Buch- und Medienwirtschaft, Fachverband

Das Bestimmungslandprinzip in der Umsatzsteuer

Information für die Buch- und Medienwirtschaft

Lesedauer: 11 Minuten

22.09.2023

Ab 2021 erfolgt für den Versandhandel innerhalb der EU eine grundlegende Umstellung auf das Bestimmungslandprinzip.

Ab 1. Juli 2021 wird die Lieferschwelle abgeschafft, damit sind ab diesem Zeitpunkt innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze grundsätzlich im Bestimmungsland zu versteuern. Die in anderen EU-Mitgliedstaaten zu entrichtende Umsatzsteuer auf innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze kann über den EU-One-Stop Shop (EU-OSS) in nur einem EU-Mitgliedstaat erklärt werden.

Für Umsätze von Kleinstunternehmern (zum Begriff des Kleinstunternehmers s.u.) besteht dazu ab 1. Juli 2021 eine Vereinfachung, nach der die Besteuerung von innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätzen im Ansässigkeitsstaat, d.h. im Staat aus dem versendet wird, erfolgt. Voraussetzung ist, dass die Unternehmerin/der Unternehmer über keine Betriebsstätte in einem anderen EU-Mitgliedstaat verfügt und in anderen EU-Mitgliedstaaten innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze und Dienstleistungen von insgesamt maximal 10.000 Euro tätigt. Auf die Anwendung dieser Vereinfachungsregelung kann verzichtet werden – es müssen dann aber Meldungen an die jeweiligen Finanzbehörden der Bestimmungsländer direkt gemacht und die fällige Umsatzsteuer in den jeweiligen Bestimmungsländern einzeln abgeführt werden.

Ermittlung des Umsatzsteuersatzes in einzelnen EU-Ländern über das Access2Markets Portal:

Steuerrechtliche Fragen zum innergemeinschaftlichen Versandhandel ab 1.7.2021 

Werden Waren an Konsumenten oder an sogenannte Schwellenerwerber (z.B. umsatzsteuerbefreite Kleinunternehmer, Ärzte, Dentisten, etc.) in anderen Mitgliedsstaaten der EU verkauft, sind diese Umsätze bis zum 30.06.2021 grundsätzlich dort der Umsatzsteuer zu unterwerfen, wo die Versendung oder Beförderung beginnt. Damit es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen und insbesondere zu keiner Steuerungerechtigkeit unter den Mitgliedsstaaten der EU kommt, sieht die Versandhandelsregelung vor, dass diese Lieferungen ab einem gewissen Lieferumfang im Bestimmungsland umsatzsteuerpflichtig werden und eine steuerliche Registrierung in diesen Ländern erforderlich ist. Die Lieferschwelle betrug bis zum 30.06.2021 in den meisten Ländern 35.000 EUR, einige hatten jedoch auch höhere Schwellen, wie beispielsweise Deutschland iHv. 100.000 EUR.

Diese Lieferschwellen werden EU-weit am 1.7.2021 abgeschafft.

Mit Abschaffung der Lieferschwelle hat die Umsatzbesteuerung bei Versandhandelslieferungen an Konsumenten und Schwellenerwerber in der EU ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich im Bestimmungsland zu erfolgen. Die steuerrechtliche Regel sieht vor, dass die Besteuerung dort stattfindet, wo die Beförderung endet. Ausnahmen gibt es nur für Unternehmer, die solche Geschäfte nur in geringem Ausmaß durchführen.  

Als Versandhandelsumsätze werden jene Umsätze bezeichnet, die ein Unternehmer an Konsumenten und Schwellenerwerber ohne UID Nummer (umsatzsteuerbefreite Kleinunternehmer, Ärzte, Dentisten, etc.) ausführt. Dabei werden die Waren von einem Mitgliedsstaat in einen anderen versendet oder befördert.

Lediglich bei Kleinstunternehmern mit Versandhandelsumsätzen von bis zu 10.000 EUR pro Jahr ist weiterhin eine Besteuerung in dem Land vorgesehen, wo die Versendung oder Beförderung beginnt. Der Begriff des Kleinstunternehmers bezieht sich also ausschließlich auf die Umsätze, die mit Endkunden im EU-Ausland getätigt werden, die Höhe der anderen Umsätze (z.B. mit Endkunden im Inland oder auch mit Geschäftskunden im EU-Ausland) können also durchaus sehr hoch sein.

