Sparte Industrie

Verpflichtender Bahntransport von Abfällen

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 2 Minuten

04.08.2023

Die heuer in Kraft getretene Verpflichtung, Abfälle auf der Schiene zu transportieren, ist problematisch. Rechtliche Schritte sind in Vorbereitung.

Mit der Novelle 2021 des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) wurde erstmals ein Transportgut verpflichtend auf die Bahn gelenkt. Seit 1. Jänner 2023 müssen Abfälle mit einem Gesamtgewicht von mehr als 10 Tonnen - schrittweise ab einer Distanz von 300 (2023), 200 (2024) und schließlich 100 Kilometer (2026) – auf der Schiene transportiert werden, sofern die entsprechenden Kapazitäten von der Bahn bereitgestellt werden (§§15 Abs. 9 und 69 Abs. 10 AWG 2002).

Das stellt de facto ein LKW-Transportverbot dar, sofern ein Schienenverkehrsunternehmen auf der für die Abwicklung eingerichteten digitalen Plattform ein – unter Umständen auch teureres - Angebot stellt. Problematisch ist abgesehen davon auch, dass just-in-time Lieferungen nicht mehr möglich sind, weil anfragende Unternehmen zwei Werktage auf eine Antwort der Plattform warten müssen.

Von der digitalen Plattform gab es in den ersten Monaten dieses Jahres durchwegs Absagen auf die Transportanfragen, dies hat sich jedoch mittlerweile geändert: Für Siedlungsabfall und Altholz liegen bereits mehrere Angebote vor, die preislich etwa doppelt so hoch wie der LKW-Transport liegen. Bei Altholz gab es angeblich eine Zusage für die Durchführung wiederkehrender Transporte über ein Jahr, welche für das anfragende Unternehmen Mehrkosten i.H.v. 2,7 Mio. Euro (mehr als das doppelte des LKW-Transportpreises) bedeutet hätte. Konsequenz: Im konkreten Fall verhindert diese AWG-Bestimmung das Recycling, statt Altholz/Sekundärmaterial wird nun Primärmaterial in der Produktion verwendet.

Ein im vergangenen Jahr beauftragtes Rechtsgutachten, an dessen Finanzierung sich die Bundessparte Industrie beteiligt hat, belegt, dass die gegenständliche AWG-Regelung aus verfassungs- und EU-rechtlicher Sicht bedenklich ist. Im Herbst 2022 fand eine Pressekonferenz zu dem Thema samt Präsentation der Ergebnisse des Rechtsgutachtens statt, außerdem gab es einen – ergebnislosen - Besprechungstermin im BMK.

Über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen erkennt der VfGH, dieser kann mit dem Rechtsmittel des Individualantrags auf Normenkontrollen angerufen werden. Eine solche Normenkontrolle müsste von einem durch die Bestimmung in seinen Rechten verletzten Unternehmen angestrengt werden. Es haben sich nun zwei Unternehmen gefunden, die einen solchen Antrag einbringen wollen. Die Schriftsätze sind in Vorbereitung und sollen demnächst eingebracht werden.

Parallel dazu wurde nun auch das BMAW um Unterstützung in der Sache ersucht, hier ein Auszug aus dem Schreiben an Herrn Bundesminister Kocher: „Die Verpflichtung zum Bahntransport führt zu einem Wettbewerbsnachteil für die österreichische Kreislaufwirtschaft, indem Verwerter im nahen Ausland den oben skizzierten Kostennachteil nicht haben. Wertvolle Ressourcen bleiben nicht mehr im Land, sondern nehmen den Weg Richtung angrenzender Länder. Die Regelungen über den verpflichtenden Bahntransport sind für das Recycling und die Kreislaufwirtschaft kontraproduktiv, wenn aus Kostengründen wieder verstärkt Primärrohstoffe eingesetzt werden müssen.“

Über die weiteren Entwicklungen in dieser Angelegenheit halten wir Sie am Laufenden.

Autor:
Mag. Gerfried Habenicht
E-Mail: gerfried.habenicht@wko.at