Glänzende Kunst aus Meisterhand
Diamantschleifmeister Gerd Märker aus Idar-Oberstein (Deutschland) zeigte im WIFI Kärnten live, wie aus unscheinbaren Rohdiamanten funkelnde Brillanten entstehen und warum Clarity und Cut entscheidend für die Qualität sind.
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In ihm bricht das Sonnenlicht in hundert zarten Facetten, er lässt Frauenherzen höherschlagen und in Expertenkreisen zählt sein Schliff zur Königsdiziplin. Bevor es zum fertigen Brillanten kommt, sind aber eine Portion Diamantenstaub, Präzision und pure Power gefragt: So zu sehen bei der Live-Vorführung von Gerd Märker, Diamantschleifmeister aus Idar-Oberstein (Deutschland), der knapp 60 Unternehmer:innen des Gremium Juwelen-, Uhren-, Kunst-, Antiquitäten- und Briefmarkenhandel und der Innung der Kunsthandwerke ins WIFI Kärnten lockte. Dabei traf modernste Technik auf echtes Handwerk und das versetzte selbst die erfahrensten Fachleute in echtes Staunen. "Die Entstehung eines Brillanten habe selbst ich noch nie gesehen", lässt Gremialobmann KommR Max Habenicht bei den Begrüßungsworten wissen, der die Gunst der Stunde nutzte, um auf die Aktualität von Geldwäsche-Kontrollen und die alle zwei Jahre anstehende Waagenkontrolle zu erinnern.
Das Feuer der Diamanten
"Das Ziel eines Diamantschleifers ist es, die totale Reflexion des Lichts zu erlangen. Das Aufspalten des weißen Lichts in seine Facetten führt zur perfekten Brillianz", erklärt Märker, der mit seinem Handwerk zu den acht letzten in Deutschland tätigen Schleifern zählt. Schaut man sich die wunderschönen und edlen Gesteine an, die der Meisterschleifer mitgebracht und vor der Bühne auf seinem "Diamantschleifer" drapiert hat, wird klar, warum Expert:innen dabei vom "Feuer der Diamanten" sprechen.
Rares Handwerk und jahrelange Geduld
Das rare Vorkommen echter Rohdiamanten, die erschöpften Mienen, perfekte Imitate sowie die intensive Ausbildung, lassen den Beruf jedoch allmählich aussterben. "Ich bin seit 35 Jahren selbstständig und habe 25 Jahre gebraucht, um jemand zu finden, der das präzise Handwerk beherrscht", erklärt Märker, der auch als Sachverständiger tätig ist. Ein Lehrling darf in den ersten sechs Monaten nur einen Schliff ausüben, nämlich die vier Flächen zu einer perfekten Spitze schleifen. Mit welchem Stein geübt wird? "Immer mit Rohdiamanten, es gibt keine Ausnahme. Jedes andere Gestein ist weicher als der Diamant selbst und kann beim Schleifen nicht verglichen werden." Dem härtesten Material der Welt kann man nur mit dem härtesten beikommen. Das Sägeblatt selbst ist mit Diamanten besetzt - Industriesteine, die nicht zu Schmuckzwecken geeignet sind. Erst nach und nach wird das Handwerk neuer Schliffarten erlernt. Passiert dabei ein Fehler, heißt es ganz klar: Zurück auf Los, zurück zum Grundschliff. So lernen die jungen Schleifer:innen, was es bedeutet, den Erwartungen der Kund:innen gerecht zu werden.
Innovation trifft auf Fingerspitzengefühl
Modernste Technik wie 3D-Laserscanner und Farbmessgeräte perfektionieren heute die Technik. Bevor der wertvolle Rohstoff bearbeitet wird, wird dieser gescannt. Das Gerät ermittelt millimetergenau verschiedene Varianten, den Stein zu bearbeiten und errechnet den optimalen Schliff mit dem höchsten Wert. Der Stein, der circa 200 Kilometer tief unter der Erde entstanden ist, ist der einzige Stein, für den es weltweit gültige Regelwerke gibt, die dessen Wert bestimmen. "Seit 2009 ist nur mehr eine Unrundheit von maximal 0,9 Prozent erlaubt, um den besten Gütegrad ‚Exzellent‘ zu erhalten", erklärt Märker den Einsatz von Technologie. "Ich muss mich rechtfertigen, warum ich mit meinen Händen nicht 1:1 den Schliff hinbekommen habe, den das Gerät prognostiziert hat. Das schreckt ab und setzt viele unter Druck."
