
Arbeit und Soziales
Juni 2025
Lesedauer: 7 Minuten
OGH: Entlassung nach Abmahnung unzulässig
Da kein neues, nach der Abmahnung gesetztes Fehlverhalten festgestellt oder behauptet wurde, sah der OGH die sofortige Auflösung des Lehrverhältnisses als unzulässig an. Die Revision wurde mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen.
Weitere Informationen zum Thema Entlassung finden Sie hier.
EU-Entgelttransparenzrichtlinie: Was auf Arbeitgeber zukommt
Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie (RL 2023/970) verpflichtet Arbeitgeber dazu, geschlechtsbezogene Lohnunterschiede zu beseitigen und Transparenz im Vergütungssystem zu gewährleisten.
Ziel der Richtlinie ist gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit. Sie gilt für alle Arbeitgeber im privaten wie öffentlichen Bereich und umfasst alle Arbeitnehmer und Bewerber. Die nationale Umsetzung muss bis 7. Juni 2026 erfolgen. Auch wenn ein Gesetzesentwurf dafür noch nicht vorliegt, wollen wir Sie über die wichtigsten Aspekte schon jetzt informieren.
Rechte und Pflichten
Bereits im Bewerbungsverfahren haben Bewerber nach der Richtlinie Anspruch auf Angaben zum Einstiegsgehalt und zur kollektivvertraglichen Einstufung. Rückfragen des Arbeitgebers zum bisherigen Entgelt werden unzulässig. Arbeitnehmer haben das Recht, Informationen über ihr individuelles Entgelt sowie das Durchschnittsentgelt von Vergleichspersonen einzuholen. Ab 50 Mitarbeitern besteht zusätzlich ein Recht auf Information zur Entgeltentwicklung. Diese Informationen sind auf Anfrage innerhalb von zwei Monaten bereitzustellen – und Arbeitnehmer jährlich proaktiv über ihr Auskunftsrecht zu informieren. Ab 7. Juni 2027 sind Unternehmen verpflichtet, regelmäßig Berichte zum geschlechtsspezifischen Entgeltgefälle vorzulegen – je nach Größe des Unternehmens jährlich oder alle drei Jahre. Weist ein Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten ein Entgeltgefälle von mindestens 5 % ohne objektive, geschlechtsneutrale Begründung auf, ist eine „gemeinsame Entgeltbewertung“ mit Betriebsrat bzw. Gewerkschaftsvertretern vorzunehmen.
Gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit
Vom Entgeltbegriff umfasst sind sämtliche Entgeltbestandteile (z. B. auch Überstunden, Sachleistungen etc.). Bei gleichwertigen Arbeiten handelt es sich um Tätigkeiten, die zwar nicht gleich, aber vergleichbar sind. Die Bewertung der gleichwertigen Arbeit erfolgt anhand von vier objektiven, geschlechtsneutralen Kriterien: Verantwortung, Belastung, Kompetenzen und Arbeitsbedingungen. In Bezug auf die Entgeltentwicklung sind ebenso drei Faktoren einzubeziehen: Individuelle Leistung, Kompetenzentwicklung und Dienstalter.
Vorbereitung für Unternehmen
Es ist sinnvoll, sich frühzeitig mit der Thematik zu befassen und Maßnahmen zur Umsetzung zu überlegen, etwa:
- Analyse der bestehenden Vergütungsstrukturen, Entgeltansprüche und einzelner Positionen
- Definition von gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit und Schaffung von Gruppen
- Geschlechtsspezifisches Entgeltgefälle erheben
Vorbereitung auf Informations-, Auskunfts- und Berichtspflichten
Die Richtlinie bringt weitreichende Änderungen mit sich. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit Entgeltstrukturen und innerbetrieblichen Abläufen ist zentral. Auch wenn konkrete Sanktionen noch offen sind, ist bei Verstößen mit Schadenersatz- und Verwaltungsstrafen zu rechnen.
Quelle: Sozial- und Arbeitsrecht, WKS
Die demografische Bombe tickt
2024 Rekordtief bei Geburten, dafür steigende Lebenserwartung. Eine Momentaufnahme, die kaum jemanden interessiert. Dahinter steckt aber ein Trend, den Fiskalratschef Badelt als „demografische Bombe“ bezeichnet.* Reichen die Gegenmaßnahmen der Regierung etwa bei Pensionen?
