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Wiener Unternehmen
© Florian Wieser

Wiener Betriebe investieren klug

In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten sind betriebliche Investitionen schwer zu stemmen - oft sind die Finanzierung schwierig und das Risiko groß. Für die Zukunft der Unternehmen sind sie aber extrem wichtig, warnen Experten. Wie es manche Betriebe schaffen.

Lesedauer: 6 Minuten

Aktualisiert am 01.10.2025

Im Bild: Matthias Hackl, Mitgründer und Geschäftsführer des Wiener Biotech-Unternehmens TAmiRNA

Mit großen, riskanten Investitionen kennt sich Matthias Hackl gut aus. Der promovierte Biotechnologe hat 2013 TAmiRNA als Spin-off der Universität für Bodenkultur gemeinsam mit drei anderen gegründet. Heute ist sein Unternehmen im In- und Ausland höchst erfolgreich und hat 13 Beschäftigte im wissenschaftlichen Bereich sowie im Projekt- und Qualitätsmanagement. „Wir haben sehr effiziente diagnostische Verfahren entwickelt, mit denen man aus RNA-Molekülen in Blut, Urin oder Gewebe bestimmte Erkrankungen diagnostizieren und Erkrankungsrisiken voraussagen kann”, berichtet Hackl. Die Messmethode wurde über die Jahre von Osteoporose zu Leber- und Herz-Kreislauferkrankungen ausgeweitet. Auftraggeber für diese hoch spezialisierte Laboranalytik sind meist andere Labors, Universitäten sowie Pharma- und Medizintechnik-Unternehmen aus vielen europäischen Ländern und Übersee. „Um hier unsere Kapazitäten und Möglichkeiten auszuweiten, haben wir in Laborinfrastruktur, Automatisierung und weitere Geräte investiert und dafür eine Darlehensgarantie der aws genutzt”, berichtet Hackl. aws steht für austria wirtschaftsservice - eine Fördergesellschaft des Bundes (siehe auch Seite 9). „Wir hatten von Beginn an eine sehr gute Gesprächsbasis mit unserer Projektbetreuerin und konnten die Förderung zügig abwickeln”, sagt der Unternehmer. Mit der aws-Garantie sei dann auch der Bankkredit schnell erledigt gewesen.

Die Anhebung des Investitionsfreibetrags ist signalgebend.

Den Rest der Großinvestition stemmte TAmiRNA aus seinem Cashflow. Dazu habe auch der zweite Geschäftsbereich des Unternehmens wesentlich beigetragen, ein diagnostischer Test, der in der Leberchirurgie verwendet wird. Er identifiziert Tumor-Patienten, die bei einer Leber-Operation nur geringe Genesungschancen haben würden - sie bekommen dann andere Therapien. „In Österreich haben wir bereits alle großen Leberzentren als Kunden. Jetzt sind wir dabei, nach Deutschland, Italien und in die Niederlande zu expandieren”, kündigt Hackl an.

aws als Hebel für Investitionen

„Die aws spielt eine zentrale Rolle bei der Finanzierung betrieblicher Investitionen in Österreich”, sagt aws-Geschäftsführer Bernhard Sagmeister. Diese Unterstützung ermögliche es Betrieben, wichtige Innovations- und Wachstumsprojekte umzusetzen, ihre Liquidität zu sichern und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. „67 Prozent der mit einer Garantie unterstützten Förderwerbenden geben an, dass ihr Projekt ohne diese Unterstützung gar nicht zustande gekommen wäre”, berichtet Sagmeister. Zudem könnten die Projekte schneller, größer oder in höherer Qualität realisiert werden. „74 Prozent der durch erp-Kredite unterstützten Unternehmen geben an, ihr Investitionsprojekt dank der Finanzierung in größerem Umfang umgesetzt zu haben”, so Sagmeister. „Im Rahmen einer aktiven Standortpolitik wirken insbesondere die budgetschonenden Instrumente der aws - etwa Garantien und zinsgünstige erp-Kredite - als Hebel für Investitionen und ermöglichen es, Innovationsprojekte gezielt voranzutreiben.”