Die Umsatzgrenze berechnet sich aus dem Gesamtbetrag der innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze ins übrige Gemeinschaftsgebiet zuzüglich der innergemeinschaftlichen Umsätze für elektronisch erbrachte Dienstleistungen, Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen an Private. Im Buchhandel sind hierbei vor allem diejenigen Umsätze zu nennen, die mit Ebooks und Hörbuch-Downloads erzielt werden. Umsätze im Drittland (z.B. Schweiz) sind nicht einzuberechnen.

Ja. Für Kleinstunternehmer gilt die Neuregelung nur, wenn sich diese für deren Anwendung entscheiden, ansonsten besteht weiterhin die Besteuerung im Ursprungsland.

Die Kleinstunternehmerregelung gilt für Unternehmer, die ihr Unternehmen in einem Mitgliedstaat betreiben und außerhalb dieses Mitgliedstaats keine Betriebsstätte haben
Waren in einen anderen Mitgliedstaat liefern und die maßgebliche Umsatzgrenze für bestimmte Lieferungen und sonstige Leistungen von 10.000 EUR nicht überschreiten.
Der Unternehmer kann auf die Umsatzgrenze verzichten und sich somit schon ab dem ersten Umsatz für die Besteuerung im Bestimmungsland entscheiden. Diese Entscheidung bindet ihn für 2 Kalenderjahre.

Bei Überschreiten der Umsatzgrenze kommt es ab dem Umsatz, mit dem die Grenze von 10.000 EUR überschritten wird, zu einer Steuerpflicht im Bestimmungsland. Die Rechnungen sind ab diesem Umsatz mit dem Steuersatz des jeweiligen Bestimmungslandes auszustellen, die Umsatzsteuer ist im Bestimmungsland zu deklarieren und dort abzuführen. 

Nein, die neue Regelung betrifft nur innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze an Private und Schwellenerwerber (B2C). Die Regelungen für innergemeinschaftliche Lieferungen an Unternehmer (mit UID-Nr.) bleiben aufrecht.

Diese Unternehmer sind Schwellenerwerber und werden wie Private behandelt.  Entscheidend ist, ob der erwerbende Unternehmer mit oder ohne UID-Nummer auftritt. 

Nein, die Versandhandelsregelung gilt nur für die Mitgliedsstaaten der EU. 

Auch Kleinunternehmer müssen prüfen, ob die Versandhandels-Regelung für sie zur Anwendung kommt.

Die Steuerfreiheit des Kleinunternehmers kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Umsatz in Österreich ausgeführt wird. Beim innergemeinschaftlichen Versandhandel verlagert sich der Lieferort ab 1.7.2021 bei Überschreiten der Grenze von 10.000 EUR in das Bestimmungsland. Der Umsatz ist dann nicht in Österreich steuerbar. Da sich die Steuerfreiheit des Kleinunternehmers nur auf österreichische Umsätze erstreckt, muss dem Kunden die Umsatzsteuer des Bestimmungslandes verrechnet und die Umsatzsteuer entweder über EU-OSS oder mittels Registrierung erklärt und abgeführt werden.

Die Umsatzsteuer ist grundsätzlich eine Selbstbemessungsabgabe und ist daher selbst zu berechnen. Für die Steuererklärung über EU-OSS sind geeignete Aufzeichnungen bezüglich der Umsätze in den EU-Ländern zu führen und in Summe je Land über Finanz-Online (EU-OSS) zu melden. Unternehmer, die am EU-OSS-System teilnehmen, sind verpflichtet diese Aufzeichnungen den Steuerbehörden der Bestimmungsländer auf Verlangen elektronisch zur Verfügung zu stellen.  

Ja, die Teilnahme am EU-OSS ist optional, alternativ kann sich der Unternehmer auch in den Ländern zur Umsatzsteuer registrieren, in denen er Umsätze aus Versandhandelslieferungen bewirkt. Es gilt lokales Recht, der Unternehmer hat sich über die entsprechenden Pflichten zur Abgabe der Steuererklärung bzw. Zahlung der Umsatzsteuer zu informieren bzw. einen Fiskalvertreter zu beauftragen.

Nein, am System der Vorsteuerrückerstattung ändert sich nichts. Über EU-OSS sind lediglich die Umsätze zu erklären. 

