Aufeinander gestapelte Pappkartons auf einer EU Flagge
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Außenhandel, Bundesgremium

Risikomanagement-Maßnahmen bei EU-Warenimporten

Betrugsvorbeugung bei Warenimporten in die Europäische Union, die handelspolitischen Schutzinstrumenten unterliegen

Lesedauer: 4 Minuten

Dieses Informationsblatt richtet sich an österreichische Unternehmen, die Waren aus Drittländern in die EU einführen. Es hat zum Ziel Sie zu sensibilisieren, die Aufmerksamkeit der Importeure für mögliche Einfuhrbeschränkungen seitens der EU zu erhöhen. Dies führt zwangsläufig zu einer Risikominimierung.

Haben Sie bei einem Importvorgang aus einem Nicht-EU-Land geltende Einfuhrbeschränkungen übersehen (z.B. von der EU erhobene Antidumpingzölle oder Antisubventionsmaßnahmen)? Dann erwartet Sie durch den bei der Verzollung ausgestellten Abgabenbescheid eine sehr teure Überraschung. Antidumpingzölle können bisweilen auch 50 oder 70 % betragen. Dies werden Sie kalkulatorisch sicher nicht berücksichtigt haben.

Falsche Ursprungsnachweise können auch zu nachträglichen Vorschreibungen führen. Um dies zu vermeiden, empfehlen wir unseren Mitgliedsunternehmen vor einer Warenbestellung im EU-Ausland zuerst die vom BMAW geführten Listen der Antidumping- sowie Antisubventionsverfahren zu konsultieren.

Bestehen für die gewünschte Importware Einfuhrbeschränkungen der EU, sollten Sie ihre Lieferbeziehungen sehr genau analysieren, da die Haftung für die Eingangsabgabe Zoll bzw. Antidumping allein beim Importeur liegt. Sie haften also unabhängig davon, ob Sie von einem nicht korrekt agierenden Lieferanten in die Irre geführt wurden (z.B. durch Falschangaben über den Ursprung der importierten Ware) und dies auch im Zuge eines nachgestellten Abgabenverfahrens eindeutig beweisen können, da die Eingangsabgabenschuld unabhängig vom Verschulden des Importeurs, sondern abhängig von den handelspolitischen Maßnahmen für eine bestimmte Ware und deren nicht präferenziellem Ursprung in einem bestimmten Land entsteht

