Jaeger
© KK/Andreas Jäger

„Wir knallen ungebremst gegen die Wand“

Der Klimawandel ist gekommen, um zu bleiben. Was das für Umwelt und Wirtschaft bedeutet, weiß Meteorologe Andreas Jäger.

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 22.02.2024

Von Claudia Blasi
Redakteurin „Kärntner Wirtschaft“
 



„Kärntner Wirtschaft“: Gerade Kärnten war von schweren Unwettern betroffen. Sturm, Hagel, Hochwasser und Dürre – wird das zur normalen Wetterprognose? 
Andreas Jäger: Ja, das bleibt jetzt. Die Luft wird immer wärmer, kann dadurch mehr Feuchtigkeit aufnehmen und es regnet stärker. Das extreme Wettergeschehen wird ganz klar zunehmen und ist keine Phase, die vorüberzieht.  

Was bedeutet das für ein Land, das stark vom Tourismus geprägt ist?
Das Winterkonzept muss überdacht werden, denn es wird vor allem in den Südalpen selbst zum Beschneien zu warm. Im Sommer kann es eine Chance sein, da es im Mittelmeerraum für einen Urlaub zu heiß sein wird, man aber in Kärnten vor der Hitze an die Seen und auf die Berge fliehen kann. 

Welche Auswirkungen hat der Klimawandel generell auf die Wirtschaft?
In erster Linie ist die Landwirtschaft betroffen. Doch auch die Wirtschaft wird die Auswirkungen wie Borkenkäfer, Hangrutschungen, Muren, Hochwasser oder Dürre mittragen müssen. Es sind Vorkehrungen zu treffen, etwa beim Bauen von Gebäuden auf die Hitzebelastung für die Mitarbeiter, den Hochwasser- oder Lawinenschutz zu achten.  

Wie schafft ein Unternehmen den Weg zum grünen Betrieb?
Unternehmen können sehr viel machen: Mitarbeiter mit einem Kärnten-Ticket unterstützen und so den öffentlichen Verkehr fördern, E-Fahrräder und E-Autos zur Verfügung stellen, die Dachflächen zum Begrünen oder für Photovoltaikanlagen nutzen, auf isolierte Gebäude achten, um den Kühl- und Heiz­aufwand zu minimieren – um ein paar Beispiele zu nennen. 

Die Hauptziele des Klimaabkommens von Paris sind die weltweite Durchschnitts­temperatur und Emissionen zu senken sowie Finanzmittel im Einklang mit Klimaschutz zu vergeben. Wie wird das in Betrieben spürbar?  
Die Europäische Union ist bestrebt, das Wirtschaftssystem zu transformieren, und das ist gut so. Unternehmen müssen sich jetzt mit einem Nachhaltigkeitsbericht und Kreditvergaben, gebunden an nachhaltige Projekte, auseinandersetzen. Das bedeutet im ersten Moment einen Mehraufwand und ist anstrengend, ich weiß, aber: Es ist unglaublich wichtig! Wir müssen den Klimawandel ernst nehmen, denn die Lage ist ernst. Ansonsten fahren wir ungebremst gegen die Wand. Daher rufe ich alle Betriebe dazu auf, ihren Beitrag zu leisten. 

Die größte Hürde auf dem Weg zum besseren Klima? 
Dass es uns nicht unmittelbar betrifft – Maßnahmen, die wir heute setzen, werden ihre Auswirkungen auf das Klima erst in 20 bis 30 Jahren zeigen. Hinzu kommt, dass der Wandel aufgrund träger Sys­teme sehr langsam fortschreitet, während sich das Klima galoppierend verschlechtert.  

Als einzige Stadt in Österreich ist Klagenfurt Teil der EU-Cities-Mission und soll bis 2030 klimaneutral sein. Ein ehrgeiziges Ziel?
Ich kann dazu nur gratulieren, dass Klagenfurt diesen Schritt gewagt hat, und es zählt am Ende der Wille und nicht, ob alles zu 100 Prozent nach Plan gelaufen ist. Weitere Städte werden folgen (müssen), das ist sicher. 

Im nächsten Jahr wird die Koralmbahn Fahrt aufnehmen. Ein weiterer Pluspunkt in Kärntens Ökobilanz?
Absolut – die Bahn ist die Zukunft. Gleich viele Autos nur mit anderen Antrieben zu produzieren, ist nicht Teil der Lösung, denn neben Ruß sorgt auch der Abrieb der Reifen für schlechte Luft. Verkehr muss größer gedacht und anders aufgeteilt werden.

Jaeger Andreas Jäger
Andreas Jäger ist Meteorologe, Klimaexperte und Moderator. Er wurde 1965 in Hohenems (Vorarlberg) geboren, studierte Meteorologie in Innsbruck und wurde Moderator beim ORF. Später baute er die Wetterredaktion von ATV auf und war Pressesprecher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Im Buch „Die Alpen im Fieber“ beschäftigt er sich mit der Zwei-Grad-Grenze und ihren Auswirkungen.


Dieses Interview erschien in Ausgabe 4 der „Kärntner Wirtschaft“.