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WKÖ-Gewerbe und Handwerk: „Höchste Zeit, die Konjunktur-Talfahrt zu stoppen“

Reale Umsätze seit 2020 im Minus - Erwartungen in baunahen Branchen negativer als im Corona-Tief – Jetzt sind gezielte Anreize für den Wohnbau gefordert

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 09.01.2024

„Die Zahlen sind, wie sie sind. Da gibt es nichts zu beschönigen. Die konjunkturelle Situation im Gewerbe und Handwerk ist alles andere als erfreulich“, sagt Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Gemeinsam mit KMU Forschung Austria präsentierte sie die aktuelle Lage am Dienstag im Rahmen eines Pressegesprächs in Wien.  

Die Ergebnisse der Konjunkturbeobachtung:

  • Die Umsätze sind im Gewerbe und Handwerk im Gesamtjahr 2023 nach vorläufiger Schätzung um -3,0 Prozent nominell (wertmäßig) bzw. -9,5 Prozent real (mengenmäßig) gesunken.
  • Das reale Umsatzminus 2023 dürfte somit höher als im Coronajahr 2020 ausfallen (damals -9,0 Prozent).
  • Seit der Pandemie 2020 konnte das Gewerbe und Handwerk in keinem einzigen Jahr ein reales Umsatzplus erwirtschaften (2020: -9,0 Prozent, 2021: -0,4 Prozent, 2022: -3,5 Prozent) 

„Eine Erholung von der Corona-Pandemie wurde durch die Vielfalt aktueller Herausforderungen im Gewerbe und Handwerk zunichte gemacht“, kommentiert Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria. „Aus der Umfrage und den Kommentaren lässt sich nicht herauslesen, dass die Talsohle bereits erreicht wäre.“  

Gedämpfte Erwartungen zu Jahresbeginn  

So verzeichneten alle investitionsgüternahen Branchen im vierten Quartal 2023 Auftragsrückgänge. Im Schnitt sank der Auftragsbestand um 14,5 Prozent. Besonders drastisch fielen die Rückgänge für die Hafner, Platten-, Fliesenleger und Keramiker mit -34,5 Prozent, die Tischler und Holzgestaltenden Gewerbe mit -21,8 Prozent sowie für Gärtner/Floristen (-17,9 %) und Metalltechniker (-16,6 %) aus. 

In den konsumnahen Branchen meldeten die Betriebe im vierten Quartal 2023 ebenfalls überwiegend Umsatzrückgänge: Keine einzige Branche konnte einen positiven Saldo verzeichnen. Besonders stark unter Druck waren zu Jahresende die Berufsfotografen (55% mit Rückgängen), Personaldienstleister/Sicherheitsgewerbe (43%), Gesundheitsberufe (41%), Mechatroniker (41%) und Kunsthandwerke (39% der Betriebe mit Umsatzminus). 

Zum Jahresauftakt 2024 sind die Erwartungen weiterhin sehr gedämpft: Nur 12 Prozent der Betriebe erwarten Steigerungen, 50 Prozent erwarten Stagnation und 38 Prozent gehen sogar von weiteren Umsatz- oder Auftragsrückgängen aus. Mit minus 26 Prozentpunkten ist der Saldo damit ähnlich negativ wie während der Corona-Pandemie; in den baunahen Branchen wird sogar mit noch schlechteren Geschäften als damals gerechnet.  

Es sei deshalb „höchst an der Zeit, die Talfahrt zu stoppen und den Stimmungsumschwung einzuleiten“, plädiert Scheichelbauer-Schuster. Die Spartenobfrau sieht den schwachen Konjunkturdaten zum Trotz dafür intakte Voraussetzungen: „Die Lohnabschlüsse haben Planbarkeit gebracht und die Kaufkraft gestützt. Die Inflation wird 2024 auch in Österreich sinken, das stärkt den Konsum. Wir werden aber auch Investitionen brauchen, um aus der Rezession zu steuern. Dafür brauchen wir mehr Zuversicht.“ 

Wirtschaftsforscher Holger Bonin und AMS-Chef Johannes Kopf hatten sich rund um den Jahreswechsel für gezielte Unterstützungsmaßnahmen zugunsten der Baukonjunktur ausgesprochen, insbesondere im Wohnbau. Das sei auch möglich, ohne die Inflation zu befeuern. „Wir teilen die Einschätzung der Experten, dass diese Anreize zur Ankurbelung des Wohnbaus gezielt und rasch wirksam sein müssen“, so Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Sparte. Für mehr Investitionsfreude wäre eine spürbare Entlastung der Betriebe notwendig. 

Anreize für den Wohnbau 

Konkret schlägt das Gewerbe und Handwerke vier Maßnahmen vor:

  • Private Bauwerber könnten steuerlich begünstigt werden, indem 100.000 Euro als Sonderausgabe für die Wohnraumschaffung absetzbar werden. Zugleich sollten auch Kredit-Rückzahlungen oder Zinsen steuerlich geltend gemacht werden können und Nebenkosten (Grunderwerbssteuer bis 1,5 Mio. Euro, Gebühren für Grundbuch- und  Hypotheken-Eintragung) entfallen.
  • Auch für Bauträger könnte die Finanzierung durch steuerliche Entlastungen erleichtert werden. Dafür bieten sich als erprobtes Instrument Abschreibungen an – etwa durch eine Verdoppelung der linearen AfA (Abschreibung für Abnutzung) für Wohngebäude von 1,5 auf 3 Prozent bzw. das Wieder-Ermöglichen der degressiven AfA von 30 Prozent.
  • Anpassung der KIM-Verordnung für die Kreditvergabe: Eine Anhebung der zulässigen Schuldendienstquote von 40 auf 45 Prozent und der Beleihungsquote von 90 auf 95 Prozent würde insbesondere für Jungfamilien die Leistbarkeit von Wohnkrediten deutlich verbessern.
  • Die Wiedereinführung eines Handwerkerbonus NEU würde die regionale Wertschöpfung besonders beleben. Diese Maßnahme hatte sich von 2014 bis 2017 als Win-win-win-Situation für Konsument:innen, regionale Wirtschaft und Staat erwiesen. 

Mehr als 1.400 Meister-Alumni 

„Auch der Fachkräftebedarf wird uns auf viele Jahre intensiv beschäftigen“, führte Scheichelbauer-Schuster eine weitere Herausforderung ins Treffen. Hier seien jüngst wichtige Weichen gestellt worden: „Mit der Kostenübernahme für Prüfungsgebühren sind Meister- und Befähigungsprüfungen noch attraktiver geworden. Zusätzlich mit dem Gesetz für die Höhere Berufliche Bildung, das ab Mai 2024 in Kraft tritt, erhält die berufliche Aus- und Weiterbildung so einen kräftigen Aufwind.“  

Und auch die WKÖ trägt dazu bei, das berufliche Ansehen der hoch- und höchstqualifizierten Fachkräfte in Österreich zu steigern. Für den im Oktober 2023 gestarteten Meister Alumni Club (MAC), der kostenlos allen Menschen offen steht, die erfolgreich eine Meister- oder Befähigungsprüfung absolviert haben, haben sich bereits mehr als 1.400 Personen angemeldet – aus allen Bundesländern und Berufsfeldern, mit einem Alter zwischen 20 und 91 Jahren. „Dieser enorme Zuspruch freut uns sehr und spornt uns an, in diesem Jahr so richtig durchzustarten“, kündigt Scheichelbauer-Schuster in ihrer Rolle als MAC-Präsidentin an.