Fester Griff, zarte Bewegungen, vollkommene Ruhe
Ein fester Handgriff, höchste Konzentration und weiche Handbewegungen, die den eingespannten Stein über die sich drehende Schleifplatte gleiten lassen: So sitzt der Meister bei seinem "Diamantschleifer" und rundherum die Teilnehmenden, die ihre Köpfe interessiert über Märker zusammenstreckten. "Carat, Clarity und Colour sind die wichtigsten Kriterien für einen Brillanten", erklärt er, mit Präzision in jedem Handgriff. Der Stein sollte so rein, schwer und weiß wie nur möglich sein - D-, E- und F-Diamanten sind laut Skala "colourless" und das Non-plus-Ultra. Wie lange der Schleifmeister an einem Brillanten arbeitet? "Das kommt ganz auf den Stein und Schliff an. Aber als Grundwert nimmt man pro Karat einen Tag Arbeit", erklärt Märker, der beim Schleifen maximale Konzentration braucht. "Früher hatten wir sogar eine Glocke für unsere Kinder zum Betreten der Schleifwerkstatt, damit sich keiner erschreckt und der Schliff danebengeht", schmunzelt er.
Von Lab-grown bis zum "Blutdiamanten"
Erschreckend sind aber laut Märker die zunehmende Konkurrenz im Ausland und die synthetischen Imitate, die hauptsächlich die junge Generation zum Kaufen anregen sollte und mit Influencer-Marketing und nachhaltigen Diamanten wirbt. Dies mache es heimischen Schleifern schwer und haben den Preis für natürliche Steine in den letzten Jahrzehnten in den Keller rasseln lassen. Neben dem Zirkonia, als gängigstes Imitat, sind mit Hochdrucktemperatur in chinesischen Maschinen hergestellte Diamanten aktuell im Vormarsch. "Pro Tag können solche Maschinen 50.000 Karat, das sind 10 Kilo Labordiamanten, sogenannte Lab-grown-Diamanten hergestellt werden", sagt der Experte. Dass diese Steine nicht nachhaltiger sind als natürliche Diamanten, erklärt sich bei einem CO2-Ausstoß von 511 Kilogramm somit von selbst. Auch wenn noch immer der Nachhaltigkeitsaspekt gegenüber den "Blutdiamanten" verfolgt wird. "Seit vielen Jahren sind 99,9 Prozent der natürlich vorkommenden Steine aus allen Ländern - außer Russland - konfliktfrei", räumt der Experte mit einem der vielen Mythen auf.
Zukunftsprognose für den König der Steine
Auch wenn Imitate immer realistischer erstellt werden und ähnliche Merkmale aufweisen wie ein echter Brillant, so gelingt es einem Profi in weniger als einer Minute einen echten Brillanten von einem Imitat zu unterscheiden. "Die natürlichen Ressourcen werden nach und nach ausgeschöpft sein und so werden dem seltenen Stein auch wieder mehr Wert zugesprochen", stellt der Experte klar und sprach den Anwesenden weiterhin Mut zu, deren Kund:innen Brillanten als Wertanlage zu empfehlen. Die Prognose besagt, dass in den nächsten zehn Jahren die Lab-grown Steine aufgrund fehlender Nachhaltigkeit abnehmen werden. "Für einen erfolgreichen Diamantenkauf kann ich Ihnen nahelegen, Diamanten im Brillantschliff von exzellenter Schliffqualität zu wählen, deren Größe nicht unter 0,25 Karat liegen und über ein International renommiertes Zertifikat verfügen sollten", gibt Märker Ausblick in die Zukunft des Brillanten.
Ein glänzender Ausblick also. Und das Ergebnis: Begeisterung, funkelnde Oberflächen und jede Menge Gesprächsstoff beim ausklingenden Netzwerken im gut gefüllten Saal.
Foto: Peter Just