Neue Studie gibt tiefe Einblicke

Gemeinsam mit der aws lässt die Wirtschaftskammer jedes Jahr den aktuellen Stand der Unternehmensfinanzierung in den heimischen Betrieben untersuchen. Für Wien kommt die neueste Untersuchung zu interessanten Ergebnissen (siehe Grafiken Seite 8): „Die Wiener Unternehmen investieren sehr engagiert in Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Innovationen”, sagt Wirtschaftskammer Wien-Präsident Walter Ruck. Eine bedeutende Rolle spielt dabei der Cashflow, daher ist die Finanzierung von Investitionen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für Betriebe besonders herausfordernd. Jedes dritte Wiener Unternehmen hätte im Vorjahr gerne mehr investiert als letztendlich möglich war. Und: Nur jedes zweite Unternehmen, das investiert hat, hat sich im Vorfeld über mögliche Förderungen informiert. „Da ist viel Luft nach oben”, attestiert Ruck und ortet deutlich mehr Potenzial für betriebliche Investitionen in Wien. „Investitionen stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, sie sichern ihren Markterfolg von morgen ab und auch die Arbeitsplätze am Standort Wien. Die Politik ist daher aufgerufen, auch in budgetär angespannten Zeiten die Unterstützung betrieblicher Investitionen aufrecht zu erhalten bzw. auszubauen, wie dies mit der angekündigten Anhebung des Investitionsfreibetrags auf 20 bzw. 22 Prozent mit 1. November 2025 signalgebend passiert”, sagt Ruck.

Mit Bahntechnik weltweit erfolgreich

Viel Erfahrung mit Förderungen hat auch Jan Röhl. Sein Unternehmen Kruch im Betriebsgebiet Inzersdorf produziert seit 1869 in Wien und ist heute auf technische Einrichtungen spezialisiert, die man für die Infrastruktur von Eisenbahnen, Straßenbahn und U-Bahnen braucht. Zunächst vor allem in Österreich erfolgreich, beliefert Kruch heute bereits 21 Länder auf allen Kontinenten. „Ich nahm es mir zur Aufgabe, das Unternehmen zu internationalisieren. Vor allem mit unseren Hängeklemmen für elektrische Fahrleitungen waren wir international erfolgreich, auch wenn die Zulassungsprozesse oft mehrere Jahre in Anspruch nehmen”, erklärt Röhl.Eine wichtige Basis des Erfolgs sind laut Röhl patentierte Eigenentwicklungen und hohe Liefertreue. „Innovation hat einen besonders hohen Stellenwert bei uns. Wir gestalten die technologische Entwicklung der weltweiten Eisenbahnen aktiv mit, seit zehn Jahren auch mit digitalen Produkten wie selbst entwickelten Simulationsprogrammen für die Energieflussoptimierung sowie einer Sensortechnologie für die vorausschauende Wartung von Fahrleitungen”, erklärt der studierte Techniker. Kruch hat derzeit 14 Beschäftigte, zwei davon sind mit Forschung & Entwicklung betraut. „Investitionen werden manchmal auch beschlossen, wenn der Return of Investment größer als fünf Jahre ist”, erläutert Röhl die langfristig ausgerichtete Strategie seines Familienunternehmens. „Als Eigentümer kann man auch Projekte weiterverfolgen, die noch nicht die vordefinierten Erwartungen erfüllen, solange man von einer positiven Zukunftsentwicklung überzeugt ist.” Für seine Investitionen nutzt Röhl auch öffentliche Förderungen: „Zuletzt wurde uns eine Förderung für die Einführung eines modernen Systems zur weiteren Digitalisierung und Optimierung unserer Prozesse zugesprochen. Davor haben wir durch die Wirtschaftsagentur Wien auch den internationalen Markteintritt in Frankreich sowie vom Wiener Arbeitnehmer:innen Förderungsfonds waff die Vorbereitung der Automatisierung von ausgewählten Produktionsprozessen gefördert bekommen”, berichtet der Unternehmer. „Die Förderungen sind ein bedeutender Vorteil für den Unternehmensstandort Österreich und haben für uns einen relevanten Erfolgsanteil. Wir sind sehr dankbar für dieses Angebot und nutzen es sehr bewusst”, erklärt Röhl. Durch die Förderungen könne man mehr Innovationen in einer höheren Qualität umsetzen und sei anschließend am Markt erfolgreicher. Neben Förderungen setzt Kruch bei Projektfinanzierungen stets auch auf Cashflow und Eigenkapital sowie bei Bedarf auf Bankkredite und Leasing. Vor kurzem hat Kruch eine Förderung für eine weitere Investition beantragt: „Wir wollen den Automatisierungsgrad unserer Klemmenproduktion erhöhen. Dafür möchten wir eine Roboteranlage kaufen und eine Sondermaschine entwickeln, die Montageschrauben automatisch einbringt und anzieht. Dadurch werden wir den Ausstoß erhöhen und die Herstellkosten langfristig senken und folglich unseren weltweiten Markterfolg weiter erhöhen können, wodurch zusätzliche Arbeitsplätze an unserem Wiener Produktionsstandort entstehen”, sagt Röhl.

