Stadtansicht von Buenos Aires, großer zentraler Platz mit Statue umgeben von Grünflächen und Bäumen, historischen Gebäude im Zentrum mit Rundkuppel
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Handelsabkommen EU-Mercosur

Neue Chancen für Österreich

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 05.03.2024

Key Facts

  • 72 % Südamerikas 4 Mitgliedstaaten
  • 260 Millionen Menschen
  • 2,2 Billionen € BIP
  • 1,1 Milliarden € Wertschöpfung in Österreich

Aktuell ergibt sich durch die politische Großwetterlage ein neues Zeitfenster für den Abschluss des EU-Mercosur Abkommens.

Vorteile

  • neue Impulse für eine florierende Wirtschaft und sichere Arbeitsplätze, die in Zeiten der Krisen für Österreich unverzichtbar sind  
  • kompensiert die negativen Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine  
  • erhöht die Resilienz der österreichischen Wirtschaft 
  • diversifiziert und sichert Lieferketten und strategische Rohstoffe  
  • schafft neue Exportchancen für Firmen aus Österreich und der EU  
  • Verpflichtungen zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens und zur Bekämpfung der Entwaldung  
  • Ausbau des EU-Handelsnetzes. Europa behält dadurch seine Führungsposition in der internationalen Standardsetzung

Die Mercosur Staaten:

Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay

WKÖ
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Erweiterter Schutz des Regenwaldes und der Arbeitnehmerrechte 

  • Ein eigenes Zusatzinstrument wird die Umsetzung der Verpflichtungen zum Umwelt- und Arbeitnehmerschutz zusätzlich garantieren.  
  • Verschiedene geplante Rechtsakte der EU (z.B. Deforestation, Due Diligence etc.) werden einen zusätzlichen Beitrag vor allem zum Schutz des Regenwaldes leisten.

Kein Abschluss bedeutet

  • Nicht genug Rohstoffe für Solarpanels und Windräder  
  • Kritische Abhängigkeiten bleiben bestehen
  • Verlust der Marktposition an Konkurrenten  
  • Wichtige Dialogforen fehlen => kein Einfluss auf Klimaschutz im Amazonas  
  • Stillstand statt Aufbruch

Vorteilhafte Handelsbeziehungen

Österreich hat seit Jahren einen deutlichen Handelsüberschuss mit den Mercosur Staaten. Wichtige wirtschaftliche Sektoren und Exportschlager sind Arzneimittel, Chemikalien, Messgeräte, Stahlprodukte, Maschinen und Elektrogeräte, Softdrinks, Papierwaren etc.

Zwei Tortendiagramme und ein Balkendiagramm zu Warenimporten, Warenexporten und Warenhandel nach Erzeugnissen in Prozenten und im Jahresvergleich 2018-2022, am höchsten 2022 für sonstige Produkte und Maschinen
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 Quelle: Statistik Austria 2022 (gerundete Zahlen)


Bedeutung für die österreichische Wirtschaft

Zwischen Österreich und dem Mercosur bestehen bereits enge Handels- und Investitionsbeziehungen. 

  • KMU: Von den 1.104 Unternehmen aus Österreich, die nach Argentinien und Brasilien exportieren, sind 65 Prozent KMU.  
  • 88 Mio. Euro Zollersparnis: Durch das Handelsabkommen werden Zölle im Mercosur auf 91 Prozent der Waren vollständig abgeschafft. Mit dem Abkommen reduziert sich die Belastung durch Zölle für Exporte aus Österreich um geschätzte 88 Mio. Euro pro Jahr.  
  • Über 1 Mrd. Euro Exporte: Ungefähr 1.110 Unternehmen aus Österreich exportieren Waren und Dienstleistungen im Wert von über 1 Mrd. Euro in den Mercosur.  
  • 32.000 Arbeitsplätze: Hängen von Exporten in den Mercosur ab.  
  • 240 Firmen: Bereits heute sind viele Unternehmen aus Österreich im Mercosur aktiv

Leichterer Zugang zu Rohstoffen und Teilen 

Die Mercosur-Staaten als wichtiger Rohstofflieferant für die EU, z.B.  

  • Mineralische Stoffe aus Argentinien (Lithium) und Brasilien (Hafnium, Magnesium, Niobium, Silicium Metall, seltene Erden in Form von Gadolinium)
  • Häute und Felle für die Lederindustrie oder Sojabohnenerzeugnisse als wichtiges Viehfutter

Ob Windrad, Photovoltaikanlage oder E-Auto-Batterie – ohne Rohstoffe gelingt keine Energiewende.

Keine negativen Auswirkungen durch Handelsabkommen 

Beispiel CETA:  

  • Handelsbilanz mit Kanada verbessert!  
  • Exporte von sensiblen Bereichen der Landwirtschaft gesteigert!

