
BSI-Obmann Menz: Wirtschaftspolitische Antwort auf schlechte Zeugnisnoten
Kommentar des Obmannes Mag. Sigi Menz
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In den letzten Wochen haben EU und OECD Wirtschaftsprognosen vorgelegt, in denen Österreich desaströs abschneidet - als einziges der 27 EU-Mitgliedsländer bzw. der 38 OECD-Länder mit einer auch im Jahr 2025 schrumpfenden Wirtschaft. Dies bekräftigt die Forderungen der Industrie nach raschen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, um Österreich wieder auf einen stabilen Wachstumskurs zu bringen.
Gleich zwei Mal hat Österreich den letzten Platz erzielt, nämlich sowohl im Wachstumsranking der EU-Länder (laut Frühjahrsprognose der EU-Kommission vom 19. Mai 2025) als auch in der entsprechenden Prognose der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (vom 3. Juni 2025). Damit ist eine Sache jedenfalls klargestellt: Die globale Konjunktur mag zwar gegenwärtig aus verschiedensten Gründen nicht rund laufen, aber das besonders schlechte Abschneiden Österreichs beruht auf hausgemachten Faktoren. Daher muss auch die österreichische Wirtschaftspolitik an verschiedenen Stellschrauben drehen, um das Wirtschaftswachstum im Land anzukurbeln.
Die kurzen Statements von EU und OECD weisen präzise auf den Kern des Problems hin, nämlich die Verschlechterung der Konkurrenzfähigkeit der Industrie aufgrund hoher Energiekosten und einem starken Anstieg der Lohnstückkosten. Weitere Lohnsteigerungen könnten die Konkurrenzfähigkeit noch weiter reduzieren, warnt die OECD. Eine schwache Nachfrage führt zu einer geringen Auslastung der Produktionskapazitäten in der Industrie und führt folglich zu einer schwachen Investitionstätigkeit, wobei die EU-Prognose sogar von einem weiteren Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen der Industrie ausgeht.
Die kurze Analyse durch die Ökonomen der EU-Kommission und der OECD, im vorstehenden Absatz zusammengefasst, ergibt gleichsam von selbst eine wirtschaftspolitische Handlungsanleitung: Die nicht durch die Industrie verursachten Belastungen im Bereich der Arbeits- und Energiekosten müssen rasch und wirksam abgefedert werden und gleichzeitig ein Anspringen der Investitionstätigkeit gefördert werden.
Konkret bedeutet dies bei den Energiekosten ein Nützen jener Spielräume, die das EU-Recht schon heute einräumt. Viele wichtige Industriestandorte setzen für ihre energieintensiven Unternehmen bis zum Jahr 2030 das Instrument der Strompreiskompensation ein und sind sogar heute schon mit der Europäischen Kommission in Gespräche bezüglich deren Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus eingetreten. Dies ist aufgrund der Langfristigkeit von Investitionsentscheidungen strategisch überaus bedeutsam und sollte daher in Österreich auch politisch unbestritten sein. Noch dazu, da die budgetären Kosten in Relation zum Nutzen überschaubar sind. Ebenso wäre eine Senkung der bei uns enorm gestiegenen Strom-Netzkosten ein Gebot der Stunde, um zumindest die Hausaufgaben zur Erreichung von wettbewerbsfähigen Energiekosten gemacht zu haben.
Mit größeren budgetären Herausforderungen verbunden ist wäre der ebenso wichtige Eingriff in die Belastung der Arbeitskosten durch überhöhte und teilweise völlig sachfremde Lohnnebenkosten (wie etwa die Finanzierung des Familienlasten-Ausgleichsfonds). Die Industrie wird nicht nachlassen hier rasche Entlastungen einzufordern, damit der sprunghafte Anstieg der Lohnstückkosten auch in einem großen Schritt wieder korrigiert werden kann. Parallel dazu sind die Sozialpartner bemüht, eine den Marktrealitäten angepasste Lohnpolitik zu verfolgen, wie die Ergebnisse der Frühjahrslohnrunde insgesamt gezeigt haben. Auch diesbezüglich ist wirtschaftspolitischer Rückenwind wichtig, insbesondere durch große Zurückhaltung bei der Erhöhung der Gehälter im öffentlichen Bereich und bei Pensionsanpassungen.
Eindämmung und Planungssicherheit bei den Energiekosten sowie eine Entlastung bei den Arbeitskosten sind für sich gesehen schon Anreize, die die Zurückhaltung bei Investitionen in der Industrie überwinden helfen. Aus Sicht der Industrie ist aber vorbildhaft, dass die neue deutsche Bundesregierung zusätzlich einen „Investitionsbooster“ beschlossen hat: Dessen Eckpunkte sind die Möglichkeit der degressiven Abschreibung bei neuen Ausrüstungsinvestitionen, eine schrittweise Senkung der Steuerbelastung und eine Stärkung der Forschungsförderung. Die in Österreich bereits existierende Abschreibungsmöglichkeit sollte daran orientiert ausgebaut werden und so auch hierzulande zu mehr Investitionen führen.
Relativ gut aufgestellt ist Österreich schon heute im Bereich der Forschungsförderung. Hier liegt auch ein Schwerpunkt der künftigen Bemühungen der neuen österreichischen Bundesregierung. Zu wünschen wäre, dass die in entsprechend gefüllten Forschungstöpfen zum Ausdruck kommende langfristige Technologie- und Wachstumsorientierung stärker eingebunden wird in entsprechende Bemühungen um eine Stärkung der Ausbildung (vor allem im technischen Bereich), aber auch um verbesserten Zugang zu Risikokapital, eine zukunftsorientierte Infrastruktur und eine substantielle Verringerung jener bürokratischen Lasten, die oft die massivsten Hürden auf dem Wachstumspfad darstellen.

Obmann der Bundessparte Industrie