Wirtschaftsstandort Brunei
Brunei zwischen Tradition und Transformation – Perspektiven für österreichische Unternehmen
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BruneiBrunei Darussalam zählt pro Kopf zu den wohlhabendsten Ländern der Welt und das trotz seiner überschaubaren Größe. Mit knapp unter 500.000 Einwohnern verfügt das Sultanat über eine hochentwickelte und rohstoffreiche Wirtschaft, deren Einnahmen traditionell auf den Export von Erdöl und Erdgas basieren. Diese Einnahmen haben es dem Land ermöglicht, ein stabiles Wirtschaftssystem mit attraktiven steuerlichen Rahmenbedingungen und hoher Kaufkraft zu entwickeln – ein idealer Nährboden für Importe und internationale Geschäftspartnerschaften.
Im Jahr 2024 wurde das neue Salman-Ölfeld in Betrieb genommen, was zu einem temporären Wirtschaftswachstum von 4,2 % führte – dem stärksten seit 25 Jahren. Für 2025 prognostiziert der Bericht Two-Year Forecast: Brunei der Economist Intelligence Unit (EIU) ein BIP-Wachstum von 3 %, für 2026 von 2,8 %. Dies ist ein Zeichen der nachlassenden Dynamik im Ölsektor. Der petrochemische Ausbau, vor allem durch den von China finanzierten Hengyi-Komplex, bringt jedoch neuen Schwung in die Industrieentwicklung.
Zudem ist die wirtschaftliche Gesamtlage stabil. Die Inflation blieb niedrig und die Preise gingen 2024 sogar leicht zurück. Auch am Arbeitsmarkt zeigt sich eine erfreuliche Entwicklung: Mit 4,8 % wurde laut dem Brunei Economic Outlook 2025 des Centre for Strategic and Policy Studies (CSPS) der niedrigste Stand der Arbeitslosenquote seit über 30 Jahren erreicht.
Besonders bemerkenswert ist, dass der Nicht-Öl-und-Gas-Sektor im Jahr 2024 erstmals mehr als 50 % zum Bruttoinlandsprodukt beitrug – ein deutliches Signal für den erfolgreichen Strukturwandel.
Rückgang im Außenhandel, aber positive Leistungsbilanz
Der Einbruch der Weltmarktpreise für Öl und Gas spiegelt sich in den Exportzahlen wider: So sanken die Warenausfuhren im ersten Quartal 2025 um 15,7 % laut Economist Intelligence Unit (EIU). Auch die Importe gingen zunächst um 17,3 % zurück, dürften im Jahresverlauf aufgrund steigender Konsumausgaben und Bauinvestitionen jedoch wieder ansteigen.
Trotz dieser Entwicklung bleibt Brunei im Plus: Die Leistungsbilanz weist 2025 voraussichtlich einen Überschuss von 9,9 % des BIP aus, 2026 werden es voraussichtlich noch 6,6 % sein. Die Handelsbilanz bleibt somit positiv, was ein wichtiges Signal für internationale Investoren und Exporteure ist. Gleichzeitig muss das Sultanat jedoch rückläufige Staatseinnahmen verkraften: Das Haushaltsdefizit lag 2024 bei über 12 % des BIP.
Diversifizierung bringt neue Dynamik
Brunei ruht sich nicht auf seinen Rohstoffvorkommen aus. Im Gegenteil: Die Regierung verfolgt ambitionierte Pläne, um die Wirtschaft des Landes breiter aufzustellen und neue Impulse zu setzen. So fließen in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen in Zukunftsbranchen. Besonders im Tourismus sowie im Hospitality-Sektor sollen neue Angebote geschaffen und internationale Gäste gezielt angesprochen werden. Gleichzeitig rücken erneuerbare Energien und moderne Umwelttechnologien in den Fokus, um langfristige Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen zu verringern.
Die Diversifizierungsstrategie konzentriert sich außerdem auf Schlüsselbranchen wie Halal-Produktion, Petrochemie, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Landwirtschaft.
Auch in der Lebensmittelverarbeitung und der Agrartechnik setzt Brunei auf Innovation und internationale Partnerschaften, um die eigene Versorgungssicherheit zu stärken. Ergänzend dazu werden das Gesundheitswesen und der Bildungsbereich massiv ausgebaut, mit dem Ziel, moderne Strukturen zu schaffen und qualifizierte Fachkräfte für die Zukunft auszubilden.
Gerade diese Entwicklungen bieten für österreichischen Unternehmen zahlreiche Chancen. Ob technologische Lösungen, hochwertige Ausrüstung oder branchenspezifisches Know-how – Brunei zeigt sich offen für internationale Expertise.
Ein starker Partner in Südostasien
Brunei ist Mitglied der ASEAN und somit gut in die dynamische Wirtschaftsregion Südostasien eingebunden. Über seine enge Kooperation mit Singapur – inklusive einer eins:eins gekoppelten Währung – bietet Brunei einen verlässlichen wirtschaftlichen Zugang zu regionalen Märkten mit hoher Nachfrage. Der laufende Ausbau von Infrastrukturprojekten wie dem Hafen Muara oder neuen Luftverbindungen innerhalb (Südost-) Asiens stärkt Brunei als logistischen Knotenpunkt.
