Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten, Fachverband

Verhaltensleitsätze für Versicherungsmakler

Verhaltenskodex für Vermittler und Berater im Versicherungswesen

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Standesregeln des Fachverbandes der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten gemäß Art. 120 b Abs. 1 B-VG in der Fassung BGBl. I 2/2008, § 47 Abs. 1 in Verbindung mit § 43 Abs. 3 Z 1 WKG, BGBl. I Nr. 103/1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 153/2001. 

Präambel

Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten sind aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse im Versicherungswesen, insbesondere ihrer Kenntnisse der versicherungsrelevanten Bestimmungen in verschiedenen Rechtsmaterien, ihrer Kenntnis des Versicherungsmarktes und ihrer Unabhängigkeit ausgezeichnete Berater ihrer Auftraggeber und Vermittler des nach den Umständen des Einzelfalls bestmöglichen Versicherungsschutzes.

Darüber hinaus sind sie der Garant für einen funktionierenden Wettbewerb auf dem österreichischen Versicherungsmarkt und mitverantwortlich für laufende Produktinnovationen im Interesse des österreichischen Versicherungskunden.

Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten sind als Versicherungsvermittler unabhängig von den Versicherern, mit denen sie jedoch zum Wohle ihrer Klienten und Auftraggeber im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere des Maklergesetzes und der Gewerbeordnung) ein korrektes Verhältnis (Zusammenarbeit) pflegen.

Die Standesregeln des Fachverbandes stellen eine Satzung im Sinne des Art. 120 b Abs. 1 B-VG dar. Sie sind für Mitglieder des Fachverbandes verbindlich, weil durch sie die Rechtsverhältnisse der Verbandsangehörigen in eigener Verantwortung hoheitlich gestaltet werden.

Sie dienen dazu, die fachlichen Interessen sowie die wirtschaftlichen, sozialen und humanitären Angelegenheiten der Mitglieder des Fachverbandes zu fördern, das Zusammengehö- rigkeitsgefühl der Mitglieder und deren Ansehen in der Gesellschaft allgemein und in der Versicherungswirtschaft im Besonderen zu stärken.

Im Sinne des Beschlusses des OGH vom 15.1.2013 zu 4 Ob 203/12 z stellen die Standesregeln zudem einen Verhaltenskodex im Sinne des § 1 Abs. 4 Z 4 UWG dar. Ein Verstoß gegen einen Verhaltenskodex kann grundsätzlich gemäß § 2 Abs. 3 Z 2 UWG eine irreführende Geschäftspraktik darstellen.

Anwendungsbereich

§ 1. Diese Standesregeln sind auf die gewerbliche Tätigkeit der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten gemäß § 94 Z 76 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 in der Fassung BGBl. I 42/2008, anzuwenden.

Allgemeine Bestimmungen

§ 2. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten sind verpflichtet, gegenüber ihren Kunden stets ehrlich, redlich und professionell in deren bestmöglichen Interesse zu handeln und ihre Tätigkeit mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers auszuüben. Sie sind verpflichtet, jedes standeswidrige Verhalten zu unterlassen.

§ 3. Standeswidrig ist ein Verhalten im Geschäftsverkehr mit den Auftraggebern, ein Verhalten anderen Berufsangehörigen gegenüber oder ein Verhalten den Versicherungsgesellschaften gegenüber, das geeignet ist, das Ansehen des Berufsstandes zu beeinträchtigen oder gemeinsame Interessen des Berufsstandes zu schädigen.

§ 4. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten sind befugt und verpflichtet, alles zu tun, was sie zur kompetenten und effizienten Beratung ihrer Kunden für richtig halten dürfen, sofern dies mit ihrem Auftrag, den Gesetzen und ihrem Gewissen vereinbar ist. Dies beinhaltet auch die Verpflichtung, einen Auftrag nur dann zu übernehmen, wenn geeignetes eigenes oder fremdes Personal für die professionelle Umsetzung des Auftrages auf hohem Niveau zur Verfügung steht.

§ 5. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten sind verpflichtet, allen gewerbe- und zivilrechtlichen Informations-, Auskunfts- und Registrierungspflichten sowie Protokollierungs- und Dokumentationsverpflichtungen nachzukommen.

Insbesondere sind sie bei Abschluss von Rechtsgeschäften verpflichtet, in ihren Geschäftspapieren offenzulegen, ob sie das Rechtsgeschäft persönlich oder im Namen der von ihnen vertretenen Gesellschaft abschließen (Offenlegungsprinzip). 

