Zusatzkollektivvertrag Großwasserkraftwerksbauten, Arbeiter/innen, Fassung vom 1.5.2023

Gilt für:
Österreichweit

Zusatzkollektivvertrag

zum Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe in seiner geltenden Fassung, abgeschlossen zwischen dem Fachverband der Bauindustrie, der Bundesinnung Bau einerseits, dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Bau-Holz, andererseits für Großwasserkraftwerksbauten in der Fassung vom 1. Mai 2023


§ 1 Geltungsbereich

Dieser Kollektivvertrag erstreckt sich

a) räumlich: auf das Gebiet der Republik Österreich;

b) persönlich: auf alle Arbeitnehmer (einschließlich der Lehrlinge), die nicht Angestellte im Sinne des Angestelltengesetzes sind und die bei einem unter c) genannten Betrieb beschäftigt sind, ausgenommen die in § 16 Ziff. 6 dieses Zusatzkollektivvertrags genannten Arbeitnehmer;

c) fachlich: auf alle Betriebe, deren Inhaber Mitglieder der Bundesinnung Bau oder des Fachverbandes der Bauindustrie sind bzw. auf die von diesen Betrieben gebildeten Arbeitsgemeinschaften;

d) sachlich: auf die Baustellen der Großwasserkraftwerksbauten und für das Kernkraftwerk Zwentendorf und die kalorischen Kraftwerke Dürnrohr/NÖ.

Unter Großwasserkraftwerksbauten sind zu verstehen:

1. Wasserkraftwerksanlagen, deren Regeljahresarbeit – bei Flusskraftwerken – 130 GWh und bei deren installierte Leistung – bei Speicherkraftwerken – 30 MW übersteigen. (Sind diese Kriterien nicht feststellbar, gelten Gesamtbaukosten von 200 Millionen Schilling*) als Grenzwert).

*) entspricht 14,534.567,83 Euro

2. Vorarbeiten, die zur Erstellung der Gesamtplanung erforderlich sind, fallen nicht unter diesen Zusatzkollektivvertrag. Das sind alle Arbeiten für die Projekterstellung, Vermessungsarbeiten, Probebohrungen, Proberammungen, Beweissicherungen, Erhaltungsarbeiten u. dgl.

Vorbereitungsarbeiten für den Baubeginn unterliegen diesem Zusatzkollektivvertrag. Das sind alle Bauaufschließungsarbeiten wie der Bau einer Schleppbahn, Seilbahn, der Stromversorgung, Aufbau und Einrichtung des Lagers, der Unterkünfte, Bau von Zufahrtsstraßen und von Aufbereitungsanlagen, soweit sie vom Auftraggeber für das Großkraftwerk vergeben werden.

3. Dieser Zusatzkollektivvertrag findet auch Anwendung für die gleichzeitig ausgeführten und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bau eines Großwasserkraftwerks stehenden Nebenarbeiten des Hoch- und Tiefbaues, soweit diese von dem gleichen Auftraggeber im örtlichen Bereich vergeben werden.

4. Die Anwendung dieses Zusatzkollektivvertrages ist auf alle Fälle spätestens mit dem Zeitpunkt der Erteilung des Zuschlages für das Hauptbauwerk an die bauausführenden Firmen gegeben. Ausgenommen sind die unter § 1 lit. d) Ziffer 2 dieses Zusatzkollektivvertrages genannte Vorarbeiten.

§ 2 Arbeitszeit

Die Verteilung der Wochenarbeitszeit auf die einzelnen Wochentage wird vor Baubeginn mit der örtlichen Landesleitung der Gewerkschaft Bau-Holz vereinbart.

Nach erfolgter Wahl des Betriebsrates ist diese Arbeitszeitfolge in einer Arbeitsordnung festzulegen.

§ 3 Löhne

Es erhalten die Arbeitnehmer der Beschäftigungsgruppen I, II a), b), III a), b), c), d), e), IV und V des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewerbe eine Zulage in Höhe von € 0,51 je Arbeitsstunde.

§§ 4 und 5 entfallen.

