Sparte Handel

Plattform-to-Business Verordnung (P2B-VO)

Zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten

Lesedauer: 5 Minuten

Die Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten gilt ab 12.7.2020 unmittelbar in der gesamten EU.

Das Ziel der P2B-Verordnung ist es durch Fairness- und Transparenzvorschriften ein faires, vorhersehbares, tragfähiges und vertrauenswürdiges Online-Geschäftsumfeld für all jene Unternehmen im Binnenmarkt zu schaffen, die Verbraucher in der EU über Online-Plattformen Waren oder Dienstleistungen anbieten. Mit der P2B-Verordnung wird somit ein transparentes und faires Online-Ökosystem geschaffen. Mithilfe der neuen Regelung sollen gewerbliche Plattformnutzer (z.B. Marktplatzhändler) nicht daran gehindert werden, die Vorteile der Online-Plattformwirtschaft voll auszuschöpfen.

Anwendungsbereich

Die Regeln gelten für alle Anbieter der Online-Vermittlungsdienste, die innerhalb und außerhalb der Union niedergelassen sind und Leistungen an Unternehmer mit Sitz in der EU erbringen, die wiederum Produkte an Verbraucher in der EU verkaufen. 

Bei den Anbietern der Online-Vermittlungsdienste, die unter diese Verordnung fallen, handelt es sich beispielsweise um Online-Marktplätze (wie Amazon oder Ebay) und sonstige Plattformen (wie Hotelbuchungsportale, Immobilienportale und App Stores). Unter dem Begriff Online-Vermittlungsdienste sind auch Preisvergleichsdienste, Online-Suchmaschinen (wie Google) und soziale Medien (wie Facebook), soweit sie eine gewerbliche Nutzung ermöglichen, zu subsumieren. Diese Verordnung gilt nicht für Online-Zahlungsdienste, Werbeinstrumente oder Werbebörsen.

Das Kernstück der P2B-Verordnung

Die Plattform- und Suchmaschinenbetreiber neigen dazu, vorformulierte Allgemein Geschäftsbedingungen zu verwenden und diese einseitig festzulegen. Das neue Regelwerk zielt darauf ab, die unfairen Geschäftspraktiken der Plattformbetreiber – wie etwa unangekündigte AGB-Änderungen, die plötzliche Löschung von Händler-Accounts oder intransparente Rankings– einzudämmen.

Mit der P2B-Verordnung werden die Geschäftsbeziehungen zwischen Plattform- und Suchmaschinenbetreiber (z.B. Amazon, Google) und den gewerblichen Nutzern (z.B. Marktplatzhändler) unionsweit neu geregelt. Bestimmungen in den AGB, die der P2B-Verordnung widersprechen, sind nichtig. Online-Plattformen müssen sicherstellen, dass ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen ...

klar und verständlich formuliert sind

 

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen klar und verständlich formuliert sein. Aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen soll klar erkennbar sein, welche Bedingungen für die Nutzung, Beendigung und Aussetzung von Online-Vermittlungsdiensten gelten, damit auch eine Vorhersehbarkeit in der Geschäftsbeziehung hergestellt werden kann. Eine irreführende Formulierung kann beispielsweise nicht als klar und verständlich betrachtet werden.

jederzeit leicht verfügbar sind

 

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sollen zu jedem Zeitpunkt leicht verfügbar sein, auch während der vorvertraglichen Phase bzw. vor Vertragsabschluss.

Den gewerblichen Nutzern dürfen keine rückwirkenden Änderungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auferlegt werden. Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen betroffene gewerbliche Nutzer auf einem dauerhaften Datenträger innerhalb von mindestens 15 Tage informiert werden. Die gewerblichen Nutzer sollten das Recht haben, ihren Vertrag innerhalb von 15 Tagen nach Erhalt der Mitteilung über eine Änderung zu kündigen.

Die Frist gilt nicht, wenn der Plattform- oder Suchmaschinenbetreiber gesetzlich oder behördlich verpflichtet ist, die Änderungen ohne Einhaltung der Frist umzusetzen. Die Frist gilt auch dann nicht, wenn redaktionelle Veränderungen durchgeführt werden. 

die Gründe für die Aussetzung, Einschränkung oder Vertragsbeendigung enthalten

 

Ein Plattform- und Suchmaschinenbetreiber kann aus legitimen Gründen beschließen, seine Dienste für einen bestimmten Nutzer einzuschränken, auszusetzen oder zu beenden. In diesen Fällen muss der Plattform- und Suchmaschinenbetreiber dem gewerblichen Nutzer (z.B. Marktplatzhändler) - mit dem Wirksamwerden der Einschränkung oder Aussetzung - auf einem dauerhaften Datenträger eine Begründung übermitteln. Zudem sind die Beendigungsmodalitäten in den AGB anzuführen.

Wenn der Plattform- und Suchmaschinenbetreiber beschließt, den Geschäftskunden zu kündigen, so ist die Begründung mit konkreten Tatsachen und Umständen auf einem dauerhaften Datenträger mindestens 30 Tage vorher zu übermitteln. Nicht gelten sollte diese Frist jedoch dann, wenn der Plattform- und Suchmaschinenbetreiber gesetzlich oder durch behördliche Anordnung verpflichtet ist, den Geschäftskunden zu kündigen oder der Geschäftskunde wiederholt gegen die Geschäftsbedingungen verstoßen hat.

Die gewerblichen Nutzer sollen die Möglichkeit haben, über ein internes Beschwerdeverfahren die Einschränkung, Aussetzung oder Beendigung anzufechten.

eine Information über zusätzliche Vertriebskanäle/Partnerprogramme enthalten

 

Die Plattform- und Suchmaschinenbetreiber müssen sicherstellen, dass ihren gewerblichen Nutzern ausreichend klar ist, wo und an wen ihre Waren oder Dienstleistungen vermarket werden. Die Geschäftsbedingungen müssen daher eine Information über die Vertriebskanäle und etwaige Partnerprogramme enthalten.

