Pflichtpraktikum im Handel
Pflichtpraktikant:innen im Handel unterliegen den Bestimmungen des Kollektivvertrages für die Angestellten und Lehrlinge im Handel
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Begriff der Pflichtpraktikant:in
Pflichtpraktikant:innen sind Schüler:innen, die auf Grund schulrechtlicher Vorschriften ein Pflichtpraktikum einer berufsbildenden mittleren oder in einer berufsbildenden höheren Schule absolvieren. Zu den schulrechtlichen Vorschriften gehören auch die Lehrpläne.
Diese sehen vor, dass Schüler:innen dieser Schulen (z.B. Handelsakademien, Handelsschulen bzw. Aufbaulehrgänge an Handelsakademie, etc.) während der schulischen Ausbildung in der unterrichtsfreien Zeit ein Pflichtpraktikum in einem Unternehmen oder in einer Organisation zu absolvieren haben, das als Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist.
Der Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Frauen zur Durchführung von Pflichtpraktika vom 15. Jänner 2015, der Anhang 9 des Kollektivvertrages ist, besagt, dass
- das Pflichtpraktikum in Rahmen eines Arbeitsverhältnisses abzuwickeln ist, aber auch, dass
- das Pflichtpraktikum facheinschlägig zu sein hat, wobei Tätigkeiten im Handelsbereich durchwegs als facheinschlägig anzusehen sind, und dass
- das Pflichtpraktikum tunlichst in den Hauptferien abgelegt werden soll.
Dies führt dazu, dass Handelsunternehmen Ferialpraktikant:innen als Angestellte beschäftigen bzw. auch nur als solche beschäftigen dürfen.
Dienstzettel für Pflichtpraktikant:innen
Nach den gesetzlichen Bestimmungen besteht, wenn das, dem Pflichtpraktikum zugrundeliegende Dienstverhältnis höchstens ein Monat beträgt, keine Verpflichtung einen Dienstzettel auszuhändigen. Der Kollektivvertrag allerdings sieht anders vor.
Demnach hat der Arbeitgeber in jedem Fall der Pflichtpraktikant:in spätestens bei Antritt des Pflichtpraktikums eine Vereinbarung, also letztendlich eine schriftliche Unterlage auszuhändigen, in der der Beginn und das Ende des Praktikums genannt, aber auch der Inhalt des Praktikums beschrieben sind.
Der Inhalt des Praktikums wird dadurch umschrieben, in dem festgehalten wird, in welcher Abteilung bzw. in welchen Abteilungen die Praktikant:in tätig zu sein hat, und was dort von ihr zu tun ist.
Dabei ist vom Unternehmen zu beachten, dass das Praktikum der Ergänzung und Vertiefung der in den Unterrichtsgegenständen erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten dient. Die Schüler:in soll mit dem Pflichtpraktikum vor allem Erfahrungen sammeln, die helfen, die Unterrichtsinhalte besser zu verstehen, und die auch bei späteren Bewerbungen von Vorteil sind.
Entlohnung von Pflichtpraktikant:innen
Die mit dem Pflichtpraktikum einhergehenden Abweichungen von der Beschäftigung dauerhaft im Unternehmen angestellter Mitarbeiter:innen berücksichtigt der Kollektivvertrag dadurch, dass er die Entlohnung der Pflichtpraktikant:in eigenständig regelt.
Er sieht vor, dass die monatliche Vergütung der Pflichtpraktikant:in bei einer Normalarbeitszeit von 38,5 Wochenstunden
- bei dem ersten Praktikum mindestens des Lehrlingseinkommens des 1. Lehrjahres,
- bei dem zweiten Praktikum hingegen mindestens des Lehrlingseinkommens des 2. Lehrjahres
zu entsprechen hat.
Höchstzulässige Dauer des Dienstverhältnisses
Für Schüler:innen an einer Handelsakademie hat das Pflichtpraktikum 300 Arbeitsstunden im Ausmaß von je 60 Minuten zu umfassen. Das Pflichtpraktikum für Schüler:innen einer Handelsschule bzw. eines Aufbaulehrganges an Handelsakademien hat jeweils 150 Arbeitsstunden, und zwar ebenfalls im Ausmaß von je 60 Minuten zu umfassen.
Handelsschule:
Damit wird das für eine Handelsschule bzw. für einen Aufbaulehrgang an Handelsakademien vorgesehene Praktikum bereits dadurch absolviert, in dem die Schüler:in ein vollzeitbeschäftigtes Dienstverhältnis für die Dauer von nur 4 Wochen (= 38,5 Stunden pro Woche x 4 Wochen = 154 Stunden) eingeht. Eine längere Vollzeitbeschäftigung, also etwa eine von einem Monat ist für die Erfüllung der schulrechtlichen Voraussetzungen nicht erforderlich.
