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Drittstaatensubventionsverordnung

EU-Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (Foreign Subsidies Regulation, FSR)

Lesedauer: 6 Minuten

Internationaler Handel und Investitionen sind Eckpfeiler der globalen Wirtschaft und bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Produkte und Dienstleistungen weltweit zu vertreiben. Bisher konnte die EU durch drittstaatliche Subventionen hervorgerufene Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt nur über Antisubventionszölle ausgleichen. Dieses Instrument greift in vielen Fällen jedoch zu kurz. Aus diesem Grund hat die EU für einen besseren Schutz des Binnenmarktes eine bisher weltweit einmalige Regelung zur Kontrolle von Drittstaatssubventionen in Kraft zu setzen, die EU-Drittstaatensubventionsverordnung (Foreign Subsidies Regulation, FSR).

Rechtsakt (EU-Verordnung)

Verordnung (EU) 2022/2560 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (ABl. L 330, 23. Dezember 2022)

Sinn und Zweck

Die EU-Drittstaatensubventionsverordnung zielt darauf ab, faire Wettbewerbsbedingungen zwischen europäischen Unternehmen und Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten sicherzustellen. Sie ist am 12. Januar 2023 in Kraft getreten und wird seit dem 12. Juli 2023 angewendet.

Die Verordnung ermöglicht es der Europäischen Kommission („Kommission“) die umfassende Prüfung von Drittstaatssubventionen, die sich auf den Wettbewerb in der EU auswirken können. Sie gibt der Kommission die Möglichkeit, sehr weit gefasste Abhilfemaßnahmen anzuordnen.

Darüber hinaus gelten seit dem 12. Oktober 2023 umfangreiche Anmeldepflichten für Unternehmen, die Transaktionen durchführen oder sich an öffentlichen Ausschreibungen in der EU beteiligen wollen. Für die Durchführung der Anmeldungen müssen Unternehmen weltweit detaillierte Daten über die erhaltenen finanziellen Zuwendungen erarbeiten. Bis heute sind solche Daten bei den meisten Unternehmen nicht ohne weiteres verfügbar. Die Daten können auch nicht schnell und umfassend über die bestehenden Systeme zusammengetragen werden.

Das bedeutet, dass die Identifizierung und Zusammentragung der Daten einen erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordert. Es ist schwierig, die erforderlichen Daten in der begrenzten Zeit zusammenzutragen, die im Zuge eines Deals oder eines Vergabeverfahrens zur Verfügung stehen. Unternehmen sind gut beraten, sich frühzeitig mit diesem Thema auseinanderzusetzen, um bestmöglich auf den Abschluss eines Deals vorbereitet zu sein.

Geltungsbereich und Anwendung

Die EU-Drittstaatensubventionsverordnung gilt für sämtliche Wirtschaftstätigkeiten innerhalb der Europäischen Union und umfasst auch die Anmeldepflichten für bestimmte Zusammenschlüsse und öffentliche Vergabeverfahren.

Prüfungsbefugnisse der Europäischen Kommission

Die Verordnung räumt der Europäischen Kommission umfangreiche Prüfungsbefugnisse ein, um die erforderlichen Informationen zu erlangen und Wettbewerbsverfälschungen durch Subventionen aus Drittstaaten festzustellen.

Die Kommission kann

  • Auskunftsverlangen an Unternehmen stellen,
  • Marktuntersuchungen durchführen und
  • Nachprüfungen innerhalb und außerhalb der EU durchführen.

Zudem kann sie auf Marktinformationen zurückgreifen, die von Unternehmen, Mitgliedstaaten und anderen Beteiligten zur Verfügung gestellt werden.

Vier zentrale Instrumente der Kommission

Die Verordnung sieht vier zentrale Instrumente vor, die von der Kommission angewendet werden können:

1. Genehmigungspflicht für Zusammenschlüsse

Unternehmen dürfen geplante anmeldepflichtige Transaktionen erst vollziehen, wenn diese bei der Europäischen Kommission angemeldet und von dieser freigegeben wurden. Anmeldetatbestände sind die

  • Fusion,
  • der Mehrheits- bzw. Kontrollerwerb und
  • die Gründung eines Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmen.