Gefährliche Zurückhaltung

„Wir sehen aktuell eine gewisse Zurückhaltung bei Investitionsentscheidungen - was angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten nachvollziehbar ist”, sagt Finanzierungsexpertin Petra Rauscher, die seit September neu im Vorstand der Wiener Kreditbürgschafts- und Beteiligungsbank (WKBG) ist. „Wer dauerhaft zögert, läuft Gefahr, durch ausbleibende Weiterentwicklung und Innovation Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren”, warnt Rauscher. Investitionen seien nicht nur Wachstumsimpulse, sondern auch entscheidend, um Innovationen umzusetzen, Produktionsprozesse effizienter zu gestalten und Fachkräfte langfristig zu binden. „Vor allem in technologieintensiven oder international aktiven Branchen kann zu langes Abwarten dazu führen, dass man von Mitbewerbern überholt wird”, sagt Rauscher. Unternehmen sollten daher Investitionen strategisch planen und sich gezielt absichern. „Eine kluge Finanzierung ist das Rückgrat jeder Investition”, sagt die WKBG-Vorständin. Unternehmen sollten darauf achten, dass Laufzeiten, Tilgungsstruktur und Kapitaldienst mit dem geplanten Projekt harmonieren. Ein Finanzierungsmix aus Eigenmitteln, klassischen Bankkrediten, Förderungen und Haftungsübernahmen könne helfen, Risiken zu streuen und die Bonität zu schonen. „Wichtig ist aber, dass dieser Mix die betriebliche Flexibilität nicht einschränkt”, sagt Rauscher. Das Ziel der WKBG sei es, dass gute Ideen nicht an finanziellen Hürden scheitern. „Doch nachhaltiges Wachstum braucht eine ebenso durchdachte Finanzierung wie ein gutes Risikomanagement”, sagt Rauscher. Investitionen müssten auf Basis fundierter Annahmen und der strategischen Unternehmensausrichtung vorbereitet werden. „Dazu gehört eine realistische Markt- und Liquiditätsplanung, aber auch ein klares Verständnis dafür, wie das Unternehmen mit möglichen Abweichungen umgehen würde”, sagt die Expertin. Unternehmen sollten sich nicht scheuen, frühzeitig externe Expertise beizuziehen.

Wiener Betriebe Innovation
© Bild: Quelle: Strukturbefragung zu Unternehmensfinanzierung - Fokus Wien. Marketmind im Auftrag von WK Wien und aws, 2025. 446 befragte Wiener Betriebe.