§ 6 Heimfahrten – Anspruchsberechtigung

1. Anspruchsberechtigt sind alle Arbeitnehmer, bei denen die Bestimmungen des § 1 dieses Zusatzkollektivvertrags zutreffen.

2. Der Anspruch auf Gewährung einer Heimfahrt wird jeweils nach Erfüllung der Wartezeit gemäß § 7 und nach der in der Wartezeit zu erbringenden zeitlichen Arbeitsleistung erworben. Der Anspruch umfasst die Vergütung für die Hin- und Rückreise zwischen Arbeitsplatz und Wohnsitz.

3. Stellt der Arbeitgeber die Verkehrsmittel für die Heimfahrt dem Arbeitnehmer kostenlos zur Verfügung entfällt die Vergütung. Diese Verkehrsmittel müssen für den Personenverkehr zugelassen sein.

4. Vereinbarungen, die die Ablösung (Abgeltung) oder den Verzicht auf eine Heimfahrt zum Gegenstand haben, sind nichtig.

5. Die Heimfahrten sind in der arbeitsfreien Zeit oder im Zusammenhang mit Urlaub durchzuführen.

6. Heimfahrten, für die eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit gewährt wird, sind vom Dienstgeber im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer festzulegen, wobei die Wünsche des Arbeitnehmers, wenn sie nicht elementaren Bedürfnissen des Betriebes zuwiderlaufen, zu berücksichtigen sind.

§ 7 Heimfahrten

1. Der Anspruch auf Heimfahrt entsteht für alle Arbeitnehmer nach einer Wartezeit von 4 Wochen.

2. Die Höhe der Fahrtvergütung bestimmt sich nach den Fahrtkosten für die billigste und schnellstmögliche Verbindung zwischen Arbeitsplatz und Wohnsitz.

3. Eine Vergütung der Reisekosten gebührt bereits nach 2 Wochen, wenn die Reise aufgrund einer Krankheit angetreten wird.

§ 8 Heimfahrt – Wohnsitz

1. Als ständiger Wohnsitz gilt in der Regel der ständige Wohnort des Arbeitnehmers.

2. Bezüglich des Nachweises über den ständigen Wohnsitz gelten die Bestimmungen des § 4 Ziffer 3 dieses Zusatzkollektivvertrages.

§ 9 Heimfahrten – Wartezeit

1. Wartezeit ist jener Zeitraum, in dessen Verlauf der Anspruch gemäß der Tabelle in § 7 dieses Zusatzkollektivvertrages entsteht.

2. Als Wartezeit gelten jene Zeiten, in denen der Arbeitnehmer gearbeitet hat oder für die er Anspruch auf Weiterzahlung seines Entgelts hatte, sofern er sich nicht in häuslicher Pflege an seinem Wohnsitz befand oder nicht in ein Spital das für seinen Wohnort zuständig ist, eingeliefert wurde.

3. Bei Betriebsunfällen besteht Anspruch auf Vergütung gemäß § 7 Ziffer 2 dieses Zusatzkollektivvertrages, unabhängig von der Wartezeit in jenen Fällen, in denen sich der Verunglückte über ärztliche Anordnung in häusliche Pflege an seinen Wohnsitz begibt.

§ 10 Heimfahrten – Anspruchszeitraum

Anspruchszeitraum ist jener auf die Wartezeit folgende Zeitraum, innerhalb dessen der in der Wartezeit erworbene Heimfahrtsanspruch zu erfüllen ist. Der Anspruchszeitraum ist gleich lang wie die Wartezeit gemäß § 7 dieses Zusatzkollektivvertrages.

§ 11 Heimfahrten – Fälligkeit der Vergütung

Die Vergütung gemäß § 6 Ziffer 2 dieses Zusatzkollektivvertrags ist gleichzeitig mit dem Entgelt für jenen Lohnzahlungszeitraum fällig, in dessen Verlauf die Heimfahrt beendet wurde. Sie wird mit dem Entgelt ausbezahlt.

§ 12 Weihnachtsgeld

Löst der Arbeitnehmer gemäß § 15 des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewerbe das Arbeitsverhältnis durch Kündigung nach dem 31. August eines Kalenderjahres hat er unter den in § 12 des genannten Kollektivvertrages angeführten Voraussetzungen Anspruch auf den aliquoten Teil des Weihnachtsgeldes.

