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Porträt von einer jungen Frau mit verschränkten Armen mit rosafarbenem Blazer
© KK | JW Kärnten

"Wir brauchen Rahmenbedingungen, die Wachstum nicht verhindern"

Warum Österreich seine Gründer:innen verliert, weshalb Mercosur eine Chance ist und wieso Bildung praxisnäher werden muss, verrät Nika Basic, WK-Vizepräsidentin und JW-Landesvorsitzende, im Interview.

Lesedauer: 3 Minuten

22.09.2025

Frau Basic, Sie sagen, junge Menschen seien die Zukunft Österreichs. Gilt das auch wirtschaftlich?

Nika Basic: Absolut. Wir sehen gerade in der jungen Generation enormes Gründungspotenzial – allein in Österreich entstehen jedes Jahr hunderte innovative Start-ups, viele davon mit internationalem Anspruch. Das Problem ist nur: Wenn es dann um den Ausbau und die Weiterentwicklung des Geschäfts geht, verlassen viele das Land – oft in Richtung USA. Und das nicht, weil sie wollen, sondern weil es anderswo bessere Bedingungen gibt. Das ist der Punkt, an dem wir als Standort ehrlich sein müssen: Wir verlieren wertvolles Wachstum, weil unsere Strukturen zu eng sind.

Was sind die Ursachen dafür?

Der administrative Aufwand steigt mit jeder zusätzlichen Mitarbeiterin, jedem zusätzlichen Markt. Die Bürokratie ist bei uns in Europa inzwischen so komplex geworden, dass viele Gründer sagen: Wir wachsen lieber nicht, weil wir sonst in Berichtspflichten, Compliance-Vorgaben und einem Dokumentationswahnsinn untergehen. Was es braucht, ist ein echter Schnitt. Das Omnibus-Deregulierungspaket auf EU-Ebene ist ein erster richtiger Schritt, aber es geht viel zu langsam. Wir dürfen nicht länger keine Standortpolitik mehr auf dem Papier betreiben. Es braucht Mut, auszumisten – damit Wachstum möglich bleibt.

Sie sprechen sich auch klar für das Mercosur-Abkommen aus. Warum?

Weil wir nicht in einer Zeit leben, in der wir uns wirtschaftlich abschotten dürfen. Der internationale Wettbewerb ist Realität – und wer Exportmärkte nicht aktiv erschließt, wird vom globalen Markt abgehängt. Gerade angesichts der Unsicherheit rund um die USA und des wachsenden Protektionismus müssen wir neue, verlässliche Partner finden. Das Mercosur-Abkommen bietet die Chance, Zugang zu 260 Millionen Menschen zu erhalten und gleichzeitig faire Handelsregeln festzuschreiben. Das ist eine strategische Entscheidung für die Zukunft Europas – und für die Exportchancen unserer Betriebe.

Kärnten hat seine Exportoffensive verlängert und unterstützt Unternehmen mit zusätzlichen Förderungen. Reicht das aus?

Es ist ein wichtiger Schritt. Die Höhe der Förderungen wurde von 800.000 auf eine Million Euro aufgestockt. Mit gezielten Förderungen, Schulungen und Markterschließungsprogrammen können wir den heimischen Betrieben den Einstieg in neue Märkte erleichtern. Immerhin hängen rund 70.000 Arbeitsplätze in Kärnten von der Exportwirtschaft ab – das unterstreicht ihre Bedeutung. Wir müssen aber auch an den Fundamenten arbeiten. Dazu zählen ein modernes Bildungssystem, eine technologieorientierte Gründerkultur und vor allem ein wirtschaftliches Umfeld, das nicht bei jedem Wachstumsschritt zum Risiko wird.

Stichwort Bildung: Was muss sich hier ändern?

Unsere Universitäten dürfen nicht am wirtschaftlichen Bedarf vorbeiausbilden. Wir brauchen Studiengänge, die sich an den Anforderungen des Arbeitsmarktes orientieren. Gerade im MINT-Bereich haben wir massiven Aufholbedarf. Außerdem wünschen wir uns mehr praxisnahe, duale Modelle und eine echte unternehmerische Grundbildung – am besten schon in der Schule. Denn Unternehmertum beginnt nicht mit dem Gewerbeschein.

Die Junge Wirtschaft Kärnten hat kürzlich eine umfassende Standortstudie präsentiert. Was sind die zentralen Erkenntnisse?

Die vielleicht besorgniserregendste Erkenntnis ist, dass junge Menschen schon sehr früh das Vertrauen in den Standort verlieren – oft bereits während der Schulzeit oder im Studium. Wenn das passiert, kehren sie später auch nicht mehr zurück. Wir sprechen hier von hochqualifizierten Fachkräften, von jungen Gründerinnen und Gründern, von Entwicklerinnen und Kreativen – also genau den Menschen, die wir für einen innovativen Wirtschaftsstandort brauchen. Das ist ein Verlust, den wir uns langfristig nicht leisten können. Die Studie zeigt jedoch auch deutlich, was junge Menschen benötigen, um zu bleiben oder zurückzukehren: echte Perspektiven in Bezug auf Ausbildung, im Job, beim Wohnen und in der Mobilität. Wenn wir diese Rahmenbedingungen schaffen, holen wir nicht nur Menschen zurück, sondern halten auch die Zukunft im Land.

Ihr Appell an die Politik?

Den jungen Menschen zuhören. Sie nicht nur als Zukunftsversprechen, sondern auch als Gegenwartsgestalter betrachten. Und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so gestalten, dass nicht der Schritt ins Unternehmertum kein Problem darstellt – sondern das Verharren in Bürokratie.

 

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