelten weiterhin besondere Kennzeichnungsregelungen. Neu ist eine Präzisierung: Für den Fall, dass bei Büstenhaltern und Korseletts die einzelnen Teile bezeichnet werden, ist das äußere und innere Gewebe der Oberfläche der Schalen anzugeben.

Stand: 04.11.2018