§ 13 Küchen- und Kantinenbetrieb

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine Gemeinschaftsküche einzurichten, in der dem Arbeitnehmer die Verpflegung gegen Bezahlung der Lebensmittelkosten verabreicht wird. Ein Kantinenbetrieb ist – bei Bedarf – unter der gleichen Voraussetzung zu führen. Dem Küchenausschuss der Arbeitnehmer steht die Kontrolle zu. Für Baustellen von Grenzkraftwerken sind zwischen den vertragsschließenden Parteien gesonderte Vereinbarungen zu treffen.

§ 14 Zulagen, Wegegelder und Fahrgelder

1. Arbeitnehmer, die im Stollen arbeiten, erhalten, wenn ihr Arbeitsplatz vom Stollenmund mehr als 2 km entfernt ist, eine Zulage von € 3,61, wenn er mehr als 3 km entfernt ist € 4,53 je Schicht.

2. Ergibt sich vor Anlaufen des Bauvorhabens, dass auf Grund von besonderen Verhältnissen mit den bestehenden kollektivvertraglichen Bestimmungen über Wegegelder, Fahrgelder und Erschwerniszulagen usw. das Auslangen nicht gefunden werden kann, sind entsprechende Vereinbarungen zwischen den Landesorganisationen der vertragsschließenden Parteien zu treffen. Bauherrschaft und Baufirmen haben die für diese Vereinbarung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Solche Vereinbarungen bilden für die betreffende Baustelle einen Bestandteil dieses Zusatzkollektivvertrages und sind unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist jederzeit kündbar.

§ 15 Wohnräume und Unterkünfte

Wohnlager mit einer Zimmergröße 4,40 x 3,30 x 2,90 m dürfen höchstens mit zwei Arbeitnehmern belegt werden.

§ 16 Wirksamkeitsbeginn und Schlussbestimmungen

1. Dieser Zusatzkollektivvertrag tritt in vorliegender Fassung am 1. Mai 2023 in Kraft. Es ist eine Wiederverlautbarung des Zusatzkollektivvertrages vom 20. März 1959 und seiner bis 30. April 2023 erfolgten Abänderungen.

2. Hinsichtlich der Kündigung gelten die Bestimmungen des § 17 des Kollektivvertrags für Bauindustrie und Baugewerbe, bezüglich des § 3 dieses Zusatzkollektivvertrages der § 17 Ziffer 2.

3. Soweit in diesem Zusatzkollektivvertrag keine gegenüber dem Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe abweichenden Bestimmungen vereinbart wurden, gilt der Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe in seiner jeweiligen Fassung.

4. Werden fallweise für eine Baustelle zusätzliche Vereinbarungen nach 4 a) und 4 b) notwendig, sind diese zwischen der betreffenden Bauleitung und dem Betriebsrat im Beisein der Vertreter der jeweiligen Landesorganisation der vertragschließenden Parteien zu treffen. Solche Vereinbarungen gelten dann für die betreffende Baustelle als Bestandteil dieses Zusatzkollektivvertrages. Gründe für solche zusätzliche Vereinbarungen sind Erschwernisse, für die im § 6 des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewerbe keine Zulagen vorgesehen sind, die jedoch Erschwerniszulagen rechtfertigen würden, und zwar:

a) Wassereinbrüche, Sprengarbeiten in porösem Gestein, Schlammarbeiten, technische Gebrechen und dergleichen;

b) Einsatz neuartiger Maschinen und Geräte.

5. Bestehende Zusatzkollektivverträge für Kraftwerksbaustellen verlieren ihre Gültigkeit, es sei denn, sie enthielte für die Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen.

6. Werden Taucher als Arbeitnehmer von Baufirmen beschäftigt, gelten die Bestimmungen des Kollektivvertrages für das Tauchergewerbe in seiner jeweiligen Fassung.


Fachverband der Bauindustrie

Bundesinnung Bau

Österreichischer Gewerkschaftsbund
Gewerkschaft Bau-Holz


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