Blick auf Nairobi, Hauptstadt von Kenia, Skyline
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Kenia: Wirtschaftslage

Die wichtigsten Informationen zur kenianischen Wirtschaft – zuverlässig und aus erster Hand

Lesedauer: 6 Minuten

Aktuelle Lage: Wirtschaftsbericht

Kenia zählt nach Nigeria und Südafrika mit einem BIP von USD 115 Mrd. zu den drei größten Volkswirtschaften in Sub-Sahara-Afrika. Über das vergangene Jahrzehnt betrachtet steigt der Wohlstand beständig, auch die Entwicklung im Human Development Index ist beachtlich (2005: 0,49, 2017: 0,59). Es leben allerdings noch ca. 11 Mio. Kenianer:innen, das sind ca. 23% der Bevölkerung, unterhalb der absoluten Armutsgrenze (USD 1,90/Tag). Hier hat sich die Situation aufgrund der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 sowie international gestiegener Preise – insbesondere für Lebensmittel und Treibstoff – verschlechtert. Der Unterschied Stadt-Land ist besonders groß, dennoch liegt die Urbanisierungsrate erst bei unter 30 %. Über die nächsten Jahre ist mit einem anhaltenden Infrastrukturausbau zu rechnen.

Besondere Bedeutung wird in Zukunft die interregionale Integration einnehmen. Am 29.3.2022 trat die Demokratische Republik Kongo als siebter Staat der East African Community (EAC) bei, am 6. Mai 2022 einigten sich die 7 Staaten nach jahrelangen Verhandlungen auf einen gemeinsamen Außenzoll. Ziel der EAC ist die Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums, der – ähnlich dem der EU – den freien Personen-, Kapital-, Waren- und Dienstleistungsverkehr zum Ziel hat und in Zukunft sogar durch eine Gemeinschaftswährung integriert sein soll. Kenia nimmt eine zentrale Rolle innerhalb der EAC ein. Es kann davon ausgegangen werden, dass die kenianische Wirtschaft (wie auch die der anderen EAC-Staaten) stark von der regionalen Integration profitiert.

Kenias Wirtschaft ist gut diversifiziert und weist eine große Dienstleistungskomponente auf. Zum BIP tragen der Agrarsektor 23,9 %, die Industrie 18,1 % und der Dienstleistungssektor (hauptsächlich Tourismus und Finanzwirtschaft) 58 % bei. Die Landwirtschaft ist weiterhin ein wichtiger Faktor. Schnittblumen, Kaffee, Tee sowie Früchte und Gemüse (Avocados, Mangos etc.) sind wesentliche Exportgüter und bringen dem Land – neben dem Tourismus - Devisen. Im Dienstleistungsbereich gibt es einen soliden Finanzsektor, der als Magnet in der Region fungiert.

Nach einem Rückgang des realen BIP von 0,3 % im Jahr 2020 (Kenias erster Rückgang seit 1992), hat sich die Wirtschaft 2021 mit einem Plus von 7,5 % und 5,2 % 2022 gut erholt. Für das laufende Jahr ist mit einem Wachstum von 5 % zu rechnen. 2022 war ein Wahljahr in Kenia, der bisherige Präsident durfte nach zwei abgeschlossenen Amtsperioden von jeweils 5 Jahren laut Verfassung nicht mehr antreten. Wahljahre sind in Kenia traditionell von verhaltenen Investitionsentscheidungen gekennzeichnet, die sich sowohl im privatwirtschaftlichen als auch staatlichen Sektor abzeichnen. Für das Jahr 2023 und danach wird wieder mit einem kontinuierlichen Wirtschaftswachstum um die 5 % gerechnet.

Besondere Entwicklungen 

Präsidentschaftswahlen & Kassasturz 

Mit den Präsidentschaftswahlen im August 2022 kam es zu einem Kassasturz der vergangenen politischen Ära. Die Bilanz sieht durchwachsen aus, die Mehrzahl der Bevölkerung ist nach Umfragen der Meinung, dass sich das Land nicht in die richtige Richtung entwickelt hat. Vom neuen Präsidenten wird erhofft, dass seine Regierung die Wirtschaft unterstützt und ein Rezept gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit hat. Die Preise für Treibstoff und Lebensmittel sind auf einem historischen Höchststand, zugleich sind die Staatskassen leer. Besorgniserregend ist außerdem eine Verknappung der USD-Reserven, die bereits im Tagesgeschäft spürbar ist. Der Wechselkursverlust des KES zum USD und EUR belastet die importabhängigen Wirtschaftszweige. So hat der KES gegenüber dem EUR im Zeitraum eines Jahres knapp 30 % verloren, seit Beginn 2023 sind es 20 %.

Nairobi seit Launch von M-Pesa bedeutendes Fintech Zentrum 

Der Launch von M-Pesa 2007 hat in Kenia eine Disruption der FinTech-Branche ausgelöst, seither hat sich Nairobi zu einem bedeutenden Startup- and New-Technology-Zentrum für die gesamte Region Ostafrika herausgebildet. Es gibt zahlreiche Startup-Hubs und Co-Working-Spaces in Nairobi, von denen aus weitere Innovationen entwickelt werden. Besonders bekannte Beispiele sind Cellulant (Mobile Wallet für Landwirte), Tala (Micro-Sofortkredite über das Smartphone) und Bitsoko (Blockchain Lösung für Mobile Money). 