Attraktive Rahmenbedingungen für Importeure
Brunei gilt als einer der unternehmensfreundlichsten Standorte Südostasiens und das aus gutem Grund: Das Sultanat verzichtet vollständig auf die Einkommensteuer für Privatpersonen und erhebt keine Abgaben auf Exporte, Kapitalgewinne oder die Produktion von Waren. Auch indirekte Steuern wie Mehrwert- oder Kapitalertragsteuer fehlen. Außerdem beträgt die Körperschaftssteuer lediglich 18,5%.
Darüber hinaus ermöglicht Brunei in zahlreichen Sektoren eine 100 %ige Auslandsbeteiligung und bietet gezielte steuerliche Anreize für ausländische Investoren. Damit positioniert sich das Land als attraktives Ziel für Direktinvestitionen und neue Unternehmensgründungen.
Auch politisch bietet Brunei stabile und berechenbare Rahmenbedingungen. Das Sultanat wird seit Jahrzehnten von Sultan Hassanal Bolkiah regiert, der alle zentralen Regierungsfunktionen innehat. Eine künftige Thronfolge durch Kronprinz Billah Bolkiah ist bereits absehbar, ohne dass größere politische oder wirtschaftliche Richtungswechsel zu erwarten sind.
In der Außenpolitik setzt Brunei auf bewährte Partnerschaften etwa mit den ASEAN-Staaten, Singapur, China und den USA. Für internationale Unternehmen bedeutet das langfristige Planungssicherheit in einem wachstumsorientierten, wirtschaftsnahen Umfeld.
Wirtschaftsbeziehungen im Aufwind
In den letzten Jahren hat sich Brunei zunehmend offen für internationale Kooperationen gezeigt, was auch Potenzial für österreichische Produkte und Technologien bietet. Der Außenhandel zwischen beiden Ländern entwickelt sich projektbezogen schwankend auf moderatem Niveau. Österreich exportiert vor allem Personenkraftwagen, Bekleidung, Meß-, Prüf- und Kontrollgeräte sowie pharmazeutische Produkte nach Brunei. Gleichzeitig verfolgen einige österreichische Unternehmen, den Markt aktiv zu sondieren, Kontakte zu knüpfen und lokale Partnerschaften aufzubauen.
Gezielte Nachfrage trifft österreichische Stärken
Gerade in den Bereichen, in denen Brunei seine wirtschaftlichen Strukturen modernisiert, ergeben sich konkrete Chancen für österreichische Unternehmen. Gefragt wären Technologien und Ausstattungen im Maschinen- und Anlagenbau – insbesondere für die petrochemische Industrie, die Lebensmittelverarbeitung und weitere verarbeitende Sektoren. Auch umweltfreundliche und klimaschonende Lösungen sind stark gefragt, da Brunei seine Nachhaltigkeitsziele konsequent verfolgt und „Green Economy“-Projekte vorantreibt.
Zusätzlich gewinnt der Tourismus an Bedeutung, mit Fokus Wellness und Nachhaltigkeit. Hier steigt der Bedarf an moderner Hotelausstattung, digitaler Gästebetreuung und Schulungslösungen für das Personal. Gleichzeitig wächst das Interesse an pharmazeutischen Produkten, medizinischer Ausrüstung und hochwertigen Bildungskonzepten – ein Feld, in dem österreichische Anbieter:innen einges beitragen könnten.
Arbeiten in Brunei – was es zu beachten gilt
Für Fachkräfte aus dem Ausland gelten in Brunei klare Regeln. Eine Arbeitserlaubnis ist erforderlich und wird vom lokalen Arbeitgeber beantragt. Voraussetzung ist, dass die eingebrachten Qualifikationen nicht in ausreichendem Maß im Inland vorhanden sind. Damit richtet sich der Arbeitsmarkt gezielt an hochqualifizierte Fachkräfte.
Für kurzfristige Einsätze stehen zwei spezielle Visa zur Verfügung: Der Special Authorisation Work Pass ermöglicht projektbezogene Tätigkeiten bis zu zwölf Monaten – jedoch ohne Verlängerungsmöglichkeit. Für kürzere Aufenthalte von bis zu drei Monaten bietet das Professional Visit Visa eine Lösung, insbesondere für Meetings, Schulungen oder beratende Tätigkeiten. Auch dieses Visum ist nicht verlängerbar. Beide Optionen bieten jedoch flexible Rahmenbedingungen für temporäre Einsätze oder gezielte Projektarbeit vor Ort.
Fazit: Klein, aber strategisch interessant
Brunei mag als Markt überschaubar wirken - doch für Unternehmen, die gezielt nach spezialisierten Chancen und geringerem internationalen Wettbewerb suchen, bietet das Sultanat ein stabiles, investitionsfreundliches und wachstumsorientiertes Umfeld. Die Kombination aus politischer Kontinuität, steuerlicher Attraktivität und staatlich geförderten Zukunftsprojekten macht Brunei zu einem interessanten Ziel in Südostasien. Gerade für österreichische Unternehmen mit technologischer Kompetenz und nachhaltigem Fokus ergeben sich hier Chancen. Das AußenwirtschaftsCenter Kuala Lumpur hilft Ihnen dabei gerne mit fachlicher Beratung, Kontakten vor Ort und gezielter Unterstützung beim Markteintritt weiter.