Stadtansicht von Pristina: Bunte Häuser und eine Kirche, im Hintergrund nebelverhangene Bergkette
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Kosovo: Wirtschaftslage

Die wichtigsten Informationen zur kosovarischen Wirtschaft – zuverlässig und aus erster Hand

Lesedauer: 4 Minuten

Aktuelle Lage: Wirtschaftsbericht

Trotz der widrigen internationalen Umstände wuchs die Wirtschaft Kosovos 2023 um 3,2 % und erwies sich damit als erstaunlich widerstandsfähig. Konjunkturmotoren waren der private Konsum, der von den Überweisungen der Auslandskosovaren profitierte, die Investitionen und Exporte von Dienstleistungen, während der Export von Gütern leicht rückläufig war. Die wichtigsten Branchen waren wieder der IKT-Sektor sowie der Groß- und Einzelhandel. Die Investitionen kamen größtenteils von der öffentlichen Hand. Im 1. Halbjahr gab es um 9 % mehr Firmengründungen: In den Bereichen Handel, Produktion, Bau und Gastgewerbe entstanden rund 3.100 Unternehmen. Für 2024 rechnen die Wirtschaftsforscher mit einem Zuwachs des BIP um 3,5 % und für 2025 um 3,7 %.

Die ausländischen Direktinvestitionen verzeichneten auch 2023 wieder ein leichtes Wachstum. Laut Angaben der Zentralbank stiegen die FDI-Zuflüsse in den ersten zehn Monaten des Jahres im Vergleich zu 2022 um 7,9 % und erreichten 700 Mio. Euro. Kumuliert beliefen sich die FDI in Kosovo per Ende September 2023 auf knapp 6 Mrd. Euro. Am stärksten profitierten der Energiebereich, Finanzdienstleistungen und der Versicherungssektor. Den stärksten Zuwachs verzeichneten die FDI aus der Türkei, Österreich und Slowenien.

Besondere Entwicklungen

Seit 1.1.2024 dürfen endlich auch die Bürger:innen Kosovos als letztes Land der Western Balkan 6 visafrei in die Europäische Union einreisen. Für 90 Tage innerhalb eines halben Jahres dürfen sich Kosovarinnen und Kosovaren nun als Tourist:innen in den Ländern der EU aufhalten. Selbst Spanien, das Kosovo bislang nicht anerkennt, akzeptiert nun – analog zu Griechenland – kosovarische Reisepässe. Zum einen besteht große Freude darüber, nicht mehr wie Europäer:innen 2. Klasse behandelt zu werden. Zum anderen nutzen viele Menschen nun aber auch die Möglichkeit, ihre Pläne von einer Emigration in die EU in die Tat umzusetzen. Kosovo wird wohl zehntausende Bürgerinnen und Bürger im arbeitsfähigen Alter zeitlich befristet oder dauerhaft verlieren.

Seit der Verleihung des EU-Beitrittskandidatenstatus an die Ukraine und Moldawien im Juni 2022 mehren sich die Initiativen innerhalb der EU, damit die WB6 nicht ins Hintertreffen geraten. Speziell Slowenien und Kroatien engagieren sich im sogenannten „Brdo-Brijuni-Prozess“ für die übrigen ex-jugoslawischen Staaten und Albanien. Als letzter Balkanstaat stellte Kosovo am 15.12.2022 seinen EU-Beitrittsantrag. Weiters nahm das Land einen wichtigen Schritt zur Mitgliedschaft im Europarat. Und schließlich trat die Visaliberalisierung mit der EU in Kraft. Beim größten Problem, der Nichtanerkennung durch Serbien, gibt es jedoch keine Fortschritte.

