Aktueller Stand der Sanktionen gegen Niger

Überblick über die restriktiven Maßnahmen der EU

Lesedauer: 4 Minuten

Angesichts der sehr ernsten Lage in Niger, die den internationalen Frieden und die Sicherheit in der Region bedroht, hat die EU am 23. Oktober 2023 mit dem Beschluss (GASP) 2023/2287 und der Verordnung (EU) 2023/2406 einen speziellen Rahmen für restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen geschaffen werden, die für Handlungen verantwortlich sind, die den Frieden, die Stabilität oder die Sicherheit Nigers bedrohen, die verfassungsmäßige Ordnung, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit Nigers untergraben — insbesondere diejenigen, die für die willkürliche Inhaftierung von demokratisch gewählten Staatsorganen Nigers verantwortlich sind — oder schwere Menschenrechtsverletzungen und -verstöße oder Verstöße gegen das geltende humanitäre Völkerrecht in Niger darstellen, sowie gegen mit ihnen in Verbindung stehende natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen.

Dieser Rahmen umfasst nachfolgende restriktiven Maßnahmen, die aber derzeit noch nicht zur Anwendung kommen, da der Anhang der relevanten Rechtsakte noch keine Liste von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen beinhaltet. 

Finanzsanktionen/Personenbezogene Sanktionen

Einreise-/Durchreiseverbot in/durch die EU

Beschluss 2023/2287/GASP idgF sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen, die die Einreise in oder die Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet der im Anhang des Beschlusses genannten Personen untersagen.

Finanzsanktionen

Es werden sämtliche Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren, die im Besitz, im Eigentum, in der Verfügungsgewalt oder unter der Kontrolle der im Anhang I der Verordnung 2023/2406 idgF aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen sind.

Diesen Personen, Organisationen und Einrichtungen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder ihnen zugutekommen. Dies gilt nicht für auf den eingefrorenen Konten gutgeschriebene

  1. Zinsen und sonstige Erträge dieser Konten, sofern diese Zinsen oder sonstigen Erträge nach Artikel 2 Absatz 1 eingefroren werden,
  2. Zahlungen aufgrund von Verträgen, Vereinbarungen oder Verpflichtungen, die vor dem Tag geschlossen wurden bzw. entstanden sind, an dem die in Artikel 2 genannte natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung in Anhang I aufgenommen wurde, sofern diese Zahlungen nach Artikel 2 Absatz 1 eingefroren werden, oder
  3. Zahlungen aufgrund von in einem Mitgliedstaat ergangenen oder in dem betreffenden Mitgliedstaat vollstreckbaren gerichtlichen, behördlichen oder schiedsgerichtlichen Entscheidungen, sofern diese Zahlungen nach Artikel 2 Absatz 1 eingefroren werden.

Diese Verbote finden keine Anwendung auf die Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen, die notwendig sind, um die rasche Bereitstellung humanitärer Hilfe zu gewährleisten oder andere Tätigkeiten zur Deckung grundlegender menschlicher Bedürfnisse zu unterstützen, wenn diese Hilfe bzw. die anderen Tätigkeiten durchgeführt werden von

  1. den Vereinten Nationen, einschließlich ihrer Programme, Fonds und sonstigen Einrichtungen und Stellen, sowie ihren Sonderorganisationen und verwandten Organisationen;
  2. internationalen Organisationen;
  3. humanitäre Hilfe leistenden Organisationen mit Beobachterstatus in der Generalversammlung der Vereinten Nationen und Mitgliedern dieser Organisationen;
  4. bilateral oder multilateral finanzierten nichtstaatlichen Organisationen, die sich an den Plänen der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen, den Plänen für Flüchtlingshilfemaßnahmen oder anderen Appellen der Vereinten Nationen oder an vom Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) koordinierten humanitären ‚Clustern‘ beteiligen;
  5. Organisationen und Agenturen, denen die Union das Zertifikat für humanitäre Partnerschaft erteilt hat oder die von einem Mitgliedstaat als Partner für humanitäre Hilfe nach nationalen Verfahren zertifiziert oder anerkannt sind,
  6. spezialisierten Agenturen der Mitgliedstaaten oder
  7. den Beschäftigten, Zuschussempfängern, Tochtergesellschaften oder Durchführungspartnern der in den Buchstaben a bis f genannten Einrichtungen, während und soweit sie in dieser Eigenschaft tätig sind.

Abweichend davon können die zuständigen Behörden unter bestimmten Bedingungen die Freigabe oder die Bereitstellung bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen.

Ansprüche in Verbindung mit einem Vertrag oder einer Transaktion, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise betroffen ist, darunter Schadensersatzansprüche oder ähnliche Ansprüche, wie Entschädigungs- oder Garantieansprüche, vor allem Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer Obligation, einer Garantie oder Gegengarantie, insbesondere einer finanziellen Garantie oder Gegengarantie, in jeglicher Form, werden nicht erfüllt, wenn sie geltend gemacht werden von

  1. den aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen,
  2. natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die über eine der genannten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder in deren Namen handeln.

In Verfahren zur Durchsetzung eines Anspruchs trägt die natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung, die den Anspruch geltend macht, die Beweislast dafür, dass die Erfüllung des Anspruchs nicht verboten ist.

Diese Bestimmung berührt nicht das Recht der genannten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen auf gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Nichterfüllung vertraglicher Pflichten nach der EU-Verordnung.

Geltungsbereich

Die restriktiven Maßnahmen gelten

  1. im Gebiet der Union einschließlich ihres Luftraums,
  2. an Bord der Luftfahrzeuge und Schiffe, die der Hoheitsgewalt der Mitgliedstaaten unterstehen,
  3. für alle natürlichen Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, innerhalb und außerhalb des Gebiets der Union,
  4. für alle nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten oder eingetragenen juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen,
  5. für alle juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen hinsichtlich aller Geschäfte, die ganz oder teilweise in der Union getätigt werden.

Umgehungsverbot

Es ist Verboten wissentlich und vorsätzlich an Aktivitäten teilzunehmen, mit denen die Umgehung der restriktiven Maßnahmen bezweckt oder bewirkt wird.

Haftungsausschluss

Natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen sowie ihre Führungskräfte und Beschäftigten, die im guten Glauben und im Einklang mit den EU-Verordnungen, Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen einfrieren oder ihre Bereitstellung ablehnen, können hierfür nicht haftbar gemacht werden, es sei denn, dass Einfrieren oder Zurückhalten der Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen ist nachweislich auf Fahrlässigkeit zurückzuführen. 

Natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen können für ihr Handeln nicht haftbar gemacht werden, wenn sie nicht wussten und keinen vernünftigen Grund zu der Annahme hatten, dass sie mit ihrem Handeln gegen die Maßnahmen nach den EU-Verordnungen verstoßen.

Rechtsquellen

Verordnung (EU) 2023/2406 vom 23. Oktober 2023 

Beschluss (GASP) 2023/2287 vom 23. Oktober 2023 

Hinweis

Neben den oben dargestellten besonderen embargorechtlichen Bestimmungen bleiben die personenbezogenen Embargos (Menschenrechtsverstöße, Terrorismus, Verbreitung/Einsatz von Chemiewaffen, Cyber-Angriffe gegen die EU und ihre Mitgliedsstaaten) sowie die allgemeinen Ausfuhrkontrollregelungen zusätzlich anwendbar (z.B. EU-Dual Use-Verordnung).

Alle Angaben erfolgen trotz sorgfältigster Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Wirtschaftskammern Österreichs ist ausgeschlossen. Bei allen personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.

Stand: 31.10.2023

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