Obwohl das Pflichtpraktikum nach den schulrechtlichen Vorschriften bei Bedarf in mehrere Tranchen von zumindest einwöchiger Dauer gegliedert werden kann, wird es in der Praxis bei Vollzeitbeschäftigung wohl durchgehend 4 Wochen dauern. Dabei handelt es sich um ein erstes Praktikum, für das ein Bezug auf der Grundlage des Lehrlingseinkommens für das 1. Lehrjahr als Entlohnung vorgesehen ist.
Beispiel:
Der Schüler Gerber ist vom 1. Juli 2015 bis zum 28. Juli 2025 in einem Dienstverhältnis im Handelsunternehmen supertrade GmbH. Er erhält für diese 4 Wochen Dienstverhältnis € 923,79 brutto an Gehalt (= € 1.000,00 brutto LE für das 1. Lj : 4,33 x 4) sowie anteilige Sonderzahlung und, wenn er keinen Urlaub konsumiert, Urlaubsersatzleistung.
Handelsakademie:
Ein für Schüler:innen an einer Handelsakademie vorgesehenes Pflichtpraktikum wird im Ergebnis meist dadurch absolviert, in dem die Schüler:in für die Dauer von insgesamt 8 Wochen (= 38,5 Stunden pro Woche x 8 Wochen = 308 Stunden) ein vollzeitbeschäftigtes Dienstverhältnis eingeht. Eine längere Vollzeitbeschäftigung, also etwa eine in der Dauer von insgesamt 2 Monaten ist für die Erfüllung der schulrechtlichen Voraussetzungen nicht erforderlich.
Die Schüler:in einer Handelsakademie kann ihr Pflichtpraktikum, dadurch absolvieren, in dem sie ein einziges vollzeitbeschäftigtes Dienstverhältnis für die Dauer von insgesamt 8 Wochen eingeht. In diesem Fall handelt es sich um sein erstes – und letztendlich auch einziges Pflichtpraktikum, für dessen gesamte Dauer ein Bezug auf der Grundlage des Lehrlingseinkommens für das 1. Lehrjahr als Entlohnung vorgesehen ist.
Beispiel:
Der Schüler Gerber ist vom 1. Juli 2025 bis zum 25. August 2025 in einem Dienstverhältnis im Handelsunternehmen supertrade GmbH. Er erhält für diese 8 Wochen Dienstverhältnis € 1.847,58 brutto an Gehalt (= € 1.000,00 brutto LE für das 1. Lj : 4,33 x 8) sowie anteilige Sonderzahlung und, wenn er keinen Urlaub konsumiert, Urlaubsersatzleistung.
Sie kann aber auch in den Hauptferien des eines Jahres und in den Hauptfeien des anderen Jahres jeweils ein eigenständiges vollzeitbeschäftigtes Dienstverhältnis in der Dauer von je 4 Wochen eingehen. Damit leistet sie in den einen Hauptferien das erste Praktikum und in den anderen Hauptferien das zweite Praktikum. Für das erste Praktikum ist als monatliche Vergütung das Lehrlingseinkommen des ersten Lehrjahres, und für das zweite Praktikum ist als monatliche Vergütung da Lehrlingseinkommen für das zweite Lehrjahr vorgesehen.
Beispiel:
Der Schüler Gerber hat im Sommer 2024 bereits sein Praktikum im Ausmaß von 4 Wochen absolviert. Nun wird er vom 1. Juli 2025 bis zum 28. Juli 2025 in einem weiteren Dienstverhältnis sein zweites Praktikum leisten und damit sein gesamtes Pflichtpraktikum von insgesamt 8 Wochen abschließen.
Er erhält für diese weiteren 4 Wochen Dienstverhältnis € 1.080,83 brutto an Gehalt (= € 1.170,00 brutto LE für das 2. Lj : 4,33 x 4) sowie anteilige Sonderzahlung und, wenn er keinen Urlaub konsumiert, Urlaubsersatzleistung.
Der Umstand, wonach das Pflichtpraktikum in mehrere Tranchen von zumindest einwöchiger Dauer gegliedert werden kann, führt dazu, dass in einem mit 300 Arbeitsstunden vorgesehenen Pflichtpraktikum der letzte Tag eines 8-wöchigen Praktikums (= 308 Stunden) noch Teil des Pflichtpraktikums zu 300 Arbeitsstunden ist.
Die Tage der neunten Woche eines zweimonatigen Dienstverhältnisses können daher, weil sie nicht mehr dafür erforderlich sind, die für das Pflichtpraktikum erforderliche Stundenanzahl zu erreichen, auch nicht Teil – des begünstigt entlohnten Pflichtpraktikums sein.