Über Finanzonline (EU-OSS) können folgende Umsätze gemeldet werden:
Dienstleistungen, für die sich der Leistungsort in ein anderes EU-Land verlagert (z.B. elektronisch erbrachte Dienstleistungen wie Ebooks und Hörbuchdownloads und Telekommunikations-Dienstleistungen an Nichtunternehmer, Beförderung von Privatpersonen im Ausland, etc.)
Innergemeinschaftliche Warenlieferungen an Privatpersonen aus Österreich
Innergemeinschaftliche Warenlieferungen an Privatpersonen aus anderen EU-Ländern

Innerstaatliche Umsätze (Lieferungen aus einem österreichischen Lager an Private in Österreich, Lieferungen eines österr. Unternehmens mit Lager und umsatzsteuerlicher Registrierung in Deutschland an Kunden in Deutschland). Der neuen Versandhandelsregelung unterliegen nur innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze an Private (B2C).

Die Steuerschuld (Pflicht zur Deklaration und zur Entrichtung) entsteht mit der Lieferung bzw. Leistung und ist unabhängig von der Vereinbarung und auch von der Vereinnahmung der Entgelte. Vor allem für Ist-Versteuerer bedeutet dies eine Abweichung zu ihrem sonstigen Besteuerungs-Schema. Aber auch für Soll-Versteuerer kann dies zu Abweichungen führen. 

Entgeltminderungen (z.B. durch nachträglich gewährte Rabatte, Skonti oder wegen Uneinbringlichkeit) können als Korrekturmeldung bis zu drei Jahre nach erbrachter Lieferung oder Leistung im EU-OSS gemeldet und von der für die jeweiligen Bestimmungsländer zu erbringenden Steuerschuld abgezogen werden. Solche Negativ-Meldungen sind immer bestimmungslandspezifisch durchzuführen. Ergibt sich durch solche Negativ-Meldungen ein negativer Saldo, ist dieser Betrag nicht über das EU-OSS-Schema als Guthaben rückverrechenbar. Das EU-OSS-System ist „pay only“. Die entsprechenden Guthaben können nur über die jeweiligen Finanzbehörden der Bestimmungsländer direkt geltend gemacht und zurückgefordert werden, hierbei gelten die Regelungen des jeweiligen nationalen Steuerrechts.
 

Es ist jener Steuersatz des Bestimmungslandes anzuwenden, der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Kunden Gültigkeit hatte. >Dazu die Übersicht über Produkte des Buchhandels.

Darüber hinaus gibt es eine Datenbank der Kommission, um die Steuersätze in der EU abzufragen. lFalls Zweifel bestehen, können die Außenwirtschafts Center der WKO kontaktiert werden.

Nein, es sind die allgemeinen Bestimmungen bezüglich Rechnungsmerkmale anzuwenden.

Nein. Eine Registrierung in jedem Land, in dem Private beliefert werden, ist nur dann notwendig, wenn sich der Unternehmer gegen eine Registrierung auf EU-OSS entscheidet. 

Nein, es müssen geeignete Aufzeichnungen geführt werden, die eine Beurteilung der Steuerpflicht je Bestimmungsland zulassen. Es empfiehlt sich, alle Umsätze pro Land aufzuzeichnen. Wichtig ist dabei auch, von welchem Land aus die Waren versendet werden, falls das Unternehmen Warenlager in anderen Ländern unterhält.

Das Bundesministerium für Finanzen hat eine Testumgebung eingerichtet, auf der der Unternehmer die Oberfläche von EU-OSS testen kann. 

Ab 1.7.2021 gilt das Bestimmungslandprinzip, das bedeutet, dass der Steuersatz des Landes anzuwenden ist, in das die Waren an Private verschickt werden.

Die Steuererklärungen sind quartalsweise über EU-OSS am letzten Tag des auf das Quartal folgenden Monats einzureichen. Die Steuerschuld ist ebenfalls bis zu diesem Tag an das österreichische Finanzamt zu überwiesen.

Die Steuererklärung ist auch dann einzureichen, wenn keine Umsätze erzielt werden (Nullmeldung). Versäumte EU-OSS-Steuererklärungen können zum Ausschluss vom EU-OSS-Schema führen, in diesem Fall wird dem Unternehmen eine zweijährige Sperrfrist für das EU-OSS-Schema auferlegt. Tätigt das Unternehmen innerhalb dieser Sperrfrist Versandhandelsumsätze, muss die Umsatzsteuer aus diesen Umsätzen dann zwingend in den Bestimmungsländern direkt deklariert und abgeführt werden, der Unternehmer muss sich also selbst in allen von ihm bedienten Bestimmungsländern steuerlich registrieren. 

Die Aufbewahrungsfrist beträgt 10 Jahre (Beispiel: im Jahr 2031 müssen die Unterlagen von 2021-2030 vorhanden sein).