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Symbolbild Künstliche Intelligenz am Schreibtisch neben anderen Mitarbeitern
© miss irine | stock.adobe.com

Künstliche Intelligenz als zusätzlicher Mitarbeiter

Mit generativer künstlicher Intelligenz (KI) lassen sich neue Inhalte wie Präsentationen, Social-Media-Postings, Projektplanungen, Bilder, Videos und vieles mehr erstellen. Anna Kofler, Expertin für generative KI, spricht im Interview darüber, wie jedes Unternehmen die Technologie sinnvoll einsetzen kann.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 26.06.2025

OÖW: Was ist generative KI und wie unterscheidet sie sich von anderen KI-Formen? 
Kofler:
Generative KI ist eine Form der künstlichen Intelligenz, die neue Inhalte erzeugen kann, z.B. Texte, Bilder, Videos oder Code. Sie basiert meist auf sogenannten großen Sprachmodellen (Large Language Models), die aus riesigen Datenmengen gelernt haben, wie Sprache oder andere Inhalte aufgebaut sind. Im Gegensatz zu klassischen KI-Systemen, die vor allem analysieren, sortieren oder vorhersagen, kann generative KI Inhalte „eigenständig“ erstellen, etwa eine Präsentation oder einen Social-Media-Post. In meiner Arbeit setze ich sie z.B. ein, um Lerninhalte automatisch zu personalisieren oder digitale Assistenten zu bauen, die uns bei repetitiven Aufgaben (z.B. Telefonie, Projektplanung, Marketing) unterstützen.

OÖW: Ist generative KI für Einsteiger möglich?
Kofler:
Ja, auf jeden Fall, die Einstiegshürde ist heute sehr gering. In meinen Workshops sehe ich regelmäßig, wie Teams ohne technischen Hintergrund in wenigen Stunden funktionale Prototypen entwickeln – vorausgesetzt, sie arbeiten mit klaren Zielen und praxisnahen Beispielen. 

OÖW: Welche Anwendungen der generativen KI sehen Sie als besonders vielversprechend für Unternehmen?
Kofler:
Besonders zukunftsweisend ist die sogenannte Agentic AI oder Agenten-Systeme. Agenten sind imstande, autonom Entscheidungen zu treffen, indem sie, ähnlich wie Mitarbeitende, Tools an die Hand bekommen, aus denen sie selbst das passende Tool für die Aufgabenstellung auswählen können. Sie erstellen sich selbst ihre To-do-Listen und definieren, welche Schritte in welcher Reihenfolge durchgeführt werden sollen, um das bestmögliche Ergebnis für die gestellte Aufgabe zu erzielen. Sie verfügen über ein Erinnerungsvermögen, können mit anderen Agenten kommunizieren, hinterfragen Zwischenergebnisse und können diese verbessern. In meinen Projekten nutze ich solche Agentensysteme zum Beispiel für die Projektplanung. Unsere digitale Mitarbeitende „Paula“ unterstützt mich in der Projektplanung bei der Erstellung von To-dos, erinnert mich, wenn To-dos fällig werden und mehr.

„Die besten Ergebnisse entstehen dort, wo KI und Mensch sinnvoll zusammenspielen.“


OÖW: Wie können Unternehmen generative KI nutzen, um ihre Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsposition zu stärken?
Kofler:
Ein wirkungsvoller Ansatz ist der Einsatz digitaler KI-Mitarbeitender, die rund um die Uhr verfügbar sind, etwa zur Entlastung im Kundenservice, zur Ideenentwicklung oder für interne Kommunikation. Generative KI kann dabei helfen, in kürzerer Zeit deutlich mehr Output zu erzeugen, insbesondere wenn es um erste Entwürfe oder Textbausteine geht. Für den kreativen Prozess ist das ein klarer Vorteil. Trotzdem bleibt der Mensch unersetzbar, gerade beim Faktencheck, bei inhaltlicher Bewertung und in sensiblen Kommunikationssituationen. Die besten Ergebnisse entstehen dort, wo KI und Mensch sinnvoll zusammenspielen.