Laut Statistik Austria leben zum 1.1.2025 9.197.213 Menschen in Österreich, um 0,4% mehr als ein Jahr zuvor. Der Anstieg ist auf eine Nettozuwanderung von 50.000 zurückzuführen, denn gleichzeitig gab es 11.248 mehr Sterbefälle als Geburten, auch weil die Fertilität auf ein Rekordtief von 1,31 Kinder je Frau gefallen ist. Die Lebenserwartung dagegen ist bei Männern um 0,4 Jahre auf 79,8, bei Frauen um 0,1 Jahre auf 84,3 gestiegen. Das klingt zunächst unspektakulär. Doch dahinter steckt ein Trend, die „Alterung“, der sich sogar noch beschleunigt und auf den Österreich nicht vorbereitet ist.
Dass die Babyboomer in Pension gehen und immer schwächere Jahrgänge nachrücken, ist schon lange bekannt. Nun erregen langfristige Prozesse weniger Aufmerksamkeit als plötzliche Ereignisse wie Covid, Konflikte, eine Hitzeperiode oder eine Wirtschaftskrise. Zu Unrecht: Denn der Prozess der Alterung betrifft Arbeitsmarkt und Sozialsysteme stärker und ändert die Gesellschaft tiefgreifender als alles andere.
Die Demografie bringt uns in die Doppelmühle: Das Fundament für Wohlstand und Sozialsysteme, eine hohe, produktive Beschäftigung, bröckelt durch den Rückgang der Erwerbspersonen, den Rückgang der Arbeitszeit und die stagnierende Produktivität - aktuell sichtbar an der schrumpfenden Wirtschaftsleistung bei steigender Bevölkerung. Gleichzeitig steigen die Lasten auf dem Fundament, die Zahl der Pensionen und Personen mit Pflegebedarf. Heute kommt ein Pensionist auf drei Erwerbspersonen, 2042 wird ein Pensionist auf zwei Erwerbspensionen kommen.
Demografie als Kostentreiber
Nun lässt sich die Demografie kurzfristig nicht ändern – Kinder, die gestern nicht geboren wurden, fehlen heute als Arbeitskräfte –, aber sie ist vorhersehbar: So hat der Fiskalrat errechnet, dass die Demografie die Ausgaben für Pensionen, Gesundheit und Pflege von 2023 bis 2040 um 3,6 Prozent des BIP in die Höhe treibt – zusätzlich zum aktuellen Budgetdefizit von 4,7%!
Nun hat die Regierung darauf durchaus reagiert durch Maßnahmen, die das faktische Pensionsalter erhöhen und damit die Kosten dämpfen sollen: So steigt das Zugangsalter zur Korridorpension von 62 auf 63 Jahre, eine Teilpension soll einen flexiblen Pensionsantritt ermöglichen. Man rechnet daraus mit erheblichen Kostensenkungen. Ob sich diese ergeben – von 126.200 Pensionsantritten 2023 in der PVA entfielen nur rund 10.300 auf die Korridorpension –, ist höchst fraglich, zumal einzelne Maßnahmen – die neue Aliquotierung, die Aufnahme der Pflegekräfte in die Schwerarbeitspension – Mehrkosten verursachen.
Und selbst wenn die Senkungen sich einstellen, ergibt sich das untere Bild: Gemäß dem Strategiebericht, der alle geplanten Maßnahmen berücksichtigt, wird allein der Zuwachs bei den Pensionsausgaben 2024 bis 2029 8,3 Mrd Euro ausmachen, das ist fast so viel wie das gesamte Budget für Familien oder für Bildung und deutlich mehr, als insgesamt in die Wissenschaft fließt.
© WKÖ
Positiv ist, dass das Regierungsprogramm einen Nachhaltigkeitsmechanismus vorsieht. Ergeben sich 2030 noch höhere Ausgaben als prognostiziert, sollen Einsparungsmaßnahmen kommen, u.a. in der Korridorpension ab 2035. Abgesehen von der Korridorpension bleibt aber völlig offen, welche Maßnahmen kommen, wann und in welchem Ausmaß. Wichtig wäre hier ein wirksames Instrument für Nachhaltigkeit, wie es andere Länder haben. Steigt die Lebenserwartung, sollte sich nicht nur der Pensionsbezug, sondern auch das Erwerbsleben verlängern. Nur das ist nachhaltig!
Fazit: Die Babyboomer wechseln die Seiten, die Lebenserwartung steigt, die Geburtenrate fällt und fällt. Bei der demografischen Bombe, wie sie Fiskalratschef Badelt genannt hat, wird jetzt der Zeitzünder einige Jahre zurückgestellt. Aber sie tickt immer lauter und ist nicht entschärft.
