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Meinrad Höfferer
© WKK | Helge Bauer

"Der Standort braucht Entfesselung, nicht weitere Hürden"

WKK-Direktor Meinrad Höfferer warnt vor wachsendem Druck auf Kärntens Industrie: Fachkräftemangel, hohe Energiekosten und überbordende Regulierung bremsen die Betriebe. Im Interview spricht er über notwendige Entlastungen, die Bedeutung der AREA Süd und warum die Politik jetzt Vertrauen in die Unternehmen setzen muss.

Lesedauer: 2 Minuten

28.08.2025

Die europäische Wirtschaft schwächelt, Kärntens Industrie steht unter Druck. Was sind derzeit die größten Herausforderungen für den Standort?

Meinrad Höfferer: Der Druck auf unsere Industriebetriebe ist enorm. Wir sehen eine Kombination aus nachlassender Konjunktur, strukturellen Problemen wie dem Fachkräftemangel, hohen Energiepreisen und einer Regulierungslast, die gerade für alle Unternehmen zunehmend zur Wachstumsbremse wird. Die Innovationskraft und Widerstandsfähigkeit der Kärntner Industrie ist ungebrochen, aber es braucht endlich spürbare Entlastung - auf allen Ebenen.

Die EU ist bei Green Deal und Lieferkettengesetz teilweise zurückgerudert - ein Erfolg der Wirtschaft?

Ja, es ist ein Erfolg, dass die Wirtschaft hier laut und geschlossen aufgetreten ist. Die Proteste haben gewirkt - das EU-Lieferkettengesetz wurde abgeschwächt, die Berichtspflichten reduziert und die Umsetzung nach hinten verschoben. Auch beim Green Deal erkennen wir erste Kurskorrekturen. Aber man muss ganz klar sagen: Das ist noch immer zu wenig. Viele Richtlinien sind nach wie vor praxisfern, überkomplex und für den Mittelstand nicht zu stemmen. Was wir brauchen, ist Umsetzbarkeit. Dass überhaupt korrigiert wurde, ist dem massiven Engagement unserer Unternehmen und der Interessenvertretungen zu verdanken. Jetzt muss es weitergehen - der Weg zur echten Entlastung ist erst halb gegangen.

Ein Beispiel für ausufernde Vorgaben ist die Taxonomieverordnung.

Die Idee, Investitionen über einheitliche Nachhaltigkeitskriterien steuerbar zu machen, ist nachvollziehbar. In der Praxis war die Umsetzung aber mit enormem Aufwand und vielen Unklarheiten verbunden. Die geplante Einführung einer Wesentlichkeitsschwelle und die Anhebung der Berichtspflichtgrenzen sind begrüßenswerte Schritte. Aber auch hier gilt: weniger wäre mehr. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht mit guten Absichten unternehmerische Freiheit und Investitionsdynamik abwürgen und somit unsere globale Wettbewerbsfähigkeit selbst einschränken. Das macht in dieser Form niemand außerhalb von Europa und wir stehen als Export-Nation nun mal in einem weltweiten Wettbewerb.

Die EU-Kommission verspricht Bürokratieabbau. Glauben Sie daran?

Ich begrüße es ausdrücklich, dass sich die Kommission - auch auf Druck aus der Wirtschaft - dem Bürokratieabbau verschrieben hat. Die angekündigte Reduktion des Verwaltungsaufwandes im Rahmen der Omnibusse um zumindest 25 Prozent ist ein wichtiges Signal, ich habe auch persönlich dafür in Brüssel gekämpft. Entscheidend wird aber die Umsetzung sein. In der Vergangenheit wurden oft große Programme angekündigt, aber in den Betrieben kam wenig davon an. Wenn die EU in Zukunft wieder als Wirtschaftsmotor wirken will, müssen den Versprechen jetzt Taten folgen.

Sie sprechen sich immer wieder für Standortoffensiven aus. Welche Rolle spielt dabei die AREA Süd rund um die Koralmbahn?

Die AREA Süd und die Koralmbahn stehen für eines der bedeutendsten Infrastruktur- und Standortprojekte dieser Generation. Mit der Verbindung zwischen Kärnten und der Steiermark entsteht ein gemeinsamer Wirtschaftsraum mit 1,8 Millionen Menschen. Die AREA Süd bietet enormes Potenzial - für Industrieansiedlungen oder auch grenzüberschreitende Kooperationen. Mitten in Europa gelegen, an der Schnittstelle wichtiger Güterverkehrskorridore, könnte Kärnten hier auch zum Logistikknoten des Alpen-Adria-Raums werden. Umso unverständlicher ist es, dass die ÖBB ihre bereits vertraglich zugesagten Investitionen in das Logistikzentrum Villach-Fürnitz nun einfach verschieben. Das ist nicht nur ein Wortbruch, sondern gefährdet ein zentrales Zukunftsprojekt für den Standort und bremst Kärnten gegenüber Graz und Wels aus.

Was ist aus Ihrer Sicht das wichtigste Signal an die Politik?

Vertrauen. Unternehmen brauchen das Gefühl, dass man ihnen etwas zutraut. Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, zu investieren und innovativ zu sein. Aber dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Eine starke Industrie ist kein Selbstläufer. Sie entsteht dort, wo unternehmerisches Handeln unterstützt - und nicht behindert - wird.

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