OÖW: Welche Herausforderungen und Limitationen sehen Sie bei der Einführung/Anwendung generativer KI-Lösungen in Unternehmen?
Kofler: Ein zentraler Punkt ist der verantwortungsvolle Umgang mit generierten Inhalten. KI-Modelle können sehr überzeugend formulieren, aber trotzdem inhaltlich falsch oder verzerrt sein – insbesondere, wenn sie auf unsauberen oder voreingenommenen Trainingsdaten basieren. Werden solche Inhalte ungeprüft veröffentlicht, entsteht ein selbstverstärkender Mechanismus: fehlerhafte Informationen verbreiten sich weiter und beeinflussen zukünftige Inhalte. Deshalb braucht es klare Qualitätskontrollen, fachliche Überprüfung und ein Bewusstsein dafür, dass KI ein Werkzeug ist – kein Ersatz für kritisches Denken.

OÖW: Wie können Unternehmen diese Herausforderungen überwinden und das volle Potenzial der generativen KI ausschöpfen?
Kofler:
 Unternehmen sollten Teams befähigen, KI-Ergebnisse nicht nur zu nutzen, sondern auch kritisch zu hinterfragen – z. B. durch gezieltes Prompt-Training und Schulungen zur Qualitätssicherung. Wichtig ist auch, Verantwortlichkeiten für die Kontrolle generierter Inhalte festzulegen. So entsteht ein Rahmen, in dem generative KI wirksam und verantwortungsvoll eingesetzt werden kann.

OÖW: Wie wichtig ist es, ethische Aspekte bei der Anwendung generativer KI zu berücksichtigen?
Kofler: Ethische Fragen sind kein Nebenschauplatz, sondern Grundvoraussetzung für den verantwortungsvollen Einsatz generativer KI. Besonders bei Systemen, die Inhalte erzeugen oder Entscheidungen vorbereiten, braucht es Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Schutz vor Verzerrungen (Bias). Ich achte in Projekten gezielt darauf, diese Themen früh mitzudenken – etwa durch eine saubere Datenbasis, klare Freigabeprozesse und die Schulung von Teams im kritischen Umgang mit KI. Denn nur wenn ethische Standards eingehalten werden, entsteht langfristig Vertrauen in die Technologie.

OÖW: Sie gelten als Expertin für die Integration von KI sowie der Weiterbildung von Mitarbeitenden – auf welche Aspekte muss man hier achten?
Kofler:
 Entscheidend ist ein ganzheitlicher Weiterbildungsansatz, der über reine Tool-Schulungen hinausgeht. Mitarbeitende müssen nicht nur lernen, KI sinnvoll anzuwenden, sondern auch, Ergebnisse kritisch zu reflektieren – besonders in Bezug auf inhaltliche Qualität, Bias und mögliche Fehlinformationen. In meinen Trainings kombiniere ich praxisnahe Use Cases mit strukturiertem Prompting und gezielten Reflexionsphasen. Denn wer KI im Alltag einsetzen will, braucht nicht nur technisches Know-how, sondern auch die Fähigkeit, ihre Grenzen realistisch einzuschätzen.

OÖW: Welche Ratschläge würden Sie Unternehmen geben, die gerade erst mit der generativen KI beginnen?
Kofler:
Starten Sie nicht mit einem Großprojekt, sondern mit einem klar umrissenen, spezifischen Anwendungsfall, der in kurzer Zeit einen spürbaren Mehrwert für das Team bringt, z.B. eine automatisierte Zusammenfassung von Meeting-Protokollen oder die Erstellung von Textentwürfen. Das senkt die Einstiegshürde und stärkt das Vertrauen in die Technologie. Gleichzeitig ist es wichtig, Ängste aktiv anzusprechen. Generative KI ist ein Werkzeug und kein Ersatz für menschliches Urteilsvermögen, Kreativität oder Fachwissen. Ich erlebe in vielen Projekten, dass erst dann nachhaltige Akzeptanz entsteht, wenn klar ist: Der Mensch bleibt in der Verantwortung und die KI unterstützt ihn dabei, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Hinweis
Anna Kofler ist Geschäftsführerin von thynkAI, das Unternehmen bei der Integration von KI und der Weiterbildung von Mitarbeitern unterstützt. Sie ist eine von 13 Vortragenden der KI-Tour der WKOÖ
Anna Kofler
© © dryven GmbH KI-Expertin Anna Kofler