Zwei Personen mit schwarzer Kleidung und gelber Warnweste arbeiten in einem Versandlager
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Sparte Handel

Versandkosten und deren Zahlungsbereitschaft im österreichischen B2C E-Commerce nach Branchen

Lesedauer: 3 Minuten

15.02.2024

Im stark umkämpften Online-Handel ist kostenloser Versand und Rückversand zu einem wichtigen Marketinginstrument geworden, nicht zuletzt um KundInnen zu gewinnen und diese in weiterer Folge auch ans Unternehmen zu binden. Vor allem KMUs stehen daher vor der Entscheidung, ob und in welcher Höhe sie ihren KundInnen Versand- und Rücksendekosten in Rechnung stellen sollen. 

Um die Zahlungsbereitschaft der österreichischen VerbraucherInnen für Versand- und Rücksendekosten bei ihren Online-Einkäufen nach Branchen zu ermitteln, wurde eine zweiteilige Forschungsstudie über einen Zeitraum von 9 Monaten im Rahmen einer Masterarbeit an der FH Wiener Neustadt am Campus Wieselburg durchgeführt. Es wurde empirisch ermittelt, ab welcher Höhe die Versand- und Rückversandkosten als zu billig, angemessen, teuer, und zu teuer empfunden werden. 

Die Analyse der gesammelten Daten ermöglichte es einerseits den optimalen Preis zu ermitteln, den die VerbraucherInnen bereit wären, für Versand und Rücksendung zu zahlen. Bei diesem Preis ist der Unmut der VerbraucherInnen, für Versand und Rückversand zu bezahlen, am geringsten. Andererseits konnte dadurch eine für VerbraucherInnen akzeptable Preisspanne ermittelt werden – also einen Rahmen, in dem sich der Preis befinden sollte, damit er von KonsumentInnen akzeptiert wird.  

Ergebnisse der Zahlungsbereitschaft für Versand und Rückversand für jede Branche nach der Methode Van Westendorp

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© FH Wiener Neustadt, Campus Wieselburg

Welche Faktoren können die Zahlungsbereitschaft der KonsumentInnen erhöhen?  

Es wurde zudem ermittelt, welche Faktoren einen Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft für Versand und Rückversand haben. So sind beispielsweise 62% der Befragten bereit, für same-day-delivery höhere Versandkosten zu bezahlen. Aber auch Nachhaltigkeitsaspekte können die Zahlungsbereitschaft für Versand und Rückversand erhöhen: Knapp 51% der Befragten würden für einen CO2-neutralen Transport mehr bezahlen.

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© FH Wiener Neustadt, Campus Wieselburg

Handlungsempfehlungen 

Auf Grundlage der bestehenden Forschung und der Ergebnisse der empirischen Studie wurden folglich einige Empfehlungen für die HändlerInnen abgeleitet.

  • Faktoren wie Flexibilität, Pünktlichkeit und Transparenz in der Kommunikation während des Liefervorgangs beeinflussen das Einkaufserlebnis der KundInnen positiv. Es wird daher empfohlen, einerseits die Möglichkeit zu bieten, zwischen mehreren Versanddienstleistern wählen zu können. Anderseits ist es wichtig die Lieferung in irgendeiner Form für die KundInnen nachvollziehbar zu gestalten.

  • Wird kostenloser Versand angeboten und der Preis für den Versand in den Produktpreis einberechnet, sollte darauf geachtet werden, dass der Gesamtpreis den Wert des Produkts nicht deutlich übersteigt, da sonst – begünstigt durch Preisvergleichs-Portale – auf andere Shops zurückgegriffen wird. 
  • Wenn kostenloser Versand ab einem bestimmten Mindestbestellwert angeboten wird, sollte der Mindestbestellwert etwas über dem durchschnittlichen Warenkorbwert angesetzt werden, damit KundInnen motiviert sind, ein weiteres Produkt in den Warenkorb zu legen, um den kostenlosen Versand in Anspruch nehmen zu können.  
  • Werden die Versandkosten in Rechnung gestellt, sollten vor allem zwei Aspekte berücksichtigt werden, damit der jeweilige Preis von den KundInnen als fair angesehen wird:
    • Der Preis der Versandkosten sollte innerhalb der akzeptablen Preisspanne der jeweiligen Branche liegen (siehe Tabelle 1). 
    • Zudem sollte der Preis der angebotenen Produkte auch berücksichtigt werden, damit die Transportkosten den Wert des Produkts nicht übersteigen und im besten Fall nur als kleiner Teil des zu zahlenden Gesamtbetrags wahrgenommen werden. 

  • Weiters wird empfohlen, dass der Preis für die Versandkosten annähernd bei den Transportkosten liegen sollte, die ein Transportdienstleister seinen PrivatkundInnen in Rechnung stellen würde, damit Verbraucher nicht den Eindruck bekommen, dass Händler einen zusätzlichen Gewinn erzielen möchten.

  • Hinsichtlich Rückversand haben KundInnen zwar das Recht, die Waren innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt zurückzugeben, doch dies muss nicht kostenlos erfolgen. Hier sollten jedoch die in Tabelle 1 dargestellten akzeptablen Preisspannen je nach Branche sowie der Preis, den das Transportunternehmen seinen PrivatkundInnen in Rechnung stellen würde, berücksichtigt werden.

 Es gibt keine einzig richtige Versandkostenstrategie. Das zeigen einerseits die deutlichen Unterschiede hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft nach Branchen. Andererseits sollten Online-Händler ohnehin stets analysieren, wie sich die jeweilige Versandkostenpolitik auf Faktoren wie Neukundengewinnung, Kundenbindung und in weiterer Folge den unternehmerischen Erfolg auswirkt.

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