Information zu den Auswirkungen der AGB auf Immaterialgüterrechte

 

Online-Vermittlungsdienste haben darüber zu informieren, welche Auswirkungen die AGB auf die Rechte des geistigen Eigentums der Marktplatzhändler haben.

Darüber hinaus müssen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende Informationen enthalten:

Ranking

Plattform- und Suchmaschinenbetreiber müssen künftig die Hauptparameter für das Ranking in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen darlegen. Zudem müssen sie die Gründe für die relative Gewichtung dieser Hauptparameter gegenüber anderen Parametern darstellen und eine Erläuterung anführen, wie gewerbliche Nutzer ihr Ranking gegen Leistung eines Entgelts aktiv beeinflussen können. Mit dieser Transparenzverpflichtung werden gewerbliche Nutzer (z.B. Marktplatzhändler) die Funktionsweise des Ranking-Mechanismus besser verstehen und die Ranking-Praktiken verschiedener Anbieter vergleichen können. Zu beachten ist, dass Plattform- und Suchmaschinenbetreiber nicht dazu verpflichtet sind, die detaillierte Funktionsweise ihrer Rankingmethoden – einschließlich der Algorithmen – offenzulegen.


Hinweis:
Mit dieser speziellen Transparenzvorschrift ist kein Verbot der Selbstbevorzugung abzuleiten, wenn Marktplatzbetreiber über ihren Marktplatz ihre eigenen Produkte verkaufen und dabei ihre Produkte besser rangieren. 

Nebenwaren und Dienstleistungen

Plattform- und Suchmaschinenbetreiber, die Verbrauchern Nebenwaren und Dienstleistungen (z.B. Reparaturdienste, Versicherung) anbieten, sollten in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Beschreibung der angebotenen Nebenwaren und –dienstleistungen aufnehmen. Eine solche Beschreibung soll den gewerblichen Nutzern helfen, zu verstehen, welche Nebenwaren- oder dienstleistungen zusätzlich zu seinem Produkt verkauft werden und unter welchen Bedingungen er selbst diese Nebenleistungen erbringen kann.


Hinweis:
Zu beachten ist, dass aus dieser Transparenzvorschrift nicht abzuleiten ist, dass der Plattform- und Suchmaschinenbetreiber dazu verpflichtet ist, den gewerblichen Nutzern das Recht einzuräumen, ebenfalls Nebenwaren und –dienstleistungen anzubieten.

Differenzierte Behandlung (Verkauf eigener Produkte auf Plattformen)

Wenn ein Plattformbetreiber seine konzerneigenen Dienste oder Produkte (z.B. selbst als Händler tätig) anders (besser) behandelt als die des gewerblichen Nutzers, so muss jede differenzierte Behandlung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen anhand der wichtigsten wirtschaftlichen, geschäftlichen und rechtlichen Erwägungen beschrieben werden.


Hinweis:
Aus dieser Transparenzvorschrift ist eine Pflicht zur Gleichbehandlung nicht abzuleiten.

Zugang zu Daten

Bei der Nutzung der Plattform durch gewerbliche Nutzer werden Daten generiert. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen daher darlegen, auf welche persönliche oder andere Daten die gewerblichen Nutzer ein Zugriff- und Nutzungsrecht haben. Zudem muss erläutert werden, ob die Daten für kommerzielle Zwecke an Dritte weitergegeben werden. Weiters haben die AGB zu enthalten, dass gewerbliche Nutzer die Weitergabe dieser Daten an Dritte ablehnen können. Damit wird ein Einblick in die „Datenpolitik“ der betreffenden Plattformen ermöglicht, die keine Data-Sharing-Pflicht impliziert.

Paritätsklausel

Wenn ein gewerblicher Nutzer durch die AGB eines Plattformbetreibers eingeschränkt ist, sein Produkt oder Leistung anderswo zu besseren Bedingungen anzubieten, so muss der Plattformbetreiber die Gründe für die Einschränkung erläutern.


Hinweis:
Zu beachten ist, dass der Plattformbetreiber weiterhin in den AGB Einschränkungen festlegen kann.

Beschwerdemanagementsysteme und Mediatoren

Die Plattformbetreiber haben ein internes Beschwerdemanagementsystem einzurichten, mit dem Ziel, dass Beschwerden in einem angemessenen Zeitraum bilateral zwischen den Plattformbetreibern und den betroffenen gewerblichen Nutzern beigelegt werden. Dies bietet die Möglichkeit, Streitigkeiten zufriedenstellend beizulegen, ohne ein Gerichtsverfahren anstrengen zu müssen, das langwierig und kostspielig sein kann. Das System muss für die Nutzer leicht zugänglich und kostenlos sein. Zudem haben die Plattformbetreiber zwei oder mehr Mediatoren anzugeben, mit denen sie bereit sind zusammenzuarbeiten. Kleine Plattformbetreiber mit weniger als 50 Mitarbeiter und weniger als EUR 10 Jahresumsatz sind nicht verpflichtet, ein internes Beschwerdemanagementsystem einzurichten.

Verbandsklage

In vielen Fällen werden von gewerblichen Nutzern aus unterschiedlichen Gründen – fehlende finanzielle Mittel, Angst vor Vergeltung, Gerichtsstand – keine gerichtlichen Schritte eingeleitet. Nach der P2B-Verordnung können Organisationen oder Verbände, die gewerbliche Nutzer vertreten, nationale Gerichte anrufen.

Stand: 11.02.2020