Beispiel 1:
Der Schüler Gerber ist vom 1. Juli 2025 bis zum 31. August 2025 in einem Dienstverhältnis im Handelsunternehmen supertrade GmbH. Er erhält für diese ersten 8 Wochen des Dienstverhältnisses, also bis zum 25. August 2025 € 1.847,58 brutto an Gehalt (= € 1.000,00 brutto LE für das 1.Lj : 4,33 x 8).
Für die letzten fünf Tage des Dienstverhältnisses, die für die Absolvierung des Pflichtpraktikums nicht mehr erforderlich sind, erhält er das für seine Tätigkeit laut Kollektivvertrag vorgesehene Gehalt eines Angestellten. Überdies erhält er anteilige Sonderzahlung und, wenn er keinen Urlaub konsumiert, Urlaubsersatzleistung.
Beispiel 2:
Der Schüler Gerber hat im August 2024 bereits ein Praktikum im Ausmaß von einem Monat absolviert. Nun leistet er vom 1. Juli 2025 bis zum 31. Juli 2025 sein zweites Praktikum. Weil das Pflichtpraktikum in mehrere Tranchen von zumindest einwöchiger Dauer gegliedert werden kann, ist die am 28. Juli 2025 endende Woche noch Teil des zweiten Praktikums, das mit dem Lehrlingseinkommen für das zweite Lehrjahr zu entlohnen ist.
Die drei Tage in der fünften Woche des Dienstverhältnisses (29., 30. und 31.7.) sind hingegen nicht mehr Teil des zweiten Praktikums, das mit dem Lehrlingseinkommen entlohnt werden darf. Für diese Tage ist das für Angestellte vorgesehene Gehalt zu zahlen. Überdies erhält der Schüler anteilige Sonderzahlung und, wenn er keinen Urlaub konsumiert, Urlaubsersatzleistung.
In einem mit 150 Arbeitsstunden vorgesehenen Pflichtpraktikum ist der letzte Tag eines 4-wöchigen Praktikums (= 154 Stunden) noch Teil des Pflichtpraktikums zu 150 Arbeitsstunden. Die fünfte Woche eines einmonatigen Dienstverhältnisses kann daher, weil diese Zeit nicht mehr dafür erforderlich ist, dass die für das Pflichtpraktikum notwendige Stundenanzahl erreicht wird, auch nicht Teil – des begünstigt entlohnten Pflichtpraktikums sein.
Beispiel:
Der Schüler Gerber ist vom 1. Juli 2025 bis zum 31. Juli 2025 in einem Dienstverhältnis im Handelsunternehmen supertrade GmbH. Er erhält für die ersten 4 Wochen Dienstverhältnis, also bis zum 28. Juli 2025 € 923,79 brutto an Gehalt (= € 1.000,00 brutto LE für das 1. Lj : 4,33 x 4). Für die letzten beiden Tage dieses Dienstverhältnisses bzw. Praktikums besteht der Gehaltsanspruch auf der Basis des Angestelltengehaltes. Überdies erhält der Schüler anteilige Sonderzahlung und, wenn er keinen Urlaub konsumiert, Urlaubsersatzleistung.
Pflichtpraktikum und Studium
Auch Studenten, die auf Grund studienrechtlicher Vorschriften ein Pflichtpraktikum einer Fachhochschule, Hochschule oder Universität absolvieren, sind Pflichtpraktikant:innen. Sie erhalten eine monatliche Vergütung, die bei einer Normalarbeitszeit von 38,5 Wochenstunden mindestens das Lehrlingseinkommen für das 3. Lehrjahr beträgt.
Bei Studenten einer Fachhochschule, einer Hochschule bzw. einer Universität besteht die Schwierigkeit für das Unternehmen darin, gesicherte Information über die studienrechtlichen Vorschriften einzuholen, die abklären,
- ob für das betreffende Studium tatsächlich ein Pflichtpraktikum vorgesehen ist,
- wie das Pflichtpraktikum abzulaufen hat, bzw.
- wie viele Arbeitsstunden das vorgesehene Pflichtpraktikum zu umfassen hat.
Anders als bei Schüler:innen einer Handelsschule bzw. einer Handelsakademie enthält der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten zu Pflichtpraktika für Studierende keine weitergehenden Informationen bzw. Regelungen und auch keine Auszüge aus maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften, und kann daher insoweit auch nicht unterstützend wirken.