  • Mögliche risikoanfällige Warengruppen
    Waren, die in den aktuellen Listen der Antidumping- sowie Antisubventionsverfahren von BMAW abrufbar sind.
  • Risikobehaftetetes Ursprungsland
    Als risikobehaftete Ursprungs- bzw. Herkunftsländer sind in erster Linie fernostasiatische Länder anzusehen.  Aber auch Umgehungsimporte aus anderen Drittstaaten sind ein Risiko, das Sie nicht außer Acht lassen sollten. Oft verfügen auch europäische Verbände, die sich mit der Erzeugung oder dem Handel bestimmter Warengruppen befassen, über praxisnahe Risikoeinstufungen von Herkunftsländern außerhalb der Europäischen Union.
  • Empfehlungen zur Risikominimierung
    • Führen Sie zunächst eine Plausibilitätsprüfung durch, indem Sie das Verhältnis zwischen dem Ihnen angebotenen Warenpreis und dem durchschnittlichen Preisniveau im konkreten Drittland bzw. dem Weltmarkt analysieren. Eine signifikante Abweichung stellt ein erstes Warnsignal dar. Informieren Sie sich gründlich über die herstellungsbezogenen Kapazitäten im angegebenen Produktursprungsland – werden dort traditionell größere Mengen der gewünschten Ware hergestellt oder hauptsächlich importiert? Bei Verdacht können Sie auch prüfen, ob derzeit Schutzmaßnahmen der Europäischen Union gegen ein Land für den Import derselben Warengruppe bestehen. Beachten Sie, dass bei Untersuchungen durch europäische Betrugsermittlungsbehörden oft aussagekräftige Überprüfungsmethoden angewendet werden, wie die Überprüfung der Herstellungsprozesse oder die Analyse der tatsächlichen Energieverbrauchsdaten der Herstellungsanlage vor Ort.
    • In der Vorbereitungsphase eines Importgeschäfts mit einem Ihnen noch unbekannten Lieferanten ist es auf jeden Fall ratsam, dass Sie sich zuerst beim zuständigen WKO-AußenwirtschaftsCenter über die in Frage kommende Bezugsquelle erkundigen.
      Ein Außenwirtschaftscenter kennt die Marktrealität vor Ort, hat in der Regel guten Zugang zu wichtigen Wirtschaftsbehörden in der Region, nutzt professionelle Trade-Analyse-Tools und kann somit die Zuverlässigkeit lokaler Unternehmen objektiver beurteilen. Nutzen Sie dabei den AW-Austria Sourcing-Service. Als WKO-Mitgliedsunternehmen steht Ihnen ein Basiskontingent von acht Stunden pro Leistungsbereich und Land kostenfrei zur Verfügung. 
    • Bietet ihnen ein ihnen bekannter Lieferant ein Produkt, das sie bereits in der Vergangenheit bei ihm gekauft haben an, dieses in einem anderen Herstellungsland als bisher einzukaufen, ist ebenfalls Vorsicht geboten, und ratsam, beim Lieferanten die Hintergründe zu erfragen. Es könnte durchaus sein, dass für dieses Produkt aus einem bestimmten Land eine handelspolitische Maßnahme in Kraft gesetzt wurde.
    • Führen Sie gründliche und gut dokumentierte Inspektionen vor der Lieferung der zu importierenden Ware vor Ort durch oder lassen dies kostenpflichtig von einem Dienstleister durchführen. Dabei sollten Sie unter anderem auf Anzeichen einer Umverpackung oder Umetikettierung achten. Nicht vollständig entfernte Etiketten oder Warenmarkierungen in einer Sprache, die von den Erwartungen abweicht, gehören zu den häufigsten Hinweisen auf Betrug. Beachten Sie auch, dass diese Inspektionen leider nicht den gewünschten und vom Außenhandel Österreich geforderten Vertrauensschutz nach sich ziehen. Sie setzen sich dadurch lediglich nicht dem Vorwurf der Fahrlässigkeit und Mitwisserschaft aus, was im Falle einer möglichen Erstattung bzw. eines Erlasses ein Hinderungsgrund wäre. Ob diese Möglichkeit besteht, muss jedoch im Einzelfall geprüft werden.
    • Sich beim Geschäft vertraglich möglichst gut abzusichern, ist auch von Bedeutung. Zu beachten gilt jedoch, dass unzuverlässige Drittlandunternehmen leichtfertig Falschangaben machen. Damit ist die Beweiskraft von unterzeichneten Papieren im Falle eines späteren Gerichtsverfahrens belastet. 
  • Weitere überprüfungswürdige Umstände bzw. Verdachtsmomente
    • Aufnahme neuer Lieferantenbeziehungen
    • die Anlieferung großer Warenmengen von Branchenneulingen
    • Branchenwechsel beim Lieferanten
    • fehlender Unternehmensstandort
    • Korrespondenz über Büroserviceunternehmen
    • Zahlung auf ein ausländisches Bankkonto bzw. Zahlungen von Unternehmen/Personen, welche am Importgeschäft nicht beteiligt waren
    • Barzahlung
    • fremdbestimmte Vorgaben zur Weiterveräußerung
    • ungewöhnliche Umstände der Warenbewegung

Dem Importeur wird empfohlen, die einzelnen Indikatoren der kaufmännischen Sorgfaltspflicht entsprechend zu überprüfen und das Ergebnis dieser Überprüfung zu dokumentieren. 

Für Rückfragen und weitere Informationen in Zollangelegenheiten stehen Ihnen die Spezialist:innen in der zuständigen Landeskammer zur Verfügung.  

Wenn Sie als KMU von handelspolitischen Schutzinstrumenten betroffen sind, können Sie sich mit Ihrem Anliegen in jeder EU-Amtssprache an den KMU-Helpdesk der Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission wenden: trade-defence-sme-helpdesk@ec.europa.eu .


Stand: August 2023

Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben trotz sorgfältigster Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Autors oder des Bundesgremiums des Außenhandels ausgeschlossen ist.

Stand: 20.11.2023