EU-Entgelttransparenz-Richtlinie
Was Unternehmen jetzt wissen müssen und vorbereiten können
Lesedauer: 3 Minuten
Bis Juni 2026 muss die EU-Entgelttransparenz-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Ziel der Richtlinie ist es, Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen durch mehr Transparenz und neuen Durchsetzungsmechanismen zu verringern:
Im Nachfolgenden soll ein kurzer Überblick über den Inhalt der Richtlinie gegeben werden:
Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit
Unternehmen müssen zunächst Vergütungsstrukturen etablieren und definieren, die gleiches Entgelt für „gleiche oder gleichwertige Arbeit“ gewährleisten. Dabei sind objektive, geschlechtsneutrale Kriterien wie Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen anzuwenden, um Diskriminierung auszuschließen. Kollektivverträge erleichtern dies, fordern aber eine genaue Prüfung unterschiedlicher Tätigkeiten.
Informations- und Auskunftsrechte von Bewerbern und aktiven Dienstnehmern
- Bewerber: Arbeitgeber müssen spätestens vor dem Bewerbungsgespräch über das Einstiegsgehalt und relevante Kollektivvertragsbestimmungen informieren. In Österreich besteht bereits die Pflicht zur Angabe des Mindestentgelts in Stellenanzeigen, es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Umsetzung der Richtlinie ins nationale Recht zusätzliche Anforderungen bringt.
- aktive Beschäftigte: Arbeitnehmer haben künftig das Recht, das Durchschnittsentgelt ihrer Vergleichsgruppe – getrennt nach Geschlecht – zu erfahren. Aus Dienstgebersicht ist daher ein Bewertungssystem einzuführen und die gleichwertige Tätigkeit zu bestimmen. Dem Dienstnehmer ist binnen zwei Monaten schriftlich Auskunft zu erteilen.
Einkommensanalysen und -berichte
Abhängig von der Beschäftigtenanzahl müssen die Dienstgeber in regelmäßige Abständen Berichte über das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle erstellen und zugänglich machen:
- Unternehmen ab 100 Mitarbeitern erstmalig bis zum 07.06.2031 (alle drei Jahre)
- Unternehmen ab 150 Mitarbeitern erstmalig bis zum 07.06.2027 (alle drei Jahre)
- Unternehmen ab 250 Mitarbeitern erstmalig bis zum 07.06.2027 (jährlich)
Betroffene Unternehmen müssen in den genannten Intervallen die Einkommen auswerten und die Ergebnisse an die so genannte Überwachungsstelle übermitteln, die diese wiederum veröffentlicht. Die Berichte umfassen u.a. das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle in jeder Vergleichsgruppe. Die Aussagekraft der Berichte dürfte begrenzt sein, weil sie nur die unbereinigten Differenzen ohne mögliche Begründung enthalten.
Es geht bei den Berichten aber auch um konkrete Maßnahmen: Grundsätzlich ist bei ungerechtfertigten Einkommensunterschieden zwischen den Geschlechtern Abhilfe zu schaffen. Konkret wird das aber erst ab einem Unterschied von 5%. Hier gibt es drei Optionen:
- Der Unterschied wird korrigiert oder
- er wird gerechtfertigt. Dabei ist zu beachten, dass selbst der EuGH in seiner Rechtsprechung Arbeit nur selten als gleichwertig anerkennt, weil in der Praxis verschiedene Kriterien zusammenkommen (zB Dienstalter, Arbeitsmarktlage und Schwierigkeit der Personalgewinnung, etc.). In diesem Sine dürften zur gleichwertigen Arbeit Unterschiede häufig rechtfertigbar sein.
- Gelingt das aber nicht, muss ein Unternehmen mit dem Betriebsrat eine gemeinsame Entgeltbewertung. Dabei sind die Unterschiede zu analysieren, Gründe zu prüfen und Abhilfe zu schaffen. Die Richtlinie nennt keine konkreten Maßnahmen, denkbar sind die Anpassung von Gehältern, die Überarbeitung von Entgeltsystemen, die Schaffung transparenter Bewertungsgrundlagen für Tätigkeiten und Schulungen sowie Sensibilisierung von Führungskräften.
Wie können sich Unternehmen auf die Umsetzung der Richtlinie vorbereiten?
Die Richtlinie gibt bereits sehr viel vor. Die nationale Umsetzung ist aber komplex, weshalb sie auch noch kein Mitgliedstaat vollzogen hat. Auch in Österreich liegt noch kein fixer Gesetzesentwurf vor.
Wie können sich Unternehmen in der Phase vorbereiten? Es stellen sich zwei Herausforderungen:
- Bezüglich der technisch-bürokratischen Umsetzung ist zu erwarten, dass Tools für die Einkommensauswertung von den Anbietern der Lohnverrechnungssoftware und betrieblicher Entlohnungssysteme geliefert werden, sobald das Gesetz steht.
- Bei der Überprüfung und gegebenenfalls Überarbeitung der Lohnstrukturen können sich Unternehmen schon jetzt vorbereiten, indem sie probehalber die Entgelte innerhalb der Beschäftigungsgruppen ihres Kollektivvertrages oder ihres betrieblichen Lohnschemas auswerten, und zwar insbesondere bezüglich der Geschlechterunterschiede. Ergibt sich eine Differenz über 5%, ist zu prüfen, ob diese mit objektiven Faktoren wie Dienstalter, Marktlage oder Überstunden begründet oder gerechtfertigt werden kann. Gelingt das nicht, sind Maßnahmen zur Verringerung des Unterschieds zu überlegen.
Derzeit liegt noch kein Gesetzesentwurf für Österreich vor (voraussichtlich im Frühjahr 2026). Da die Richtlinie in einigen Punkten Spielraum für die Mitgliedstaaten lässt und in Österreich bereits gesetzliche Regelungen zu einzelnen Aspekten bestehen, bleibt die konkrete Umsetzung abzuwarten. Unternehmen sind jedoch gut beraten, sich frühzeitig mit den neuen Anforderungen auseinanderzusetzen und die eigenen Entgeltstrukturen auf den Prüfstand zu stellen.