Berufliche und organisatorische Anforderungen

§ 6. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten müssen über die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen, die sie zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

§ 7. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten haben in ihrer Eigenschaft als Sachverständige der gesetzlich normierten Weiterbildungspflicht dergestalt nachzukommen, dass sie selbst ihr Versicherungsfachwissen, ebenso wie das Wissen um die rechtlichen Grundlagen der Berufsausübung stets auf dem aktuellen Stand halten. Zudem haben sie sicherzustellen, dass ihr mit der Kundenbetreuung betrautes Personal die gesetzliche Weiterbildungspflicht erfüllt.

§ 8. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten sind verpflichtet, eine für das gesamte Gebiet der Union geltende Berufshaftpflichtversicherung oder eine andere gleichwertige, die Haftpflicht bei Verletzung beruflicher Sorgfaltspflichten abdeckende Garantie in Höhe der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbeträge abzuschließen.

Verhalten gegenüber Auftraggebern

§ 9. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten verhalten sich im Geschäftsverkehr mit den Auftraggebern insbesondere dann standeswidrig, wenn sie im Rahmen ihrer Berufsausübung gegen zivilrechtliche oder gewerberechtliche bzw. andere ihren Berufsstand betreffende gesetzliche Vorschriften verstoßen.

§ 10. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten verhalten sich im Geschäftsverkehr mit den Auftraggebern weiters dann standeswidrig, wenn sie im Rahmen ihrer Berufsausübung

  1. einen Makler-Beratervertrag und/oder Versicherungsvertrag abschließen, ohne dem Auftraggeber unverzüglich nachweislich eine schriftliche Bestätigung über den wesentlichen Vertragsinhalt zu geben;
  2. Gelder, die sie vom Versicherungskunden für den Versicherer oder vom Versicherer für den Versicherungskunden entgegennehmen, nicht unverzüglich über streng getrennte, bei einem Kreditinstitut geführte Kundenkonten (Treuhandkonten) weiterleiten bzw. Barbeträge nicht unverzüglich auf diese Konten einzahlen;
  3. Gelder oder Urkunden rechtswidrig zurückbehalten;
  4. auf konkrete Anfragen des Kunden nicht innerhalb angemessener Frist antworten; als angemessen gilt grundsätzlich eine Frist von drei Wochen ab Zugang der Anfrage.
  5. Privatpersonen (im Sinne des § 57 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994, in der Fassung BGBl. Nr. 194/1994) in deren Wohnstätte aufsuchen, zu denen keine geschäftlichen Beziehungen bestehen, um Aufträge zu erhalten, ohne hierzu von diesen ausdrücklich aufgefordert worden zu sein.

§ 11. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten haben Interessenkonflikte und das Entstehen von Interessenkollisionen zu vermeiden und für Transparenz zu sorgen. Sie haben insbesondere die Übernahme eines Auftrages, wenn dieser mit den Berufspflichten nicht vereinbar ist, abzulehnen und die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich mitzuteilen. Desgleichen ist eine erst im Zuge der Auftragsbearbeitung entstehende Interessenkollision den Beteiligten unverzüglich mitzuteilen.

Verhalten gegenüber Versicherern

§ 12. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten verhalten sich bei der Ausübung ihres Gewerbes den Versicherungsgesellschaften gegenüber insbesondere dann standeswidrig, wenn sie vorsätzlich versuchen, sich oder einem anderen eine Versicherungsleistung widerrechtlich zu verschaffen oder sie es unterlassen, den Versicherer bei der Vertragsanbahnung über die ihnen bekannten oder erkennbaren Risiken zu informieren (§ 29 Maklergesetz in der Fassung BGBl. Nr. 262/1996).

Verhalten gegenüber anderen Mitbewerbern

§ 13. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten verhalten sich bei der Ausübung Ihres Gewerbes anderen Mitbewerbern gegenüber insbesondere dann standeswidrig, wenn sie

  1. den Wettbewerb untereinander nicht sachlich mit ehrlichen und anständigen Mitteln führen;
  2. im Geschäftsverkehr unlautere Geschäftspraktiken anwenden;
  3. in fremde Versicherungs- und Kundenbestände mit unlauteren Mitteln eindringen; als unlauter gilt insbesondere, wenn fremde Geschäftsgeheimnisse wie zum Beispiel Vertrags- und Kundendaten unrechtmäßig erlangt oder verwertet werden;
  4. Angebote, die einen Vergleich von Versicherungsprodukten enthalten, nicht sachlich richtig und wahrheitsgetreu oder unter Unterdrückung wesentlicher Tatsachen erstellen;
  5. mit natürlichen oder juristischen Personen in der Versicherungsvermittlung regelmäßig zusammenarbeiten, von denen sie bei Anwendung der entsprechenden Sorgfalt wissen müssen, dass diese die Versicherungsvermittlung ohne entsprechende gewerbliche Befugnis ausüben;
  6. unwahre oder herabsetzende Äußerungen über andere Berufsangehörige und andere Marktteilnehmer von sich geben;
  7. Werbung, insbesondere durch Werbeschriften, Werbeanzeigen oder sonstige Werbemittel, nicht eindeutig, klar verständlich und wahrheitsgetreu platzieren, um auf diese Weise den Wettbewerb auf unfaire Weise zu beeinflussen;
  8. Geschäftsführer oder Mitarbeiter eines Versicherungsmaklers und Beraters in Versicherungsangelegenheiten durch unlautere Mittel abwerben.