Eine Transaktion ist anmeldepflichtig, wenn mindestens eines der fusionierenden Unternehmen, das erworbene Unternehmen oder das Gemeinschaftsunternehmen in der EU niedergelassen ist und in der EU einen Gesamtumsatz von mindestens EUR 500 Mio. erzielt und die Parteien insgesamt in den letzten drei Jahren mehr als EUR 50 Mio. an finanziellen Zuwendungen durch einen Drittstaat erhalten haben.

Bei der Beurteilung, ob eine drittstaatliche Subvention für einen Zusammenschluss den Binnenmarkt verzerrt, ist die Beurteilung auf diesen Zusammenschluss beschränkt. Bei der Beurteilung werden ausschließlich drittstaatliche Subventionen berücksichtigt, die in den drei Jahren vor Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteiligung gewährt wurden.

2. Meldungspflicht für öffentliche Vergabeverfahren

Unternehmen müssen ihre Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren bei der Kommission melden, wenn der geschätzte Auftragswert mindestens EUR 250 Mio. beträgt (oder EUR 125 Mio. bei einer Aufteilung in Lose) und die drittstaatliche finanzielle Zuwendung pro Drittstaat EUR 4 Mio. oder mehr beträgt.

Die Kommission kann in solchen Verfahren die Erteilung des Zuschlags an Unternehmen, die den Binnenmarkt verzerrende Subventionen erhalten, untersagen.

Als drittstaatliche Subventionen, die ein öffentliches Vergabeverfahren verzerren oder zu verzerren drohen, sind drittstaatliche Subventionen zu verstehen, die einen Wirtschaftsteilnehmer in die Lage versetzen, ein ungerechtfertigt günstiges Angebot einzureichen.

Die Beurteilung, ob eine Verzerrung auf dem Binnenmarkt vorliegt und ob ein Angebot ungerechtfertigt günstig ist, beschränkt sich auf das jeweilige öffentliche Vergabeverfahren.

3. Eigeninitiative der Kommission

Die Kommission kann auf eigene Initiative Informationen aus allen Quellen über mutmaßlich den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen prüfen. Relevant sind alle finanziellen Zuwendungen von bis zu 10 Jahren (frühestens jedoch 12. Juli 2018), die nach dem 12. Juli 2023 den Binnenmarkt verzerren. Typischerweise liegt keine Verzerrung vor, wenn weniger als EUR 4 Mio. innerhalb von 3 Jahren gewährt wurden bzw. die Voraussetzungen für De-minimis-Beihilfen erfüllt sind.

4. Marktuntersuchungen

Im Rahmen von Marktuntersuchungen kann die Kommission ganze Wirtschaftszweige auf drittstaatliche Subventionen hin untersuchen. Hierzu können Unternehmen in diesem Wirtschaftszweig befragt werden und auch Nachprüfungen durchgeführt werden. Daneben kann die Kommission auch Mitgliedstaaten und Drittstaaten befragen. Mit dem Ergebnis der Untersuchung veröffentlicht die Kommission einen Bericht über die Ergebnisse der Marktuntersuchung. Die erlangten Informationen können sodann in Einzelverfahren verwendet werden.

Sanktionen und Abhilfemaßnahmen

Für angemeldete Transaktionen gilt während einer laufenden Überprüfung bis zur Genehmigung durch die Kommission eine Stillhalteverpflichtung. Bei öffentlichen Ausschreibungen, die die Anmeldeschwellen überschreiten, kann die Zuschlagserteilung erst nach Zulassung der entsprechenden Bieter durch die Kommission erfolgen. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann mit erheblichen Geldbußen geahndet werden, die sich auf einen Betrag bis zu 10 % des jährlichen Gesamtumsatzes des betreffenden Unternehmens belaufen können. Zudem ist die Kommission ermächtigt, den Vollzug eines subventionierten Zusammenschlusses oder die Vergabe eines Auftrags an einen subventionierten Bieter für ungültig zu erklären, falls sie feststellt, dass Subventionen die Transaktionen oder ihr Angebot beeinflusst haben.

Bei der Prüfung der wettbewerbsverzerrenden Wirkung einer Subvention aus Drittstaaten im Binnenmarkt findet eine Abwägung ihrer negativen Auswirkungen gegen ihre positiven Auswirkungen in Form der Entwicklung der jeweils subventionierten Wirtschaftstätigkeit durch die Kommission statt. Dies kann zur Verhängung von Abhilfemaßnahmen führen, wenn eine Verzerrung des Binnenmarktes festgestellt wird. Bei Fusionsprüfungen konzentriert sich die Kommission ausschließlich auf die Auswirkungen drittstaatlicher Subventionen im Zusammenhang mit einer bestimmten Transaktion. Im Rahmen der Untersuchung von Vergabeverfahren wird analysiert, ob drittstaatliche Subventionen den Bieter in die Lage versetzen, ein wettbewerbswidrig günstiges Angebot zu legen.