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich 

  • Österreichische Warenexporte nach Kenia haben im ersten Halbjahr 2023 um 10 % zugenommen. Dies nach einer bereits kräftigen Steigerung im Jahr 2022 um 41 % auf knapp 20 Mio. Euro.
  • Die Importe sind im ersten Halbjahr 2023 um 14,9 % zurückgegangen. Zum Ende 2022 beliefen sich diese auf 13,5 Mio. Euro und befanden sich damit bereits über dem Vor-COVID-Niveau.
  • Das bilaterale Handelsvolumen 2022 lag bei 33,5 Mio Euro. Die AH-Bilanz ist positiv für Österreich
  • Das Wirtschaftswachstum 2022 lag bei 5,2 %, auch für die nächsten Jahre wird von einem Plus von über 5 % ausgegangen.
  • Die Inflation liegt traditionell bei rd. 6 %, seit 2022 stieg sie allerdings auf über 9 %, da besonders die Preise für Lebensmittel und Rohstoffe merkbar gestiegen sind. Für das laufende und die nächsten Jahre sollte sich die Inflationsrate lt. Prognosen wieder bei knapp 6 % einpendeln.

In den Jahren vor der Corona-Krise hatten die österreichischen Exporte erheblich zugelegt, genauso wie die Importe. 2019 war ein Rekordjahr für das bilaterale Handelsvolumen – ein Aufwärtstrend, der durch die Pandemie unterbrochen wurde. Traditionell weist die Handelsbilanz einen Überschuss für Österreich aus.

2020 sind die österreichischen Exporte nach Kenia von EUR 36,5 Mio. auf EUR 15,1 Mio. gesunken. Dies entspricht einem Rückgang von fast 60 %. 2021 bedeutete einen weiteren Rückgang von 6 % auf EUR 14,2 Mio. 2022 konnte dieser Trend wieder umgedreht werden und die Exporte stiegen um 41 % auf knapp EUR 20 Mio. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung ist damit allerdings bei weitem noch nicht das Vor-Krisen-Niveau erreicht. Das erste Halbjahr 2023 hat positiv begonnen mit einem Zuwachs von 10 %.

Hauptexportgüter 2022 waren Energiegetränke mit einem Einzelpostenanteil von über 20 %, gefolgt von Arbeitsmaschinen (16 %) und medizinisch/pharmazeutischen Erzeugnissen (12 %). Im ersten Halbjahr 2023 wirkten sich besonders erhöhte Maschinenlieferungen (+49,3 %) positiv auf die Exporte aus.

Die österreichischen Importe nahmen im Jahr 2022 um knapp 25 % zu und beliefen sich auf EUR 13,5 Mio. Den Großteil stellten Schnittblumen (46 % der Gesamtimporte), Früchte (Avocado) und Macadamia-Nüsse. Als einzig nicht-agrarische Produkte spielen Kunststoffe in Primärform sowie Bekleidung (Unterbekleidung) eine nennenswerte Rolle. Im ersten Halbjahr 2023 sind die Importe um knapp 15 % zurückgegangen, dies ist v.a. auf eine geringere Einfuhr von Schnittblumen zurückzuführen (-26 %).

Der Marktanteil Österreichs in Kenia ist gering und beläuft sich auf ca. 0,10 %. Der gesamte Marktanteil Österreichs in Afrika beträgt nur 1%.

Geschäftschancen für österreichische Unternehmen

Besondere Chancen für österreichische Unternehmen bestehen im Infrastrukturausbau (Hoch- und Tiefbau, Bewässerung), Gesundheitsbereich (Bau und Ausstattung von Klinken sowie Krankenhäusern), Maschinen und Ausrüstungen für kenianische Produktionsbetriebe sowie im Energie- und Umweltsektor. Letzterer umfasst vor allem den Kraftwerks(aus)bau (Turbinen), alternative Energiequellen (Geothermalenergie, Wind und Photovoltaik) sowie Waste Management und Recycling.

Auch im Sicherheitsbereich bestehen gute Chancen, da dieser aufgrund der ständig bestehenden Terrorgefahr besonders in Kenia laufend ausgebaut wird. Dies umfasst einerseits die bessere Ausstattung von Polizei und Streitkräften, andererseits auch den privaten Bereich bei Gebäudesicherheit und Zutrittskontrollen.

Im Bereich New Technologies könnten österreichische und kenianische Technologie-Anbieter in Zukunft verstärkt zusammenarbeiten und spezielle Lösungen für den ostafrikanischen Markt entwickeln (frugal innovation).

Statistik: Länderprofil 

Einen kurzen Überblick über die wichtigsten statistischen Daten zu Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bietet das Länderprofil Kenia der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA und der Stabsabteilung Statistik. 

Wichtige Wirtschafts- und Basisdaten und Informationen für eine Vielzahl weiterer Länder finden Sie auf den jeweiligen Länderseiten sowie in der Übersicht Länderprofile weltweit.

Maßgeschneiderte Informationen

Damit Ihre Marktbearbeitung in Kenia problemlos abläuft, hat unser Team vor Ort Informationen zu außenhandels- und investitionsrelevanten Fach- und Branchenthemen, die Sie jederzeit beim AußenwirtschaftsCenter Nairobi anfordern können.

Allgemeines zu Wirtschaft, Land und Leute sowie persönliche Tipps finden Sie in unserem Länderreport Kenia

Das AußenwirtschaftsCenter Nairobi berät Sie gerne, sollten Sie weitere Fragen zu Kenia haben. 

Stand: 13.09.2023