Unlauter ist auch eine planmäßige Abwerbung, die eine nachhaltige Schädigung des Mitbewerbers bezweckt, weiters die Herabsetzung eines Mitbewerbers und seiner Dienstleistungen zum Zweck der Abwerbung sowie die Abwerbung mit unwahren Äußerungen.

§ 14. Bei Streitfällen und Meinungsverschiedenheiten zwischen Berufsangehörigen haben die Beteiligten grundsätzlich zunächst eine einvernehmliche Lösung zu suchen. Ist eine einvernehmliche Lösung nicht möglich, haben sich diese an ihre zuständige Fachgruppe zu wenden, die unter Zuziehung aller Beteiligten einen Schlichtungsversuch zu unternehmen hat. Ist ein solcher erfolglos verlaufen oder sind Berufskollegen verschiedener Fachgruppen am Streitfall beteiligt, ist die Rechts- und Disziplinarkommission für Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten (RDK), eingerichtet mit Beschluss des Fachverbandsausschusses der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten vom 16.12.2015, zur Schlichtung anzurufen.

In diesem Fall steht der ordentliche Rechtsweg erst nach Ablauf von 6 Monaten ab Anrufung der RDK offen, wenn das Verfahren nicht früher beendet worden ist.

Verhalten gegenüber Behörden, Vermittleraufsicht, Verbraucherschutzorganisationen, Schlichtungsstellen, WKO und deren Teilorganisationen

§ 15. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten kooperieren unter Beachtung ihrer Verschwiegenheitspflicht mit Behörden, Vermittleraufsicht, Verbraucherschutzorganisationen, Einrichtungen zur außergerichtlichen Streitbeilegung sowie mit der WKO und deren Teilorganisationen.

Verschwiegenheit

§ 16. Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten sind zur Verschwiegenheit über alle im Rahmen ihrer Berufsausübung bekanntgewordenen Tatsachen verpflichtet. Sie haben auch ihre DienstnehmerInnen und sonstiges Personal zu dieser Verschwiegenheit zu verpflichten.

§ 17. Die Pflicht zur Verschwiegenheit besteht nicht, soweit die Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten gegenüber dem Auftraggeber Beratungs- und Aufklärungspflichten treffen oder dem Versicherer insbesondere bei der Vertragsanbahnung die erforderlichen Nachrichten zu geben sind (§ 29 Maklergesetz in der Fassung BGBl. Nr. 262/1996).

§ 18. Die Pflicht zur Verschwiegenheit besteht nicht, soweit den Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten gesetzliche Auskunftsverpflichtungen treffen.

§ 19. Die Pflicht zur Verschwiegenheit besteht nicht, soweit die Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten im Rahmen des § 16 Auskünfte zu erteilen haben und die Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten aufgrund des Auskunftsersuchens davon auszugehen haben, dass dieses Ersuchen im Auftrag des Kunden, dessen Interessen sie zu wahren haben, erfolgt.

§ 20. Zur Abwendung eigener straf-, zivil-, verwaltungsstrafrechtlicher oder disziplinärer Nachteile oder zur Durchsetzung oder Abwehr seiner mit der entfalteten Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Ansprüche, wie Honorarforderungen, Schadenersatz und dgl. sind die Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten jedoch berechtigt, die erforderlichen Angaben in einem hierfür unumgänglichen Ausmaß zu machen.

Schlussbestimmung

§ 21. Die Standesregeln wurden vom Fachverbandsausschuss der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten in der Sitzung vom 28.09.2016 beschlossen und vom Erweiterten Präsidium der WKÖ in seiner Sitzung vom 23.11.2016 genehmigt. Die Standesregeln treten am 01.01.2017 in Kraft.

Die Standesregeln einschließlich aller Änderungen sind im Internet, auf der Homepage des Fachverbandes, kundzumachen.

Stand: 05.01.2023