Mögliche Abhilfemaßnahmen sind:

  • Bei der Prüfung von Fusionen und Angeboten im Rahmen von Vergabeverfahren können Unternehmen Verpflichtungszusagen anbieten, sind jedoch nicht dazu verpflichtet. Die Kommission kann jedoch Transaktionen untersagen oder einen Bieter ausschließen. Im ex-officio-Verfahren kann die Kommission auch ohne Zustimmung der Unternehmen Abhilfemaßnahmen auferlegen (Artikel 11 Absatz 2 FSR). Diese müssen verhältnismäßig sein.
  • Explizit genannte Beispiele:
    • Gewährung von Zugang zu Infrastruktur
    • Verringerung von Kapazität oder Marktpräsenz, ggf. durch vorübergehende Beschränkung der Geschäftstätigkeit
    • Verzicht auf bestimmte Investitionen
    • Lizenzvergabe zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen
    • Veröffentlichung der Ergebnisse von Forschung und Entwicklung
    • Veräußerung bestimmter Vermögenswerte
    • Anordnung, den Zusammenschluss rückgängig zu machen
    • Rückzahlung der drittstaatlichen Subvention, einschließlich einer angemessenen Verzinsung
    • Anordnung, die Governance-Struktur anzupassen.
    • Außerdem: Möglichkeit, weitergehende Pflicht zur Information über Zusammenschlüsse oder Vergabeverfahren festzusetzen (Artikel 8 FSR)

Handlungsbedarf für Unternehmen

Zunächst sollten Unternehmen, die Transaktionen oder die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen in der EU oder den EU-Mitgliedstaaten planen, damit beginnen, Daten über drittstaatliche finanzielle Zuwendungen zusammenzutragen. Sodann müssen die Unternehmen bei geplanten Transaktionen prüfen, ob eine Anmeldepflicht besteht und wenn dem so ist, ausreichend Zeit einplanen, um dieser Pflicht nachzukommen. Das Gleiche gilt, wenn ein Unternehmen beabsichtigt, sich an einer öffentlichen Ausschreibung zu beteiligen. Darüber hinaus sollten Unternehmen die Ermittlungsaktivitäten der Kommission auf Relevanz für ihre Geschäftsaktivitäten im Auge behalten.

Bewertung der globalen ausländischen Finanzbeiträge

  • Drei Bereiche: Zuwendungen/Darlehen, Steuern und kommerzielle Verträge
  • Priorisieren Sie die relevanten Länder, nutzen Sie sichere Häfen
  • Nutzen Sie bestehende Berichtslinien (Steuern, DAC 6, Buchhaltung etc.)
  • Nutzen und passen Sie IT-Tools an

Auswertung der Anforderungen für Fusionen

  • Sorgen Sie für deal readiness, wenn relevante Transaktionen nicht ausgeschlossen werden können
  • Ermitteln Sie, ob finanzielle Beiträge die Transaktionen beeinflussen

Prüfung der Meldepflicht bei Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren

  • Prüfen Sie, ob dies für Ihr Unternehmen relevant ist
  • Passen Sie bestehende Prozesse an
  • Ermitteln Sie, ob sich finanzielle Beiträge auf ein bestimmtes Angebot auswirken

Aktive Überwachung der Meldeverfahren und der Überprüfung(en) von Amts wegen

  • Unterrichten Sie den Vorstand über das Risiko einer Notifizierung von Amts wegen, insbesondere bei großen Projekten
  • Monitoren Sie die Untersuchungen der EU-Kommission in Ihrem Sektor oder in Bezug auf Maßnahmen, von denen Ihr Unternehmen profitiert hat (z.B. Gesetz zur Inflationsbekämpfung)

Bestehen hinsichtlich der Meldepflichten Unsicherheiten, ist eine Rücksprache mit der Kommission zu empfehlen:

Um etwaige Sanktionen zu vermeiden, sollten sich Unternehmen rechtzeitig über ihre Pflichten im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen und öffentlichen Vergabeverfahren informieren.

Stand: 14.11.2025