Omnibus I und EU-Klimaziel 2040: Verhandlungen kommen voran
In Brüssel rücken wichtige Reformen näher. Die Wirtschaft hofft auf echte Entlastungen und weniger Bürokratie ab 2026.
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Zwei wegweisende Legislativvorschläge der Europäischen Kommission haben in den letzten Tagen und Wochen wesentlichen Fortschritt gesehen. Sowohl beim Omnibus I, den Vereinfachungsvorschlägen rund um Nachhaltigkeitsberichterstattung und Lieferkettengesetz, als auch beim Klimaziel für 2040, sind die Verhandlungen zwischen Rat und Parlament angelaufen.
Mitte November einigte sich das Europäische Parlament auf eine Verhandlungsposition zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und zum Lieferkettengesetz. Im Bereich der sogenannten Corporate Sustainability Reporting Directive fordern sowohl Rat als auch Parlament eine höhere Schwelle von 450 Mio Euro Nettojahresumsatz sowie 1000 und 1750 Mitarbeiter respektive. Darunterliegende Unternehmen sollen nicht vom Geltungsbereich umfasst sein und nach dem freiwilligen VSME (Voluntary SME Standard) berichten können. Zur Erinnerung: Ursprünglich sollten auch börsennotierte KMU verpflichtend berichten. Der Anwendungsbereich der Corporate Sustainability Due Diligence Richtlinie soll auf Unternehmen mit über 5000 Mitarbeitern und über 1,5 Mrd Euro Nettojahresumsatz beschränkt werden – darin sind sich Rat und Parlament einig. Der ursprüngliche Text sieht einen wesentlichen größeren Unternehmenskreis vor, so wären Unternehmen bereits ab 1000 Mitarbeitern unter dieses Gesetz gefallen. Beide Institutionen fordern einen stärker risikobasierten Ansatz bei den Sorgfaltspflichten. Das Parlament möchte einen stärkeren Schutz von Unternehmen unter den genannten Schwellen erwirken, indem Informationsanfragen „gezielt, angemessen und verhältnismäßig“ nur im Falle, dass die Informationen nicht auf anderem Wege beschafft werden können gestellt werden. Darüber hinaus fordert das Parlament, den verpflichtenden Klimaplan zu streichen sowie als ultima ratio die Aussetzung des Vertragsverhältnisses mit dem Geschäftspartner vorzusehen – im Gegensatz zu Rat und der Kommission, die an der Vertragsauflösung als ultima ratio festhalten. Bei der Frage nach der Höhe der Sanktionen gibt es auch unterschiedliche Auffassungen. Einig scheint man sich jedoch bei der Frage der Haftung zu sein – diese soll weiterhin national geregelt werden.
Auch rund ums Klimaziel für 2040 gibt es bereits Gespräche zwischen den Institutionen. Sowohl Rat als auch Parlament einigten sich intern auf ein Ziel von 90 Prozent Treibhausgasemissionsreduktion bis 2040 (im Vergleich zu 1990). Beide Gesetzgeber fordern eine Überprüfung der Zielsetzung alle zwei Jahre unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie der Wettbewerbsfähigkeit. Ebenso sieht es nach einer zügigen Einigung im Bereich der Flexibilitäten aus – nach dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission, ab 2036 3 Prozent des Ziels mit anerkannten internationalen Zertifikaten zu erreichen, sehen Parlament und Rat die Erhöhung dieses Anteils auf 5 Prozent vor. Die Parlamentarier signalisieren auch Unterstützung für die Forderung der Mitgliedstaaten, den Emissionshandel 2 (ETS 2) für Gebäude und Straßentransport um ein Jahr von 2027 auf 2028 zu verschieben. Eine wichtige Forderung der Wirtschaft konnte die WKÖ erreichen: der Rat unterstreicht in seiner Positionierung die Forderung nach einer Verlangsamung des Reduktionspfades der freien Zuteilung von Emissionshandels-Zertifikaten. In Zeiten von exorbitant hohen Energie- und Lohnstückkosten würde die Aufrechterhaltung der freien Zuteilung einen planbareren und weniger abrupten Anstieg der CO2-Kosten für die energieintensive Industrie bedeuten.
Um die Erfolge rund um den Bürokratieabbau auf europäischer Ebene ist es recht bescheiden bestellt. Stand Dezember 2025 ist nur einer von insgesamt sechs bisherigen „Omnibussen“ in Kraft getreten. Die von der Kommission in Aussicht gestellten bis zu 9 Mrd Euro jährlichen Einsparungen für Unternehmen lassen damit bedauerlicherweise weiter auf sich warten. Eine Einigung zum Omnibus I noch in diesem Jahr, wäre ein wichtiger Schritt hin zu echter bürokratischer Entlastung der Industrie und der gesamten Wirtschaft. Auch andere Vorschläge sind auf der Zielgeraden und versprechen Entlastung ab 2026. Weitere Vorschläge, insbesondere rund um die komplexe und teilweise widersprüchliche Umweltgesetzgebung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren müssen folgen. Das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2026 nennt hier weitere Ideen, lässt jedoch bedauerlicherweise auf einer anderen Front den Ehrgeiz vermissen – nur sehr wenige der Vorschläge, die bereits seit mehreren Jahren in den Verhandlungen feststecken, werden zurückgezogen. Zwischen politischen Ankündigungen und beamtischer Realität besteht also weiterhin eine wahrnehmbare Kluft. Die Bundessparte Industrie wird sich in Brüssel weiterhin für spürbare Erleichterungen für unsere Industrieunternehmen einsetzen.
Autor: Clemens Rosenmayr