Der Nachholbedarf im Kosovo ist folglich immer noch sehr hoch. Wachstumsbranchen sind unverändert die Verkehrsinfrastruktur, erneuerbare Energien, (Finanz-) Dienstleistungen und IKT. In Anbetracht relativ niedriger Lohnkosten und einer jungen, mehrsprachigen Bevölkerung ist Kosovo weiterhin ein interessanter Standort mit wirtschaftlichem Potenzial. Im „Corruption Perception Index“ von Transparency International hat sich Kosovo unter 180 untersuchten Ländern zuletzt von Rang 87 (2021) auf Rang 83 (2023) verbessert. Und die Weltbank reihte Kosovo 2020 in ihrem letzten publizierten „Ease of Doing Business Index“ auf den 57. Platz von insgesamt 190 Staaten. Damit gehört Kosovo nach wie vor zu den Top Reformländern der Welt.  

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Österreichs Stärke in Kosovo sind seine Direktinvestitionen. Diese betrugen laut kosovarischer Zentralbank per Ende September 2023 380,5 Mio. Euro, und rund 40 österreichische Firmenniederlassungen geben 2.500 Menschen Arbeit.

Die Güterexporte nach Kosovo sanken 2022 um 4,5 % auf 76,1 Mio. Euro, während die Importe auf 13,5 Mio. Euro zulegten. Damit reduzierte sich das Handelsbilanzaktivum aus österreichischer Sicht um 9% auf 62,6 Mio. Die Exporte von Dienstleistungen gingen 2022 auf 25 Mio. Euro (-3,1%) zurück, während sich die Importe von Services aus Kosovo auf 71 Mio. Euro fast vervierfachten. Viele österreichische Firmen nutzen verstärkt das IT-Know-how in Kosovo und lassen dort programmieren.

Der bilaterale Warenhandel entwickelte sich in den ersten neun Monaten 2023 aber wieder sehr positiv. Die Güterlieferungen in den Kosovo stiegen um 15,2 % auf 65,9 Mio. Euro. Speziell das Geschäft mit Maschinen, Kfz, Nahrungsmitteln, Pharmazeutika, Medizintechnik und Edelmetallen legte zu, während weniger Kunststoffe und Holz nach Kosovo verkauft wurden. Die Güterimporte aus Kosovo legten um 33,3 % auf 14,3 Mio. Euro zu. Zuwächse gab es speziell bei Elektrogeräten, Kunststoffwaren, Möbeln und Edelmetallen. 

Geschäftschancen für österreichische Unternehmen

In Kosovo gibt es in vielen Bereichen Chancen und Nachholbedarf, speziell bei der Verkehrsinfrastruktur, im Energiesektor (hier wiederum vor allem bei den erneuerbaren Energien) sowie in der Wasser-, Abwasser- und Abfallwirtschaft. Gute Einstiegschancen für österreichische Firmen bestehen zudem im Gesundheitsbereich, auf dem Gebiet der Agrartechnik und beim Know-how-Transfer in der Landwirtschaft sowie bei der Tourismus-Entwicklung.

Wie überall hat Corona auch in Kosovo sowohl in den Unternehmen als auch in der öffentlichen Verwaltung einen Digitalisierungsschub bewirkt. Es fehlt jedoch an qualifizierten digitalen Weiterbildungsangeboten – entsprechendes Know-how ist somit sehr gefragt. Gleichzeitig ist Kosovo dank der IT- und Deutschkenntnisse seiner jungen Bevölkerung ein guter Standort für Callcenter im IT-Bereich. Grundsätzlich sind viele kosovarische Unternehmen auf der Suche nach internationalen Kooperationspartnern.

Statistik: Länderprofil 

Einen kurzen Überblick über die wichtigsten statistischen Daten zu Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bietet das Länderprofil Kosovo der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA und der Stabsabteilung Statistik. 

Wichtige Wirtschafts- und Basisdaten und Informationen für eine Vielzahl weiterer Länder finden Sie auf den jeweiligen Länderseiten sowie in der Übersicht Länderprofile weltweit.

Maßgeschneiderte Informationen

Allgemeines zu Wirtschaft, Land und Leute sowie persönliche Tipps finden Sie in unserem Länderreport Kosovo

Das AußenwirtschaftsCenter Laibach berät Sie gerne, sollten Sie weitere Fragen zum Kosovo haben.

Stand: 10.04.2024