Faktencheck zum EU-Mercosur Abkommen - Mythen

Mythos: „Billiges Rindfleisch wird den heimischen Markt überfluten“ 

Zum Schutz der Interessen der europäischen Landwirte wurde der EU-Markt nicht komplett geöffnet. Konkret wurden für Rindfleisch zwei Quoten - eine für frisches Rindfleisch und eine für gefrorenes Rindfleisch - in einer Gesamthöhe von 99.000 Tonnen für alle vier Mercosur Länder, mit einem Zoll von 7,5 Prozent, vereinbart. Diese stehen jedem Importeur in der EU zur Verfügung und werden nach dem Prinzip „first come first served“ vergeben. Sobald die im Abkommen vereinbarten Quoten ausgeschöpft sind, unterliegt jeder weitere Import dem höheren Drittlandszoll der EU. 

Diese Quoten entsprechen nur etwas mehr als 1 Prozent der in Europa pro Jahr verzehrten acht Millionen Tonnen. Von diesen 99.000 Tonnen entfallen wiederum (nur) 55 Prozent auf hochwertiges „frisches“ und 45 Prozent auf gefrorenes Rindfleisch. Bricht man die Menge an zusätzlichem Rindfleisch pro EU-Bürger auf Österreich herunter, sprechen wir von höchstens 221g pro Kopf. Also im Jahr allenfalls ein normales Steak. 

Jahreskonsum pro Kopf Menge 2021
Österreich gesamter Fleischverzehr 59 kg
Österreich Rindfleischkonsum 10,4 kg
Mercosur Rindfleisch nach Quote (max)

221 g = ca. 2,1 Prozent

Quelle: Konsumverhalten | AMA - AgrarMarkt Austria

Fakt ist: Die durch Zollabbau begünstige Menge an Rindfleisch ist überschaubar gering. Eine befürchtete Überflutung durch billiges lateinamerikanisches Rindfleisch ist faktisch nicht möglich.


Mythos: „Qualitativ minderwertiges Hormonfleisch wird in unsere Supermärkte gelangen“

Alle Lebensmittelerzeugnisse, welche in die Europäische Union gelangen, müssen unseren strengen Lebensmittelsicherheitsstandards entsprechen. Das Handelsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur ändert daran nichts. Das bedeutet, dass kein Hormonrindfleisch oder sonstige nicht zugelassene genetisch veränderte (GMO) Produkte in den Binnenmarkt kommen können. 

In dem Abkommen wird bewusst das Vorsorgeprinzip bekräftigt. Beide Seiten haben weiterhin das Recht, Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen zu ergreifen. Es sind weiterhin verpflichtende Kontrollen durch einen Grenztierarzt samt Veterinärdokument über die Zulassung zur Einfuhr vorgesehen. Daran wird sich durch das Abkommen nichts ändern! 

Fakt ist: Es werden keine Standards bei Lebensmitteln gelockert! Es besteht ein durchdachtes Kontrollsystem.


Mythos: „Die Rinderzucht wird massiv ausgeweitet und der Regenwald endgültig abgeholzt“ 

Allein in Brasilien werden jährlich 11 Millionen Tonnen Rindfleisch produziert. Die vereinbarte Quote von 99.000 Tonnen, ohnehin aufgeteilt auf die vier Mercosur Länder, kann daher nicht zu einer statistisch signifikanten Steigerung der Rindfleischproduktion führen. Im Gegenteil, ein Abschluss des Abkommens ist von hoher klimapolitischer Relevanz!

Die vertragliche Verankerung des Pariser Klimaschutzabkommens stellt einen wichtigen Meilenstein dar. Vorgesehen ist im Nachhaltigkeitskapitel u.a. auch die Zusammenarbeit in internationalen Foren mit dem Fokus auf nachhaltiger Waldbewirtschaftung und dem Kampf gegen Entwaldung. Somit besteht ein zusätzlicher Hebel, um Partnerländer an Klimaschutzübereinkommen zu binden.

Fakt ist: Durch den Abschluss des Abkommens wird der Regenwald nicht durch neue Rinderweiden zerstört. Das Abkommen verpflichtet Brasilien zu mehr, und nicht zu weniger Schutz des Regenwalds.


EU-Mercosur Abkommen 

Zehn Vorteile für heimische Unternehmen und den internationalen Kilmaschutz

  1. Wichtige Rohstoffe zu günstigeren Preisen: notwendig für Krisenresistenz, Lebensmittelversorgung und für die Green Transition
  2. Wichtiger Hebel zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen (z.B. Pariser Klimaabkommen) dank eigens dafür vorgesehenen Kapitels im Abkommen und eines eigens dafür ausverhandelten Zusatzinstruments
  3. Hohe EU-Standards werden nicht gesenkt, sondern exportiert
  4. Fairplay bei öffentlichen Ausschreibungen für österreichische Unter[1]nehmen in den Mercosur Staaten
  5. Zugang zu dynamischen Dienstleistungsmärkten und Chance für die Lösung des Fachkräftemangels
  6. Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten aus Übersee und Fernost (vor allem China und USA)
  7. Erhebliche Einsparungen bei Zollgebühren
  8. Große Chancen für KMU
  9. Schutz von geographischen Herkunftsangaben, z.B. Tiroler Speck
  10. Nachhaltige Sicherung von Arbeitsplätze