*„Wir haben eine demografische Bombe, was das Budget betrifft… Ich finde es wirklich schlimm, dass sich die Regierung offensichtlich wieder nicht traut, das Pensionsantrittsalter langfristig anzuheben.“
Fiskalratspräsident Christoph Badelt in der ORF-Pressestunde am 16.3.2025
Siehe auch: „Österreichs Pensionssystem unter Druck – Wer zahlt in Zukunft noch ein?“ https://youtu.be/ridRIL-MwC8?si=6Hp20AcZdDPtU8aL
Quelle: Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit, WKÖ
Arbeiten im Freien: Hitzeschutz braucht Planung
Am 4. Juni war Hitzeaktionstag (https://hitzeaktionstag.at/), der auf die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Gesundheit aufmerksam machen soll. Hitzeschutz ist möglich und im Interesse aller, weil er Gesundheit und Produktivität verbessert.
Die Tage mit über 30°C haben sich in Österreich seit 1960 im Schnitt verdoppelt. Ohne globalen Klimaschutz ist bis zum Ende des Jahrhunderts eine weitere Verdoppelung, eventuell sogar Verdreifachung der Hitzetage zu erwarten. Je nach Emissionsausstoß steigt somit auch die Hitzebelastung auf Arbeitsplätzen.
© GeoSphere Austria
Investition in Hitzeschutz lohnt sich
Gefahren durch Hitze und UV-Strahlung bei Arbeiten im Freien müssen ernst genommen werden. Strengt sich der Körper an heißen Tagen zu sehr an, kann das zu Hitzeausschlag, Hitzeerschöpfung oder zu geringerer Konzentrationsfähigkeit führen. Auch das Risiko eines Arbeitsunfalls steigt. Besonders betroffen sind Arbeitnehmer, die körperlich anstrengende Arbeit bei direkter Sonnenstrahlung für längere Zeit an heißen Tagen verrichten. Daher soll laut Regierungsprogramm auch eine Schutzverordnung für Arbeitnehmer kommen, die im Freien arbeiten.
Frühzeitige Planung und Investitionen lohnen sich für Unternehmen: Maßnahmen zur Vorbeugung von Hitze und UV-Strahlung erleichtern die Tätigkeit, erhöhen die Produktivität und erhalten die Arbeitsfähigkeit länger. Zudem vermeiden sie auch negative Auswirkungen von Hitze auf Materialien, Produkte und Stromversorgung. Wichtige Maßnahmen für die Arbeitsplanung können sein:
- Beschattung der Arbeitsplätze, z.B. durch Sonnensegel, Sonnenschirme oder Zelte
- Verlegung körperlich anstrengender Tätigkeiten in die Morgen- und Abendstunden
- Einrichtungen, die manuelle Kraftanstrengungen reduzieren, z.B. Hebehilfen
- Schutzmaßnahmen wie Sonnencreme, Schutzkleidung und Wasser.
Weiterführende Informationen finden sich
- im AUVA-Merkblatt
- für Bauarbeiter in der Baumappe, Kapitel „Arbeiten im Freien“
Quelle: Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit, WKÖ
Wie ist vorzugehen bei einem Arbeitsunfall?
Wenn sich ein Arbeitsunfall im Unternehmen ereignet, treffen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterschiedliche Pflichten.
Bei einem Arbeitsunfall handelt es sich um einen Unfall, der sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der Beschäftigung eines Arbeitnehmers ereignet. Auch Wegunfälle können Arbeitsunfälle sein.
Arbeitnehmer müssen jeden Arbeitsunfall, aber auch jedes Ereignis, das beinahe zu einem Unfall geführt hätte und jede von ihnen festgestellte ernste und unmittelbare Gefahr für Sicherheit oder Gesundheit unverzüglich den zuständigen Vorgesetzten oder sonst zuständigen Personen melden. Arbeitsunfälle, die eine (voraussichtlich) länger als drei Tage andauernde Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben oder bei denen eine unfallversicherte Person getötet wurde, sind seitens der Dienstgeber längstens binnen fünf Kalendertagen der AUVA zu melden. Arbeitgeber sind zudem verpflichtet, schwere oder gar tödliche Arbeitsunfälle unverzüglich dem Arbeitsinspektorat zu melden, sofern die Meldung nicht ohnedies durch die Sicherheitsbehörden erfolgt. Außerdem müssen Arbeitgeber Aufzeichnungen über alle Arbeitsunfälle führen und diese fünf Jahre lang aufbewahren.
Wichtig: Nach Arbeitsunfällen ist eine Ermittlung und (Neu-)Beurteilung der Gefahren (Evaluierung) im Unternehmen erforderlich. Gegebenenfalls sind Anpassungen vorzunehmen.
Hier geht’s zur AUVA-Homepage.
Quelle: WKÖ