Pflichtpraktikum und Samstagsbeschäftigung
Für die Beschäftigung an Samstagen gilt,
- dass Teilzeitbeschäftigte, mit denen eine Arbeitsleistung ausschließlich für Samstage vereinbart worden ist, an jedem Samstag nach 13 Uhr beschäftigt werden dürfen, und dass
- ein Anspruch auf Zeitgutschriften, für Arbeitsleistungen während erweiterter Öffnungszeiten, also auch für Arbeitsleistungen an Samstagen nach 13 Uhr, dann nicht gegeben ist, wenn mit dem Angestellten eine Arbeitsleistung ausschließlich an Samstagen vereinbart ist.
Nach dem diesbezüglichen Erlass des zuständigen Bundesministeriums, der den Anhang 9 des Kollektivvertrages bildet, kann auch eine Nebenbeschäftigung, die Schüler:innen während ihres Schulbesuches in einem Arbeitsverhältnis bei geringfügiger Beschäftigung wahrnehmen, den Erfordernissen des Pflichtpraktikums entsprechen, und daher auf das Pflichtpraktikum angerechnet werden.
Voraussetzung ist allerdings, dass die Nebenbeschäftigung in einem Handelsunternehmen oder in einem anderen Unternehmen, oder in einer Organisation erfolgt, und das Pflichtpraktikum der Schüler:in facheinschlägig ist. Wenn auch Tätigkeiten im Handelsbereich durchwegs als facheinschlägig gelten, kommt dennoch der Dokumentation des Pflichtpraktikums durch den Arbeitgeber zum Nachweis der Facheinschlägigkeit ein besonderer Stellenwert zu.
Beispiel:
Die Handelsschüler:in wird von einer Handelskette ausschließlich an Samstagen eingesetzt und ist in den verschiedensten Filialen als Regelbetreuer:in tätig. Sie ist somit ausschließlich damit beschäftigt, die Verkaufsflächen mit den dafür vorgesehenen Waren zu bestücken.
Im Hinblick darauf, dass es sich bei dieser Einschlichtarbeit grundsätzlich um eine Arbeitertätigkeit handelt, und damit nicht Angestelltentätigkeiten im Handelsbereich ausgeführt werden, kann daher ein solches Praktikum nicht als facheinschlägig bezeichnet werden.
Es besteht daher nicht die Möglichkeit, diese Tätigkeiten mit dem für Pflichtpraktika vorgesehenen Lehrlingseinkommen zu entlohnen. Die Handelsschüler:in hat daher den Entgeltanspruch in einer solchen Höhe, der sich aus einem Arbeitsverhältnis ableitet.
Auch, wenn das Pflichtpraktikum als Nebenbeschäftigung der Schüler:in während ihres Schulbesuches in einem Arbeitsverhältnis bei geringfügiger Beschäftigung geleistet wird, bleibt die gesamte Dauer des Pflichtpraktikums für Schüler:innen an einer Handelsakademie mit 300 Arbeitsstunden im Ausmaß von je 60 Minuten, und für Schüler:innen einer Handelsschule bzw. eines Aufbaulehrganges an Handelsakademien mit 150 Arbeitsstunden, ebenfalls im Ausmaß von je 60 Minuten begrenzt.
Damit können auch nur jene Stunden der geringfügigen Beschäftigung mit der sich aus dem Lehrlingseinkommen ergebenden Bezügen entlohnt werden, die für die Absolvierung des Pflichtpraktikums notwendig sind.
Beispiel:
Das Pflichtpraktikum beginnt am Samstag den 13. September 2025. Die Handelsschülerin wird vom Handelsunternehmen ausschließlich an Samstagen im Ausmaß von je 8 Stunden beschäftigt. Im Dienstzettel für Pflichtpraktikant:innen ist festgehalten, wann die Schüler:in in welchen Bereichen des Unternehmens eingesetzt wird, und was dort von ihr zu tun ist.
Die für das Pflichtpraktikum vorgesehenen 150 Arbeitsstunden sind - bei einer Beschäftigung ausschließlich an Samstagen im Ausmaß von je 8 Stunden – nach insgesamt 19 Samstagen (= 150 : 8), und daher in diesem Fall am Samstag, den 17. Jänner 2026 erreicht.
Eine Beschäftigung der Handelsschüler:in am Samstag den 24. Jänner 2026 und an den folgenden Samstagen, ist zur Ableistung des Pflichtpraktikums nicht mehr erforderlich.
Die Entlohnung kann daher nur bis zum Samstag, den 17. Jänner 2026 mit den sich aus dem Lehrlingseinkommen ergebenden Beträgen erfolgen. Ab Samstag den 26. Jänner 2019 sind bereits die sich aus dem Angestelltengehalt ergebenden Beträge zu zahlen.
Stand: September 2025
Hinweis:
Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.