„Österreich braucht mehr Möglichmacher – weniger Bedenkenträger“
WKÖ-Generalsekretär Jochen Danninger über wirtschaftspolitische Reformen, Unternehmergeist und die Rolle der Sozialpartnerschaft.
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Herr Generalsekretär, was möchten Sie in Ihrer neuen Rolle in der Wirtschaftskammer besonders vorantreiben?
Mir ist wichtig, den Blick wieder stärker auf das Positive zu richten. Österreich hat großartige Unternehmer:innen, eine gute Infrastruktur und enormes Know-how. Trotzdem erleben wir aktuell viel Unsicherheit – sei es durch hohe Kosten, überbordende Bürokratie oder politische Debatten. Mein Ziel ist es, hier Zuversicht zu stärken und mitzuhelfen, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen wieder mehr möglich ist, statt ständig vor neuen Hürden zu stehen.
Was braucht es konkret, um den Standort zu stärken?
Wir müssen reformieren statt regulieren. Weniger Vorschriften, weniger bürokratische Auflagen, dafür mehr Vertrauen in die Betriebe und ihre Gestaltungskraft. Die aktuellen Herausforderungen in Bereichen wie Energie, Bildung, Bürokratie oder Gesundheitsversorgung müssen mutig und strukturell angegangen werden. Das bedeutet auch, Maßnahmen wie die Teilpension für Selbstständige endlich umzusetzen. Österreich braucht mehr Möglichmacher – weniger Bedenkenträger.
WKÖ-Präsident Harald Mahrer fordert mehr Eigenverantwortung. Stimmen Sie zu?
Das ist ein zentraler Punkt. Der wirtschaftliche Erfolg Österreichs beruht auf Eigeninitiative, Risikobereitschaft und dem Willen, anzupacken. Wir dürfen nicht in eine Mentalität verfallen, in der alles vom Staat erwartet wird. Es braucht mehr Unternehmergeist sowie den Mut, Chancen zu nutzen, statt sie durch Überregulierung zu verhindern.
Wie stehen Sie zur Diskussion um neue Unternehmenssteuern auf EU-Ebene?
Ich halte davon wenig. Gerade in einem wirtschaftlich herausfordernden Umfeld sind zusätzliche Belastungen für Unternehmen der falsche Weg. Auch wenn der Schwellenwert bei 100 Millionen Euro Jahres-Umsatz liegt: Neue oder höhere Unternehmenssteuern stehen im Widerspruch zu dem Ziel, die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Stattdessen braucht es eine strategische Neuausrichtung der EU-Ausgaben mit Fokus auf Zukunftsinvestitionen, Digitalisierung und eine gezielte Unterstützung von KMU. Denn sie sichern zwei Drittel aller Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft.
Was kann die Sozialpartnerschaft in dieser Phase leisten?
Sehr viel, wenn wir wieder aufeinander zugehen. In den vergangenen Jahren ist einiges an Vertrauen verloren gegangen, das müssen wir zurückgewinnen. Denn viele der großen Themen – vom Pensionssystem bis zur Arbeitswelt der Zukunft – lassen sich nur gemeinsam lösen. Ich sehe es als eine meiner Hauptaufgaben, hier Brücken zu bauen.
Ein Wort noch zur neuen Trinkgeldregelung: Was bedeutet sie für Betriebe und Mitarbeiter:innen?
Die neue Pauschale bringt Rechtssicherheit für alle Seiten: Rund 40 verschiedene Regelungen werden abgelöst, Verfahren eingestellt und einheitlich geregelt. Für Betriebe ist das klar planbar, für Mitarbeiter:innen bringt es Fairness und Entlastung – ohne Nachzahlungen oder bürokratischen Aufwand. Ein Meilenstein.
Vielen Dank für das Gespräch!